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Ein Lächeln im Gesicht

Langsam öffnete er seine Augen. Er lag in einem Krankenhausbett und das bereits seit zwei Wochen. Sein eigenes Bett würde er nicht mehr sehen, da war er sich sicher. Er hatte Krebs im fortgeschrittenen Stadium. Er hatte zwar manchmal Schmerzen gespürt, allerdings war es ihm nie in den Sinn gekommen, sich darüber zu beschweren. Außerdem hatte er sich um seine Frau kümmern müssen. Sie hatte Osteoporose und saß seit über zwei Jahren im Rollstuhl.
Und jetzt, da saß sie neben seinem Bett und hielt seine Hand. In diesem Moment fühlte er sich schwach, da er es bis jetzt gewesen war, der seine Frau getröstet hatte, die jetzt versuchte ihn zu trösten, obwohl er nicht wirklich Trost brauchte. Sie hatte keine Tränen in den Augen, sie versuchte sogar zu lächeln, doch es war ihr anzumerken, wie schwer ihr das fiel.
Sie hatten beide ein erfülltes Leben gehabt. Vor drei Jahren hatten sie ihre Goldene Hochzeit gefeiert. Vor vielen Jahren, als sie sich kennen gelernt hatten, war es keine Liebe auf den ersten Blick gewesen, aber mit der Zeit hatte sich dieses Band zwischen ihnen entwickelt. Und jetzt liebten sie sich immer noch.
Vier Kinder hatten sie gemeinsam großgezogen, zwei Jungen und zwei Mädchen. Und alle waren längst selbst Eltern und bis auf ihre jüngste Tochter hatten sie auch alle schon Enkelkinder. Und alle waren sie heute hier. Sie waren zwar nicht alle in diesem Raum, sie hätten hier auch gar nicht alle hineingepasst, aber sie warteten draußen auf dem Flur. Ab und zu ging jemand aus dem Zimmer und ein anderer kam für ihn herein. Niemand sagte etwas. Alle schienen auf etwas zu warten und er wusste genau, was das war. Niemand aus seiner Familie schien zu wissen, was er oder sie zu ihm sagen sollte. Einige schienen sich regelrecht davor zu fürchten, sich von ihm zu verabschieden. Am liebsten hätte er diese Stille durchbrochen, doch nicht nur das Sprechen, auch das Atmen viel ihm schwer.
Doch eine Kleinigkeit konnte er noch tun. Er sah in die Augen seiner Frau und lächelte sie jetzt an. Er hatte keine Angst mehr, vor dem was kommen würde. Die ganze Familie war immer davon ausgegangen, dass seine Frau vor ihm sterben würde, viel Zeit blieb ihr wohl auch nicht mehr. Seine Frau hatte ihm, wenn sie sich nicht besonders fühlte, immer gesagt: Es ist soweit, wenn es soweit ist. Genau an diese Worte dachte er jetzt. Und er dachte daran, wie er sie auf der anderen Seite wieder sehen würde. Zuerst seine Eltern, die schon lange tot waren. Dann seine Frau und nach und nach würden auch seine Kinder und Enkel auf die andere Seite finden. Irgendwann musste jeder diese Welt verlassen, doch sie konnten auf ein neues Leben hoffen, zumindest war das sein Glaube und auch der seiner Frau. Die meisten Menschen lebten heutzutage nur noch im hier und jetzt, wie auch einige seiner Enkel. Doch er gab die Hoffnung nicht auf, dass auch sie auf den rechten Weg zurückfinden würden. Irgendwann.
In allen Jahren zuvor hatte er diesen Tag anders verbracht. Zwar kam selten die ganze Familie zusammen, dafür war es ja auch nur sein Namenstag, aber zumindest seine Tochter und sein Sohn, die nur wenige Dörfer weiter wohnten, hatten jedes Jahr vorbei gesehen. Die beiden standen jetzt neben seinem Bett, zusammen mit ihren beiden anderen Geschwistern. Das Lächeln ihres Vaters erwiderten sie.
Dann öffnete sich die Zimmertür. Eine seiner Enkelinnen trat herein. Sie arbeitete hier als Krankenschwester und hatte heute Dienst. Sie trat an sein Bett und fragte ihn, ob er sich zum Namenstag irgendetwas wünschte. In seiner spaßigen Art, die er auch jetzt nicht verloren hatte, flüsterte er, er hätte gern ein letztes Bier. Er wusste, dass ihm dieser Wunsch nicht erfüllt werden würde, allerdings sagte er es auch nicht deswegen. Er wollte damit nur wieder ein wenig Leben in dieses Zimmer bringen, denn so wie es momentan hier zuging, schien es so, als hielte seine Familie schon die Totenwache für ihn ab.
Seine Enkelin erwiderte mit einem Lächeln, dass sie versuchen würde, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Dann fragte sie ihn noch, ob er gerne noch einmal seinen jüngsten Urenkel sehen würde. Der kleine war gerade anderthalb Jahre alt. Von seinen Urenkeln war heute noch niemand hier gewesen. Ob ihre Eltern das nicht wollten, oder ob es die Ärzte nicht gestatteten, wusste er nicht. Er nickte zustimmend.
Nach zwei Minuten brachte seine Enkelin ihre Schwägerin mit dem kleinen auf dem Arm zu ihm und bevor seine Enkelin die Tür hinter sich schließen konnte, huschte noch jemand ins Zimmer. Seine Urenkelin Marie war vor kurzem sechs Jahre alt geworden. Sie mochte ihre Urgroßeltern sehr und wollte unbedingt zu ihnen. Und jetzt wo sich ihr eine Gelegenheit bot, ergriff sie diese.
Die Frau seines Enkelsohns kniete sich vor das Krankenbett und hob den kleinen Jungen in die Reichweite des Mannes. Der Junge sah seinen Urgroßvater mit großen Augen an. Dieser strich ihm mit seiner rechten Hand sanft durch die Haare und lächelte ihn dabei an und jetzt lächelte der kleine zurück. Plötzlich drängelte sich die kleine Marie zwischen die ganzen Leute, die vor dem Bett ihres Großopas standen. Sie verstand noch nicht, was hier eigentlich los war und es würde auch noch eine ganze Zeit vergehen, bevor sie die Ereignisse des heutigen Tages völlig begreifen würde. Sie stellte sich neben ihren Uropa, drehte den Kopf zur Seite und blickte ihn fragend an. Kommst du mit, spielen?, klang es aus ihrem kleinen Mund. Ihre Oma wollte sie gerade zurückziehen, als der Mann der kleinen Marie seine Hand entgegen streckte und lächelnd entgegnete: Tut mir leid! Mir geht es heut‘ nicht so gut. Das kleine Mädchen senkte ihren Kopf und es schien fast so, als würde sie jeden Moment anfangen, zu weinen. Doch dann hob sie den Kopf wieder, legte ihre Arme um ihren Großopa, küsste ihn auf die Wange und sagte dann zu ihm: Ich hab dich lieb! Ich hab dich auch lieb!, erwiderte der alte Mann. Dann verließ die kleine Marie den Raum wieder.
Langsam wurde es draußen dunkel und der Raum leerte sich immer mehr. Schließlich war der Mann mit seiner Frau und seinem ältesten Sohn alleine. Der Sohn hatte sich auf einem Stuhl am Fenster niedergelassen und war leicht eingedämmert. Der Mann sah seiner Frau in die Augen. Ich liebe Dich! Seine Frau wiederholte die Worte mit einer kleinen Träne im Auge. Dann sagte der Mann: Wir sehen uns auf der anderen Seite! Danach schloss er seine Augen und schlief mit einem Lächeln im Gesicht ein.

 


Дата добавления: 2015-09-03; просмотров: 77 | Нарушение авторских прав


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