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Wardwick von Hurog 3 страница

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»Dann können wir ihn nicht zur Zucht verwenden«, sagte ich bedauernd.

Penrods respektvolle Miene ließ häufig selbst klügere Männer als meinen Onkel glauben, dass der Stallmeister ihrer Meinung sei - meinen Vater zum Beispiel. Duraugh hatte den Stall vermutlich in dem Glauben verlassen, Penrod werde mich drängen, Bestie zu töten. Diese Fehleinschätzung wollte ich ausnutzen. Wenn mein Onkel in den nächsten beiden Jahren zurechtkommen wollte, würde er die Unterstützung der Leute in der Burg gewinnen müssen, und das galt noch mehr, wenn er vorhatte, längerfristig meinen Patz einzunehmen.

Es würde nicht schaden, wenn ich selbst ein paar Männer für mich gewinnen könnte. Penrod mochte mich bereits, wenn auch mehr, weil ich seine Schutzbefohlenen gut behandelte, als aus irgendeinem persönlichen Grund. Er war ein kluger Mann, oder er hätte nie in seiner Stellung überlebt, wenn man bedachte, wie sehr sich seine Ideen von denen meines Vaters unterschieden.

»Wir sollten ihn vielleicht in eine andere Box bringen«, sagte ich schließlich.»Seine ist dunkel. Und klein. Ich mag keine kleinen Räume - vielleicht geht es ihm ebenso.«Mein Abenteuer im Abflusssystem heute hatte mir das sehr deutlich gemacht.

Die Stallknechte wurden müde, aber dem Pferd ging es nicht besser. Bestie hatte bereits einen anstrengenden Ritt hinter sich. Ich war dem Hengst für das, was er getan hatte, etwas schuldig, aber ich fragte mich, wieso ich mich nicht mehr darüber freute.

»Diese Box ist die einzige, in der wir ihn halten konnten«, erklärte Penrod, als ob ich das nicht schon gewusst hätte.

»Die große Koppel bei den alten Ställen ist für Hengste gebaut«, sagte ich. Und nur für den Fall, dass er nicht verstand, was ich meinte, fügte ich hinzu:»Wir müssen natürlich gut aufpassen, dass das Seitentor sicher verriegelt ist.«

Penrod stand einen Augenblick vollkommen reglos da und gab vor, das Pferd zu beobachten. Dann sah er mich an. Die Hengstkoppel wurde zur Zucht benutzt und hatte einen gemeinsamen Zaun mit der

Weide der Stuten. Wenn jemand das Seitentor aus Versehen (oder mit Absicht) offen ließe, würde Bestie alle rossigen Stuten auf der Weide bespringen.

Ich hätte es dabei belassen können. Penrod hatte die Andeutung gut verstanden, aber ich brauchte ihn. Mein Onkel würde zwei Jahre haben, meine Leute für sich zu gewinnen. Ich musste dafür sorgen, dass die Menschen von Hurog, wenn der Zeitpunkt kam, auf mich hörten und nicht auf Duraugh. Also musste ich Penrod wissen lassen, dass ich mehr sein konnte, als er bisher gedacht hatte. Ich zwinkerte ihm zu.

Penrod wurde noch starrer und war so schockiert, dass er sich einen Augenblick von dem Pferd abwandte, um mich anzustarren. Es war sicher schwierig für ihn, seine Ansichten über jemanden so schnell ändern zu müssen, aber er hatte immerhin die Möhre, die ich ihm in Form von Besties Überleben angeboten hatte, als zusätzliche Motivation. Wieder schaute er das dunkle Pferd an.

»Ich werde dafür sorgen, dass er in die Koppel gebracht wird, wenn Ihr glaubt, dass er ebenso wie Ihr selbst keine engen Räume mag.«Unter Penrods ausdrucksloser Stimme vibrierte angespannte, wilde Freude.

»Dunkle Räume«, murmelte ich.»Ich mag es nicht, wenn es dunkel ist.«

»Ja«, sagte er mit einem dünnen Lächeln.

Sobald er meine Anweisungen befolgt hatte, meinem Onkel nicht zu gehorchen, gehörte er mir. Und mit ihm würden mir all jene zufallen, die im Stall arbeiteten. Das bedeutete auch, dass schließlich alle erfahren würden, dass ich nicht so dumm war, wie ich tat; andererseits war ich mir nicht sicher, ob Dummheit sich noch günstig für mich auswirkte. Das Spielfeld war dabei, sich zu verändern.

Stirnrunzelnd betrachtete ich das Pferd meines Vaters.»Bestie ist irgendwie kein geeigneter Name.«Es gab Blumen im Garten meiner Mutter, die beinahe die gleiche Farbe hatten wie das Fell des Hengstes. Eine Weile musste ich warten, bis meine Lippen bei dem Gedanken daran, was mein Vater dazu gesagt hätte, zu zucken aufhörten. Erst dann konnte ich weitersprechen.

»Ich werde ihn in Zukunft Blümchen nennen«, sagte ich.

Ciarra trat einen Schritt beiseite und starrte mich so ungläubig an, dass sie keine Worte brauchte.

»Mutter hat Blumen von dieser Farbe in ihrem Garten«, erklärte ich.

»Blümchen«, sagte Penrod steif und dachte zweifellos daran, wie das auf einem Stammbaum aussehen würde. Dann musste er plötzlich lächeln. Er nickte den drei Stallknechten zu, die mit angespannter Miene dastanden und den Hengst festhielten.»Schwierig, vor etwas Angst zu haben, das Blümchen heißt.«

Ich nickte und rief den Stallknechten zu:»Bringt ihn in den runden Pferch, dann nehmt das Geschirr ab.«Und an Penrod gewandt:»Ich brauche eine lange Peitsche, wie die, die wir nehmen, um die Jährlinge zuzureiten. Und fünf oder sechs Kupfertöpfe. Schick jemanden in die Küche, um sie zu holen. Und einen leeren Getreidesack.«

Ich hatte lange Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was ich mit Bestie, nein, mit Blümchen tun würde. Es hatte keinen Sinn zu warten, bis Vater kalt war, um sein Pferd zu stehlen. Eine düstere Anwandlung ließ mich den Mund verziehen, bevor ich sie verscheuchen konnte. Nein, ich würde nicht um Vater trauern. Stattdessen würde ich den Rest des Tages damit verbringen, mir sein Pferd anzueignen.

Im Ausbildungsring blieb Bestie so weit von mir entfernt, wie er konnte, was ich für den Augenblick vollkommen in Ordnung fand. Vier Jahre ließen sich nicht an einem einzigen Abend ungeschehen machen - und auch nicht an einem Dutzend Nachmittagen. Aber wenn ich Glück hatte, konnte ich vielleicht schon heute einen gewissen Fortschritt erzielen.

Ich hielt den Sack mit Töpfen in einer Hand und achtete vorsichtig darauf, keinen Lärm zu machen. In der anderen Hand hatte ich eine Peitsche, die doppelt so lang war wie ich groß. Die Hälfte dieser Länge wurde von einem Schaft gebildet, an dem die Peitschenschnur hing.

»Also los«, sagte ich einigermaßen lässig, sobald ich in der Mitte des Rings stand. Gleichzeitig fuchtelte ich mit der Peitsche, und der Hengst begann zu galoppieren, nachdem er vage einen Tritt in meine Richtung versucht hatte.

Ich ließ ihn ein Dutzend Mal um die kleine Koppel laufen. Er glaubte zu wissen, worum es ging. Alle Pferde meines Vaters begannen in diesem Ring, um die grundlegenden Befehle zu lernen. Aber ich hatte ihn hierhergebracht, damit er, wie ich hoffte, eine andere Lektion lernte.

Nun verlangsamte er den Schritt zu einem Kanter, eher, weil es für ein Pferd mit seiner Schrittlänge schwierig war, um einen so kleinen Ring zu galoppieren, als weil er müde gewesen wäre.

»Also los«, sagte ich wieder und fuchtelte mit der Peitsche vor seinem Gesicht. Ein unerfahrenes Pferd hätte sich umgedreht und wäre in die andere Richtung gerannt, aber er wusste zu viel über Peitschen. Er legte die Ohren an und bäumte sich vor mir auf, und nur für den Fall, dass das nicht genügte, stürmte er auf mich zu.

Ich hätte ihn mit der Peitsche schlagen und vertreiben können. Aber er wusste bereits, dass Peitschen wehtaten. Damit hätte ich ihm nichts beigebracht. Also schüttelte ich stattdessen den Sack mit den Kochtöpfen, schrie und ging entschlossen auf ihn zu, wobei ich mit dem festen Ende der Peitsche auf den Sack schlug. Es klang wie in der Küche, wenn jemand den Koch geärgert hatte.

Der Lärm war zu viel für das Tier. Bestie wirbelte auf den Hinterbeinen herum, rannte in die andere Richtung, als wäre ein Rudel Wölfe hinter ihm her, und machte steifbeinige Sprünge, wenn seine Größe es nicht besser zuließ. Nach der vierten Runde waren seine Brust und die Flanken mit Schaum bedeckt. Schließlich senkte er den Kopf und sah mich an -nicht herausfordernd, sondern um Erlaubnis bittend, stehen bleiben zu dürfen.

Ich zog die Peitsche dicht an mich und sagte:»Brr.«

Er blieb stehen, wie man ihm beigebracht hatte, wandte mir aber dabei das Hinterquartier zu, also schüttelte ich die Peitsche und ließ ihn noch einmal rennen. Ich wartete, bis er erneut den Kopf senkte. Als ich ihn diesmal zum Stehen brachte, sah er mich an. Wir hatten beide genug.

»Guter Junge«, sagte ich und legte Peitsche und Sack ab. Ich ging zu ihm und tätschelte ihm sanft die nasse Schulter.»Wir werden dich schon noch in ein Blümchen verwandeln.«

Sein ganzer Körper bebte von seinem angestrengten Atem; er war zu müde und zu entmutigt, um sich dafür zu interessieren, wer ich war. Er beobachtete mich mit mattem Blick und erwartete offenbar nicht viel. Es war Angst, nicht Zorn, was ihn gefährlich gemacht hatte. Ich bezweifelte, dass er je von einem anderen geritten werden könnte, aber er würde mir am Ende vertrauen.

Ich legte ihm ein normales Halfter an, nicht das, was er üblicherweise trug. Es hatte lange gedauert, ihn bis zu diesem Punkt zu ermüden, aber ich bezweifelte, dass sich jemand in den nächsten paar Stunden wegen seiner Aggressivität Sorgen machen müsste. Am nächsten Tag würde ich besser einschätzen können, ob wir Fortschritte gemacht hatten. Ich hatte ihm nicht ein einziges Mal wehgetan. Daran würde er sich auch dann noch erinnern, wenn die Auswirkungen des Galoppierens verschwunden waren.

Seine Ohren zuckten. Ich drehte mich um und sah den Racker neben mir stehen. Sie hätte sich einem Pferd wie Bestie nicht ohne guten Grund genähert, also überraschte es mich nicht, dass mein Onkel am Zaun stand. So viel ich wusste, machte Onkel Duraugh ihr Angst, vor allem, weil er der Vater der Zwillinge und der Bruder unseres Vaters war.

Ich musste fest am Leitseil ziehen, um den Hengst dazu zu bringen, sich zu bewegen - daran würde ich noch arbeiten müssen. Aber das Wichtigste zuerst. Penrod nahm ihn mir ab, sobald wir durchs Tor kamen, während ein Stallknecht in den Ring ging, um die Töpfe und die Peitsche zu holen.

»Wir werden das Begräbnis morgen Nachmittag veranstalten«, sagte mein Onkel.»Es ist zu warm, um noch länger zu warten, obwohl das bedeutet, dass deine Tante nicht rechtzeitig hier sein wird.«

Ich sah ihn an, dann ließ ich jegliche Intelligenz aus meinem Gesicht entweichen. Ah, würde er denken (das hoffte ich jedenfalls), der Idiot erinnerte sich daran, dass sein Vater heute gestorben ist. Ich nickte.

Er wartete und hoffte offenbar auf eine weitere Reaktion.»Ich sehe, du willst Penrods Rat nicht annehmen. Ich habe nach dem Tod des Hurogmeten mit ihm gesprochen. Dieses Tier muss getötet werden.«

Wenn du nur wüsstest, dachte ich.

»Er ist hübsch«, sagte ich.»Hitziges Blut und kleine Räume. Große Geschöpfe wie er und ich brauchen Platz.«Ich dachte an den Gang, der zur Drachenknochenhöhle führte, und die aufgeriebenen Stellen an meinen Schultern begannen zu schmerzen.»Viel Platz.«

»Er hat deinen Vater umgebracht, Ward. Er ist gefährlich.«

Ich sah ihn an.»Wenn er ihn nicht beherrschen konnte, hätte er ihn nicht reiten sollen.«Das war Vaters eigener Lehrsatz gewesen, mit Varianten wie:»Wenn er ihn nicht schlagen konnte, hätte er den Kampf nicht anfangen sollen.«

Duraugh drehte sich um, als wolle er gehen, aber dann fuhr er abrupt noch einmal zu mir herum und kam näher, bis wir uns direkt gegenüberstanden.

»Ward«, sagte er entschlossen,»deine Mutter mag aus Tallven stammen, aber du bist als Shavig-Mann geboren und aufgewachsen. Du weißt, dass unser Land von Magie beherrscht wird. Ich habe in den Gebirgshöhen gegen Skellet gekämpft.«

Ciarra huschte bei der Erwähnung der rastlosen Toten hinter mich.

»... und ich habe ein Dorf gesehen, das von den Nachtgängern zerstört wurde.«Duraugh deutete vage nach Süden.»Die Leute aus Tallven lachen über unsere Angst vor Flüchen, aber du bist kein Flachländer, oder?«

Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte, aber ich spielte mit. Ungeschickt zog ich den Kopf ein, um ihm besser in die Augen sehen zu können, und flüsterte:»Wir haben einen Fluch.«

Aber was für ein jämmerlicher Fluch das war! Es gab keine Gedichte und keine geheimnisvollen Hinweise, nur etwas, das aussah, als hätten ein paar Heranwachsende es in eine Steinwand gekratzt. Wenn es nicht die Wand der großen Halle gewesen wäre, hätte es wahrscheinlich niemanden mehr gekümmert. Der einzige Grund, wieso Besucher nicht lachten, wenn sie es sahen, bestand darin, dass es in altmodischen Runen geschrieben war, die nur wenige lesen konnten.

»Weißt du, worum es dabei geht?«

Ich blinzelte meinen Onkel einen Augenblick an, bevor ich zu dem Schluss kam, dass selbst ein Idiot es wissen könnte.»Das Haus Hurog wird das Opfer einer Bestie aus den Tiefen der Hölle werden.«

»Opfer einer Bestie, Ward. Dieser Hengst ist die Bestie, von der im Fluch die Rede ist. Fen hielt es für einen guten Namen für ein Schlachtross. Und tatsächlich hatte er einen treffenderen Namen gewählt, als er ahnte. Dieser Hengst ist eine Höllenbestie«, sagte er eindringlich.»Er hätte schon vor langer Zeit getötet werden sollen. Siehst du das denn nicht?«

Ich wusste, dass man Bestie nach dem Ungeheuer aus der Unterwelt benannt hatte, das die Seelen der Toten fraß, die im Leben nicht gut genug gewesen waren, um nach ihrem Tod in den Häusern der Götter zu weilen. Aber wer hätte gedacht, dass Onkel Du-raugh es so ernst nehmen würde? Ich war der Ansicht, dass der Fluch bereits eingetreten war. Weil die Knochen des Wesens, das wir schützen sollten, in Ketten in einer verborgenen Höhle unter der Festung lagen, war Hurogs Wohlstand verschwunden, und es gab keine Drachen mehr auf der Welt.

Hurog brauchte keine Bestie aus der Unterwelt, um sich noch weiter zu zerstören. Mein Vater war verrückt gewesen. Meine Mutter aß Traumwurzel und bemerkte nicht, was rings um sie herum vorging. Meine Schwester war stumm, obwohl kein Heiler und kein Magier einen Grund dafür finden konnte. Mein Bruder hatte versucht, sich umzubringen.

»Siehst du das nicht?«, fragte Duraugh, der in seiner Leidenschaft offenbar vergaß, dass er mit dem Familienidioten sprach.

»Ich kann gut sehen«, erwiderte ich, um ihn daran zu erinnern.»Aber was hat das alles mit dem Pferd zu tun?«

Mein Onkel war ein gut aussehender Mann; er sah besser aus als mein Vater, wenn auch nicht so gut wie seine eigenen Söhne. Aber der Zorn ließ ihn hässlicher wirken; vielleicht gefiel mir seine Reaktion deshalb so gut. Ciarra vergrub das Gesicht an meinem Rücken, als er sich mühsam wieder zusammennahm.

»Bestie war der Untergang deines Vaters. Wenn du das nicht erkennst, wird er auch der deine sein.«

»Er ist ein Pferd«, sagte ich störrisch.»Und ich habe seinen Namen geändert. Bestie macht den Leuten nur Angst. Blümchen. Er heißt jetzt Blümchen.«Der Name gefiel mir besser, je öfter ich ihn aussprach.

Oreg, der Junge aus der Drachenknochenhöhle, kam zu mir, als ich an diesem Abend ins Bett gehen wollte. Ich sah nicht, wie er hereinkam, aber als ich nach dem Waschen mein Gesicht abtrocknete, saß er auf meiner Bettkante. Ich nickte ihm zu, setzte mich auf einen Hocker neben dem Bett und schnitt mir mit dem Messer über dem leeren Nachttopf die Fußnägel.

Er beobachtete mich eine Weile. Aber es ist ziemlich langweilig zuzusehen, wie sich jemand die Zehennägel schneidet; also fing er schließlich an zu reden.

»Weißt du, wofür der Ring gedacht ist?«

Ich schüttelte den Kopf. Es folgte ein langes Schweigen, währenddessen ich mich den Fingernägeln widmete.

»Weißt du, wer ich bin?«

Diesmal nickte ich. Er stand auf und begann, leise vor sich hin murmelnd, auf und ab zu gehen. Schließlich blieb er vor mir stehen und legte die Hand auf mein Messer, damit ich aufhörte. Seine Hand war warm und fest. In den Bänkelsängergeschichten fühlten sich Gespenster immer kalt und flüchtig an.

»Also, wer bin ich?«, meinte er frustriert und verärgert. Ich fragte mich, ob er mich beobachtet hatte, wenn ich mich nicht dumm stellte. Hatte er mich durchschaut?

»Weißt du denn nicht, wer du bist?«, erwiderte ich und starrte ihn aus großen Augen an.

Er ließ sich gereizt auf den Boden sinken und schlug die Hände vors Gesicht. Sein Nacken sah irgendwie verwundbar aus. Er erinnerte mich an meinen Bruder Tosten.

Ich starrte ihn lange an. Mein Geheimnis vertraute ich niemandem so leicht an. Nicht einmal Ciarra, obwohl sie vermutlich ahnte, was los war.

»Also, wer bist du?«, fragte ich barsch.»Ich kenne ein paar Gespenstergeschichten. Und ich glaube nicht, dass du wirklich ein Gespenst bist.«

Er riss den Kopf hoch, als er den Unterschied in meiner Stimme hörte. Ich legte das Messer weg, schob mit dem Fuß den Nachttopf unter das Bett und bereitete mich darauf vor zu lauschen.

»Es ist also wahr.«Er flüsterte, mehr hoffnungsvoll als überzeugt.»Du hast dich all diese Jahre verstellt. Ich dachte es mir schon, aber ich wusste es nicht genau.«

Er beobachtete mich eine Weile, aber ich wusste nicht, wie ich ihm alles erklären sollte, ohne dumm und melodramatisch zu klingen.

»Weißt du, wer Burg Hurog gebaut hat?«, fragte er schließlich.

Er wirkte nervös. Irgendwo hatte er wohl gelernt, dass es gefährlich sein konnte, Fragen zu stellen. Aber ich kam zu dem Schluss, dass er nichts mit dem

Spiel zu tun hatte. Er gehörte mir, ebenso wie Hurog mir gehörte. Ich berührte den Platinring leicht mit dem Daumen.

»Nein. Ich weiß nur, dass der Erbauer den Auftrag des Königs erhielt, sich um die Drachen hier zu kümmern.«

Oreg schnaubte verbittert.»Dann weißt du nichts. Der Titel kam erst Jahrhunderte später. Burg Hurog ist alt und wurde im Zeitalter des Kaiserreichs von einem echten Magier erbaut - nicht einem wie diesem Narren, den dein Vater eingestellt hat. Als der Magier sich vom Hof zurückzog, errichtete er sich hier eine Burg, wo niemand ihn behelligen würde, weil alle Angst vor den Drachen hatten.«

Er senkte den Blick und zeichnete ein Muster auf den Boden.»Er wollte ein Haus, das sich um sich selbst kümmern würde, damit er sich nicht mit Dienern abgeben musste, die überall herumwuselten, und mit Soldaten, die im Hof übten.

Er hatte zwei Söhne von seiner Frau, einer schlichten Person, die vernünftig genug war zu sterben, als sie noch jung war. Ein Sohn wurde Offizier und starb in irgendeinem Krieg, der zweite war selbst ein Zauberer. Ich war sein Sohn von einer Sklavin, und zunächst hatte er mich an die Familie eines Adligen verkauft, aber dann gab er ihnen Geld, und sie schicken mich zu ihm zurück.«

Er hielt inne. Ich war nicht sicher, ob ich wollte, dass er fortfuhr. Ich hatte genug Bänkelsänger gehört, um zu wissen, worauf diese Geschichte hinauslief, oder vielleicht hatte ich auch zu viel Erfahrung mit meinem eigenen Vater, um viel von dem seinen zu erwarten.

»Als ich hierher kam, war er allein; es gab keine Diener. Er gab mir eine Schale Suppe aus einem Topf, den er an der Feuerstelle gekocht hatte. Als ich erwachte, war ich die Burg.«

Ich starrte ihn an, während ich über seine letzten Worte nachdachte. Er war die Burg, hatte er gesagt. Ich erinnerte mich daran, wie wir durch die Geheimtür mein Zimmer betreten hatten, obwohl ich wusste, dass wir uns tief in dem Berg befanden, auf dem Burg Hurog stand. Ich wägte die möglichen Antworten ab, die ich hätte geben können, und beschloss am Ende, überhaupt nicht auf diese Äußerung zu reagieren.

»Danke, dass du dich heute um den Racker gekümmert hast, Oreg.«Ich hatte gelernt, dass man manchmal mehr Antworten erhielt, wenn man etwas vollkommen Unerwartetes äußerte, als wenn man Fragen stellte.

Er hob ruckartig den Kopf und sah mich verärgert an. Was immer er in meinem Gesicht sehen wollte -ich glaube nicht, dass er es fand.»Ich habe immer versucht, auf sie aufzupassen«, sagte er.»Es war nicht viel. Eine Tür, die sie an einen ruhigen Ort entkommen ließ, wo ihr Vater sie nicht finden konnte, aber ihre Brüder schon.«

Wir saßen eine Weile in kameradschaftlichem Schweigen beisammen, während ich darüber nachdachte, was er mit den Worten gemeint hatte, er sei die Burg. Ich spielte mit dem ungewohnten Ring an meinem Finger.

»Du kannst den Ring nicht abnehmen.«Oreg zuckte zusammen, als wäre ihm gerade erst wieder eingefallen, wieso er hierhergekommen war.»Er gibt dir die Herrschaft über die Burg. Erst wenn du im Sterben liegst, wirst du ihn wieder abnehmen können. Dann musst du ihn deinem Erben geben.«

»Und wenn ich ihn einer anderen Person gebe?«, fragte ich, nachdem ich vergeblich versucht hatte, den Ring abzustreifen. Ich wünschte, ich hätte das gewusst, bevor ich ihn an den Finger gesteckt hatte. Ringe waren unpraktisch, wenn man kämpfte, sie veränderten den Griff am Schwert und blieben an allem Möglichen hängen. Ich hätte ihn zumindest an die linke Hand stecken können.

»Die Person, der du ihn gibst, wird dein Erbe sein.«

»Ah«, sagte ich.»Erzähl mir mehr über den Zauber, den Ring, die Burg und dich selbst.«

Seine Miene wurde seltsam ausdruckslos. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Immerhin hatte ich ihn in dem polierten Schild an meiner Wand so lange geübt, bis er zu meinem normalen Aussehen geworden war. Wenn er Kuhaugen gehabt hätte wie ich, hätte er ebenso dumm ausgesehen. So wirkte er nur verschlossen.

»Ich bin ein Sklave«, sagte er.»Dein Sklave, an dich gebunden durch deinen Ring. Ein Seelensklave.

Was immer du von mir verlangst, werde ich tun, wenn ich dazu in der Lage bin - und ich habe große Macht.«

Ich dachte daran, was das für einige meiner verrufenen Vorfahren bedeutet hatte. Er war ein hübscher Junge, ebenso wie mein Bruder. Armer Sklave.

»Wenn ich dich bitten würde, hier zu sitzen und dich nicht zu bewegen, was würde passieren?«, fragte ich.

»Ich würde hier sitzen und mich nicht bewegen«, sagte er mit trostloser Ehrlichkeit,»bis du mir etwas anderes befiehlst. Ich muss tun, was immer du mir sagst.«Er wirkte angespannt, aber wenn er schon immer da gewesen war, hätte er eigentlich wissen sollen, dass ich Leute nicht quälte, die mir ausgeliefert waren. Aber wahrscheinlich würde er ebenso wie Bestie... wie Blümchen Zeit brauchen, um das wirklich zu begreifen.

»Als du sagtest, du wärest die Burg, meintest du das buchstäblich? Oder bist du durch Magie an sie gebunden?«

»Ich glaube nicht, dass es da einen großen Unterschied gibt«, sagte er und betrachtete seine Hände.

»Weißt du, was in der Burg geschieht?«

Er legte den Kopf schief und richtete den Blick ins Nichts.»In der großen Halle wird das Feuer für die Nacht zugedeckt. In einer Ecke schnuppert eine Ratte nach Fressen. Dein Onkel steht vor der Feuerstelle, die Hände auf dem Rücken, und wippt ein wenig auf den Fersen...«

»Das genügt«, sagte ich.»Kannst du gleichzeitig mehrere Orte sehen?«

»Nicht besser, als du gleichzeitig auf die Wand gegenüber und hinter dich schauen kannst.«

»Kannst du auch hören, was geschieht?«

»Ja.«

Ich rieb meine Hosenbeine. Ich konnte mit Blümchens Angst arbeiten, weil ich ihn verstand. Penrod hatte ich auf die gleiche Weise für mich gewonnen. Ich musste lernen, Oreg so gut zu verstehen wie das misshandelte Pferd.»Tut es dir weh, wenn die Burg beschädigt wird?«

»Nein«, sagte er, dann fuhr er beinahe widerstrebend fort:»Ich kann es spüren, aber es tut nicht weh.«

»Bewohnst du die gesamte Burg oder nur die älteren Teile?«

»Die gesamte Burg und alles, was dazu gehört. Innere und äußere Mauern, Stallungen, die Schmiede -selbst das Abflusssystem.«

»Wenn du die Burg bist, wie kommt es, dass du immer noch einen Körper hast?«, fragte ich und nickte zu seinem Menschenkörper hin.

»Es hat meinen Vater amüsiert.«

Ich dachte eine Weile über das nach, was er gesagt hatte.»Wenn die Burg beschädigt wird, tut es dir nicht weh. Tut es dir weh, wenn man deinem Körper Schmerz zufügt?«

»Ja«, flüsterte er und spannte sich an.

Wenn ich die letzten fünfzehn Jahre als Sklave meines Vaters verbracht hätte, hätte ich ebenfalls geflüstert. Und nach allem, was man hörte, war mein Großvater noch schlimmer gewesen. Ich gähnte demonstrativ. Es war spät, ich musste schlafen.

»Mein Vater hat dich nie erwähnt.«

»Strategisch gesehen ist es besser, wenn ich ein Geheimnis vor deinen Feinden bleibe - ein harmloses Gespenst, das durch die Flure streift.«Er zögerte, dann fügte er hinzu:»Ich ziehe es ebenfalls vor, verborgen zu bleiben. Ich mag Menschen nicht besonders.«

Das würde ich auch nicht tun, dachte ich, wenn ich so viele Jahre den Hurogs gedient hätte.

»Also gut«, sagte ich.»Hier sind meine Befehle für die nächste Zeit. Beschütze weiterhin meine Schwester. Ich möchte dich jeden Abend hier sprechen, wenn ich allein bin. Davon einmal abgesehen, kannst du tun, was du willst.«

»Willst du, dass ich dich ebenfalls beschütze?«

Ich grinste. Er mochte mächtig sein, das nahm ich ihm durchaus ab, aber er wog nur halb so viel wie ich.»Ich hatte Jahre, um zu lernen, das selbst zu tun. Wenn ich das nicht kann, was für ein Hurogmeten bin ich dann?«

»Es gibt ohnehin viele, die sagen, du wärest nicht geeignet«, sagte er mit einer gewissen Herausforderung im Ton.

Ich wusste nicht genau, ob er meine Reaktionen prüfen wollte oder immer noch zum Teil mein Getue glaubte. Vielleicht wusste er mehr über die Wahrheit als ich. Plötzlich fühlte ich mich sehr müde.

»Ja. Es wäre auch traurig, wenn sie mich für befähigt hielten, nachdem ich mich jahrelang so angestrengt habe, meinem Vater meine Dummheit zu demonstrieren. Ich kann es ihnen wohl kaum übel nehmen.«

Er lachte, aber ich hatte das Gefühl, dass er es nur tat, weil er es für notwendig hielt, und nicht, weil meine Worte ihn wirklich belustigten.»Warum stellst du dich dumm?«Er zögerte kurz und fügte vorsichtig hinzu:»Das habe ich mich immer gefragt. Es kam mir so seltsam vor, dass du all diese Stunden in der Bibliothek verbracht hast. Du hast gelesen und gelesen, aber es schien, als verstündest du nicht, was du liest.«Bei diesen Worten erhob er sich vom Bett und entfernte sich lässig aus meiner Reichweite.

»Dachtest du, ich sehe mir die Bilder oder die hübschen Tinten an?«, fragte ich amüsiert.

»Was ist passiert, als dein Vater dich schlug? Du hast also keinen Hirnschaden davongetragen? Selbst ein Idiot müsste zugeben, dass dein Hirn in Ordnung ist, wenn er dich jetzt sähe.«Er grinste schüchtern, ein Junge, der seine Meinung sagte, oder ein Sklave, der seinem Herrn schmeichelte, aber er achtete dennoch darauf, dass ein paar Möbelstücke zwischen ihm und mir blieben.

Wie Blümchen, dachte ich, würde er lernen, dass ich ihm nicht wehtun würde. Ich hatte einen Einblick in seine Qualen gewonnen; es war nur gerecht, ihm die gleiche Gelegenheit zu geben.»Die Prügel haben durchaus Schaden angerichtet«, sagte ich.»Ich konnte danach lange Zeit nicht mehr sprechen.«Ich erinnerte mich daran, wie beängstigend es gewesen war, Gedanken zu haben, die sich nicht in Worte verwandeln ließen.

»Du hattest nicht einfach nur Angst?«, fragte Oreg.

Als ich ihn ansah, wusste ich, dass ihm sehr klar war, was es bedeutete, so verängstigt zu sein, dass man nicht sprechen konnte. Mitleid schnürte mir beinahe den Hals zu.»Nein.«

»Du konntest einige Zeit auch nicht mehr laufen«, fuhr er nachdenklich fort.

Ich nickte.»Und nicht stehen und auch sonst nichts.«Stala und ich hatten Jahre gebraucht, um meine linke Seite so zu kräftigen, dass ich mit der linken Hand wieder so schnell war wie mit der rechten. Manchmal träumte ich, dass diese seltsame, überwältigende Taubheit meinen linken Arm erneut befiel.


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