Читайте также: |
|
Der König wollte mich haben, damit er Farsons Fluch benutzen konnte. Er würde mich nicht aufgeben.
Aber es gab noch etwas anderes, was er wollte. Er hatte Jadeauge angewiesen, dafür zu sorgen, dass ich glücklich und dumm war. Die Tamerlain hatte gesagt, Jakoven werde mich vor seinem Hof präsentieren - nein, das war es nicht.
Ich blieb abrupt stehen, und jemand schob mich weiter.
Ganz plötzlich brach mir der Schweiß aus, und eine Hitzewelle bewegte sich von meinen Füßen bis zum Kopf und nahm meinen Gelenken die Kraft. Ich sackte auf den Boden. Die Tamerlain schubste mich besorgt mit dem Kopf.
»Was ist mit mir los?«, flüsterte ich.
»Dein Körper hat angefangen, die Drogen zu verlangen, die sie dir gegeben haben«, sagte sie.»Dagegen kann ich nichts tun.«
Jakovens Männer wussten nicht, was sie tun sollten. Aus ihren Worten schloss ich, dass Jakoven befohlen hatte, ich solle in präsentablem Zustand sein, wenn man mich vor den Hof brachte. Er wollte dem Hof demonstrieren, dass mein Geist gebrochen war -nicht mein Körper.
Sie brachten einen Eimer Wasser und wuschen mein Gesicht mit kalten, feuchten Tüchern, bemüht, meine Kleidung nicht nass zu machen. Ich entriss ihnen den Eimer und trank, um das Brennen in meiner Kehle zu beruhigen. Als sie mir aufhalfen, ließ ich mich von ihnen stützen.
Ich war schwach, also ließ ich mir auch weiterhin von ihnen helfen und sparte meine Kraft für später auf. Die Tamerlain ging vor uns her und blieb alle paar Schritte stehen, um mich besorgt anzusehen. Die Flure, durch die wir kamen, waren mir nicht vertraut, aber es war schließlich auch wichtiger, dass ich auf die Bühne von Jakovens Drama gelangte, als das Schloss zu besichtigen. Ich hatte schon viele Rollen gespielt, aber das hier würde die Vorstellung meines Lebens werden - wenn es mir denn gelingen würde.
Meine Wachen blieben vor einer unauffälligen Tür stehen, und einer der Männer ging hindurch und schloss sie wieder hinter sich - aber nicht, bevor ich das Durcheinander von Personen in dem Raum dahinter gesehen hatte. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen, als ich König Jakovens Stimme hörte, die von der Tür nur geringfügig gedämpft wurde.
»Lord Duraugh, mein Kämmerer sagt mir, dass Ihr schon seit einiger Zeit wartet. Wir bedauern das. Bitte tretet nun mit Eurer Familie vor und nehmt unsere Entschuldigung entgegen.«Es gab eine Pause, und ich nahm an, dass mein Onkel den Anweisungen des Königs folgte.
»Nun, Duraugh, was bringt Euch hierher?«
»Ich bin hier, mein König, auf Eure Anweisung und um mich nach meinem Neffen, dem Hurogmeten, zu erkundigen.«Die Stimme meines Onkels drang so leicht durch die geschlossene Tür, wie sie über ein Schlachtfeld getragen hatte.
Und nun wurde mir endlich klar, was Jakoven vorhatte. Er wollte dem Hof einen Hurogmeten vorfuhren, der dumm war, sodass alle erkannten, warum er Hurog nicht in meinen Händen lassen konnte. Damit würde ich ihm ausgeliefert bleiben. Aber die Magie der Tamerlain hatte mir die Möglichkeit gegeben, diese Verschwörung zu durchkreuzen.
Mein Onkel wusste jedoch, dass ich kein Idiot war. Ohne Vorwarnung würde er vielleicht etwas Unpolitisches tun - wie den König anzuklagen, dass er mir etwas angetan habe.
Aber ich würde unbeeinflusst von Jadeauges Drogen vor dem Hof stehen.
»Ah ja. Ward von Hurog.«Jakoven tat, als hätte er mich vergessen, weil ich für ihn nur von geringem Interesse war.»Man hat uns daran erinnert, dass der Junge zu einem bestimmten Zeitpunkt für untauglich gehalten wurde. Wir haben ihn nicht gesehen, seid Ihr ihm Hurog überlassen habt, und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine solch wichtige Position nicht von einem Schwachsinnigen eingenommen werden kann.«
»Mein Bruder ist nicht schwachsinnig«, fauchte Tosten. Die Pause, bevor er»mein König«hinzufügte, war zu lang.
Panik ließ mich erstarren. Tosten war ebenfalls hier!
Mein Onkel kannte sich mit Hofpolitik aus. Solange er kein Blut und keine Zeichen von Folter sah, konnte ich mich darauf verlassen, dass er einen kühlen Kopf bewahrte. Mein Bruder würde einen einzigen Blick auf mich werfen, erkennen, dass ich zu dünn und kaum imstande war, aufrecht zu stehen, und etwas Übereiltes tun.
»Ich bin sicher, Ihr habt recht«, gurrte Jakoven.
Mein Bruder gab ein leises Knurren von sich, das klang, als käme es von einem Hund.
Wenn ich hier noch länger wartete, würde der König Tosten anstacheln zu revoltieren, auch ohne mein abgehärmtes Aussehen als Hilfe. Ich musste mich darauf verlassen, dass Onkel Duraugh Tosten zurückhalten konnte.
Die Männer, auf die ich mich so schwer gestützt hatte, waren nicht auf meinen plötzlichen Schubs vorbereitet. Ich ging um sie herum und durch die Tür, die sich direkt unterhalb des königlichen Podiums öffnete.
»Selbstverständlich bin ich nicht schwachsinnig«, sagte ich fröhlich und trat in den Raum.»Wie unsere huldvolle Majestät bereits selbst herausgefunden hat.«
Ich verbeugte mich tief vor dem König und wandte mich dann dem Hof zu. Die Tamerlain stand dicht neben mir, und ich ließ mich von ihr stützen.
»Unser König war in der vergangenen Woche ein sehr großzügiger Gastgeber.«Das mit der Woche hatte ich einer Bemerkung der Wachen entnommen, als wir vom Asyl hierhergefahren waren. Was meine eigene Wahrnehmung anging, hätten es Monate oder Jahre sein können, seit ich Hurog verlassen hatte.»Und ich hoffe, ihn bezüglich meiner Eignung als Burgherr zufrieden gestellt zu haben. Wie er mir zuvor an diesem Tag bereits sagte, hätte ich mich ihm schon vor längerer Zeit in aller Form präsentieren sollen, aber ich hatte beide Hände voll damit zu tun, meine Burg wieder aufzubauen. Ich nehme an, ich hätte es den Zwergen überlassen können«, ich hielt inne, um Jakoven daran zu erinnern, dass ich über Verbündete verfügte, an die er nicht gedacht hatte,»aber es war meine Schuld, dass Hurog einstürzte. Es schien meine Pflicht zu sein, mich auch persönlich um den Wiederaufbau zu kümmern.«
Ich warf einen Blick zu meinen Verwandten, die angespannt und reglos vor König und Hof standen, und lächelte ihnen überzeugend zu. Das gewaltige Rauschen des Schlachtenfiebers und die Tamerlain waren das Einzige, was mich auf den Beinen hielt.
Die anwesenden Adligen, darunter viele Shavig-Leute, nickten und lächelten, als ich sie an meine Rolle bei der Beendigung der Invasion aus Vorsag und an den Preis erinnerte, den Hurog dafür bezahlt hatte. Ich hatte auch die Zwerge erwähnt, die aus dem Nebel der Legende getreten waren, um wieder in Hurog aufzutauchen. Zumindest in Shavig waren ihnen viele schon begegnet. Dann sah ich, dass sich mehrere mächtigere Shavig-Männer durch die Menge drängten, um sich zu meinem Onkel zu stellen. Wenn ich jetzt einen Fehler machte, würde nicht nur meine Familie darunter leiden. Ich schaltete das Lächeln in meinen Augen ein und fragte mich, wie ich aus diesem Raum herauskommen und meine Verwandten mitnehmen könnte.
»Ich sehe Euch, Hurogmeten«, grollte eine tiefe Stimme, und als ich mich umdrehte, fand ich mich dem Wächter des Meeres gegenüber, dem höchstrangigen Seefurter, den ich nur vom Sehen her kannte. Er kam selten an den Hof, denn er bestand darauf, sein Handelsimperium persönlich zu verwalten.»Die
Vorsag hätten Seefurt als Nächstes verschlungen, nachdem sie Oranstein verdaut hatten. Wir erinnern uns alle an das, was Ihr getan habt.«Er verbeugte sich zweimal tief. Einmal vor dem König und einmal vor mir.
Ich fragte mich, ob er wusste, dass ich den König überlisten wollte, und versuchte, mir dabei zu helfen, oder ob seine Worte tatsächlich nichts weiter bedeuteten als das, was er sagte. Wie auch immer, ich war ihm dankbar, denn der Jubel, der seiner Erklärung folgte, ließ Jakoven keine andere Wahl.
Mit nun ausdrucksloser Miene wandte ich mich wieder dem König zu.»Ich hoffe, dass ich alle Zweifel, die Ihr hattet, beruhigen konnte, mein König.«
Er schaute von mir zu dem lächelnden Hof.»Ich habe keine Zweifel an Euch, Wardwick von Hurog«, sagte er gütig.
Ich verbeugte mich noch einmal, sorgfältig bemüht, mein gefährdetes Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als ich mich wieder aufrichtete, begegnete mein Blick dem von Jadeauge, und Blutgier stieg in mir auf. Sohn meines Vaters, der ich war, wurde ich einen Augenblick von dem Bedürfnis verzehrt, Jadeauge umzubringen.
Der König machte eine Geste, mit der er uns entließ, und wandte sich an seinen Kämmerer, um sich den nächsten Fall präsentieren zu lassen, als hätte er mich bereits vergessen. Aber als ich an ihm vorbei zu meiner Familie ging, sah ich, wie weiß die Knöchel seiner Finger waren, mit denen er sich an die Armlehnen des Throns krallte. Lässig legte ich den Arm um Tostens Schultern und flüsterte um mein strahlendes Lächeln herum:»Raus jetzt.«
Tosten ließ den Arm unter meinen Umhang gleiten und half mir unauffällig. Beckram und Duraugh wehrten alle Gratulanten ab, sodass wir allein waren, als Tosten mich in den Flur zerrte.
»Schnell, an einen Ort, wo man uns nicht sieht«, sagte ich, denn ich spürte, wie die Schwäche in meinen Knien größer wurde.
Tosten lehnte mich gegen die Wand und riss mehrere Türen auf. Er zog mich durch die letzte und schloss sie hinter uns. Licht fiel durch die offenen Fenster herein, und ich konnte den leichten Duft der Herbstrosen im Garten riechen. Ich setzte mich sehr schnell hin und konzentrierte mich einen Augenblick nur darauf zu atmen.
»Du hast abgenommen«, stellte Tosten fest und hockte sich neben mich auf den Boden.»Aber du bist immer noch zu schwer, als dass ich dich tragen könnte.«
Ich nickte, aber statt zu sprechen, schlang ich nur die Arme um meinen Oberkörper und versuchte, nicht mehr zu zittern. Mein Bruder sagte noch etwas, aber ich konnte es nicht hören, weil das Geräusch meiner Herzschläge es übertönte. Nach ein paar Minuten ließ das Zittern nach, und ich lehnte erleichtert den Kopf gegen die Wand.
»Wir können hier nicht mehr lange bleiben«, sagte Tosten.»Jemand wird es bemerken.«
»Wir weit sind wir von euren Gemächern entfernt?«, fragte ich.
»Wir sind nicht hier abgestiegen. Duraugh hat ein Haus gemietet - ich habe ihm das Geld aus der Truhe in deinem Arbeitszimmer gegeben, um zu den Kosten für deine Rettung beizutragen. Ich hoffe, das war in Ordnung.«
Ich wollte nicht unter Jakovens Dach schlafen, aber ich wusste auch nicht, wie ich von hier zu dem gemieteten Haus gelangen sollte, ohne eine Szene zu verursachen.
»Wie sehe ich aus?«, fragte ich.
»Als hätte man dich vergiftet und als wartetest du nur darauf zu sterben«, sagte Tosten.»Aber in dem schlechten Licht der Flure wird es keinem auffallen, der dich nicht kennt. Und draußen wird es langsam dunkel. Ich denke, wir können dich rausschaffen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.«
Mit Tostens Hilfe und der Wand richtete ich mich wieder auf. Als meine Beine nicht sofort einknickten, ging ich langsam zur Tür.»Habt ihr Pferde gebracht, oder muss ich den ganzen Weg zu dem Haus kriechen?«
»Pferde«, sagte Toten und schob die Schulter unter meinen Arm.»Onkel Duraugh hat in einem Anfall von Optimismus oder als Demonstration für die Zuschauer - bei ihm bin ich nie sicher - sogar eins für dich mitgebracht.«
Als wir wieder in den Flur kamen, warteten Duraugh und Beckram dort. Keiner sagte ein Wort, aber ich hatte gelernt, die Anspannung in Duraughs Zügen zu erkennen, die auf weiß glühenden Zorn hinwies, und Beckram bebte davon.
»Ich bin in Ordnung«, sagte ich, obwohl das offensichtlich nicht stimmte. Beckram schob sich unter meine andere Schulter und half dabei, meinen unwilligen Körper aus dem Schloss zu schaffen.
Es gab Dinge, die ich wissen musste, Dinge, die ich ihnen allen erzählen musste, aber ich gab mich damit zufrieden, zum Stall zu stolpern. Die Stallknechte ignorierten taktvoll, dass ich mich an die Wand lehnen musste, während mein Bruder angab, welche Pferde gesattelt werden sollten. Sie nahmen vermutlich an, dass ich zu viel getrunken hatte, und solange keiner von ihnen Fragen stellte, würden sie es am nächsten Tag schon vergessen haben.
Als Tosten mit Feder erschien, vergrub ich meinen Kopf an ihrem Hals und ließ den sauberen Pferdegeruch den Gestank des Asyls für einen Augenblick wegwehen. Ich versuchte zweimal, selbst in den Sattel zu kommen, und wenn Feder leichter gewesen wäre, hätte ich sie wahrscheinlich umgerissen. Schließlich schob Beckram die Schulter unter meinen Hintern und sorgte dafür, dass ich beim dritten Versuch nach oben kam.
Ich erinnere mich nicht an den Ritt durch die Tore oder die Ankunft im Haus. Ich weiß allerdings, dass Oreg mir an der Tür entgegenkam, mich hochhob und die Treppe hinauftrug, als wöge ich nicht anderthalb mal so viel wie er.
Eine Weile drängten sie sich um mich, mein Bruder, mein Vetter und Onkel, während ich mich in einem Eichenzuber schrubbte, dann setzten sie sich hin, während Oreg mit einem Kamm durch mein Haar fuhr, um mich der Läuse und Nissen zu entledigen -darum hatten sich die Wachen nicht gekümmert.
»Ciarra und ich haben eine Tochter«, berichtete Beckram, der sich auf dem Hocker zurücklehnte, um Oreg nicht im Weg zu sein.»Vor drei Tagen. Ich habe es erst heute erfahren.«
Ich spähte unter dem sauberen nassen Haar hervor, das Oreg über meine Augen hatte fallen lassen. Eine Minute grinsten wir einander an.
»Hat sie schon einen Namen?«, fragte ich ein wenig stotternd.
»Leehan«, antwortete er.»Nach dem Waldgeist.«
»Hier sind viele von deinen Leuten. Ist sie in Hurog?«Sie hatten sie doch sicher nicht den ganzen Weg nach Hurog gebracht, wenn sie so kurz vor der Geburt stand?
»Nein. Wir haben die halbe Wache bei ihr in Iftahar gelassen - sie sagte, das sei in Ordnung. Die Männer des Königs sind wieder verschwunden, sobald Mutter sie überzeugt hatte, dass Vater und ich uns auf dem Weg nach Hurog befanden.«
Ich rieb mir müde das Gesicht. Es war so schwer, mich zu konzentrieren, von der Beherrschung meiner Zunge nicht zu reden.
»Ich denke, das ist gefährlich«, sagte ich.»Du musst sie nach Hurog bringen.«
»Ward«, sagte Duraugh,»sie hat gerade ein Kind zur Welt gebracht. Sie wird den Ritt nach Hurog nicht durchhalten. Was bringt dich darauf, sie könne in Gefahr sein?«
»Jakoven«, sagte ich.»Bringt alle von unserem Blut aus Iftahar weg - es ist keine Festung. Hurog ist schon jetzt besser zu verteidigen.«
»Ich nehme an, dass Jakoven jetzt erst einmal seine Wunden lecken wird«, sagte mein Onkel.
»Nein«, widersprach ich und rieb mir die Stirn.»Es ist für ihn jetzt noch wichtiger. Er wird sofort handeln. Wir müssen Ciarra und das Kind nach Hurog bringen.«
»Ich werde gehen«, erklärte Beckram, der die Dringlichkeit in meiner Stimme bemerkte. Er stand auf, als sein Vater zum Widerspruch ansetzte.»Wenn Ward sagt, dass sie in Gefahr sind, werde ich sie in Sicherheit bringen.«
Duraugh schüttelte den Kopf über uns beide, sagte aber nur:»Schlafe heute Nacht und brich dann beim ersten Morgenlicht auf. Es wird ihr nicht helfen, wenn du dir beim Galopp durch die dunkle Nacht das Genick brichst.«
Oreg half mir aufzustehen und goss warmes Wasser über meinen Kopf, während Duraugh und Beckram die Einzelheiten besprachen. Ich schauderte selbst in dem warmen Zimmer, also zog ich die Handtücher, die Oreg mir brachte, fest um mich und wünschte mir, ich würde mich sauber fühlen. Tosten reichte mir frische Kleidung, und ich kämpfte mich hinein.
Es gelang ihnen, mich in ein anderes Zimmer zu bringen, wo es ein Bett und ein Feuer gab, und Oreg drängte alle anderen hinaus. Er selbst blieb, eine schweigende Wache. Aber auch seine Anwesenheit half nicht, dass ich mich sicherer fühlte.
Ich schlief nicht, wollte nicht schlafen. Zu viele Dinge gingen mir durch den Kopf. Ich lag einfach nur mit geschlossenen Augen da.
Jakoven wollte Macht, und er glaubte, mein Blut könne der Schlüssel zur Verwendung von Farsons Fluch sein. Mein Blut oder das Blut von anderen aus meiner Familie - immerhin stammten wir von Drachen ab. Oreg hatte mir das gesagt.
Jakoven würde nicht zulassen, dass wir uns lange in Frieden zurückzogen. Und die Götter mochten verhindern, dass er herausfand, wer Oreg war.
Allein konnte sich Hurog nicht gegen den König stellen, aber wenn ich mich auf die Seite von Alizon schlug, würden einige Shavig-Männer mir folgen. Und wenn die Rebellion an Schwung gewänne, bevor es Jakoven gelang, mich oder anderes Hurog-Blut in seine Krallen zu bekommen, um den Fluch zu aktivieren, konnten wir dem König vielleicht ein paar Monate standhalten.
Meine Bedenken gegenüber der Rebellion galten jedoch immer noch. Es gab einfach zu viele Adlige, die auf der Seite des Königs bleiben würden. Am Ende würden wir verlieren.
Während ich versuchte, einen Kurs zu finden, der zumindest die Möglichkeit des Überlebens beinhaltete, war ich mir trüb bewusst, dass jemand die Tür leise öffnete und es einen Streit im Flüsterton gab. Die Tür wurde wieder geschlossen, und ich war erneut mit meinen Ängsten in der Stille, aber nicht allein.
Jeder Plan, den ich ausheckte, würde früher oder später zur Katastrophe führen. Ich dachte gerade darüber nach, ob es vielleicht möglich wäre, die Seefur-ter für Alizons Sache zu gewinnen (etwas, was ich mir ohne die kleine Ansprache des Wächters des Meeres nicht hätte träumen lassen), als ich wieder einen dieser jämmerlichen Zitteranfälle erlitt. Diesmal juckte es mich auch am ganzen Körper.
Jemand wischte mit einem kühlen, feuchten Tuch mein Gesicht und den Rest meines Körpers ab, und die Heere eingebildeter Käfer, die über meine Haut kletterten, wurden vertrieben von dem sauberen Wasser und von Tisalas sanfter Stimme.
Sie wartete, bis der Anfall vorüber war, bevor sie mehr sagte.»Ward? Geht es dir gut?«
»Was tust du hier?«, fragte ich. Sie sollte in Hurog in Sicherheit sein. Jakoven hatte sie schon einmal abholen lassen.
Sie zündete am abgedeckten Feuer eine kleine Kerze an und stellte sie in einen Kerzenhalter auf dem Tisch neben meinem Bett. Das flackernde Licht ließ Rottöne in ihrem dunklen Haar aufschimmern. Die Dunkelheit hinter den Vorhängen sagte mir, dass ich länger mit geschlossenen Augen wach gelegen hatte, als mir klar gewesen war - oder vielleicht war ich doch eingeschlafen.
»Als ob ich an einem sicheren Ort hocken bliebe, wenn ich helfen kann«, sagte sie forsch.»Ich bin gekommen, um bei deiner Befreiung aus dem Asyl zu helfen - obwohl du dich am Ende selbst befreit hast.«
Das Asyl. Die Drogen hatten mir nur eine jämmerlich geringe Handvoll von Erinnerungen zwischen den Albtraumbildern gelassen. Ich schloss verlegen die Augen.»Du warst dort, in meiner Zelle. Ich glaubte, ich hätte es mir vielleicht nur eingebildet.«Ich dachte daran, wie dumm ich gewirkt haben musste, als ich mich unter dem Stroh versteckt hatte, und lachte.
»Was?«, fragte sie.
»Ich wünschte mir nur gerade, ich hätte ein bisschen Stroh, um meinen Kopf darunter zu verstecken«, sagte ich mit mehr Bitterkeit als Humor.
Ihre Hand, so schwielig wie meine, berührte meine Schläfe und dann meine verschwitzte Wange.»Oreg sagt, du solltest dich in ein paar Tagen besser fühlen.«
»Das hat er mir auch gesagt.«
»Nachdem ich herausgefunden hatte, wo du warst, hat Oreg versucht, dich zu holen.«Sie zog plötzlich die Hand weg, als wäre ihr erst jetzt aufgefallen, dass sie mich berührte.
Obwohl die Männer des Königs mich geschrubbt und gereinigt hatten und ich es in Duraughs Haus noch einmal gründlicher wiederholt hatte, hing vielleicht immer noch der Gestank des Asyls an mir.»Das weiß ich.«Ich erinnerte mich daran, wie die
Hurog-Magie mich gerufen hatte, als ich versucht hatte, mich zu ertränken - war das heute Früh oder am Abend zuvor gewesen?»Die Tamerlain konnte mich auch nicht herausholen. Der Teil des Asyls, in dem ich war, wurde entworfen, um auch Magie gefangen zu halten.«
»Die Tamerlain?«
Sie wusste selbstverständlich, was die Tamerlain war, aber ich bezweifelte, dass sie wirklich an ihre Existenz glaubte. Ich hätte das Geschöpf nicht erwähnen sollen - immerhin kam ich gerade aus einem Asyl für Verrückte. Ich sah mich um, aber die Tamerlain war verschwunden, nachdem sie getan hatte, was sie konnte.
»Du hast wirklich die Tamerlain gesehen?«Sie klang eher staunend als zweifelnd.
»Sie hat es mir möglich gemacht, diese kleine Posse vor Jakovens Hof aufzuführen«, erwiderte ich.
»Wer bist du, dass Aethervon selbst sich für dich interessiert?«, fragte sie.
Ich war nicht bereit, mir solch unverdiente Bewunderung zuteil werden zu lassen. Ich fühlte mich besudelt und klein, also schnaubte ich und sagte die Wahrheit.»Eine Spielfigur. Mach dir keine Hoffnungen, Aethervon hat alles getan, was er tun wollte.«
Tisala hockte sich neben mein Bett und sah mir fest in die Augen.»Sag mir noch einmal, was du von Alizons Rebellion hältst.«
Ich setzte mich hin und rieb mir müde das Gesicht.
»Wenn das hier ein ernsthaftes Gespräch werden soll, würdest du dann bitte ein paar mehr Kerzen anzünden, damit ich dich sehen kann, wenn ich mit dir spreche?«Die Schatten im Raum erinnerten mich an die Zelle im Asyl.
Als sie fertig war, zog sie sich einen Sessel ans Bett. Das Anzünden der Kerzen und Herumzerren der Möbel hatte mir genug Zeit verschafft, um zu dem Schluss zu kommen, dass ich zwar nicht verpflichtet war, ihr gegenüber vollkommen ehrlich zu sein, es aber trotzdem sein würde.
»Der Zeitpunkt ist immer noch falsch für eine Rebellion«, sagte ich.»Die Ernte war dieses Jahr gut, nicht nur in Shavig, sondern auch in Tallven und Oranstein. Mein Vater sagte immer, dass volle Bäuche gute Untertanen machen, und er hatte recht. Jakovens Steuern sind gerecht. Er hat niemanden übermäßig unterdrückt. Es ist unwahrscheinlich, dass Alizon mehr Adlige aus Avinhelle von Jakoven weglocken kann, und die Adligen aus Tallven und Avinhelle können größere, besser ausgebildete Heere aufstellen, als Shavig, Seefurt und Oranstein zusammen, selbst wenn Alizon sie wirklich alle zusammenbringen könnte - was nicht der Fall ist. Als Belohnung für den Kampf gegen eine überlegene Streitmacht verspricht Alizon, einen König aus Tallven durch einen anderen zu ersetzen, nämlich ihn selbst. Und er ist von niederer Geburt. Ich fürchte, dein Vater ist nicht der einzige Oransteiner, der sich weigert, ihm zu folgen.«
Sie lauschte mir mit angestrengt ausdrucksloser Miene. Gegen Ende meiner Ansprache wandte sie sich ab.
Ich zuckte die Achseln.»Aber ich sage dir auch, was sich verändert hat. Jakoven hat es für mich unmöglich gemacht, mich der Rebellion nicht anzuschließen.«
Sie riss den Kopf wieder zu mir herum und hielt auf meiner nackten Brust und den Schultern Ausschau nach Wunden, die nicht da waren. Bei allen Schmerzen, die ich erduldet hatte, hatte ich im Asyl nur Blut an die Läuse verloren - und an den Fluch.
»Was hat er dir angetan?«
Ich lächelte sie an, aber das schien sie nicht zu trösten, also hörte ich auf.»Er hat Farsons Fluch gefunden.«
Sie wirkte zunächst verwirrt, dann fiel es ihr ein.»Ich dachte, Farson hätte ihn zerstört - er oder der Kindkaiser.«
Ich schüttelte den Kopf.»Jakoven hat ihn gefunden, als er das Schloss renovieren ließ. Er braucht Drachenblut, um ihn zu aktivieren.«
»Oreg«, flüsterte sie.
Ich spürte, wie ich die Brauen hochzog. Woher wusste sie von Oreg? Kein Wunder, dass sie meine Begegnung mit der Tamerlain akzeptiert hatte. Von Drachen zu den Dienern von Göttern war es nur ein kleiner Schritt.
Ich hätte an dieser Stelle aufhören können. Sie hätte geglaubt, dass ich mich Alizon um Oregs willen anschließen würde.
»Mein Blut hat an dem Fluch ebenfalls etwas bewirkt«, sagte ich.»Ich muss jede Person mit Hurog-Blut von ihm fernhalten. Wenn Alizon bereit ist, werde ich mich offen auf seine Seite stellen. Wenn nicht, wird Hurog allein rebellieren. Entweder das, oder wir erlauben Jakoven Zugang zu der gleichen Macht, die das Kaiserreich stürzte.«
Sie starrte mich einen Augenblick an, dann sagte sie schlicht:»Der Grund, weshalb ich wusste, wie man ins Asyl gelangt, bestand darin, dass nicht Alizon das Herz der Rebellion ist, sondern Kellen.«
»Kellen?«, fragte ich verblüfft. Der Bruder des Königs - ich erinnerte mich an einen stillen, klugen Jungen, der ein paar Jahre älter war als ich. Mein Herz begann zu rasen, denn das gab mir tatsächlich eine Spur von Hoffnung. Kellen war legitim, und noch mehr, Jakoven hatte ihm schreckliches Unrecht angetan, und er hatte allen Grund zur Rebellion. Mit Kellen würde die Rebellion, die Alizon anführte, eine viel größere Aussicht auf Erfolg haben.
»Er ist schon sehr lange dort, Ward«, sagte Tisala.»Seit das Asyl gebaut wurde. Wir haben ihn bisher da gelassen, weil es der sicherste Ort für ihn war -Alizon wusste, dass wir auf Erfolge warten mussten. Aber er war zu lange dort. Er ist bei Verstand, aber...«Ihre Stimme verklang.
»Aber nicht gerade gesund«, schloss ich und schauderte innerlich bei dem Gedanken an Jahre im
Asyl.»Wie lange ist es her?«Kellen war irgendwann, nachdem mein Vater mich dumm geprügelt hatte, verschwunden; ich konnte mich nicht genau erinnern, wann. Aber ich wusste, dass es lange her war.
»Über zehn Jahre«, sagte sie.
Meine Gedanken mussten sich wohl auf meinem Gesicht gezeigt haben, denn sie fuhr fort:»Es ist nicht so schlimm wie das, was sie dir angetan haben. Sie lassen ihn überwiegend in Ruhe. Wir haben nach einer sicheren Möglichkeit gesucht, ihn herauszuholen. Oreg sagte, er werde es versuchen, wenn du einverstanden bist.«
Sie klang flehentlich, und mir wurde klar, dass sie sich Sorgen machte, ich könnte mich weigern.»Wenn Oreg ihn herausholen kann, werden wir das tun. Wir nehmen ihn mit nach Hurog, wenn niemand einen besseren Plan hat. Ich denke, die Zwerge werden einverstanden sein, ihn von dort aus an einen sichereren Ort zu bringen.«
Ich schwang die Beine auf den Boden, aber dann erlitt ich einen neuen Anfall und konnte eine Weile nichts mehr tun. Als ich mich genug beruhigt hatte, um wieder aufmerksam zu sein, hatte Tisala mich aufs Bett zurückgedrückt und sang leise für mich.
»Es geht mir wieder besser«, sagte ich schließlich.»Würdest du bitte Oreg finden und ihn herbringen?«
Sie sah mich an, aber ich konnte nicht erkennen, was sie dachte. Einen Augenblick später ging sie.
Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn es kam mir vor, als hätte ich nur geblinzelt, und dann stand Oreg vor mir. Tisala war nicht da.
Als er sah, dass ich ihn bemerkt hatte, sagte er:»Tisala hat dir von dem Mann erzählt, den ich für sie aus dem Asyl holen soll.«
Ich nickte.»Es muss geschehen - wenn du es ohne Gefahr für dich tun kannst.«
»Es ist die Gefahr für dich, an die ich denke«, erwiderte er ganz offen.»Wenn ein Mann am selben Tag, an dem du herauskommst, aus dem Asyl verschwindet, wird der König annehmen, du hättest etwas damit zu tun.«
»Ich bin sowieso nicht gerade sein liebster Shavig-Mann. Es zählt jetzt nicht mehr. Am Ende steigen die Aussichten, dass ich bis ins hohe Alter überlebe, gewaltig, wenn wir Kellen herausholen.«
Ich wartete einen Augenblick, dann fuhr ich zögernder fort:»Ich bitte dich ungern, aber ich denke, es ist unsere einzige Gelegenheit. Die Rebellion braucht einen Helden - und Kellen könnte, wenn ich ihn richtig in Erinnerung habe, genau der passende Mann sein.«
Er bedachte mich mit einem seltsamem Blick und sagte:»Ich erwarte nicht, dass du mich wieder umbringst und meine Knochen benutzt, um Jakoven zu vernichten, Ward. Hör auf, dich wegen einer Tat schuldig zu fühlen, die Jahrhunderte vor deiner Geburt geschah. Du kannst mich um alles bitten, ohne dass du dich schuldig fühlen musst. Ich bin alt genug, um mich zu weigern, wenn ich das will.«
Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 50 | Нарушение авторских прав
<== предыдущая страница | | | следующая страница ==> |
WARDWICK IN HUROG 9 страница | | | WARDWICK IN HUROG 11 страница |