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Wortschöpfung durch Lautnachahmung

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Konversion (Wortartwechsel)

Die Konversion (конверсия, переход в другую часть речи), die auch Übergang in eine andere Wortart oder Veränderung der Wortart heißt, ist zwar produktiv, doch tritt sie gegenüber der Zusammensetzung und affixalen Ableitung weit zurück.

Bei der Konversion handelt es sich um die vier häufig vorkommenden Prozesse (und Resultate): 1) die Substantivierung (Übertritt eines Wortes in die Wortart Substantiv); 2) die Verbalisierung; 3) die Adjektivierung; 4) die Adverbialisierung.

l. Grundsätzlich kann jedes Wort im Deutschen substantiviert werden. Die Substantivierung gilt als die produktivste Art der Konversion. Jedes Verb (sein Infinitiv) lässt sich substantivieren: das Kommen, das Lesen, das Verstehen. Die substantivierten Infinitive sind sächlichen Geschlechts und bezeichnen einen Vorgang, einen Zustand oder einen Gegenstand (das Schreiben).

Es gibt zwei Arten von Substantivierungen: die f e s t e n (das Gehen, das Rauchen) und die fakultativen, okkasionellen, die im Wör­terbuch nicht registriert sind (das Aneinandergeraten, im Vorüberfahren).

Verbreitet sind substantivierte Adjektive und Partizipien I und II. Sie sind fester Art, bewahren aber ihre adjektivische Deklination: der/die Alte (ein Alter, eine Alte), der/die Kranke; der Bekannte, der Verwandte, der Gesandte. Die Substantivie­rungen dieser Wortarten können auch gelegentlichen, okkasionellen Cha­rakter haben: das Gegebene, das Neue, das Interessante, die Angesproche­ne, die Betroffenen. Manche substantivierten Adjektive richten sich als echte Substantive nach starker Deklination: das Blau, das Fett, das Gut, das Recht, das Übel.

Ferner können als feste Substantivierungen auch andere Wortarten, sogar Suffixe und Buchstaben auftreten:

a) substantivierte Pronomen: das (andere) Ich, das Du; zum Du über­gehen, das Nichts;

b) substantivierte Numeralien (Zahlwörter): die Fünf, das Hun­dert;

c)substantivierte Präpositionen und Konjunktionen: das Aus (der Ball war im Aus Fußball), das Gegenüber (mein Gegenüber am Tisch), das Jenseits;

d) substantivierte Interjektionen: mit Ach und Krach, Ach und Weh schreien,

е) substantivierte S u f f i x e und Buchstaben: der Ismus; das scharfe S; das A und O einer Sache (= das Wichtigste); von A bis Z (= von Anfang bis Ende).

Mit der Konversion hängt auch die affixlose Bildung der Substantive von Stämmen starker Verben zusammen, die oft von lautlicher Verände­rung des Stammvokals begleitet wird:

gehen — der Gang springen — der Sprung

laufen — der Lauf, stehen — der Stand

reißen — der Riss, trinken — der Trank/Trunk

Die meisten Ableitungen dieser Art sind Maskulina, es gibt auch Feminina und Neutra: die Wand, das Band, das Verbot, das Gebiet.

2. Die Verbalisierung ist im heutigen Deutsch ziemlich produktiv. Durch diesen Prozess wird die Klasse der schwachen Verben vervollständigt. Bei der Verbalisierung von Substantiven und Adjektiven wird das formbilden­de Infmitivsuffix -en an den Stamm angehängt. Verbreitet sind die Ablei­tungen aus einfachen Substantiven:

Mond — monden

Pflug — pflügen

Salz — salzen

Sonne — sich sonnen

Trommel — trommeln

Die von Adjektiven abgeleiteten Verben haben in den meisten Fällen Umlaut: anschwärzen, erröten, sich röten, klären, erklären, sich erkälten, erwärmen, verblauen, verkürzen, verlängern,plätten, grünen etc.

\fon starken Verben sind mit Hilfe des Umlauts die so genannten kau­sativen Verben abgeleitet:/«//^«(zu: fallen, d. h. fallen lassen), führen (zu: fahren), legen (zu: liegen), senken (zu: sinken), setzen (zu: sitzen), schwem­men, überschwemmen (zu: schwimmen), tränken (zu: trinken), verschwen­den (zu: verschwinden) u. a.m.

3. Die Adjektivierung (der Übergang des Substantivs, Partizips, Ad­
verbs in die Wortart Adjektiv) ist nicht produktiv. Dazu gehören die von
Substantiven abgeleiteten Wörter: ernst, j-mfreuwd/feind sein (jetzt: j-m
Freund/Feind sein), laut, schade, schuld, wert, kla’sse (aus der Umgangs­
sprache), angst, bange (mir ist angst und bange). Hinzu kommen die unde­
klinierbaren Adjektive, die von Stadt- und Ländernamen gebildet sind:
Berliner Ensemble, Leipziger Messe, Wiener Walzer. Es gibt auch adjekti-
vierte Adverbien: eine seltene Gabe, eine zufriedene Stimme.

Häufig sind adjektivierte Partizipien anzutreffen: ein auffallender Un­terschied, eine ausgezeichnete Leistung, der sprühende Regen. Manche von ihnen sind zu festen Adjektiven geworden: bedeutend, reizend, verheira­tet, verrückt, umgekehrt.

1. Die Adverbialisierung (der Übergang von Wörtern aus anderen Wort­
arten in die des Adverbs) beschränkt sich auf eine Reihe der Wörter: abends,
morgens, damals, niemals, sonntags, vergebens, zu Hause, nach Hause, zu
Fuß, daheim.
Aus verschiedenen Wortklassen haben sich mehrere Präpo­
sitionen gebildet: aufgrund, infolge, mithilfe, mittels, seitens, statt, zwecks,
ausgenommen, entsprechend, zugunsten.
Die lexikalische Einheit „zulie­
be“ (tu es mirzuliebel) wird bald als Präposition (O. Moskalskaja), bald als
Adverb (G. Wahrig) bezeichnet.

Es muss gesagt werden, dass nach der Ansicht einiger Sprachforscher die Konversion als Wortbildungsart umstritten ist. Dieser Meinung ist T h. Schippan (vgl. Schippan, 1984, 114). Einige Arten der Konversi­on können als affixlose Ableitung angesehen werden, z.B. Sub­stantivierung (lesendas Lesen), Adjektivierung (Wert-> wert), Verbali-sierung (Zelt -> zelten). Beim Wortartwechsel wird ein Wort in das Para­digmensystem einer anderen Wortart übergeführt.

Wortschöpfung durch Lautnachahmung

Die Wortschöpfung (словотворчество, преимущественно в форме звукоподражания} in Form einer Laut- oder Schallnachahmung ist eine besondere Wortbildungsart, bei der die Wörter infolge der klanglichen Nachahmung von Naturlauten entstehen: Kuckuck, Gans, Uhu, bums\, klatsch], platschen, plätschern etc. Derartigen Wörtern, die als Onomatopoetica (Schallwörter) bezeichnet werden, liegt fonetisch-fonemische (natürliche) Motivation zu Grunde. Zwar ist hier das Formativ natürlich determiniert, doch ist der Sprachkörper kein genaues Abbild des entspre­chenden Geräusches oder Klangs. Davon zeugt ein Vergleich schallnach­ahmender Wörter (Schallwörter) in verschiedenen Sprachen, die ähnlich sind, aber nur selten völlig übereinstimmen. So lautet der Hahnenschrei auf deutsch: kikeriki], auf russisch: кукареку], auf englisch: cock-a-dood-le-doo\ Dem deutschen wau-wau\ entspricht im Russischen гав-гав\, im Englischen bow~bow\, im Französischen oua-oual

Die Lautnachahmung ist jetzt nicht produktiv und spielt nur eine be­scheidene Rolle in der Wortschatzerweiterung der deutschen Sprache. Es besteht eine Auffassung, nach der Wortbildung und Wortschöpfung als verschiedene Bereiche abgegrenzt werden.

Unter Wortschöpfung ist die erstmalige Zuordnung eines Lautkomplexes zu einer Bedeutung zu verstehen, die sich ohne Verwendung vorhandener Elemente vollzieht (s. Schippan, 2002, 107). Auf dem Weg der Wortschöp­fung („Urschöpfung der Wörter") entstanden lautnachahmende (ono­matopoetische) Wörter wie Kuckuck, krähen, Wau-wau etc. Von ihnen ist die Wo r t b i l d u n g als die Hauptquelle der Entstehung neuer Wörter zu unterscheiden, denn hier benutzt man bereits vorhandene sprachliche Einheiten — Morpheme oder Wörter — und fügt sie nach Regeln und Modellen (ebenda, 108).

Lautnachahmende (lautmalende) Wörter können verschiedenen Wort­arten angehören. Das sind:

2. — Interjektionen: ach] (drückt Erstaunen, Schmerz aus); au] (Ausruf des Schmerzes, auch bei einem schlechten Witz); bums] (Ausruf zur Nachahmung von Fall und Knall); klatsch] (Ausruf beim Geräusch eines Klatsches, Falles, Schlages); oh] (Ausruf des Staunens, des Bedau­erns, der Ablehnung: oh, wie schön1.), plumps] (Ausruf, wenn jmd. oder etwas hinfällt oder in etwas hineinfällt);/w/! (Ruhe!, Horch!); töff, töffl (Nachahmung der Hupe des Autos).

— Verben: brummen, dröhnen, knacken, knallen, lispeln, murmeln,
miauen,pfeifen, rauschen, rollen
(der Donner rollt), ticken, tuten etc.

— Substantive: Krach, Krähe, Kiebitz, Kuckuck, Uhu; aus der
Kindersprache: die Miau — Katze, die Tick-Tack — Uhr, das Töff-töff—
(kleines) Auto, der Wauwau — Hund.

Eine besondere Verbreitung finden Interjektionen und lautnachahmen­de Wörter in der Sprache der Poesie; Dichter verwenden sie zu künstleri­schen Zwecken, um Stimmungswechsel, Emotionen, Naturerscheinun­gen zu schildern. Besonders verbreitet sind die Ausrufe ach], o] Vgl.:

O Täler weit, o Höhen, o schöner, grüner Wald, du meiner Lust und Wehen andächt'ger Aufenthalt! (/. von Eichendorff)

O Land der dunklen Haine, o Glanz derblauen See, o Eiland, das ich meine, wie tut's nach dir mir weh! (E.M.Arndt)

Interjektionen und onomatopoetische Wörter sind in Goethes Balla­den und seiner Liebeslyrik häufig anzutreffen:

O Neigung, sage, wie hast du so tief Im Herzen dich verstecket?.. Ach Liebe, du wohl unsterblich bist! Nicht kann Verrat und hämische List Dein göttlich Leben töten.

(„Der Müllerin Reue", 1797)

„Ach weh! ach weh! was hab' ich getan! Was hilft mir nun das Lauschen!" (Ebd.)

Und Freud' und Wonne Aus jeder Brust. O Erd', o Sonne! O Glück, o Lust!

(„Mailied", 1771)

Ach, der heiligste von unsern Trieben, Warum quillt aus ihm die grimme Pein?

(„Zu den Leiden des jungen Werthers'1, 1775)

Widersacher, Weiber, Schulden, Ach! Kein Ritter wird sie los... Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.

(„Faust", 1797)

Lautmalend sind z.B. die Zeilen aus dem „Erlkönig" (1778):

„In dürren Blättern säuselt der Wind. (...) „Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn. Und wiegen, und tanzen, und singen dich ein."

3. Oder: Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll... („Der Fischer", 1778

Aus sprachtheoretischer Sicht ist die Lautmalerei von aktuellem In­teresse in dem Sinne, dass bei mehreren Wörtern der natürliche innere Zusammenhang zwischen Lautung und Bedeutung nachgewiesen wer­den kann. Hiermit wird die Gültigkeit der Saussure'sehen These vom a r-b i t r ä r e n (willkürlichen) Charakter des sprachlichen Zeichens notwen­digerweise eingeschränkt.

Immer mehr Beispiele (vor allem Wörter) aus verschiedenen Sprachen beweisen die fonetische Motiviertheit sprachlicher Zeichen, eine direkte, natürlich determinierte Beziehung zwischen Lautkomplex und Inhalt, Sinn. Es handelt sich dabei um den so genannten Lautsymbolismus. Der französische symbolistische Dichter Arthur Rimbaud [re Ъо] verfasste ein Gedicht über verschiedene Qualitäten der Vokale. Das /weist auf etwas Dünnes, Feines, Spitzes hin (z. B.: Biene, Blitz, Giebel, Igel, Spitze,piepsen, zischen, Pfiff, Stich; игла, искра,лист, писк, свист etc.), das O verweist auf etwas Großes, Geräumiges, Rundes, Wertvolles, was (hohl) klingt, sich bewegt: groß, voll, Gott, Volk, Kopf, Donner, Mond, Wort, fort, holen, kom­men, rollen; Бог, дом, гром, род, народ, Родина, голова, гора/горы, город, дорога, дождь, ночь, коло (= колесо), голос, грохот, ропот, золото, молодой, новый, здоровый, бодрый, год, проход, поход.

Mit dem U verbinden sich die Vorstellungen von etwas Negativem, Drohendem, Gefährlichem; es ist etwas, was sich unten befindet, was ur­sprünglich ist, schwer wiegt: die Präfixe ил-, иг-, die Präposition unter. Furcht (aber auch: Angst), Fluch, verflucht, verrucht, Flucht, Frust, Kum­mer, Bruch, Grund, Grube, Gruß, Kluft, Schlucht, Sumpf, Sucht, Wucht, Uhu, Uhl (=Eule), Uhr (= Zeitl), muss, dumm (aber auch: klug), Lump, Bulle, bums\, puff. puh\, Buhl, Buh-Rufe (im Theater) etc. Fast bei allen Völkern flößt man den Kindern mit dem Laut U-u-u Angst und Schre­cken ein (Ausruf als Zeichen des Missfallens).

Als Gegenargument könnte man viele Wörter mit gegensätzlicher Kombination von Form und Inhalt anführen, aber ohne Zweifel besteht eine wahrscheinlichkeitsabhängige unmittelbare Beziehung zwischen den beiden Seiten des Zeichens, die Anlass zur Herausbildung der Phonose-mantik / Fonosemantik gegeben hat (vgl. Voronin, 1982).

Der fonetischen Motiviertheit des Wortes liegt eine strukturelle (nicht materielle) Ähnlichkeit von Lautkomplex und In­halt zu Grunde (V. Levizkij). Die Lautstruktur der Bezeichnung ist in diesem oder jenem Grad der Struktur des bezeichneten Gegenstandes bzw. der Erscheinung isomorph (d. h. gleichgestaltig), z. B. die Definition von „Zickzack(linie)" enthält solche Komponenten wie „scharf', „Knick", „hin-her", was der fonetischen Struktur des Wortes entspricht (vgl. Левицкий, 1994, 27).

4. Eine letzte Beobachtung: im Russischen bezeichnen viele Wörter mit dem anlautenden «г» etwas Großes, Lautes, Wichtiges, Erhabenes, et­was, was sich über der Oberfläche erhebt: гора, город, государство, Господь, государь, господин, гость, голова, глава, грудь, горб, гордый/ гордость, громоздкий, гром, гроза, грохот, гам, гул; die Sammelbegrif

fe- горсть, грива, гроздь, груда, груз, гурьба etc. Durch fonosemantische Studien erscheint ein umstrittenes Problem der allgemeinen Sprachwis­senschaft in einem neuen Licht.

Abschließend zur Unterscheidung zwischen der Wortbildungsanalyse und der morphologischen oder Morphemanalyse. Im Fall der Wortbildungsana­lyse wird eine WBK (Wortbildungskonstruktion) in jeweils zwei unmittelbare Konstituenten (UK-Analyse) gegliedert (besonders bei determinativen Zu­sammensetzungen): StraßenbahnhaltestelleStraßenbahn + Haltestelle (als ableitende Ausgangsbasis). In der Regel sind die WBK auf einer Analyseebe­ne binär: drei Zimmer + WohnungDreizimmerwohnung, Luft + Kurort -> Luftkurort, Mutterseele + n + allein -> mutterseelenallein. Die Kopulativkom-posita können auch auf einer Ebene in drei unmittelbare Konstituenten ge­gliedert werden: schwarz-rot-gold. Verschiedene Analyseebenen können durch eine Stammbaumdarstellung veranschaulicht werden:

Hochschullehrer

-Wortbüdungsanalyse nach den UK

<—Morphemanalyse

Bei manchen WB-Konstruktionen sind verschiedene Strukturbeschrei­bungen möglich und richtig:

Frostschutzmittel — a) Frostschutz + Mittel; b) Frost + Schutzmittel

Reisegruppenleiter — a) Reise + Gruppenleiter; b) Reisegruppe + n +

Leiter _

Bei der WB-Analyse haben wir es mit der diachronen Wortbildung zu tun. Die Morphemanalyse zeigt

uns den morphologischen Bestand des betreffenden Wortes.

 

 


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