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Ihre klare Stimme war auch auf der Mauer deutlich zu vernehmen, und der Mann dort oben kletterte die Leiter herunter und machte sich ohne ein weiteres Wort auf zum Quartier. Sein Verhalten trieb die anderen an, und Soren sprang auf und zog sich mit ihnen zurück.
»Was hattest du vor - ihnen zu sagen, du würdest dich von den Männern des Königs mitnehmen lassen, um alle anderen hier zu retten?«, fragte sie trocken, nachdem die Männer fort waren.
Ich wurde rot, und sie schüttelte den Kopf. Dann hob sie die Arme und zog an meinen Ohren, bis ich mich vorbeugte und sie mir einen Kuss geben konnte. Danach folgte sie ohne ein weiteres Wort dem Weg, den die Männer genommen hatten, und ich war allein im dunkler werdenden Hof.
Ich ging zu den Toren, aber bevor ich den Querriegel erreicht hatte und ihn aus der Halterung heben konnte, traf etwas sie mit einem Wummern, und sie wackelten und bogen sich gegen den Querriegel. Die Männer des Königs benutzten eine Ramme, bevor sie auch nur versuchten, mit den Wachen zu verhandeln, die sich auf der Mauer hätten befinden sollen. Es machte mir noch klarer, weshalb sie hier waren: Sie verhandelten nicht, weil sich niemand ergeben würde, um ins Asyl gebracht zu werden, es sei denn, er war wirklich verrückt. Ein freudloses Grinsen ließ meine Mundwinkel zucken.
Sie trafen das Tor erneut. Ich fragte mich, wo sie das Holz für eine Ramme gefunden hatten, dann erinnerte ich mich an den Haufen von Bauschutt direkt vor der Mauer. Vielleicht hatte dort ein zerbrochener Balken herumgelegen, der groß genug für diesen Zweck war.
Die Aufhängung des Querriegels hatte sich so verbogen, dass nur noch ein Stemmeisen den Riegel lösen konnte. Da ich keins hatte, trat ich beiseite und wartete darauf, dass sie das Tor von ihrer Seite aus öffneten.
Als das Tor brach, schwärmten die Männer des Königs in den Hof, und ich war froh, dass ich beschlossen hatte, nicht zu kämpfen. Es mussten zweihundert von ihnen sein. Schmeichelhaft, dachte ich säuerlich.
Da sich ihnen niemand widersetzte, blieben sie stehen und warfen aufmerksame Blicke zu den Pfeilschlitzen im dritten Stock des Bergfrieds und in den Wachtürmen an den Mauern. Ich stand neben dem Tor hinter ihnen, und zunächst bemerkten sie mich nicht.
Der Blauen Garde wäre niemals ein solcher Fehler unterlaufen, aber diese Männer waren nicht von meiner Tante ausgebildet worden. Das harsche Geräusch eines Horns von hinter den Mauern brachte sie dazu, innezuhalten, aber sie schauten weiterhin nur nach vorn und übersahen mich vollkommen. Wenn ich wegen dem, was ich tun wollte, nicht so verängstigt gewesen wäre, hätte ich gegrinst. Ich überragte die meisten Leute mindestens um einen Kopf und wurde nicht oft übersehen.
Sie teilten sich widerstrebend, und drei Reiter kamen durch die Reihen: die Kommandanten. Der Mann am nächsten zu mir war einer der zahmen Zauberer des Königs, der auf einer großen scheckigen Stute mit blauen Augen saß. Er zog es vor, seinen wahren Namen nicht zu verraten, und war als Jadeauge bekannt. Ich war ihm nie begegnet, aber andere hatten ihn mir beschrieben. Er hatte ein ausgesprochen schönes Gesicht, doch es waren seine Augen, die alle verblufften. Sie hatten einen hellen Grünton, der bei Menschen noch seltener waren als blaue Augen bei einem Pferd. Sein dunkelrotes Haar ließ die Augenfarbe noch auffälliger wirken.
Beckram hatte mir erzählt, Jadeauge sei einer der Geliebten des Königs, aber das sei nicht der Grund für seinen Rang als Zauberer. Ich konnte spüren, wie seine Macht über mich hinwegspülte, als er mein Heim nach etwas durchsuchte. Was immer es sein mochte, er konnte es nicht finden. Nicht einmal der mächtigste Zauberer in den Fünf Königreichen konnte mit Magie in Hurog eindringen, solange sich Oreg in der Burg befand. Ich bezweifle, dass Jadeauge auch nur wusste, dass man ihn aufgehalten hatte.
An den meisten Tagen war Oreg einfach nur Oreg, und ich dachte nicht einmal an die Macht, über die er verfügte. Nur hin und wieder, wie zum Beispiel jetzt, als er den besten Zauberer des Königs zum Narren hielt, erfüllte mich das Wissen über das, was Oreg war, mit Ehrfurcht.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit dem zweiten der beiden Männer zu. Ich kannte ihn nicht, aber den Rangabzeichen an seiner Rüstung nach zu schließen, war er einer der Generale des Königs.
Der dritte Mann war Garranon. Diese schlanke
Gestalt und das lockige braune Haar konnte man nicht verwechseln, selbst wenn er auf der von mir abgewandten Seite der anderen beiden Männer ritt. Seine Anwesenheit überraschte mich.
Für mehr als ein Jahrzehnt war er der Favorit des Königs gewesen, bis er sich entschlossen hatte, lieber Oranstein, dem Land seiner Geburt, als den Launen des Königs zu dienen. Ich hörte, dass er bei Hofe immer noch über Einfluss verfügte, aber Jadeauge hatte ihn im Bett des Königs so gut wie ersetzt.
Ich mochte Garranon, was seltsam war, da er derjenige gewesen war, der damals das Dekret nach Hurog gebracht hatte, das mir mein Zuhause nehmen sollte. Aber er hatte Gründe dafür gehabt. Es gefiel mir nicht, dass er ein zweites Mal gekommen war.
Als sie an die Spitze ihres Heeres geritten waren, zügelten der General und der Zauberer ihre Pferde -aber Garranon ritt noch ein paar Schritte weiter.
»Wardwick von Hurog!«, rief er. Seine Stimme hallte vom Stein der Burg wider; sie hätte problemlos über das Schwerterklirren auf einem Schlachtfeld getragen.
»Willkommen, Lord Garranon«, sagte ich und versuchte, entspannt und ein wenig amüsiert zu klingen. Ich bin nicht sicher, ob ich damit Erfolg hatte, aber ich erschreckte tatsächlich zwei oder drei der Soldaten, die mir am nächsten waren. Ich war unbewaffnet, aber sie wichen trotzdem zurück, um mir Platz zu machen.
Garranon wendete sein Pferd und ritt zurück zu der Stelle, wo ich stand, um mir ein mehrfach gefaltetes Pergament zu überreichen. Er hatte eine bewusst ausdruckslose Miene aufgesetzt, aber sein Blick sagte mir, dass er nicht freiwillig gekommen war.
Mit lauter Stimme, die klar von allen auf dem Hof zu vernehmen war, die es hören wollten, sagte er:»Der König hat herausgefunden, dass sein Dekret nicht befolgt wurde. Er wünscht Euch, Euren Bruder Tosten, Lord Duraugh und dessen Sohn Beckram in dieser Sache zu sehen.«
»Aha«, sagte ich und reichte ihm das Dekret zurück. Ich fragte mich, was ich von dieser kleinen Ansprache gehalten hätte, hätte ich nicht zuvor mit Tisala gesprochen und gewusst, dass der König immer noch wütend auf meinen Vetter war. Hätte ich geglaubt, König Jakoven wolle tatsächlich eine legale Anhörung abhalten? Mag sein - aber wahrscheinlich nicht. Ich war nicht so dumm, wie ich manchmal aussah.
»Die anderen, die Ihr genannt habt, sind derzeit nicht hier.«Ich würde ihnen meinen Bruder nicht übergeben, wenn ich es verhindern konnte.»Ich bin stets der untertänige Diener des Königs und werde Euch selbstverständlich zu ihm nach Estian begleiten. Möchtet Ihr hereinkommen und Eure Abendmahlzeit einnehmen?«Tosten war offenbar vernünftig genug, sich aus dem Weg zu halten, wie ich ihm geraten hatte.
Garranon warf einen Blick zu dem General - ich würde herausfinden müssen, wer das war, da er offenbar diese Truppe befehligte.
Der General schüttelte den Kopf.»Unser König wünscht Eure Anwesenheit so bald wie möglich. Wir brechen sofort auf.«
Ich zog die Brauen hoch.»Ich werde einen Augenblick brauchen, um zu packen und mein Gefolge zusammenzustellen.«
»Meine Befehle lauten, dass es kein Gefolge geben wird. Wir haben ein Pferd für Euch dabei. Ihr werdet jetzt kommen und auch Euren Bruder mitbringen. Man hat uns informiert, dass er anwesend sei.«
Sie wollten mich nicht einmal packen lassen. So viel für den höflichen Schein einer >Diskussion< vor dem König. Ich sah nicht, was Jakoven dadurch gewinnen würde, außer die Feindschaft von ganz Shavig, aber ich würde es schon herausfinden. Gegen den Hurogmeten vorzugehen, war etwas ganz anderes, als sich gegen Beckram zu wenden, den Halb-Shavig-Sohn von Lord Duraugh von Iftahar. Es musste um etwas Größeres gehen als um schlichte Rache - obwohl man das bei Jakoven schwer sagen konnte.
»Hm«, sagte ich.»Tosten hat eine Freundin, die er besucht. Er ist nicht besonders gesprächig, was ihren Wohnort angeht - ich glaube, es ist irgendwo innerhalb eines Tagesritts von hier. Er ist recht entzückt von ihr. Ihr wisst ja, wie junge Männer sind.«Dank der Prügel, die mein Vater mir einmal verabreicht hatte, spreche ich sehr langsam. Es machte den General nervös, also redete ich weiter.»Dennoch, er verbringt für gewöhnlich nur ein paar Wochen am Stück bei ihr, also sollte er irgendwann in der nächsten Woche hier sein. Möchtet Ihr auf ihn warten?«
»Nein«, fauchte der Mann so schnell, dass ich seine Zähne zuschnappen hörte.»Der König kann, wenn nötig, einen anderen nach ihm schicken.«Hinter all dem politischen Getue war ich ein Gefangener, und er würde mir keine Gelegenheit zur Flucht geben. Er war auch ungeduldig genug, nicht nach Tosten zu suchen. Etwas in mir entspannte sich, als ich wusste, dass mein Bruder und Tisala sicher sein würden.
Garranon war immer noch näher bei mir als der General, und nur ich konnte sein Gesicht sehen. Er lächelte schief. Längst kannte er mich gut genug, um zu verstehen, was ich mit dem General machte, mischte sich aber nicht ein.
»Also gut«, sagte ich schließlich ungeduldig, als wäre es der General gewesen, der uns warten ließ.»Wenn Ihr es so eilig habt, worauf warten wir noch? Wo ist dieses Pferd, das Ihr für mich mitgebracht habt?«
Das Pferd, das sie vorwärtsführten, war kräftig genug, mein Gewicht zu tragen, aber es würde zweifellos so schnell niemanden überholen. Es hatte vielleicht vor fünfzehn Jahren zum letzten Mal einen Kanter angeschlagen.
Garranon erwartete offenbar, dass ich mich widersetzte, aber das tat ich nicht. Ich brauchte nicht unterwegs zu entkommen, denn Oreg, der so fanatisch zu mir stand, als wäre er immer noch durch den uralten Platinring an mich gebunden, würde mich in Estian finden.
Schulterzuckend überprüfte ich den Sattelgurt, schnallte ihn fester und stieg auf. Dann ritt ich durch das zerbrochene Tor, ohne auf sie zu warten. Ich hätte die Haltung eines sorglosen, ein wenig albernen jungen Adligen verloren, wenn ich zurückgeschaut hätte. Je dümmer sie glaubten, dass ich war, desto einfacher würde es für Oreg sein, mich zu befreien.
Wir ritten, bis es vollkommen dunkel war. Wir schafften es nicht bis nach Tyrfannig, was die nächste Stadt war, also errichteten sie ein Lager auf einem relativ flachen Feld. Ich protestierte leicht, als man mir die Handgelenke band, leistete aber keinen aktiven Widerstand. Während die Männer fluchend im Dunkeln herumstolperten und die Zelte errichteten, saß ich am Feuer und wartete.
Die Soldaten hielten mich nicht wirklich für eine Gefahr, also war das Seil um meine Handgelenke locker und bequem. Sie wussten alle, dass das Dekret erlassen worden war, weil ich dumm war. Sehr dumm. Falls sie Gerüchte gehört hatten, dass ich an Intelligenz gewonnen hatte, wurde dies mehr als ausgewogen von meiner Größe (die sie zu Anfang erschreckt hatte), meiner langsamen Art zu reden und der Tatsache, dass ich trotz der Fesseln an meinem Handgelenk weiterhin vorgab zu glauben, dass ich zu einer freundschaftlichen Diskussion geladen wurde. Garranon hätte sie warnen können, und ich fand es ausgesprochen interessant, dass er das nicht tat.
Ich lehnte die Stirn an die Knie und versuchte mich daran zu gewöhnen, nicht mehr auf Hurog-Land zu sein. Mein Kopf schmerzte, die Knochen taten weh, und meine Muskeln fühlten sich kraftlos an. Es würde in ein paar Tagen besser werden, aber nur wieder auf Hurog-Land zu sein, könnte dieses Gefühl vollkommen vertreiben.
Als ich mich zum Schlafen hinlegte, wurde mein Arm an das Handgelenk des Generals gebunden, und dieses Seil war fester verschnürt. Er nahm seinen Auftrag sehr ernst. Das war in Ordnung - ich hatte ohnehin nicht vorgehabt zu fliehen.
Als ich die Augen schloss, konnte ich spüren, dass Jadeauge mich beobachtete. Er hatte kein Wort gesagt, aber sein Blick war mir ununterbrochen gefolgt. Diese Überwachung beunruhigte mich, aber es war das Wissen, dass er ein Zauberer war, das mich wirklich störte. Oreg befand sich in einem nahen Hain, keine hundert Schritte entfernt.
Ich wusste, wo Oreg sich aufhielt, weil das Finden von Gegenständen und anderen Personen mithilfe der Magie meine beste Begabung war. Es war die einzige Magie, die mein Vater mir nicht gestohlen hatte, als er versucht hatte, mich totzuschlagen. Ich konnte jetzt auch andere Magie wirken, aber Finden war mir in Fleisch und Blut übergegangen.
Ich wünschte, Oreg wäre nicht so nahe gekommen. In seiner Drachengestalt strömte er deutlich Magie aus. Er verbarg es gut, aber ich wusste nicht, ob er sich der Fähigkeiten von Jadeauge bewusst war. Drachen, hatte ich gelernt, neigten zur Arroganz.
Als ich erwachte, sah ich als Erstes den eisgrünen Blick des Magiers.
»Was ist es«, fragte Jadeauge mit honigsüßer Stimme,»das Ihr tut, wenn Ihr träumt?«
Es war eine seltsame Frage, und ich verstand nicht, welche Antwort er erwartete.
Ohne bewusste Entscheidung fiel ich in meine alte Gewohnheit zurück, mich dumm zu stellen.»Ich schlafe, wenn ich träume«, sagte ich. Hatte ich im Schlaf etwas getan?
»Ich konnte Eure Magie die ganze Nacht neben uns im Wald spüren«, sagte er.»Sie schmeckt nach Euch, wie Eurer Zuhause nach Euch schmeckt. Aber als die Sonne heute Früh aufstieg und Ihr aufwachtet, verschwand die Magie. Wie kommt das?«
Er hatte es falsch verstanden, dachte ich. Oreg und ich schmeckten beide nach meiner Heimat, nicht anders herum. Mir wurde klar, dass ich mir umsonst Gedanken gemacht hatte. Niemand würde an einen Drachen glauben - Jadeauge fand es viel einfacher, eine neue Art von Magie zu vermuten, als anzunehmen, dass es wieder Drachen in Hurog gab. In seinen Augen stand eine Begierde, die nichts mit Sex und alles mit Machtgier zu tun hatte.
»Ich kann keine Magie mehr wirken«, sagte ich. Menschen, die nach Macht gierten, waren gefährlich; einer von ihnen hatte Hurog zerstört.
»Aber das bedeutet nicht, das die Magie verschwunden ist«, erwiderte er.»Magie tut das nicht. Sie kam hierher zu uns und wachte die ganze Nacht über Euch - ich konnte spüren, wie sie ganz in der Nähe lauerte. Ihr habt Eurer Magie eine eigene Intelligenz gegeben. Ist das geschehen, als Euer Vater Euch schlug?«
»Wenn es hier Magie gibt, dann kommt sie nicht von mir«, sagte ich. Ich wusste, was geschehen war: Als Oreg eingeschlafen war, hatte er vergessen, seine Macht zu verbergen. Aber Jadeauge hatte zweifellos eine interessante Erklärung entwickelt.
Jetzt ignorierte er mich, als hätte ich kein Wort gesagt, wiegte sich auf den Fersen und summte ein wenig vor sich hin. Als er schließlich aufstand, murmelte er:»Ich werde dem König davon erzählen müssen. Wie interessant.«
Garranon warf mir einen besorgten Blick zu. Ich zuckte die Achseln. Es war nicht gut, Jadeauges Aufmerksamkeit zu erregen, aber ich konnte nichts dagegen tun. Oreg sollte sich mit mir in Estian treffen, aber stattdessen folgte er mir, und ich hatte keine Möglichkeit, ihm zu sagen, er solle das nicht tun.
Nun gut, dachte ich. Zumindest glaubt Jadeauge, dass ich es bin, den er spürt. Nichts, was Hurog gefährden würde.
Jadeauge sprach für den Rest unserer Reise nicht mehr mit mir, aber er beobachtete mich den ganzen Tag, und wenn ich morgens aufwachte, saß er an meiner Seite und starrte mich an. Das Bedürfnis, die Augen zu verdrehen und ihm die Zunge herauszustrecken, wurde beinahe überwältigend. Aber ich war Hurogmeten und musste meine Würde wahren.
Ich war ein idealer Gefangener, schloss mich abends den Würfelspielen und bei Tag den rüpelhaften Liedern an. Der General, dessen Name Lawin lautete, band mich schließlich nur noch bei Nacht. Ich stellte mich nicht dumm, wie ich es früher einmal getan hatte, aber ich unternahm auch keine Anstrengung, Philosophie und Kampfstrategien zu diskutieren.
Garranon blieb für sich, wie ein Mann, der einen Freund verraten hatte. Ich hätte ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, aber es hätte einen seltsamen Eindruck gemacht, wenn ich mit ihm gesprochen hätte. Ich wusste, ihm war nicht viel anderes übrig geblieben; Jakoven sah es gern, wenn andere sich wanden. Tatsächlich war ich nicht unbedingt Garranons Freund; Männer in seiner Position konnten sich nicht erlauben, Freunde zu haben. Aber ich mochte ihn und hatte ihn immer gemocht.
Am Abend des dritten Tages setzte er sich neben mich. Er kniff die Augen zusammen und beobachtete zwei Männer, die rasch und geschickt ein Zelt aufstellten.
»Es tut mir so leid, Ward«, sagte er so leise, dass nur ich es hören konnte.
»Schon gut«, erwiderte ich.»Ich weiß, wessen Entscheidung es war.«
Wir saßen noch eine Weile in überraschend kameradschaftlichem Schweigen da.
»Er kann sich nicht entscheiden, was er mit mir machen soll«, berichtete Garranon mit bitterer Heiterkeit. Ein anderer hätte vielleicht geglaubt, die Bemerkung komme völlig überraschend.
»Jakoven?«
»Jadeauge ist sein neuer Favorit.«
Ich nickte.»Stört Euch das?«
Garranon lachte.»Nicht, wenn er mich gehen ließe. Wusstet Ihr, dass ich einen Sohn habe?«Er fuhr fort, ohne auf mein Nicken zu warten.»Er ist drei, und ich habe ihn nur zweimal gesehen. Wenn ich bitte, auf meine Ländereien zurückkehren zu dürfen, sagt Jakoven immer, dass er nicht ohne mich auskommt.«
»Jakoven bestraft Euch immer noch dafür, dass Ihr Euch Haverness angeschlossen habt, als er die Vorsag aus Oranstein vertrieb?«Das war nicht wirklich eine Frage.
Er zuckte die Achseln.»Ich weiß nicht, was er tut.«Er stützte den Kopf auf die Knie.»Ich bin mir nicht vollkommen sicher, ob er es selbst weiß.«
Da war ich anderer Ansicht. Ich glaubte, der König wusste genau, was er Garranon antat, aber ich sprach es nicht aus.
Wir saßen schweigend da, bis es Zeit war zu schlafen. Ich hoffte, dass ich ihm ebenso helfen konnte wie er mir, die Panik in Schach zu halten. Oreg war in der Nähe, aber ich konnte keinen Ausweg aus dieser Sache sehen, der nicht zu einem Krieg zwischen Hurog und dem König geführt hätte. Vielleicht würde mein Onkel besser mit der Situation zurechtkommen.
Es wurde schwieriger, meine joviale Haltung wahren, als wir näher nach Estian kamen. Am letzten Morgen der Reise legte General Lawin mir eiserne Handschellen an.
»Tut mir leid«, sagte er halb entschuldigend und reichte mir einen Wasserschlauch.
Da er mir ebenfalls leidtat, nahm ich sein Friedensangebot an und trank. Dann gab ich ihm den Schlauch zurück, und er nahm ihn vorsichtig entgegen.
Er sah mir in die Augen und sagte:»Es tut mir sehr leid. Ich muss meine Pflicht tun.«
Fremde Magie, besudelt und widerlich, brannte in mir, und ich erkannte, dass er nicht nur über die Handschellen gesprochen hatte.
»Das Wasser«, sagte ich heiser.»Etwas im Wasser.«Etwas mehr als die Kräuter, die meine Mutter so geliebt hatte.
Zwei Wachen mit gesenktem Blick und finsteren Mienen... ich blinzelte, und an ihrer Stelle standen zwei Feuerdämonen, die meine Handschellen mit ihren Klauenhänden packten. Ich wirbelte herum, und die Dämonen flogen vor mir weg und sackten gebrochen zu Boden.
Der Schmerz des magischen Elixiers ließ meine Arme zittern. Schweiß lief mir in die Augen und verzerrte meinen Blick, bis alles, was ich sah, verschwommen und rot gefärbt war.
Jemand rief:»Wir brauchen Hilfe!«
»Ich helfe bereits!«, sagte ein Ungeheuer mit glühenden Jadeaugen.»Wenn ich diese Schranke nicht aufrechterhalte, wird sein magischer Hüter im Wald uns alle vernichten. Deshalb musste ich warten bis jetzt, am Tag, wenn er am schwächsten ist. Geht und kämpft gegen ihn.«
Sie kamen mit Keulen und Schwertern, und ich warf sie in den Ozean, der irgendwo hinter ihnen klaffte. Nach den ersten paar waren die Dämonen jedoch bereit, und ihre Waffen fanden ihre Ziele.
»Ich dachte, der König wollte ihn lebendig«, rief jemand harsch. Einen Augenblick lang wusste ich, dass das Garranon war, aber dann verlor ich auch dieses Verständnis.
Es war schwer, so gefesselt zu kämpfen, also zog ich, als ich mir ein wenig Raum geschaffen hatte, an der Kette. Die Glieder bogen sich, aber nicht genug.
Jemand fluchte und sagte dann:»Seht nur, was er mit dieser Kette gemacht hat!«
Etwas traf mich gegen die Kniekehlen, und ich stolperte. Dann schlug mich jemand auf den Kopf, und ich sah gleißendes Licht.
Ich erwachte auf einem Strohhaufen in einem kleinen Raum, der trüb durch ein Fenster hoch droben beleuchtet wurde. Garranon hockte neben mir auf den Fersen.
»Die Dämonen haben Euch nicht erwischt«, flüsterte ich, weil ich sicher war, dass ich draußen das Scharren ihrer Füße hören konnte.
»Ich denke doch.«Er klang traurig.
Es gab etwas, was ich ihm sagen wollte, aber ich wusste nicht genau...»Ich habe ein Geheimnis«, vertraute ich ihm schließlich an.
»Verratet es niemandem«, erwiderte er und schien ein wenig besorgt zu sein.
»Es ist für Euch - Ward möchte, dass Ihr es wisst.«
»Ah.«Er schien ein wenig verwirrt zu sein, gab aber keinen weiteren Laut von sich.
»Es ist nicht Eure Schuld«, sagte ich. Es fiel mir schwerer zu sprechen als sonst; meine Zunge fühlte sich wie geschwollen an.»Jakoven hätte es ohnehin getan.«
»Wäret Ihr auch gekommen, wenn ich nicht dabei gewesen wäre?«, fragte er verbittert.
Ich nickte.»Hurog ist noch nicht vollendet. Kann es nicht mit dem König aufnehmen. Ward musste kommen, er wusste, dass es eine Falle war.«
Er kniete sich hin.»Ward?«
Aber als er sich niederkniete, verwandelte er sich in meinen Vater, und ich rollte mich zu einer Kugel zusammen. Vater war böse auf mich, und ich wusste, dass sein Zorn immer wehtat.
Nach einer Weile ging die Tür auf und schloss sich wieder, und ich war allein.
Wenn ich mich unter dem Stroh vergrub, das auf dem Boden lag, konnten die Dämonen mich nicht finden. Entsetzen war mein bester Freund, und dieser Raum stank geradezu danach. Die einzige Hoffnung, an die ich mich klammerte, war der Gedanke, dass mich, wenn ich mich lange genug verstecken könnte, der Drache retten würde.
TISALA
Stereotypen können auch nützlich sein. Ich bin jedenfalls noch nie einem ehrlosen Oransteiner begegnet oder einem Shavig-Mann, der nicht froh war, in den Kampf ziehen zu können. Tisala ging in Wards Zimmer auf und ab. Hier zu warten, während andere sich um ihre Probleme kümmerten, war noch schwerer als die Rolle, die sie in der kleinen Intrige ihres Vaters angenommen hatte - und ja, ihre Aufgabe hatte genau in den Dingen bestanden, die Ward beschrieben hatte.
Es war ihr Vater gewesen, der diesen Vorschlag gemacht hatte. Alizon war nicht besonders froh darüber, dass sie alles erfuhr - seine Pläne umfassten mehr, als Ward erraten hatte. Genug, hoffte sie, dass ihr Vater und andere, die ihr nahestanden, über Jakoven triumphieren würden. Aber Ward hatte Alizons Rebellion brutal abgetan, und was er sagte, hatte wahr geklungen.
Sie hatte sich zu lange unter Menschen aufgehalten, die sich an jeden Strohhalm von Hoffnung klammerten und ein Haus daraus bauten. Alles, was sie über Ward wusste, sagte ihr, dass er die Welt klarer sah als die meisten. Wenn er eine Katastrophe auf sie zukommen sah, fürchtete sie, er könne recht haben.
Es war zu still.
In einer Burg gibt es immer Geräusche: Leute, die ihren Arbeiten nachgehen, das Klirren von Waffen, wenn die Soldaten üben, das Knarren von Wagenrädern. Nachdem die Leute des Königs nun hier waren, hätte es sogar noch lauter sein sollen. Aber Tisala konnte nichts hören, nicht mehr seit diesem lauten Krachen von Holz gegen Holz, und sie wurde immer nervöser.
Sie setzte sich abrupt hin und kämpfte gegen den Schwindel und die Erschöpfung an, die sie mitunter ganz unerwartet befielen. Eine Folge der Magie, die Oreg benutzt hatte, um ihr zu helfen, hatte Ward ihr erklärt.
Die Schmerzen waren überwiegend verschwunden, nur ihre linke Hand tat noch weh. Oreg hatte gesagt, sie werde vielleicht nicht mehr viel Kraft darin haben, aber er war erfreut, dass sie sie vollständig öffnen und zur Faust ballen konnte. Sie war froh, dass sich die Hand noch an ihrem Arm befand. Sie erinnerte sich, wie sie sich gefragt hatte, ob sie sie selbst abschneiden sollte, bevor diese Banditen sie angegriffen hatten. Da hatte sie nicht gewusst, wie nahe sie schon an Hurog war.
Müde schob sie ihr Haar zurück und hielt sich an einem der geschnitzten Bettpfosten fest, um aufrecht stehen zu können, denn sie wusste, wenn sie im Sessel sitzen bliebe, würde sie einschlafen, ganz gleich, wie nervös sie war.
Wards Waffenrock hing über dem Ende des Pfostens. Es hing ein salzig-süßer Geruch an dem Stoff, ein Duft, der auch in seinem Bett wahrzunehmen war.
Wäre sie auch hergekommen, wenn sie sich nicht an diesen einen Nachmittag erinnert hätte, als sie zu einem Dorf geritten waren und sich dabei die Zeit mit Scherzen und boshaften Bemerkungen vertrieben hatten?
Ward hatte wahrscheinlich oft solche Nachmittage. Aber kein Mann vor ihm hatte je Haverness’ Tochter geneckt, die besser kämpfen, reiten und wahrscheinlich auch ringen konnte als die meisten von ihnen. Kein Mann hatte je zuvor mit ihr gelieb-äugelt. Vielleicht hatte sie es falsch gedeutet, vielleicht war er nur höflich gewesen. Aber zumindest sah er keine Abscheulichkeit, wenn er sie anschaute.
Nun, sie würde ihn nicht in Verlegenheit bringen, indem sie sich an ihn klammerte. Sie wusste, wie man eine Kameradin war, etwas, womit Männer sich wohler fühlten. Sie würde sich nicht zum Narren machen. Sie hielt den Stoff unter die Nase und atmete tief ein, aber noch während sie das tat, verspottete sie sich innerlich selbst dafür, sich zu benehmen wie ein albernes kleines Mädchen.
Die Tür ging auf, und Tisala ließ den Rock los. Sie war in Verteidigungsstellung, als Stala hereinkam. Dann entspannte sie sich wieder, als ihr klar wurde, dass Wards Tante nicht gesehen hatte, dass sie an seinen Kleidungsstücken schnupperte.
»Tisala«, begann Stala forsch.»Wir haben viel zu besprechen. Lord Duraugh wird in ein paar Tagen hier sein, und wir müssen entscheiden, was wir mit Euch machen. Ich nehme an, Duraugh wird alle Soldaten von Hurog mit nach Estian nehmen, aber wir müssen auch für Eure Sicherheit sorgen. Wie fühlt Ihr Euch?«
Wards Tante sprach schnell, und ihr Ton war eher scharf - aber nur aus Gewohnheit, dachte Tisala, und nicht, weil sie sich über etwas Bestimmtes geärgert hatte.
»Besser, als ich mich eigentlich fühlen sollte«, antwortete sie.»Was ist geschehen, dass Lord Duraugh Männer aus Hurog braucht? Wo ist Ward?«
»Die Soldaten des Königs haben ihn mit nach Estian genommen, wo ihm der Prozess gemacht werden soll - nein, nein, Mädchen«, zischte Stala ungeduldig,»seht mich nicht so an. Soweit ich erkennen konnte, haben sie nicht die geringste Ahnung, dass Ihr hier seid, und Ward hat es ihnen nicht gesagt. Es hat nichts mit Euch zu tun.«Sie warf Tisala einen abschätzenden Blick zu.»Wisst Ihr, wieso Ward vor fünf Jahren in Oranstein gekämpft hat?«
»Vier Jahre«, verbesserte Tisala sie, bevor sie sich bremsen konnte. Dann räusperte sie sich und fuhr fort, bevor Stala sich fragen konnte, wieso Tisala so genau wusste, wie lange es her war, seit sie Ward zum letzten Mal gesehen hatte.»Weil der König drohte, ihn in seinem Irrenhaus einzusperren - er und Tosten sprachen gerade darüber.«Der Gedanke an Ward in einer dieser kargen kleinen Zellen, die sie nur zu gut kannte, bewirkte, dass Tisala sich krank fühlte.
Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 57 | Нарушение авторских прав
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