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§ 145. Man unterscheidet zwei Genera: das Aktiv und das Passiv (s. § 127). Die Form des Aktivs weist darauf hin, daß die Handlung von der Person bzw. dem Ding ausgeht, welche im Satz als Subjekt auftreten. Die Form des Passivs weist darauf hin, daß die Handlung auf die Person bzw. das Ding gerichtet wird und nicht von ihnen ausgeht; im Satz treten sie gleichfalls als Subjekt auf. Vgl.:
Walter öffnete die Bodentür... (W. Bredel)
Die Zelle wurde geöffnet. (W. Bredel)
Manche transitiven Verben bilden kein Passiv: haben, besitzen, bekommen, kennen, wissen, erfahren, kosten (стоить), interessieren, enthalten.
§ 146. Das Passiv weist dieselben sechs Zeitformen und zwei Formen des Infinitivs auf wie das Aktiv. Alle sechs Zeitformen des Passivs sind zusammengesetzte Verbalformen. Sie werden mit dem Hilfsverb werden in der entsprechenden Zeitform des Indikativs und dem Partizip II des Vollverbs gebildet. Präsens: er wird gefragt, Präteritum: er wurde gefragt, Futur I: er wird gefragt werden.
Im Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II des Indikativs Passiv wird die alte Form des Partizips II von werden worden (vgl. geworden) gebraucht. Perfekt: er ist gefragt worden, Plusquamperfekt: er war gefragt worden, Futur II: er wird gefragt worden sein.
Die beiden Formen des Infinitivs Passiv sind gleichfalls zusammengesetzte Verbalformen.
Der Infinitiv I Passiv wird gebildet mit dem Hilfsverb werden im Infinitiv I Aktiv und dem Partizip II des Vollverbs (hier des Verbs fragen): gefragt werden. Der Infinitiv II Passiv wird gebildet mit dem Hilfsverb werden im Infinitiv II Aktiv und dem Partizip II des Vollverbs. Dabei wird im Infinitiv II Aktiv von werden gleichfalls die alte Form des Partizips II worden gebraucht: gefragt worden sein.
Der Infinitiv Passiv wird im Satz ebenso wie der Infinitiv Aktiv gebraucht: mit Modalverben, in Infinitivgruppen usw.
Ein Entschluß mußte gefaßt werden, denn die Ankunft des Holländers stand bevor. (H. Mann)
...ich hatte die Ehre, in den Park gerufen zu werden... (A. Chamisso)
Herausgerissen werden aus der Familie, aus dem Dorf, aus einer schrecklich beschränkten, aber doch gewohnten Welt, das bedeutet im Alter von dreizehn Jahren einen gefährlichen Sprung ins Ungewisse. (A. Scharrer)
§ 147. Das Passiv wird meist gebraucht, wenn im Satz nicht die handelnde Person bezeichnet werden soll, sondern das Objekt der Handlung. Einen Hinweis auf den Urheber der Handlung enthält solch ein Satz nicht.
Die uralten nationalen Industrien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. (K. Marx/F. Engels)
Nun werden Pläne geschmiedet. (W. Bredel)
Solch ein Satz enthält das sogenannte zweigliedrige Passiv.
Bedeutend seltener kommen Sätze vor, in denen neben dem Objekt der Handlung auch die handelnde Person bezeichnet wird. In diesem Fall spricht man von dem dreigliedrigen Passiv.
Der Urheber der Handlung wird im Satz durch eine präpositionale Gruppe mit von bzw. durch bezeichnet. Von gebraucht man, wenn der Urheber der Handlung als aktiv handelnde Person (manchmal auch metaphorisch) gedacht wird.
Diederich auf seinem schattigen Posten war von Wolfgang Bück entdeckt worden. (H. Mann)
Als Christian Nadler... auf den Feldweg abbog, wurde er von dem Trupp Arbeiter überholt... (A. Seghers)
...und plötzlich wurden die Mädchen von Entsetzen ergriffen... (H. Mann)
Und alle im Depot wurden von rasender Wut erfaßt... (A. Seghers)
Durch gebraucht man, wenn der Urheber der Handlung diese nicht besonders zielsicher oder auch gänzlich unbewußt hervorruft, d. h. mehr Ursache oder Anlaß zur Handlung als handelnde Person ist.
Durch ein außerordentliches Weltereignis wurde jedoch die Gemütsruhe des Knaben zum ersten Mal im tiefsten erschüttert. (J. W. Goethe)
Er war sich bewußt, daß alle im geheimen gespannt warteten, mit wem er verabredet war. Die Neugierde wurde durch das junge Mädchen befriedigt, das in einer Ecke aufstand. (A. Seghers)
Anmerkung. Sätze mit dem Passiv kommen zuweilen ihrer Bedeutung nach Sätzen mit dem Pronomen man als Subjekt nahe. Vgl.:
Magda sang das Lied vom „Großen Franz“, als die Wirtin ans Telephon verlangt wurde. (J. R. Becher) Nie wurde gesagt, wo sie geblieben waren... (H. Fallada) | Aus dem Vorzimmer bitte man Clerk an den Apparat. (F. Wolf) Man sagt, das seien die Herdenglöckchen, die im Harz so lieblich klar und rein gestimmt sind. (H. Heine) |
§ 148. Das unpersönliche Passiv. Das zweigliedrige Passiv drückt die Handlung und deren Objekt aus, ohne daß die handelnde Person im Satz erwähnt wird. Es gibt auch Sätze, in denen weder die handelnde Person noch das Objekt der Handlung genannt wird, so daß die ganze Aufmerksamkeit auf die Handlung gerichtet ist. Solche Sätze sind unpersönlich. Die passive Form des Verbs drückt hier die grammatische Kategorie des Genus nicht aus, denn es gibt im Satz kein Objekt, auf das sich die Handlung beziehen könnte. Das gibt die Möglichkeit, das unpersönliche Passiv auch von intransitiven Verben zu bilden.
Nebenan wurde geflüstert. (A. Seghers)
Dann wurde wieder von außen gegen das Tor getrommelt. (A. Seghers)
Die Anfangsstellung in den unpersönlichen Sätzen nimmt oft das Formwort es ein.
Die Sieger richteten sich ein. Es wurde viel telefoniert und telegrafiert, viel geschrien und viel gefeiert... (R. Leonhard)
... es wurde nicht nur von Hilfe geredet, es wurde tatsächlich geholfen. (W. Bredel)
Дата добавления: 2015-09-06; просмотров: 177 | Нарушение авторских прав
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