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Kapitel V

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  2. KAPITEL 1
  3. Kapitel I
  4. Kapitel IV
  5. Kapitel VI
  6. Kapitel VIII

Das Pronomen (Fürwort)

§ 92. Das Pronomen ist eine Wortart, die kein Ding bzw. dessen Eigenschaft nennt, sondern nur darauf hinweist. Nach ihren syntaktischen Funktionen im Satz zerfallen die Pronomen in zwei Gruppen: substantivische Pronomen (pronomina substantiva) und adjektivische Pronomen (pronomina adjectiva). Die substantivischen Pronomen erfüllen im Satz die Funktionen eines Substantivs, die des Subjekts, des Objekts usw. Die adjektivischen Pronomen stehen im Satz in attributiver Funktion.

Ihrer Bedeutung und ihren grammatischen Eigenschaften nach werden die Pronomen in folgende Gruppen eingeteilt:

1. die Personalpronomen (persönliche Fürwörter)

2. die Reflexivpronomen (rückbezügliche Fürwörter)

3. das Reziprokpronomen (wechselbezügliches Fürwort)

4. das unpersönliche Pronomen (unpersönliches Fürwort)

5. die Demonstrativpronomen (hinweisende Fürwörter)

6. die Possessivpronomen (besitzanzeigende Fürwörter)

7. die Interrogativpronomen (fragende Fürwörter)

8. die Relativpronomen (bezügliche Fürwörter)

9. die Indefinitpronomen (unbestimmte Fürwörter)

10. die Negativpronomen (verneinende Fürwörter)

Die Personal- und Reflexivpronomen sowie das unpersönliche und das Reziprokpronomen gehören zu den substantivischen Pronomen. Die Demonstrativ- und Possessivpronomen werden vorwiegend als adjektivische Pronomen gebraucht. Die Interrogativ-, Indefinit-, Relativ- und Negativpronomen treten teils als substantivische, teils als adjektivische Pronomen auf. Ihrem Gebrauch nach stehen den Pronomen die Pronominaladverbien nahe. (Näheres darüber s. § 118).

§ 93. Das Personalpronomen. Die Personalpronomen sind: ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie, Sie. Die erste und zweite Person sind ungeschlechtig. Die dritte Person Singular weist alle drei Geschlechter auf.

Die Personalpronomen weisen in ihrer Deklination suppletive Formen auf, d. h. die Kasusformen werden von verschiedenen Stämmen gebildet; das gilt auch für die Pluralformen. Vgl.: ich — mir, wir — uns usw.

Anmerkung. Dieselbe Erscheinung ist auch für die russische und manche anderen Sprachen kennzeichnend. Vgl.: я — меня, мы — нас.

Deklinationstabelle

Kasus Singular Plural Höflich-keitsform
1. P. 2. P. 3. P. 1. P. 2. P. 3. P.
Nom. ich du er sie es wir ihr sie Sie
Gen. meiner deiner seiner ihrer seiner unser euer ihrer Ihrer
Dat. mir dir ihm ihr ihm uns euch ihnen Ihnen
Akk. mich dich ihn sie es uns euch sie Sie

Die Personalpronomen im Genitiv werden selten gebraucht, und zwar nur nach den Verben und Adjektiven, die den Genitiv regieren.

Mag er sich zuweilen meiner erinnern, wenn er Zeit dazu hat. (A. Seghers)

„Helfen Sie mir, daß ich Ihrer wert werde.“ (W. Bredel)

Das Personalpronomen ihr dient als Anrede an viele Personen, von denen jede einzelne mit du angeredet wird. Es wird auch als Anrede auf Kundgebungen, in Versammlungen, in Heeresbefehlen usw. gebraucht.

Und Frau Hardekopf fuhr fort: „Du warst doch gestern im Krankenhaus, hast mir aber noch gar nicht erzählt, wie es Walter geht.“ — „...Er langweilt sich sehr. Und ihr möchtet doch Sonntag kommen.“ — „Wer ihr?“ — „Na, du und Vater.“ (W. Bredel)

Deutsche! Ihr wollt das nicht. Ihr wolltet niemals ohne Ruhm und Ehre sein; ihr bemerktet leider nicht, daß es am Tage jener Machtergreifung damit anfing. (H. Mann)

„Leute! Da ihr meine Untergebenen seid, will ich euch nur sagen, daß hier künftig forsch gearbeitet wird.“ (H. Mann)

Als Höflichkeitsform sowohl im Singular als auch im Plural wird im Deutschen die Form der dritten Person Plural gebraucht (im Russischen ist es die Form der zweiten Person Plural).

„Da machen Sie sich keine Sorgen, Herr Müller...“ (M. Zimmering)

„Sehen Sie, meine Herren, das da hab ich meinem Sohn für Weihnachten 1943 gekauft, aber wir haben vergeblich auf ihn gewartet... bis heute.“ (M. Zimmering)

Anmerkung. In der deutschen klassischen Literatur (Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts) kommt noch als höfliche Anredeform die 2. Person Plural Ihr vor.

Franz: Das sagtet Ihr. Nun habt Ihr's gefunden? Ihr beneidet den schlechtesten Eurer Bauern, daß er nicht Vater ist zu diesem — Ihr habt Kummer, solang' Ihr diesen Sohn habt. Dieser Kummer wird wachsen mit Karl. Dieser Kummer wird Euer Leben untergraben. (F. Schiller)

Die alten Höflichkeitsformen des Singulars Er und Sie wurden bereits in jener Zeit nur noch als Anredeform für niedriggestellte Personen gebraucht.

Franziska (erschrickt): He!

Werner: Erschrecke Sie nicht — Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen, ich sehe, Sie ist hübsch und ist wohl gar fremd — Und hübsche fremde Leute müssen gewarnet werden — Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen, nehm' Sie sich vor dem Manne in acht! (Auf den Wirt zeigend.) (G. E. Lessing)

Die modernen Schriftsteller verwenden diese Formen aus stilistischen Gründen, um die Sprache einer vergangenen Epoche oder einzelner Helden zu kennzeichnen.

„So sind wir im Gasthofe abgestiegen, werden aber schon zu Tische bei unseren Lieben sein. Ist Er's zufrieden?“ — „Wie sehr, Frau Hofrätin, wie sehr!“ (Th. Mann)

„Dann fahr Er nur“, rief die Tante. Lenore erinnerte sich an ihre Gewohnheit, Bediente in dritter Person anzusprechen. (A. Seghers)

§ 94. Das Reflexivpronomen. Das Reflexivpronomen weist auf das Subjekt (seltener das Objekt) des Satzes hin. Es besitzt nur zwei Kasusformen und wird im Satz als Objekt, seltener als Adverbialbestimmung gebraucht. Das Pronomen sich wird als 3. Person Singular und Plural im Dativ und Akkusativ gebraucht. Die 1. und 2. Person Singular und Plural des Reflexivpronomens stimmen mit den entsprechenden Formen des Personalpronomens überein:

Dativ Akkusativ
1. P. Sg. mir Pl. uns 1. P. Sg. mich Pl. uns
2. P.   dir   euch 2. P.   dich   euch
3. P. sich   3. P. sich

Da er in diesem Glücksrausch unmöglich einschlafen konnte, stieg er nochmals ins Hotel hinab und bestellte sich eine Flasche Sekt. (B. Kellermann)

Er wußte wenigstens für sich selbst einen Ausweg... (A. Seghers)

Er bleibt in der Tür stehen, hält den Strauß vor sich hin und beginnt sofort zu reden... (Th. Mann)

Bei manchen Verben hat das Reflexivpronomen reziproke Bedeutung, es kommt dann dem Reziprokpronomen einander nahe.

Sie warfen sich einmal sogar gegenseitig vor, nur der andere habe schuld an allem. (W. Bredel)

Der Besuch war recht unerwartet für Brentens und die Unterhaltung gezwungen und verkrampft. Man betrachtete und beobachtete sich gegenseitig. (W. Bredel) (Näheres über die Verben mit sich s. §§ 126 u. 208.)

§ 95. Das Reziprokpronomen. Das Reziprokpronomen einander ist undeklinierbar. Es steht bei Verben, die eine reziproke Bedeutung haben können, d. h. eine Handlung bezeichnen die mindestens zwei handelnde Personen voraussetzt: sich küssen, sich schlagen, sich zanken, sich anblikken u. a.

Mit Präpositionen bildet das Reziprokpronomen Zusammensetzungen: voneinander, miteinander, zueinander, u. a.

Als sie erfuhren, daß ihr Junge wieder gesund und kein Krüppel werden würde, fielen sie einander vor Freude in die Arme. (W. Bredel)

„Geschäft und Vereinsarbeit miteinander verquicken? Niemals!“ wiederholte Brenten barsch. (W. Bredel).

§ 96. Das unpersönliche Pronomen. Das unpersönliche Pronomen es erfüllt im Satz die Funktion des Subjekts oder des direkten Objekts.

Es war schwül wie seit Tagen, es wetterleuchtete manchmal und regnete etwas. (Th. Mann)

...Madam! ich habe es im Französischen weit gebracht! (H. Heine)

Das unpersönliche Pronomen es wird gebraucht:

1. als Subjekt mit unpersönlichen Verben, die Naturerscheinungen bezeichnen;

Die Luft ist kühl, und es dunkelt. (H. Heine)

„Oh, was für ein entsetzlicher Winter, schon wieder schneit es. “ (B. Kellermann)

2. als Subjekt in unpersönlichen Sätzen (mit einem prädikativen Adjektiv bzw. Substantiv), in denen Naturerscheinungen als Ruhezustand bzw. als Übergang zu einem solchen geschildert werden;

Es war noch sehr früh, als ich Göttingen verließ... (H. Heine)

Da wird es auch schon fühlbar kälter. (H. Heine)

Ich sitze vor meiner Hütte, und es wird Abend. (B. Kellermann)

3. als Subjekt in Sätzen mit stehenden Wendungen: es gibt, es steht, es geht, es handelt sich, es fehlt, es mangelt, u. a. m.;

In der Konditorei gab es nur noch einen Gast.... (A. Seghers)

Die Frau erwiderte trocken, es handle sich nur darum, einen Tag zu warten. (A. Seghers)

4. als Objekt in Sätzen mit stehenden Wendungen: es gut (schlecht, schön usw.) haben, es sich bequem machen, es gut (schlecht) meinen, es weit bringen usw.

Wie Sonja staunen würde! Ja, sie sollte es schön haben hier in dieser entlegenen Stadt... (B. Kellermann)

Aber auch Rosenberg wollte es nicht mit dem Millionär Jaskulski verderben, Katinka rannte von Anwalt zu Anwalt, keiner wollte es mit Jaskulski verderben. (B. Kellermann)

Das unpersönliche Pronomen es kann nur bedingt zu den Pronomen gezählt werden, denn es weist eigentlich auf nichts hin und ersetzt nichts. In einigen Fällen hat sich das es gänzlich vom Pronomen losgelöst und ist zu einer grammatischen Partikel geworden. Als Partikel wird es gebraucht:

1. in unpersönlichen Sätzen, die Empfindungen, Gefühle usw. bezeichnen. Nimmt ein Nebensatzglied im Satz die Anfangsstellung ein, so kann die Partikel es auch ausbleiben;

Es wurde ihm schwindlig... (A. Seghers)

Ihm war es schwül geworden... (H. Mann)

Ein leises trauriges Lied klang eines Abends durch meine Seele. Mich fröstelte... (B. Kellermann)

2. in unpersönlichen Sätzen mit dem Verb im Passiv, wobei dann die Partikel es nur die Anfangsstellung einnehmen kann.

Es wurde geklopft und gesägt... (E. Claudius)

An der Tür wurde geklopft. (B. Kellermann)

Die Partikel es tritt zuweilen in persönlichen Sätzen als Formwort auf, wenn keines der Satzglieder die Anfangsstellung einnimmt (vgl. § 208).

Es stehen unbeweglich | Die Sterne in der Höh' | Viel tausend Jahr'... (H. Heine)

Es waren mehrere Leute im Laden anwesend. (Th. Mann)

„Lang lebe der König! Es freue sich, | Wer da atmet im rosigten Licht!“ (F. Schiller)

§ 97. Das Demonstrativpronomen. Die Demonstrativpronomen sind: der, dieser, jener, solcher, derjenige, derselbe, es, selbst, selber. Alle Demonstrativpronomen (außer es) werden sowohl adjektivisch als auch substantivisch gebraucht.

Das Pronomen der, die, das ist das älteste Demonstrativpronomen. Aus diesem Pronomen hat sich der bestimmte Artikel entwickelt. Jedoch weicht die Deklination des Pronomens von der des Artikels ab.


Дата добавления: 2015-09-06; просмотров: 114 | Нарушение авторских прав


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