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Potenzielle Beitrittskandidaten

Die EU benennt offiziell Bosnien und Herzegowina sowie den unter UN-Verwaltung stehenden Kosovo als „potenzielle Beitrittskandidaten“, beide Gebiete liegen imWestbalkan.

Bosnien und Herzegowina

Der Staat Bosnien und Herzegowina könnte der EU beitreten, wenn seine ökonomische Situation sich verbessert und die ethnischen Spannungen abgebaut werden; in diesem Land befürworten viele Politiker den Beitritt. Auf dem Gipfel in Thessaloniki wurde 2003 die Integration der Staaten des früheren Jugoslawien als das nächste große Ziel in der EU-Erweiterung festgelegt.[22] Bosnien und Herzegowina hat mit der EU 2008 bereits ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) abgeschlossen, welches als erster Schritt zu einem Beitritt gesehen wird.

Kosovo

Kosovo hat am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit erklärt, was von zahlreichen Staaten, darunter dem bisherigen Mutterland Serbien, nicht anerkannt wird. Offiziell wird der Kosovo „gemäß UN-Resolution 1244“ von der EU zu den „potenziellen Kandidatenländern“ gezählt. Allerdings verweigern die EU-Mitglieder Slowakei, Rumänien, Spanien, Griechenland und Zypern dem Kosovo bislang die Anerkennung. Über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen wird seit 2013 verhandelt.

Ehemalige Bewerberländer

Länder, die einen Beitrittsantrag abgegeben haben, der weiterverfolgt wird, können als Bewerberländer bezeichnet werden. Diese Länder sind jedoch keine „potenziellen Beitrittskandidaten“ im Sinne der rechtlichen Definition der EU, da es für die Verleihung dieses Status eines Ratsbeschlusses bedarf. Das Beitrittsgesuch der Schweiz ruht. Der Beitritt Norwegens wurde per Referendum von der Bevölkerung zweimal – 1972 (Norderweiterung) und erneut 1994 (EFTA-Erweiterung) – abgelehnt. Das Beitrittsgesuch Marokkos aus den 1980er-Jahren, eine Folge des EU-Beitritts des Handelspartners Spaniens, wurde von der EU zurückgewiesen.

Island

Island hatte am 17. Juli 2009 einen Beitrittsantrag eingereicht. Die isländische Regierung erhoffte sich einen Beitritt für das Jahr 2012. Nach dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen sollte über den EU-Beitritt in einem Referendum abgestimmt werden. Der Rat der EU hatte das isländische Beitrittsgesuch am 27. Juli 2009 mit der Bitte um Stellungnahme weitergereicht.

Am 24. Februar 2010 sprach die Europäische Kommission durch Štefan Füle die Empfehlung aus, mit der isländischen Regierung Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.[23] Am 17. Juni 2010 beschloss die EU, Beitrittsverhandlungen mit Island aufzunehmen. Diese wurden am 27. Juli 2010 offiziell aufgenommen. Zuletzt waren 11 der 33 Verhandlungskapitel abgeschlossen und 16 weitere eröffnet (Stand: 18. Dezember 2012). Seit Beginn des isländischen Wahlkampfes 2013 ruhten die Beitrittsverhandlungen. Im Februar 2014 kündigte die neue Regierungskoalition bestehend aus Fortschrittspartei und Unabhängigkeitspartei an, das Beitrittsgesuch zurückzunehmen. Am 12. März 2015 zog Island seinen Beitrittsantrag zurück.

Debatte

Eine grundsätzliche Debatte in der Europäischen Union ist diejenige zwischen Erweiterung und Vertiefung. Bereits auf dem Gipfel von Den Haag 1969 diskutierten die europäischen Staats- und Regierungschefs über den scheinbaren Gegensatz zwischen der „vertikalen“ Vertiefung (der Aufnahme neuer Politikfelder in den Bereich der Gemeinschaft) und der „horizontalen“ Erweiterung (der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten). Die Frage der optimalen Verschränkung von Erweiterung und Vertiefung trat auch später immer wieder auf. Oft traten die beiden Optionen dabei als konkurrierende Vorstellungen auf: Erweiterungen schienen nur auf Kosten des engen supranationalen Zusammenhalts möglich. Andererseits wurden in der historischen Entwicklung der EU meist beide Ziele parallel verfolgt – häufig fielen Beschlüsse zur Vertiefung nahezu gleichzeitig mit denen zu neuen Erweiterungsrunden.

Nach den tiefgreifenden Vertragsreformen der 1990er Jahre erfuhr die Diskussion um die Zukunft der EU allerdings eine neue Wende. Wurde die Entwicklung der Union bis dahin vor allem als ein offener Prozess gesehen, der durch Vertiefung oder Erweiterung in eine bestimmte Richtung gelenkt werden könne, intensivierte sich seither die Debatte um die Finalität, also das Endziel und die möglichen Grenzen des europäischen Einigungsprozesses.

In der vertikalen Dimension gewann in diesem Zusammenhang das Subsidiaritätsprinzip an Bedeutung, dem zufolge Entscheidungen immer auf der niedrigstmöglichen Entscheidungsebene getroffen werden sollten. Die Verfechter nationaler Souveränitätsvorbehalte führen daher an, dass zahlreiche Politikfelder sinnvoller auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten, nicht der EU behandelt werden sollten. Unter Befürwortern einer engen politischen Union hingegen wird vermehrt das Ziel eines europäischenBundesstaats eingefordert, wie es schon zu Beginn des Integrationsprozesses von den europäischen Föderalisten vertreten wurde und sich zuletzt im Konzept derEuropäischen Verfassung niederschlug. Bei einer Verlangsamung des Vertiefungsprozesses fürchten viele Integrationsbefürworter, dass die EU ihre politischen Ambitionen (etwa in Klima- und Außenpolitik) aufgeben und sich allein auf ihr wirtschaftliches Programm, den gemeinsamen Binnenmarkt, konzentrieren müsste – wobei genau dieses Szenario von einigen eher souveränitätsorientierten Mitgliedstaaten, wie etwa dem Vereinigten Königreich, durchaus befürwortet wird. Als Lösungsansatz in diesem Konflikt zwischen Vorreitern und Bremsern der Integration wird das Modell eines Kerneuropas beziehungsweise eines „Europas der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ diskutiert. Es soll (etwa mittels der verstärkten Zusammenarbeit) einer Gruppe von Mitgliedstaaten vertiefte Integrationsschritte ermöglichen, während andere Mitglieder nur in weniger intensiver Form an der EU beteiligt wären. Kritiker sehen in diesem Vorschlag jedoch eine Spaltungsgefahr für die Union.

In der horizontalen Dimension geht die Debatte außerdem um die Frage, ob die EU überhaupt endgültige geografische Grenzen besitzen kann oder ob sie ihre integrierende und befriedende Wirkung überall dort entfalten sollte, wo ihre Normen angenommen und ihre Kriterien erfüllt werden. Eine vorläufige Lösung stellt hier die Europäische Nachbarschaftspolitik dar, durch die die EU ihren Nachbarn im Osten und Süden die Möglichkeit geben will, auch ohne Vollmitgliedschaft an bestimmten Maßnahmen der Integration teilzunehmen. Eine endgültige Antwort zur Zukunft der EU als offenes Projekt oder als Modell in festen Grenzen steht nach wie vor aus.

 

 

 


Дата добавления: 2015-10-29; просмотров: 169 | Нарушение авторских прав


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