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Die Frage nach der Entstehung des Neuhochdeutschen wird nicht mehr monokausal beantwortet. Das Ostmitteldeutsche als eine der Hauptgrundlagen, ferner die eine gewisse Überregionalität anstrebenden Schreibsprachen, wie die verschiedenen Geschäfts- und Kanzleisprachen (etwa das Gemeine Deutsch der Habsburger und das Meißnische Deutsch der Wettiner), die Druckersprachen, die Rolle Luthers und seiner Bibelübersetzung sind wichtige Faktoren dieser auf Ausgleich basierenden Entwicklung [Metzler 2010, S. 213].
Neuhochdeutsch ist der Terminus für die heute verwendete Sprachstufe der deutschen Sprache. Ihr Beginn wird, in der klassischen Einteilung nach Wilhelm Scherer, auf Mitte des 17. Jahrhunderts datiert. Spätestens für die Texte aus der Barockzeit brauchen wir keine Wörterbücher mehr, um sie zu verstehen.
St. Sonderegger (1979) (zit. nach [Wolff 2009, S. 134] unterscheidet als “Periodisierungsgerüst”:
Älteres Neuhochdeutsch (etwa 1650 bis 1800);
Jüngeres Neuhochdeutsch (etwa 1800 bis 1945);
Gegenwartsdeutsch (ab 1945).
Er orientiert sich dabei an dem jeweiligen Sprachträger der Überlieferung (zunehmend alle sozialen Schichten, zunächst noch mit bürgerlichem Schwergewicht bis ins 19. Jh., Massenmedien des 20. Jhs).
G. Wolff [Wolff 2009, S. 133] belässt es bei einer vorsichtigen zeitlichen Einteilung (mit fließenden Grenzen) und der Orientierung an politisch-sozialen sowie geistesgeschichtlich-kulturellen Entwicklungen:
Die weitere Periodisierung aber wird schwierig.
3.4.2. Sprachliche Entwicklungen im Überblick
Die wichtigsten Veränderungen, die zur Herausbildung des Neuhochdeutschen beigetragen haben, sind die folgenden (vgl. [König 2011, S. 106-117]):
Ø Ausbau der deutschen Litaratursprache im 18. Jh.
Ø Etablierung einer neuhochdeutschen Standardsprache im 19. Jh.
Ø Sprachpflege / Purismus;
Ø Entwicklung des neuhochdeutschen Graphemsystems
Ø Normierung der Orthographie um 1900
Ø Entwicklung der Großschreibregeln
Ø Entwicklung der Zeichensetzung
Ø Entstehung der Aussprachenormen
Ø Textsorten“explosion” (im 18. dann bes. 19. Jh.)
Ø Die Entwicklung des neuhochdeutschen phonologischen Systems
Ø Die Entwicklung des neuhochdeutschen syntaktischen und morphologischen Systems, vor allem des Deklinations- und Konjugationssystem
Ø Ausdifferenzierung der kommunikativen Bezugswelten, dadurch Ausbildung verschiedener Varietäten der deutschen Sprache.
Das Wort “ Hochsprache ” bekommt einen neuen Sinn: Es bezeichnet im Neuhochdeutschen nicht mehr die Dialekte der hochgelegenen deutschen Länder, sondern es steht jetzt für eine ideelle Standardsprache. Die gibt es zwar bis heute im Mündlichen nach wie vor nur theoretisch, da Dialekte und mundartliche Färbungen immer noch existieren.
Die Ausbildung einer Gemein- oder Standardsprache mit hohem sozialem Ansehen (daher “Hochsprache”) verdankt sich dem Streben des gebildeten Bürgertums nach Sprachschönheit und Sprachrichtigkeit. Besiegelt wurde diese Entwicklung durch die Festlegung einheitlicher Normen und Regeln: in der Rechtschreibung (Orthographie) und im Wortgebrauch endgültig durch Konrad Dudens “Orthographisches Wörterbuch” (1880) sowie die Orthographische Konferenz von 1901. Die von Adelung verfochtene Regel “Schreib, wie du sprichst” wurde dabei ebenso aufgegeben wie das etymologisch-historische Prinzip von J. Grimm, das uns heute noch im “Deutschen Wörterbuch” entgegentritt. Vereinfachungen der Rechtschreibung betrafen lediglich das alte th (Thor › Tor), ph (erhalten nur in Fremdwörtern: Photograph) und c in Fremdwörtern (ersetzt durch k oder z: Circus › Zirkus). Die Großschreibung der Substantive und die Kennzeichnung von Vokaldehnung bei Homonymen (Leere, Lehre) blieben erhalten.
Standardisierung und Entwicklung der deuschen Schrift- und Literatursprache in Barock sowie Aufklärung sind nicht zu verstehen ohne die zahlreichen Bemühungen von Grammatikern und Lexikographen um Sprach regelung und Sprachreinigung (Purismus, vom lat. purus “rein”).
Sprachreinheit ist das Ziel der zahlreichen Sprachgesellschaften, die im 17. und 18. Jh. in Deutschland entstehen. Die bekannteste und bedeutendste von ihnen ist die “Fruchtbringende Gesellschaft” (auch “Palmenorden” genannt), der bekannte Dichter wie M. Opitz, A. Gryphius, Grammatiker wie J. G. Schottelius u. a. angehörten. Sprachreinigungsbewegung ging vor allem von Gelehrtenkreisen aus. Man hoffte, bestimmte Fremdwörter zu verdrängen, indem man einheimische Wörter (in einigen Fällen Ausdrücke, die kaum noch oder gar nicht mehr gebräuchlich waren) mit neuem Leben und mehr oder weniger neuen Inhalten füllte. Auch ihr stilistisches Spektrum sollte sich erweitern. Z. B. Verdeutschungen:
Mundart für Dialekt, Beistrich für Komma, Zahlwort für Numerale, Zeitwort für Verbum etc. (J. G. Schottelius);
Augenblick für Moment, Entwurf für Projekt, Verfasser für Autor, Trauerspiel für Tragödie, Abstand für Distanz, Bücherei für Liberey, lustwandeln für spazieren, Leidenschaft für Passion (Dichter Ph. v. Zesen);
Sinngedicht für Epigramm, Briefwechsel für Korrespondenz, beobachten für observieren etc. (Dichter G. Ph. Harsdörffer).
Man kann deshalb von einer einheitlichen National- oder Kultur sprache ausgehen, die sich besonders im 18. Jahrhundert als Literatur sprache manifestiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch im 17. Jh. das Latein als Wissenschaftssprache dominiert und sich 44 % aller Bücher mit theologischen Fragen befassen; nur 4,6 % sind poetischen Inhalts. Erst um 1770 ist die lateinische Buchproduktion auf 14,25 % gesunken und der Anteil poetischer Werke entsprechend gestiegen. Insgesamt aber behaupten noch immer wissenschaftliche Texte (Poetiken, Rhetoriken, Grammatiken; philosophische Werke) den ersten Platz und erheben zudem den Anspruch auf literarischen Rang.
Allgemein kann im 19. Jh. eine weitere Zunahme außerliterarischer (nichtfiktionaler) Textsorten vor allem informatorischer und appellativer Art beobachtet werden. Während im privaten Bereich durch die Romantik Brief und Tagebuch noch weiter an Einfluss gewinnen, entwickeln sich im Funktionalstil der Publizistik allmählich Unterschiede zwischen Meldung (“Depesche”), Nachricht, Bericht (“Report”) und Kommentar. Politische Flugschriften und Broschüren gehen vor allem aus der Arbeiterbewegung hervor. Wahl- und Werbe plakate, auch amtliche Anordnungen erreichen eine breitere Öffentlichkeit, seitdem überall Litfaßsäulen aufgestellt werden.
Wir nennen externe Stimuli für die Sprachentwicklung von ca. 1830 bis ca. 1920 und wählen dafür die Stichworte:
Дата добавления: 2015-10-24; просмотров: 203 | Нарушение авторских прав
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