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Die deutschen Sprachgesellschaften des 17. und 18. Jahrhunderts waren Vereine, die sich schwerpunktmäßig der „Spracharbeit“ widmeten. Eine zeitgenössische Bezeichnung war deutsche Gesellschaften. Die Bezeichnung Sprachgesellschaft wurde im frühen 19. Jahrhundert geprägt. Heutige Vereine dieser Art nennt man Sprachvereine.
GRÜNDE: Durch die Reformation gerät Deutschland in einen Zustand der Erstarrung und der Isolation, da es zu einer Pattsituation zwischen Reformation und Gegenreformation kommt, die zu einer bürgerkriegsähnlichen Lage führt, die bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts dauert und schließlich im 30jährigen Krieg mündet. In dieser Atmosphäre ist es dem deutschen Reich nicht möglich, der Entwicklung der anderen europäischen Staaten auch nur annähernd zu folgen: Statt einem starken Nationalstaat herrscht Kleinstaaterei, und das Reich wird geistig und politisch immer weiter zurückgeworfen. An die Entwicklung einer einheitlichen Hochsprache ist unter diesen Umständen kaum zu denken, und auch eine deutsche Literatur im heutigen Sinne existiert nicht.
Allerdings besteht das Problem nicht nur darin, dass die Entwicklung einer Hochsprache stagniert; die deutsche Muttersprache läuft sogar Gefahr, durch andere Sprachen verdrängt zu werden:
1. Das Deutsche wurde im Laufe der Zeit immer wieder den Einflüssen anderer, meist romanischer Sprachen ausgesetzt: Bereits in der Spätantike kommt es durch die römische Besatzung zur unmittelbaren Berührung mit dem Lateinischen, in deren Folge zahlreiche Wörter in die deutsche Sprache entlehnt werden. Weitere Entlehnungen diesen Charakters findet man dann beispielsweise auch am Ende des Mittelalters im Bereich des Handels aus dem Italienischen wieder.
2. Problematischer ist da schon die Wirkung des Lateinischen zur Zeit des durch das Bildungsbürgertum getragenen Humanismus: z.B., wissenschaftliche Schriften werden zunehmend latinisiert; durch die bewusste Nachahmung der lateinischen Syntax wird sogar die deutsche Grammatik verändert.
3. Eine ähnliche Situation ergibt sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit dem Einsetzen des „ Alamodewesen“ – die übertriebene Ausrichtung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens an der höfisch-galanten Lebensweise des französischen Königshofes von Versailles; dem Alamodewesen gehören sowohl Adel als auch das Bildungsbürgertum an.
Als Folge herrscht in Deutschland eine komplementäre Dreisprachigkeit: Sprache des Hofes und der bürgerlichen Oberschicht ist das prestigeträchtige Französisch. Sprache der Bildung und Wissenschaft ist das Lateinische, das jedoch nach und nach – zumindest in einigen Wissenschaftsdisziplinen – durch das Französische abgelöst wird.[18] Das Deutsche gilt als Sprache des Militärs und des Pöbels und hat somit von den drei Sprachen die geringste Bedeutung.
Mit dem Ausbruch des 30jährigen Krieges nimmt die Verfremdung der deutschen Sprache weiter zu: Die Teilnahme verschiedenster Söldnertruppen aus fast allen Ländern Europas hinterlässt ihre Wirkung; es kommt zur sog. „Sprachmengerey“: Die deutsche Sprache wird zum Spielball zwischen den Einflüssen verschiedenster sprachlicher Eindrücke und erreicht einen Status der Beliebigkeit. Weiter gefördert wird diese Tendenz durch die Bevölkerungsentwicklung im deutschen Reich im Anschluss nach dem Krieg: Weil in manchen Gebieten bis zu zwei Drittel der Bevölkerung Opfer des Krieges wurden, müssen diese in den Jahren nach dem Krieg neu „bevölkert“ werden; dies geschieht vor allem durch die Ansiedlung religiös Vertriebener aus den verschiedensten Teilen Europas.
Bereits früh erkennen zahlreiche Wissenschaftler diese fatale Entwicklung und warnen vor ihr. Mit dem Einsetzen des Alamodewesens zu Beginn des 17. Jahrhunderts wird die Kritik am Umgang mit der deutschen Sprache immer deutlicher. Und während einerseits ein Großteil der Adelsgesellschaft dem Alamodewesen immer weiter huldiget, finden sich auf der anderen Seiten immer mehr Angehörige im Bürgertum, die sich der Kritik anschließen, so dass sich im frühen 17. Jahrhundert eine regelrechte Bewegung entwickelt, die eine bewusste Kultivierung der deutschen Kultur zum Ziel hat.
Gesellschaften:
→ Fruchtbringende Gesellschaft: 1617 von Fürst Ludwig v. Anhalt gegründet; 890 Mitglieder; Gryphius, Opitz, Schottelius, Zesen, Gueintz, Harsdörffer
→ Deutschgesinnte Genossenschaft: 1642 von Zesen gegr.; 207; Harsdörffer
→ Pegnesischer Blumenorden: 1644 von Harsdörffer; 117; Schottelius; besteht bis heute
→ Elbschwanenorden: 1658 von Pastor Rist; 45; Feindschaft zu Zesen
→ Aufrichtige Tannengesellschaft: 1633; 5-10
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Als erste und bedeutendste deutsche Sprachgesellschaft wurde 1617 in Weimar die»Fruchtbringende Gesellschaft«von Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen ins Leben gerufen. Man kannte sie auch wegen ihres Emblems, dem indischen Palmenbaum, unter dem Namen»Palmenorden«(siehe Abbildung rechts). Mit 890 Mitgliedern, davon 75 Prozent Adlige, war sie die größte literarische Gruppe in der Barockzeit.
Die Sprachgesellschaften (z.B. der Weimarer Palmenorden, die Leipziger Deutschübende Poetische Gesellschaft) verfolgen das Ziel:
Die Kultivierung der deutschen Sprache nennt man im 17. Jahrhundert „Spracharbeit“, seit Ende des 18. Jahrhunderts „Sprachreinigung“ und seit Ende des 19. Jahrhunderts bis heute „Sprachpflege“.
Unter Spracharbeit ist nicht nur das zu Beginn des 17. Jahrhunderts hervortretende Bemühen um die Reinheit der mit Fremdwörtern durchsetzten deutschen Sprache zu verstehen, wenn auch der Purismus in Programm und Praxis der Gesellschaften eine große Rolle spielte.
Spracharbeit bedeutete vor allem die gemeinsame Erforschung und Förderung der eigenen Sprache und Literatur mit dem Ziel, sie innerhalb der europäischen Literatur zur Geltung zu bringen und zu beleben. Dazu dienten Übersetzungen wichtiger fremdsprachiger Werke ins Deutsche ebenso wie eine grundsätzliche Besinnung auf Fragen des Wortschatzes, derGrammatik oder der Poetik.
In meist brieflichem Gedankenaustausch gab man sich Anregungen und Hinweise, übte Kritik, erwog gemeinsame literarische und wissenschaftliche Unternehmungen und verständigte sich etwa auch über Verlags- und Druckkostenfragen. Das Ergebnis solcher Bemühungen liegt in Form von Poetiken, Grammatiken, Übersetzungen sowie dem ersten deutschenWörterbuch vor. Gegründet wurden diese Gesellschaften von Männern und Frauen aus dem Kreise des Adels und der Gelehrten.
Die Sprachgesellschaften fanden zu ihrer Zeit und später eine zwiespältige Aufnahme: Man erkannte die Pflege der Reinheit der Sprache im Reden und Schreiben (also Freiheit von Fremdwörtern, Mundartausdrücken und grammatikalischen Fehlern) wie auch in Reimen (also der Dichtkunst) einerseits an.
Auf der anderen Seite erschien, wie schon bei den Meistersingern, die Dichtung als etwas Lehr- und Lernbares (normative Poetik), diesmal aber noch verstärkt dadurch, dass man die Poesie nach fremden Vorbildern glaubte erlernen zu können, nämlich nach antiken, aber auch nach französischen, italienischen und niederländischen.
Zudem übertrieb man gelegentlich die Ausmerzung und Verdeutschung von Fremdwörtern und wurde dafür von Kritikern wie z. B. Grimmelshausen mit beißendem Spott überzogen. Vorgeschlagen wurden so z. B. Tageleuchter für Fenster, Jungfernzwinger für Nonnenkloster, Zitterweh für Fieber, Löschhorn für Nase, Meuchelpuffer für Pistole. Andere Eindeutschungen setzten sich jedoch erfolgreich durch, wie z. B. Tagebuch für Diarium, Nachwort für Epilog, Augenblick für Moment, Jahrhundert für Säculum, Sprachlehre für Grammatik, Schaubühne für Theater oder Letzter Wille für Testament.
Die Wirkung der Sprachgesellschaften ist von großer Bedeutung für die weitere Literaturentwicklung, denn
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4. Das Figurengedicht Palm-baum von»Philipp von Zesen (1619-1683) ist ein Beispiel für die sehr kunstvolle Gestaltung derartiger Gedichte im Barock.
Das folgendende Figurengedicht „Palmbaum“ von Philipp von Zesen wurde zu Ehren der Frucht-bringenden Gesellschaft geschrieben:
Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 103 | Нарушение авторских прав
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