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Gebrauch der Zeitformen des Indikativs

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  2. Bedeutung und Gebrauch des Konjunktivs
  3. Bildung der Zeitformen des Indikativs
  4. Bildung der Zeitformen des Konjunktivs
  5. Der Gebrauch des Adjektivs im Satz
  6. Der Gebrauch des bestimmten Artikels
  7. Der Gebrauch des Infinitivs. Die Infinitivgruppen

§ 137. Die Zeitformen werden absolut und relativ gebraucht. Beim absoluten Gebrauch der Zeitformen bezieht sich der Vorgang auf eine der drei Zeitstufen, auf die Gegenwart, die Vergangenheit oder die Zukunft.

Heute ist Sonntag. Die Sonne scheint, aber es ist sehr kalt. (J. Brezan)

Hardekopf kam an einen wunderschönen Augustsonntag des Jahres 1879 in Hamburg an. (W. Bredel)

„Du kannst ganz ruhig schlafen. Ich werde dich wekken. “ (A. Seghers)

Der relative Gebrauch der Zeitformen setzt das Vorhandensein von mindestens zwei Vorgängen voraus: der eine Vorgang steht in einem bestimmten zeitlichen Verhältnis zu dem anderen. Der relative Gebrauch der Zeitformen geschieht immer in Verbindung mit ihrem absoluten Gebrauch: die Zeitformen bezeichnen eine Handlung als vergangen, gegenwärtig oder zukünftig (absolute Bedeutung) und zugleich als gleichzeitig oder nichtgleichzeitig (relative Bedeutung).

Das zeitliche Verhältnis zwischen den Vorgängen kann von zweierlei Art sein:

1. Beide Vorgänge beziehen sich auf die gleiche Zeitstufe (das Verhältnis der Gleichzeitigkeit). Die Gleichzeitigkeit wird meist durch dieselbe Zeitform ausgedrückt (Präsens+ Präsens, Präteritum + Präteritum, Plusquamperfekt + Plusquamperfekt usw.), zuweilen auch durch verschiedene Zeitformen derselben Zeitstufe (Präteritum + Perfekt, Präsens + Futur I usw.).

Er lag seinem Sohne gegenüber, der aufgerichtet in seinem Bett saß... (W. Bredel)

Das Lager war ja aufgebaut worden, als er ein Knabe gewesen war. (A. „ Seghers)

„Herr Cornmodore!“ rief Marion lachend. „Ich sehe, daß ich den Herren im Wege bin. “ (B. Kellermann)

Die Straße hat sich immer geschmückt und hat gejubelt, wenn der Freund durchmarschierte, sie hat aufgebrüllt und die Zähne gezeigt, wenn der Gegner sie zwingen wollte. (J. Petersen)

Der Gedanke an Christa war das Quälendste für Frau Beate, als sie im Auto rasch dahinfuhr. Sie wird einen hübschen Schreck bekommen, wenn sie nach Hause kommt! (B. Kellermann)

2. Einer der Vorgänge vollzieht sich früher als der andere (das Verhältnis der Nichtgleichzeitigkeit). Die Nichtgleichzeitigkeit wird im Deutschen durch besondere grammatische Mittel, nämlich durch verschiedene Zeitformen bezeichnet. Die Vorzeitigkeit in der Vergangenheit wird mittels des Plusquamperfekts in Verbindung mit dem Präteritum (seltener dem Perfekt) ausgedrückt.

Martin stand abends wieder mit seinem Koffer in Berlin an der Sperre. Der Koffer war unterwegs schwerer geworden; er sah sich nach einem Träger um. Hans schoß auf ihn zu. Er, Martin, hatte den Jungen vergessen. Hans trug ihm mit zusammengebissenen Zähnen den Koffer aus dem Bahnhof... (A. Seghers)

Nachdem ihn die Kreß vor einer Wirtschaft abgesetzt hatten, ging Georg nach kurzem Nachdenken, statt in die Tür hinein, zum Main hinunter. (A. Seghers)

Die Vorzeitigkeit in der Zukunft wird mittels des Perfekts (seltener des Futurs II, s. § 144) in Verbindung mit dem Futur I oder dem Präsens ausgedrückt.

„Nun, er wird ruhiger werden, wenn ich ihn erst verheiratet habe. “ (H. Mann)

„Und wenn du meinen ersten Satz gehört haben wirst, so wirst du ruhiger werden. “ (Th. Fontäne)

§ 138. Das Präsens bezeichnet in erster Linie einen Vorgang in der Gegenwart. Es kann aber auch zur Bezeichnung der übrigen zwei Zeitstufen, der Vergangenheit und der Zukunft, gebraucht werden. Das Präsens dient:

1. zur Wiedergabe eines gegenwärtigen Geschehens (die Hauptbedeutung des Präsens);

„Na, das weißt du doch besser als ich“, sagte Röder. (A. Seghers)

„Ich bin wirklich glücklich, Sie zu Hause getroffen zu haben“, sagte Charlotte... (B. Kellermann)

2. zur Wiedergabe eines allgemeingültigen Vorgangs (allgemeine Feststellungen, Sprichwörter usw.);

Moskau ist die Hauptstadt der Sowjetunion.

Die Natur ist die Probe auf die Dialektik... (F. Engels)

Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist. (Sprichwort)

Wenn wir uns selbst fehlen, fehlt uns doch alles. (J. W. Goethe)

3. zur Wiedergabe eines zukünftigen Geschehens (namentlich im umgangssprachlichen Gebrauch), meist in Verbindung mit entsprechenden Zeitangaben;

„Lassen Sie mich mit Ihrem Tische in Ruhe!... In acht Tagen hole ich mir Antwort.“ (Th. Mann)

„Und morgen fahren wir beide zusammen nach Hause.“ (J. Brezan)

4. zur Wiedergabe eines vergangenen Geschehens bei lebhafter, anschaulicher Schilderung, im Wechsel mit dem Präteritum (das Präsens der belebten Erzählungen, praesens historicum).

Vor seinem Löwengarten, | Das Kampfspiel zu erwarten, | Saß König Franz... | Und wie er winkt mit dem Finger, | Auftut sich der weite Zwinger, | Und hinein mit bedächtigem Schritt | Ein Löwe tritt... (F. Schiller)

Während ich so in Andacht versunken stehe, höre ich, daß neben mir jemand ausruft: „Wie ist die Natur doch im allgemeinen so schön!“ Diese Worte kamen aus der gefühlvollen Brust meines Zimmergenossen, des jungen Kaufmanns. (H. Heine)

Frau Hardekopf sollte noch eine Weihnachtsüberraschung erleben. Am Nachmittag des zweiten Festtages tritt ihr Sohn Ludwig... in die Tür, und mit ihm eine Frau... Frau Hardekopf bleiben vor Überraschung und Staunen die Worte in der Kehle stecken. Sie erhebt sich schwerfällig. (W. Bredel)

§ 139. Das Präteritum dient zur Wiedergabe von vergangenen Handlungen und Zuständen in einer Erzählung, einer Schilderung, einem Bericht (die Hauptbedeutung des Präteritums). Die Vorgänge können dabei zu gleicher Zeit geschehen oder aufeinander folgen.

Die Frauen standen zusammen, redeten, schüttelten die Köpfe, schimpften auf die Männer, auf deren Saufereien, verbreiteten Gerüchte... (W. Bredel)

Fahrenberg fuhr zusammen. Er zog den Unterkiefer ein. Dann zog er sich mit ein paar kurzen Griffen fertig an. Er fuhr mit der feuchten Bürste über sein Haar, er putzte sich die Zähne. Er trat neben Zillich, sah auf den schweren Nacken herunter, und sagte... (A. Seghers)

§ 140. Das Perfekt bezeichnet gleichfalls einen Vorgang in der Vergangenheit. Es steht in kurzen Berichten, Mitteilungen (daher oft im Gespräch, im Dialog), bei der Feststellung von Tatsachen, oft auch zum Hervorheben eines Gedankens, der besonders wichtig ist. Das Perfekt bezeichnet häufig eine vergangene Handlung, deren Folgen für die Gegenwart von Bedeutung sind.

Ein Gespenst geht um in Europa — das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet... (K. Marx/F. Engels)

„Die Revolution hat gesiegt. Der Sozialismus marschiert!“ (W. Bredel)

Ein paar Stunden später fuhr er hoch. Er wußte nicht, wo er war. „Ich habe dich aufgeweckt “, sagte sie, „ich hab' dich ja aufwecken müssen. Ich hab' das ja nicht mehr mit anhören können. Meine Tante wird ja auch wach.“ — „ Hab' ich denn geschrien?“ — „Du hast gestöhnt und geschrien. Schlaf und sei ruhig.“ (A. Seghers)

...und lustig stieg er hinab auf das Brett, das über dem Bach lag, riß das Kätzchen aus dem Wasser, fiel aber selbst hinein, und als man ihn herauszog, war er naß und tot. Das Kätzchen hat noch lange Zeit gelebt. (H. Heine) (Über den relativen Gebrauch des Perfekts s. § 137.)

§ 141. Das Präteritum und das Perfekt können beide sowohl eine vollendete, abgeschlossene, als auch eine vergangene dauernde Handlung ausdrücken, denn das deutsche Verb kennt die grammatische Kategorie der Aktionsart nicht. Die Aktionsart des Verbs wird durch die Situation, den Inhalt bedingt und oft durch lexikalische Mittel näher bestimmt. Vgl.:

Er bekam sogar endlich Nachricht von seiner Frau. (A. Seghers) „Ich habe einmal die Frau dieses Dupont getroffen, der mit Dir in einer Zelle lag. Warum hast Du mir nur gerade diese Person empfohlen? Sie hat von nichts anderem gesprochen als von der Staatspension... (A. Seghers) Diese Worte riefen einen Sturm der Entrüstung hervor. Die einen schrien über Sabotage der Wahlarbeit und beschworen die Genossen, Eintracht zu wahren und nicht übereinander herzufallen; die ändern empörten sich über die Redakteure... Hardekopf blickte hilflos in den Lärm. Sein umherirrender Blick traf den Friedrich Almers, der vorwurfsvoll den Kopf schüttelte. (W. Bredel) Он даже получил, наконец, письмо от своей жены. (сов. вид) Я как-то раз встретила (сов. вид) жену этого Дюпона, который сидел (несов. вид) с тобой в одной камере. Почему ты мне рекомендовал (сов. вид) именно эту особу? Она только и говорила (несов. вид), что о государственной пенсии... Эти слова вызвали (сов. вид) бурю возмущения. Одни кричали (несов. вид), что это срыв предвыборной кампании, и заклинали (несов. вид) товарищей не нарушать единства и не устраивать грызни; другие возмущались (несов. вид) редакторами... Хардекопф беспомощно смотрел (несов. вид) на кричавших людей. Его блуждающий взгляд встретился (сов. вид) с глазами Фридриха Альмера, который укоризненно покачал (сов. вид) головой.

§ 142. Das Plusquamperfekt bezeichnet gleichfalls einen Vorgang in der Vergangenheit und wird in der Regel relativ gebraucht. Es drückt die Vorzeitigkeit in der Vergangenheit aus; dabei dient das Plusquamperfekt meist zur Bezeichnung eines Vorgangs, der erst erwähnt wird, nachdem

andere, zeitlich später geschehene Vorgänge genannt worden sind. Die Geschehnisse werden somit in einer anderen Reihenfolge geschildert, als sie tatsächlich vor sich gegangen sind.

Ich war wie zerschlagen, durstig und hungrig auch noch; ich hatte seit dem vorigen Morgen nichts gegessen. (A. Chamisso)

Marat blieb, als der Freund ihn verlassen hatte, noch lange mit dieser Frage beschäftigt. (W. Bredel)

Das Zentralkomitee war in einem kleinen Haus auf einem Gut nordwestlich von Ho-schan versammelt, um das neue Programm zu bestätigen, das Liau Han-sin dem Südkomitee überbringen sollte. Es war keine leichte Arbeit gewesen, den für die letzte Beratung geeigneten Ort ausfindig zu machen. Die Wahl war schon zweimal schiefgegangen. Sie hatten zuerst in Schanghai eine geeignete Wohnung bestimmt. Die Polizei hatte plötzlich das ganze Viertel gesperrt und ausgekämmt. Sie griff besonders präzis und scharf zu, seitdem Tschiang Kai-schek auch deutsche Beamte und Offiziere nach China gerufen hatte, um bei der Umschulung seiner Armee zu helfen... Das Häuschen, in dem sie jetzt saßen, lag abgesondert von dem Hauptgebäude. Der Gutsherr hatte es seinem Freund überlassen, dem Literaturprofessor B., dem Hauslehrer seiner Söhne. Er war mit der ganzen Familie in seine Sommervilla ans Meer gefahren. B. stand im geheimen mit dem Zentralkomitee in Verbindung. (A. Seghers)

Diese Regel gilt nicht für Satzgefüge mit Nebensätzen, die durch nachdem, als oder seitdem (seit) eingeleitet werden, wenn der Nebensatz dem Hauptsatz vorausgeht. In diesem Fall wird der früher geschehene Vorgang (im Plusquamperfekt) auch zuerst genannt.

Als er seine Rede beendet hatte, zogen die Delegierten der Großbetriebe in bewaffneten Formationen an der Tribüne vorüber. (A. Seghers)

Nachdem der Alte Hut und Stock in die Ecke gestellt hatte, setzte er sich in den Lehnstuhl... (Th. Storni)

Da das Plusquamperfekt als relativ gebrauchte Zeitform einen Vorgang bezeichnet, der vor anderen geschehen ist, erhält es häufig die Bedeutung einer vollendeten Handlung.

Dabei ist diese Bedeutung manchmal so wichtig, daß sie die relative zeitliche Bedeutung in den Hintergrund drängt.

Er wünschte gute Nacht beisammen. Er war im Handumdrehen verschwunden. Man wunderte sich über den formlosen Abschied... (A. Seghers)

Friedrich Christensen hatte seinen morgendlichen Rundgang beendet. Er stand in der Bucht und sah über das Meer, auf dessen weiter Ebene sich keine Rauchfahne und kein Segel zeigte. (B. Uhse)

Während er diesen Satz diktierte, seufzte er einmal tief auf, sein Kopf fiel auf die Seite, er sank zusammen, er war gestorben. (R. Leonhard)

§ 143. Das Futur I bezeichnet eine zukünftige Handlung.

„Du kannst ganz ruhig schlafen. Ich werde dich wekken. “ (A. Seghers)

„Jetzt muß Alice, singen!“ sagte Paul Papke. „Das wird die Stimmung heben. “ (W. Bredel)

(Über den Ausdruck der Zukunft mittels des Modalverbs wollen mit dem Infinitiv I s. § 168).

Im relativen Gebrauch bezeichnet das Futur I die Gleichzeitigkeit in der Zukunft.

„Und wenn ich werde reden können “, sagte er mit gebrochner Stimme, „ werde ich Ihnen danken. “ (J. W. Goethe)

§ 144. Das Futur II bezeichnet gleichfalls eine zukünftige Handlung und wird relativ gebraucht. In Verbindung mit dem Futur I bzw. dem Präsens drückt es die relative Zukunft aus:

„Du wirst es schaffen!“ sagte sie leise. „Aber wenn du es geschafft haben wirst, werde ich nicht mehr bei dir sein.“ (H. Fallada)

„Und nachdem ich den Doktor gemacht haben werde, suche ich im Ausland eine mir zusagende Stellung...“ (L. Frank)

Das Futur II wird immer häufiger durch das Perfekt verdrängt, das in Verbindung mit dem Futur I bzw. dem Präsens die relative Zukunft bezeichnet.

„Du, jetzt laß ich dich nicht mehr los, bevor du mir nicht alles gesagt hast! “ (J. R. Becher)

Da das Futur II als relativ gebrauchte Zeitform einen Vorgang bezeichnet, der vor einem anderen geschehen ist, erhält es zuweilen die Bedeutung einer vollendeten Handlung.

„Ihr habt euch ja schon öfter gezankt, nimm es nicht so schwer, Raoul. In zwei, drei Tagen werdet ihr euch wie gewöhnlich ausgesöhnt haben. Ich werde zu Olga gehen.“ (B. Kellermann)

Anmerkung. Das Futur I und namentlich das Futur II werden auch mit modaler Bedeutung gebraucht (s. § 228).


Дата добавления: 2015-09-06; просмотров: 131 | Нарушение авторских прав


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