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Estian: Erdrick, Beckram und Garranon 3 страница

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Penrod warf einen Blick zum Himmel.»Wir werden nicht viel länger Licht haben.«

Ciarra sah mich erwartungsvoll an und wippte auf den Fußballen. Sie hatte Feder bereits angepflockt. Ich wusste, was Ciarra tun wollte, aber nach meiner

Erfahrung mit der Säule am Weg war ich nicht sicher, ob die Ruinen wirklich ungefährlich waren.

»Also gut«, sagte ich widerstrebend.»Ausnahmsweise werden wir heute Abend nicht üben. Geht und seht euch um. Aber vergesst nicht, dass dieser Ort einmal einem Gott geweiht war. Seid respektvoll und fasst nichts an.«

Noch bevor ich zu Ende gekommen war, hatten sich Bastilla und Ciarra schon auf den Weg gemacht. Sobald er mit seinem Pferd fertig war, folgte ihnen Tosten zusammen mit Penrod. Axiel nahm die kleine Schaufel vom Packsattel und begann, eine Feuergrube auszuheben. Oreg, der eher gelangweilt wirkte, sammelte trockenes Holz, das am Boden lag.

Ich ließ mir Zeit und striegelte Blümchen, bis sein Fell glänzte und nur dort noch eine gewisse Rauheit zeigte, wo der Sattelgurt gerieben hatte. Schließlich stampfte er auf, denn er wollte endlich zusammen mit den anderen grasen. Ich steckte die Bürste in eine Satteltasche und ließ ihn gehen. Ich pflockte ihn nicht an - er würde bei seiner Herde bleiben.

»Ich werde mich auch ein bisschen umsehen«, sagte ich. Axiel knurrte nur leise, aber Oreg ließ seinen Haufen Feuerholz, wo er war, und folgte mir.

Penrod oder Axiel hatten einen Lagerplatz in einiger Entfernung von den Hauptgebäuden ausgewählt. Das brachte uns an die Nordostecke der Hügelkuppe, wo wir am weitesten von Estian entfernt waren und die Überreste des Tempelturms zwischen uns und der Stadt standen.

Die Hügelkuppe war ein etwa zwei Hektar großes flaches Feld. An den Hängen des Hügels wuchsen hohe Bäume, aber auf der Kuppe selbst nur Gras. Früher einmal, nahm ich an, war der größte Teil dieser Fläche gepflastert gewesen. Nun lag Erde über den alten Steinen, doch die Schicht war zu dünn, als dass etwas anderes als Gras gedeihen würde.

»Warum hast du uns hergebracht?«, fragte ich Oreg, als wir allein waren.«

Oreg zog den Kopf ein, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte.»Warte ab. Es könnte wichtig sein, oder auch nicht.«

Ich blieb stehen.»Ist es gefährlich?«

Er lächelte ein wenig.»Leben ist gefährlich, Ward. Tod ist das einzig Sichere. Aber die Tamerlain sorgt dafür, dass sich hier keine bösen Geister ansiedeln. Es ist alles in Ordnung.«

Ich starrte ihn einen Augenblick an. Die Tamerlain war die legendäre Hüterin des Tempels, ein großes Raubtier, das von Dämonen der Nacht lebte und nur auf dem Hügel von Menogue anzutreffen war. Manchmal war ich nicht sicher, ob Oreg den Verstand verloren hatte oder nicht, aber er wirkte tatsächlich ruhig und nicht besorgt um unsere Sicherheit. Ich nickte, überwiegend, weil ich nicht wirklich den Hügel wieder hinabsteigen wollte, und ging weiter auf die Stelle zu, wo der größte Teil der Mauern stehen geblieben war.

Es sprach für die Angst der Tallvens vor Menogue, dass ein großer Teil des Tempels noch hier war und man die Steine nicht weggeschleppt hatte, um anderswo damit zu bauen. Es kursierten Geschichten über unangenehme Dinge, welche Leuten zustießen, die etwas aus Menogue mitnahmen - Krankheiten und Pech. Mein Vater hatte einmal die zynische Bemerkung gemacht, dass Zugang zu einem Schatz von Baumaterial die natürliche Ordnung der Dinge durcheinanderbringe. Bei freiem Zugang zu Baumaterial konnten selbst einfache Bauern gute Steinhäuser errichten, wie die Kaufleute. Sie würden sich für etwas Besseres halten. Also verbot man den Bauern die Steine, und Aberglaube war immer die billigste Bewachung gewesen.

Das Ergebnis bestand darin, dass Oreg und ich, als wir uns den noch stehenden Mauern näherten, über viel loses Geröll klettern mussten. Einige der umgestürzten Steine waren größer als ich, und viele davon zeigten Spuren ausführlicher Bearbeitung, auch wenn sie häufig gerissen und zerbrochen waren. Ich staunte über die Qualität der Arbeit.

»Wurde der Tempel von Zwergen gebaut?«, fragte ich Oreg.

»Wie?«Dann grinste er.»Du nimmst den Zwergen also ihre Behauptung ab, dass sie die Einzigen seien, die wissen, wie man Stein bearbeitet? Nicht, dass sie keine Meister gewesen wären - von ihnen stammt die Arbeit in der Bibliothek von Hurog -, aber es gab auch gute menschliche Steinmetzen, so wie diejenigen, die das hier geschaffen haben. Solche Kunstfertigkeit kam jedoch schon vor Jahrhunderten aus der Mode. Stuck und Holzschnitzereien sind billiger und schneller.«

Das Stück erhaltener Mauer, auf das ich zuging, hätte die höchste Mauer von Hurog überragt. Früher einmal war es sogar noch höher gewesen, aber die Krone war heruntergefallen. Die Mauer bog sich leicht und war in vier Fuß hohe Bereiche unterteilt, jeder ein Stück weiter zurückgesetzt als der darunter. Ich stellte mir vor, dass das Ganze einmal Teil einer Kuppel gewesen war. Die einzelnen Bereiche waren mit Reliefs überzogen, aber immer noch zu weit entfernt, als dass ich in den wachsenden Abendschatten Einzelheiten erkennen konnte.

Wir umgingen ein paar Steinhaufen und kletterten über einen weiteren hinweg zu einer kleinen geräumten Fläche nahe der Mauer.

»Das hier war der innere Tempel«, sagte Oreg wenig betrübt.»Er war mit leuchtenden Farben bemalt, blau und lila, orange und grün. Nirgendwo gab es etwas Vergleichbares.«

Nachdem ich es wusste, konnte ich tatsächlich erkennen, dass die Wand einmal bemalt gewesen war. Wo die einzelnen Teile zurückgesetzt und dadurch vom Wetter geschützt waren, sah man es sogar noch recht deutlich. Im untersten Bereich waren seltsam übertriebene Personen dargestellt, die offenbar den nächsten Teil mit ihren Steinhänden hielten. Als ich näher hinschaute, erkannte ich, dass sie alle unterschiedliche Gesichtszüge und Kleidung hatten. Ein paar standen auf den Händen und stützten den oberen

Teil mit den Füßen. An einer Stelle bog sich der Rand des nächsten Bereichs sogar ein wenig nach oben, wo ein sehr kräftiger kleiner Mann ihn schob. Nahe der ersten Bresche in der Mauer gab es einen kleinen Burschen, der besonders heimtückisch dreinschaute. Als ich genauer hinsah, konnte ich erkennen, dass seine Hände die Steinplatten über ihm gar nicht berührten.

Die zweite Reihe von Bildern zeigte Bäume, aber von einer Art, mit der ich nicht vertraut war. Die darüber...

»Bei Siphern«, rief ich, was Oreg, der geduldig darauf gewartet hatte, dass ich es bemerkte, in Lachen ausbrechen ließ.

Wie die meisten Götter Tallvens war Aethervon eine Gottheit von Gegensätzen: Kummer und Vergnügen. Die Leutchen in der dritten Reihe wirkten, als hätten sie wirklich Spaß miteinander.

Ich betrachtete eine bestimmte Szene.»Das hätte ich anatomisch nicht für möglich gehalten.«

»Die Frau muss sehr beweglich sein«, sagte Oreg grinsend.

Ich sah ihn zweifelnd an.»Ich glaube nicht, dass ich dieser Mann sein möchte, wenn sie das Gleichgewicht verliert.«

»Vielleicht«, spekulierte er scheinbar vollkommen ernst, wenngleich seine Augen immer noch funkelten,»ist das Risiko es wert.«

Ich schüttelte den Kopf und setzte meine Erforschung fort, wobei Oreg im inneren Tempel zurückblieb. Ich entdeckte Ciarra, die oben auf einem breiten Stück Mauerrest stand, von dem aus sie auf das tief unter dem Hügel liegende Estian hinabschaute. Ich trat vorsichtig hinter sie, um dafür zu sorgen, dass sie nicht stürzte.

»Groß, wie?«, fragte ich. Ciarra hatte Estian nie zuvor gesehen.

Sie schüttelte den Kopf und machte eine schrumpfende Bewegung mit den Händen. Ich schaute wieder hinab und dachte darüber nach, was sie gesagt hatte. Estian war eine alte Stadt, vielleicht älter als Hurog. Oreg würde es wissen. Aus dieser Höhe vermittelte eine Reihe von Stadtmauern, die immer wieder hinzugefügt worden waren, wenn die Bevölkerung über den sicheren Raum hinauswuchs, den Eindruck, dass die Stadt von einer Spinne geplant worden war. Die alten inneren Mauern wirkten weicher durch die Gebäude, die man gegen sie gelehnt hatte.

Ich kniff die Augen zusammen. Die äußerste Mauer war schmaler und niedriger als die, die ihr vorausgegangen war. Es gab nur wenige Gebäude zwischen den beiden äußeren Ringen. Zum größten Teil befanden sich hier nur die geschwärzten Überreste des Feuers, das Estian etwa zur Zeit meiner Geburt verwüstet hatte.

Ciarra hatte recht. Estian schrumpfte.

Ich schlief schlecht in dieser Nacht; ich hörte immer wieder Glocken. Aber als ich mich die ersten beiden Male hinsetzte und umsah, schliefen alle. Beim dritten Mal waren Ciarra und Oreg, die Wache standen, beide verschwunden.

Ich weckte Tosten auf und ging zu Axiel, während mein Bruder Penrod aufweckte. Axiel öffnete die Augen, noch bevor ich ihn ansprechen konnte, aber weder ihm noch mir gelang es, Bastilla aufzuwecken, die schlief, als hätte ihr jemand Drogen versetzt.

»Ich bleibe bei ihr«, bot Penrod im Flüsterton an.

Ich nickte, und wir anderen machten uns auf die Suche nach Ciarra.

»Es ist zu dunkel, um Spuren zu finden«, flüsterte Axiel.»Wir müssen uns aufteilen und einen Treffpunkt vereinbaren.«

»Treffen wir uns an der Mauer«, sagte ich und zeigte zu den Umrissen des höchsten Mauerabschnitts, wo die komischen kleinen Leute den Turm auf ihren Schultern getragen hatten. Ich wusste, wo meine Schwester war, ich hatte sie und Oreg schon vor einiger Zeit mithilfe meiner Magie aufgespürt. Sie waren nicht direkt an der Mauer, aber irgendwo in unmittelbarer Nähe. Aus irgendeinem Grund, den ich mir selbst nicht so recht erklären konnte, wollte ich jedoch zunächst allein dorthin gehen. Dieses Gefühl war so intensiv, dass ich später zu dem Schluss kam, dass es nicht von mir selbst ausgegangen war. Aber ich schickte Axiel und Tosten weg.

In der Sommernacht erklangen die Geräusche von Insekten und nächtlichen Jägern, die auf Beutezug waren. Die weiße, geisterhafte Gestalt einer HarrEule flog über mich hinweg und gab das eigentümliche Geräusch von sich, nach dem sie benannt war. Die verstreuten Steine machten es unmöglich zu laufen, aber ich verschwendete keine Zeit und kletterte und stakste so schnell ich konnte zur Mauer.

Ciarra stand ganz oben, an der gleichen Stelle, wo sie zuvor am Abend gestanden hatte. Der kühle Nachtwind zauste ihr Haar, als sie auf Estian hinabschaute. Oreg hatte sich auf dem Boden am Fuß der Mauer zu einer Kugel zusammengerollt.

»Ciarra«, sagte ich und kniete mich neben den geduckten Oreg.»Oreg, was ist los?«

»Ich kann nicht«, rief er.»Ich kann es nicht aufhalten! Ich habe es versucht, wirklich versucht... Aethervon...«

»Ciarra, weißt du, was mit ihm los ist?«, fragte ich.

Nun sah sie mich an, und meine Nackenhaare sträubten sich, und eine eisige Faust umklammerte mein Herz, denn ihre Augen leuchteten orangefarben in der Nacht. Sie streckte die Hand aus, und etwas erschien im Dunkeln, ein großes Tier, das Ciarra noch kleiner wirken ließ, als sie ohnehin war. Es schob seinen Kopf unter ihre Hand, wie eine Katze, die gestreichelt werden will. Ich war nahe genug, um den Raubtiergeruch seines Atems riechen zu können.

»Ciarra?«

Meine Schwester lächelte sanft und begann zu sprechen.»Wardwick von Hurog, es wird wieder Drachen geben, wenn du bereit bist, den Preis dafür zu zahlen.«Ihre Stimme war vollkommen tonlos. Sie hätte jedem gehören können, einem Mann oder einer Frau, einem Kind oder einem Greis.

»Still«, sagte ich zu Oreg, der immer noch leise, gebrochene Worte vor sich hin murmelte.

»Kind des Drachenmörders, wähle deinen Weg mit Sorgfalt, denn am Ende wird alles von deiner Entscheidung abhängen, aber das Herz des Drachen ist völlig verfault.«Diesmal gab es Basstöne in ihrer Stimme; es hätte die meines Vaters sein können.

Halb betäubt erinnerte ich mich an die Geschichten, die ich über Menogue gehört hatte. Es hatte hier einen Seher gegeben, der im Auftrag des Gottes sprach. Der letzte Seher war umgekommen, als Menogue geschleift worden war.

»Ich habe sie nicht...«Axiels Stimme verklang, als er um einen großen Steinblock bog und uns sah.

»Sohn des Zwergenkönigs, was bringt dich hierher?«Diesmal war sie vollkommen weiblich, mit einer Sinnlichkeit, die nicht zu meiner Schwester gehörte.

»Prophezeiung und Notwendigkeit«, antwortete er nach einem Augenblick, als er registriert hatte, was hier geschah.»Mein Volk stirbt.«

»Dein Vater hatte einen Traum«, stimmte Ciarra zu, die nun wie ein Kind klang, viel jünger als ihr Alter.»Und du wirst für die Läuterung gebraucht.«

»Ciarra!«Das war Tosten. Er klang außer Atem, als wäre er gelaufen.

»Sänger«, sagte sie in wohlklingendem Tenor.

Er erstarrte, als er die Stimme hörte.

»Fördere vergessenes Wissen wieder zutage, und nutze es gut. Bänkelsänger standen dem Weg des

Geistes stets nahe, und Melancholie folgt ihnen auf dem Fuß. Aber du bist auch ein Krieger. Diese Welt braucht Lied und Schwert.«

»Was hast du mit Bastilla und Oreg gemacht?«, fragte ich, denn ich hatte langsam genug von Aether-vons Spielchen. Oreg schauderte und bebte unter meinen Händen und flüsterte gequält vor sich hin, und das machte mich wütend.

»Die Frau ist zu früh erwacht«, sagte Ciarra, diesmal mit der wie von Weitem kommenden, gleichgültigen Stimme meiner Mutter.»Sie wird unter dem Bann der Tamerlain bis zum Morgen schlafen.«Das große Tier entzog sich Ciarras Berührung und sprang nach unten.

Weit offene Augen starrten mich an und versuchten, mich in ihren Bann zu ziehen. Ich riss den Blick los und wandte mich wieder Ciarra zu.»Und Oreg?«Mein Mund war trocken; es fiel mir nicht leicht, das bärengroße Raubtier zu ignorieren, das so dicht vor mir stand.

»Still jetzt, Tamerlain. So wirst du niemals einen Drachen fangen«, erklang die Stimme meines Vaters voller Heiterkeit.»Dieser da ist zu weit gegangen und musste daran erinnert werden, was er ist.«Oreg zuckte bei den Worten zusammen, was mich an den Tag erinnerte, als er sich selbst in Hurogs großer Halle Wunden zugefügt hatte.

Es machte mich wütend, so, wie es mich wütend gemacht hatte, wenn mein Vater Ciarra schlug. Ich sprang brüllend auf und erschreckte die Tamerlain damit so, dass sie zurückwich.»Das reicht jetzt! Du brauchst ihn nicht so zu quälen. Und lass meine Schwester in Ruhe.«

Sie sah mich durch glühende Augen an und sagte, immer noch mit der Stimme meines Vaters:»Willst du mich etwa dazu zwingen?«

Zorn ließ mich beben, und die Magie aus den Grundmauern des alten Tempels folgte meinem Ruf, durchdrang mich von den Füßen aufwärts und zwang sich ihren glühenden Weg durch meinen Körper und meinen Geist.

Ciarra lächelte, winkte, und die Magie verschwand wieder, als hätte es sie nie gegeben. Mein Körper fühlte sich nun an, als flösse Eiswasser statt Blut durch meine Adern, und ich sackte auf die Knie und hielt meinen Kopf, der schier zu platzen drohte.

»Ward!«Tostens warme Hände schlossen sich um meine Schultern.

»Nein, nicht mit meiner Macht.«Ciarras Stimme war nun wieder das geschlechtslose Flüstern ihrer ersten Worte.»Das hier ist nicht der Horst des Drachen.«

Ciarra schloss die Augen und fiel von der Mauer auf uns zu. Axiel fing sie auf. Ihr Körper war schlaff, und sie erwachte nicht, als Tosten ihre Wangen tätschelte. Die Tamerlain zuckte zweimal mit der Schwanzspitze und verschwand.

Ich zwang meine Panik und die bohrenden Kopfschmerzen beiseite, die mich in die Knie zwingen wollten.»Axiel und Tosten, ihr bringt Ciarra zurück ins Lager und haltet sie warm. Oreg und ich kommen nach.«

»Geht es dir gut?«, fragte Tosten leise.

Ich nickte und biss die Zähne zusammen.»Ja. Gut. Geht.«

Tosten riss bei meinen Tonfall den Kopf hoch wie ein junges Pferd, das versuchte, der Berührung des Gebisses zu entgehen.

Er warf einen Blick zu Axiel, sagte:»Gehen wir«, und stapfte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Axiel sah ihm nachdenklich hinterher und warf dann einen Blick auf Oreg.»Wenn Ihr nicht vorsichtig seid, wird Tosten Oreg hassen - wenn er es nicht bereits tut.«

»Ich werde mich um Tosten kümmern«, sagte ich kurz angebunden.»Kümmere du dich um meine Schwester.«

Axiel nickte und folgte Tosten in die Dunkelheit, meine Schwester über der Schulter. Ich hätte mich selbst um Ciarra kümmern sollen, aber Tosten und Axiel würden das ebenso gut tun, und Oreg hatte nur mich. Aethervon hatte gesagt, er habe Oreg an das erinnert, was er war.

»Es ist alles in Ordnung«, sagte ich und ließ mich unbequem auf dem Boden nieder, denn jeder Muskel in meinem Körper tat weh.»Aethervon ist verschwunden. Du bist in Sicherheit.«Was war Oreg wirklich? Ein Sklave? Hurog?

Er wich vor meiner Berührung zurück und drückte sein Gesicht grausam fest gegen den Stein.»Er wollte sie nicht gehen lassen«, sagte er.»Ich habe es versucht, aber er wollte sie nicht gehen lassen. Es ist meine Schuld, meine Schuld, meine Schuld!«

»Still«, sagte ich.

»Du hast mir aufgetragen, sie zu beschützen, und ich konnte es nicht. Es tut weh, es tut so weh...«, stöhnte er.

Ich hatte selbst Schmerzen, und das lenkte mich ab. Ich hätte beinahe nicht verstanden, was er sagte.»Es genügt, dass du es versucht hast«, brachte ich mühsam hervor.»Hörst du mich, Oreg? Es ist immer genug, es zu versuchen. Ich erwarte nicht, dass du sie vor allem schützen kannst.«

Ich hatte ihm tatsächlich aufgetragen, sie zu beschützen, daran erinnerte ich mich. Er hatte versucht, meinen Anweisungen zu folgen. Mir war nicht klar gewesen, dass es solche Konsequenzen haben würde, wenn er versagte. Bei meinen Worten entspannte er sich und hörte auf, den Kopf gegen den Stein zu stoßen. Einen Augenblick später bemerkte ich, dass er das Bewusstsein verloren hatte. Die Schmerzen, die Aethervon mir zugefügt hatte, schienen sich zu der Art von Muskelschmerzen verringert zu haben, die ich von zu viel Übungskämpfen gewöhnt war. Resigniert raffte ich mich auf und packte mir Oreg auf die Schulter, um zum Lager zurückzukehren.

Ich fand Axiel, Penrod und Tosten am Feuer. Keiner von ihnen sagte ein Wort, als ich Oreg auf sein Lager sinken ließ und zudeckte. Sobald ich mich ans

Feuer setzte, stand Tosten demonstrativ auf, ging zu seinen Decken und rollte sich auf ihnen zusammen, mit dem Rücken zu mir.

Axiel beobachtete ihn, dann sagte er:»Ich habe Penrod erzählt, was passiert ist. Bastilla und Ciarra scheinen nun zu schlafen. Ich hoffe, dass es ihnen gut geht, wenn sie ausgeschlafen haben.«

»Ich wünschte, ich könnte sie sofort hier wegbringen«, sagte ich.»Ich werde mich erst wieder sicher fühlen, wenn wir diesen Hügel weit hinter uns gelassen haben.«

Penrod nickte.

»Hat Aethervon Euch etwas Hilfreiches gesagt, bevor ich kam?«, fragte Axiel.

»Nein«, antwortete ich.»Er sagte nur etwas über Fäulnis im Herzen des Drachen - als ob ich nicht schon wusste, dass es schwere Zeiten für Hurog sind.«Aber er hatte bestätigt, dass die Geschichten über Axiel stimmten. Ich schob den schwelenden Zorn über die Qualen von Oreg und Ciarra beiseite und dachte genauer nach.»Und er sagte etwas darüber, dass die Drachen zurückkehren würden, wenn ich meine Entscheidungen sorgfältig träfe.«

Penrod schüttelte den Kopf, aber Axiel hob aufmerksam den Blick, wie ein Hund, der die Leine sieht. Ein kleines zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen.

Nachdem alle eingeschlafen waren, legte ich die Hände zu einer Schale zusammen und starrte sie mehrere Minuten an. Schließlich erhob sich ein kleines silbriges Licht, kühl und hell, ein paar Zoll über meinen Fingerspitzen - eine Kinderübung für Magie. Unausgebildet, wie ich war, konnte ich mit meiner Magie nicht mehr ausrichten, aber zumindest gehörte sie mir wieder.

WARDWICK

 

Es fiel den Oransteinern schwer zu entscheiden, gegen wen sie lieber kämpfen würden, gegen uns Nordländer oder die Vorsag. Sie mochten uns beide nicht besonders. Mein Vater sagte immer, man wusste, dass man in Oranstein war, wenn der Wind zunahm und es anfing zu regnen.

Tallven, durch das wir bisher gereist waren, war ein überwiegend flaches Land mit ein paar hügligen Steppen - gutes Getreideland. Oranstein ähnelte mehr Shavig, meiner Heimat, denn es war felsig und von Bergen gesäumt. Aber in Shavig war es nie so feucht.

Axiel zügelte sein Pferd, bis ich direkt neben ihm ritt. Er war mit Schlamm bespritzt und sah kein bisschen aus wie der Sohn eines Königs. Er hatte Aethervons Aussage nicht wieder erwähnt, also sprach ich dies ebenfalls nicht an.

»Wo das Land flach ist, es aber keine Wege hindurch gibt, ist es sehr wahrscheinlich sumpfig. Wir werden auf der Straße bleiben müssen, bis wir in die Berge kommen«, sagte er.

Penrod auf meiner anderen Seite nickte.»Wartet nur, bis es dunkel wird und die Moskitos herauskommen«, sagte er vergnügt.

Während wir auf der alten Straße weiterritten, wurde der Wind heftiger, und es fing an zu regnen. Gegen Mittag, als wir schon ordentlich nass waren und uns elend fühlten, erreichten wir das erste Dorf.

Ich nieste.»Wir haben nur noch wenig Getreide. Penrod, du und Bastilla, ihr könnt feilschen gehen, und wir schlagen ein Stück weiter die Straße entlang ein Lager auf. Erkundigt euch nach Neuigkeiten über die Banditen, wenn das möglich ist.«

Penrod nickte, und wir anderen ritten weiter. Wir fanden eine Reihe von Bäumen um einen Felsvorsprung - immerhin kein Sumpfland - und stellten dort zum ersten Mal unser Zelt auf. Weil wir keine Zeltstangen mitgebracht hatten, mussten wir zwei Bäume finden, die im richtigen Abstand voneinander standen, damit wir das Zelt zwischen ihnen aufhängen konnten. Das überließ ich Axiel und Oreg und ließ mir von Ciarra bei den Pferden helfen, die so nass waren und sich offenbar ebenso jämmerlich fühlten wie wir selbst.

Ich hatte gerade Blümchens Sattel abgenommen, als er erstarrte und den Weg entlangschaute. Einen Augenblick später hörte ich, dass jemand wild auf uns zugaloppierte.

Penrod erreichte das Lager noch vor Bastilla, aber es war sie, die rief:»Banditen. Im Dorf - ein Dutzend oder so.«

»Sattelt die Pferde«, befahl ich, warf den Sattel wieder auf Blümchen und schnallte den Gurt fest. Ich hatte nicht erwartet, so weit von Vorsag entfernt auf den Feind zu stoßen, was dumm von mir gewesen war. Ein derart vernachlässigtes Land wie Oranstein wimmelte wahrscheinlich vor Banditen, ob sie nun aus Vorsag kamen oder von anderswo. Blümchen, der meine Aufregung spürte, tänzelte und warf den Kopf hin und her, als ich wieder auf seinen Rücken stieg.

Ich hatte oft mit meinem Vater Banditen gejagt, aber das hier war das erste Mal, dass ich die Truppe anführte.

Als die anderen im Sattel saßen, sagte ich:»Wir bleiben zusammen, bis ich einen anderen Befehl gebe. Achtet auf die Dorfbewohner - wenn ihr nicht sicher seid, ob der Mann, dem ihr gegenübersteht, Bandit oder Dorfbewohner ist, tötet ihn nicht. Habe ich etwas vergessen, Axiel?«

»Nein«, sagte er.

»Penrod?«

»Die Männer aus dem Dorf arbeiten anscheinend anderswo, denn die einzigen Männer, die ich sah, gehörten zu der Bande«, sagte er.»Die Hauptstraße ist gepflastert, aber mit lockerem Schlamm bedeckt. Die Pferde werden dort nicht gut Halt finden. Fürchtet euch nicht abzusteigen und zu kämpfen. Das hier sind keine Soldaten aus Vorsag, nur schlecht bewaffnete, gewöhnliche Banditen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie auch nur so gut ausgebildet sind wie Ciarra.«

»Ciarra«, sagte ich, da er mich an sie erinnert hatte.»Du bleibst im Sattel. Du hast nicht das Gewicht, gegen einen ausgewachsenen Mann zu kämpfen, ganz gleich, wie schlecht ausgebildet er ist.«Ich hätte ihr am liebsten gesagt, sie solle im Lager bleiben, aber Penrod hatte recht: Solange es sich um eine normale Räuberbande handelte, würde sie keine Probleme haben. Und noch wichtiger: Sie wäre ohnehin nicht geblieben. Stala sagte immer, dass ein guter Kommandant nie Befehle gab, von denen er wusste, dass seine Leute ihnen ohnehin nicht gehorchen würden.

Ich sah mich um und überzeugte mich, dass alle zu Pferd saßen, dann rief ich:»Also los!«

Wir galoppierten zurück zum Dorf. Als wir hereinkamen, war niemand auf der Straße zu sehen, aber wir hörten den Schrei einer Frau und folgten ihm zwischen eine Reihe von Hütten.

Es waren vielleicht fünfzehn Banditen, abgerissen und schmutzig. Ein Mann hatte einen selbst gemachten Bogen, mit dem er auf zwanzig Schritt keine Festungsmauer getroffen hätte, die anderen waren mit rostigen Schwertern bewaffnet, die aussahen, als hätten ihre Besitzer sie auf einem fünfzehn Jahre alten Schlachtfeld gefunden. Sie waren von der Unterhaltung so abgelenkt gewesen, dass sie die Pferde erst hörten, als wir sie praktisch erreicht hatten.

Die Banditen hatten die Frauen des Dorfs zusammengetrieben. Vor ihnen, auf dem nackten kalten Boden, lag ein junges Mädchen, das zwei Männer niederhielten, während ein Dritter sich die Hose aufschnürte.

Ich vergaß, das Zeichen für den Angriff zu geben. Blümchen stürmte mitten ins Getümmel, und mit der Wucht seines Tempos köpfte ich den MöchtegernVergewaltiger mit dem ersten Schwertschlag. Die Leiche fiel auf das Mädchen, aber dagegen konnte ich nichts tun. Axiel folgte meinem Beispiel, wenn schon nicht meinen Befehlen, und erwischte einen der Männer, die sie festgehalten hatten, aber die anderen Banditen flohen.

»Keine Gnade!«, rief ich und trieb Blümchen hinter einem der Männer her.

Es war Metzgerarbeit. Keiner von denen, die ich tötete, versuchte auch nur, meine Schläge abzuwehren, von angreifen gar nicht zu reden. Nachdem ich den dritten getötet hatte, der alt genug war, um mein Großvater zu sein, konnte ich keinen mehr finden. Die meisten meiner Leute hatten sich mit den Banditen zerstreut. Der Einzige in der Nähe war Penrod, der abstieg und eine Leiche über den Rücken seines Pferdes warf.

Ich ritt zu ihm, musste aber zunächst Blümchens Ärger aussitzen, weil ich ihn aufhielt, wenn er doch so viel Spaß hatte.»Warum bringst du die Leiche zurück?«, fragte ich. Penrod hatte immer gute Gründe für das, was er tat.

»Wir müssen sie durchsuchen und alles zurückgeben, was den Dorfleuten gehört«, sagte er.»Dann sollten wir die Toten verbrennen, wie man es in Oranstein tut, damit ihre Geister hier nicht verweilen.«

Das hätte ich wissen sollen. Ich hatte mit meinem Vater Banditen gejagt, aber meine Aufgabe war immer gewesen, mit den Nachrichten zurück zur Burg zu reiten; mit dem Aufräumen hatte ich nichts zu tun gehabt.»Ich werde es den anderen sagen. Axiel verfolgt einen, der es bis zu den Bäumen geschafft hat. Bastilla ist bei den Frauen geblieben. Hast du gesehen, wohin Tosten, Oreg und Ciarra geritten sind?«Ein guter Kommandant in einer echten Schlacht hätte es gewusst.

»Tosten und Oreg haben die drei verfolgt, die in der Gegenrichtung aus dem Dorf gerannt sind, auf unser Lager zu. Ciarra war hinter mir, aber ich glaube, sie ist bei Bastilla im Lager geblieben.«

»Also gut«, sagte ich.»Ich hole sie zusammen, und du kannst Axiel Bescheid sagen, dass wir die Leichen sammeln.«

»Das weiß er wahrscheinlich schon«, erwiderte Penrod.»Aber ich werde es ihm sagen, nur zur Sicherheit.«

»Ich komme zurück, sobald ich die anderen gefunden habe.«Blümchen schlug bereitwillig wieder einen Galopp an.

Als ich näher kam, drängten sich die Dorffrauen mit den Kindern zu einer Gruppe um das blutende Kind, das die Banditen hatten vergewaltigen wollen, wie eine Herde von Stuten, die einem Rudel Wölfe gegenübersteht. Ich sah mich nach meinen Begleitern um und entdeckte Bastilla, die aus dem Wald kam.


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