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Die feudale Atommacht

Scheich Hassan Nasrallah ist schon jetzt Kriegsgewinner | Rechtsstellung | Zusammenfassung | Inbetriebnahme | Betriebsbedingungen | Gewichte | Spannschienen und Riementriebe | Montage und Demontage | Schmierung | Neuwicklung |


Nordkoreas Herrscherclique ist angeschlagen – und schlägt um sich. Nur ein Land könnte Kim Jong Il zur Räson bringen: China

Wie ein Serientäter reiht Kim Jong Il Provokation an Provokation. Amerikanische Spezialflugzeuge sammeln noch radioaktive Partikel in der Atmosphäre ein, um die Stärke von Nordkoreas zweitem Nukleartest zu überprüfen, da rollt schon die nächste Langstreckenrakete zur Abschussrampe. Das Interkontinentalgeschoss könnte in 14 Tagen startklar sein – pünktlich zum Empfang des südkoreanischen Staatspräsidenten Lee Myung Bak durch Barack Obama am 16. Juni im Weißen Haus.

Kim Jong Il neigt zur Symbolik. Die letzte Langstreckenrakete testete er am Morgen des 5. April, sechs Stunden bevor Obama in Prag seine Rede über eine»Welt ohne Atomwaffen«hielt. Als Nordkorea gut anderthalb Monate später, am 25. Mai, seinen Nuklearsprengsatz zündete, bestätigte es alle düsteren Warnungen Obamas. Tatsächlich ist das Gleichgewicht des Schreckens, wie es im Kalten Krieg zwischen Ost und West herrschte, von einer nuklearen Unübersichtlichkeit abgelöst worden, in der Iran, Pakistan und Nordkorea die gefährlichste Rolle spielen.

Nicht dass die nordkoreanische Herausforderung neu wäre. Mit dem Bau eines Reaktors zur Produktion von Plutonium hat das Regime schon um 1980 begonnen. Nordkorea trat dem Atomwaffensperrvertrag bei und kündigte seine Mitgliedschaft wieder auf. Es schloss ein Abkommen mit Südkorea über eine atomwaffenfreie Halbinsel und mit den Vereinigten Staaten eine Übereinkunft, in der es sein Waffenprogramm gegen Wirtschaftshilfe und Sicherheitsgarantien sowie die Lieferung zweier Leichtwasserreaktoren aufzugeben versprach. Es ließ Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ins Land und warf sie wieder hinaus. Es nahm an den Sechsparteiengesprächen in Peking teil, in denen China, Amerika, Russland, Japan und Südkorea versuchten, Pjöngjang von seinem Nuklearkurs abzubringen. Und verkündete dann 2005: «Wir haben Atomwaffen.»

Es ist eine Geschichte von Lug und Trug. Und doch blieb sich das stalinistische Einsiedlerregime auf eine bizarre Weise treu. Es rüstete auf, um stets zweierlei zu erpressen: humanitäre Hilfe von jedermann, der sie leisten wollte, um der Bevölkerung das physische Überleben zu ermöglichen; politische Anerkennung vor allem durch den Erzfeind, die Vereinigten Staaten, um dem Regime das politische Überdauern zu sichern.

Die Erpressungsthese kann die jüngste Eskalation jedoch nicht erklären. Es scheint nicht mehr darum zu gehen, Vorteile im Nuklearpoker herauszuschinden. Nordkorea ist Atommacht und will es bleiben. Die immer schrilleren militärischen Drohungen sind mindestens so sehr für das eigene Volk bestimmt wie für die Außenwelt. Auch in normalen Zeiten hält das Regime das Land in einem Zustand der Dauermobilisierung und der Kriegshysterie. Aus vier Gründen aber ist die Situation heute bedrohlicher als in den Jahren zuvor.

Erstens. Der Einfluss Chinas auf Nordkorea nimmt ab. Diplomaten in Peking haben schon immer bestritten, dass ihr Wort in Pjöngjang viel Gewicht habe. Aber wenn Nordkorea so etwas wie einen Verbündeten hat, dann ist dies die Volksrepublik. Sie deckt zwischen 70 und 90 Prozent des Ölbedarfs und rund ein Drittel der Lebensmittelimporte – Lieferungen, auf die auch die erbarmungslose Autarkiepolitik der Kim-Dynastie nicht verzichten kann. Schlösse China die Grenze drei Monate lang, Nordkorea wäre am Ende.

Die Pekinger Führung hat dem Norden nicht aus kommunistischer Verbundenheit die Treue gehalten. Sie fürchtet den Zustrom von Hunderttausenden, vielleicht Millionen Hungerflüchtlingen, die bei einem Kollaps des Regimes in Chinas nordöstliche Provinzen strömen würden. Und sie will kein wiedervereinigtes, mit den Vereinigten Staaten verbündetes Korea direkt an ihrer Grenze – genauso wie sich Russland gegen eine Ausdehnung der Nato in sein»nahes Ausland«sträubt.

Voller Ehrgeiz hat China 2003 die Sechsparteiengespräche in Peking begonnen. Der Beifall war groß für den Versuch der kommenden Supermacht, in der Weltpolitik eine verantwortungsvolle Rolle zu übernehmen. Mit seinem Atombombentest hat Nordkorea den Vermittler düpiert. China hat das Gesicht verloren – und seine Unfähigkeit offenbart, die nukleare Geisterfahrt des Nachbarn zu stoppen.

Zweitens. Südkorea ist unter seinem neuen Präsidenten Lee Myung Bak auf Konfrontationskurs zum Norden gegangen. Der Konservative Lee hat die «Sonnenscheinpolitik» seiner beiden Vorgänger abrupt beendet. Hilfe gibt es nur noch bei Gegenleistungen. Als die Regierung in Seoul jetzt ihren Beitritt zur «Proliferation Security Initiative» (PSI) erklärte, mit der auf Betreiben der USA Schiffe danach durchsucht werden sollen, ob sie Bauteile für Massenvernichtungswaffen an Bord haben, sprach der Norden von einer «Kriegserklärung»: Man fühle sich nicht länger an das Waffenstillstandsabkommen von 1953 gebunden. Die Truppen im Süden, einschließlich der 28000 dort stationierten US-Soldaten, wurden daraufhin in den zweithöchsten Alarmzustand versetzt.

Nordkorea reagiert nicht ohne Grund so gereizt. Der Export von Raketen und Raketentechnik ist eine seiner wenigen Devisenquellen. Pjöngjang hat Kurzstreckenraketen an Syrien, Libyen, Ägypten, Pakistan und Iran verkauft. Im Rahmen der PSI stoppte die US-Marine einen nordkoreanischen Frachter, der Raketen für den Jemen geladen hatte. Syrien errichtete mit nordkoreanischer Hilfe sogar einen Atomreaktor; ein israelischer Luftangriff am 6. September 2007 zerstörte den Reaktorbau.

Drittens. In Pjöngjang könnte jederzeit ein offener Machtkampf um die Nachfolge Kim Jong Ils entbrennen. Kim hat im vergangenen August allem Anschein nach einen Schlaganfall erlitten. Monatelang wurde er in der Öffentlichkeit nicht gesehen. Nun, da er wieder auftritt, wirkt er hinfällig, abgemagert und alt. Kim selbst wurde von seinem Vater, dem «Großen Führer» Kim Il Sung, früh auf die dynastische Nachfolge vorbereitet. 20 Jahre lang stimmte die Propaganda das Volk auf die Machtübernahme durch den pummeligen Junior ein, ehe dieser nach dem Tod des Vaters 1994 dessen Erbe antrat.

Nordkorea ist keine Parteiendiktatur, sondern eine Familiendespotie Südkoreanische Zeitungen spekulieren in diesen Tagen, der 67 Jahre alte Kim habe den jüngsten seiner drei Söhne zum Thronfolger bestimmt. Kim Jong Un wurde auf einem feinen Berner Internat auf kommende Aufgaben vorbereitet. Doch er ist erst Mitte 20. Deshalb, so wird weiter spekuliert, könnte ihm zunächst Kims Schwager Chang Song Taek als Aufpasser und Mitregent an die Seite gestellt werden. Chang kontrolliert die Staatssicherheit; im April ist er in den Nationalen Verteidigungsrat gewählt worden. Er gilt als Kim Jong Ils rechte Hand.

Die Macht muss in der Familie bleiben: Daran dürfte es für die Kim-Sippe keinen Zweifel geben. Seit 60 Jahren hält sie das Volk in Knechtschaft – mit einer Brutalität und Maßlosigkeit, für die es in der heutigen Welt keinen Vergleich gibt. Mehr als 200000 politische Häftlinge darben nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen in Straflagern, die man guten Gewissens KZs nennen darf. Ganze Familien werden in die Einöde, fern der Hauptstadt, verbannt. Wer in einem potenziell reichen Land seine hungernden Untertanen mit «Ersatznahrung» aus essbaren Gräsern, Kiefernnadeln, Laub, Kürbisblättern und Maispulver abspeist, der gibt die Macht nicht freiwillig aus der Hand. Die Bilder von der Exekution des rumänischen Despoten Nicolae Ceauşescu und seiner Frau Elena zu Weihnachten 1989 an einer Kasernenmauer in Bukarest dürften den Bewohnern der Regierungsvillen in Pjöngjang lebhaft vor Augen stehen.

Viertens. Das Regime ist deshalb – anders als etwa das chinesische – auch kaum reformfähig. Nordkorea ist keine klassische Parteiendiktatur, sondern eine feudalistische Familiendespotie. In China gibt es heute eine Art parteiinterne Meritokratie, die dafür sorgt, dass nur Funktionäre an die Spitze gelangen, die sich in vielerlei Regierungs- und Verwaltungsämtern bewährt haben. In Nordkorea dagegen teilen sich bis heute einige Hundert Familien die Macht, die schon in der Partisanenarmee Kim Il Sungs gegen die japanischen Kolonialherren gekämpft haben. Sie haben ihre Claims abgesteckt, profitieren von Schmuggel und Waffenexport. Auch die Spitze der Armee ist in dieses Herrschaftssystem eingebunden.

Seit Beginn der wirtschaftlichen Modernisierung hat China gehofft, sein blühendes Beispiel könnte Nordkorea ein Vorbild sein. Aber der Nachbar hat sich nur immer weiter in sich verkrochen, hat sich abgeschottet und mitten im boomenden Asien lieber eine Million Menschen hungers sterben lassen, als sich für Reformen zu öffnen. Wenn sich Kim Jong Ils Söhne als unfähig erweisen sollten, wenn auch der Schwager die Zügel nicht in die Hand zu nehmen vermag, was dann? Wird dann eine Militärjunta die Macht an sich reißen? Niemand weiß es, auch die Geheimdienste in Seoul, Peking, Tokyo und Washington können – wie die südkoreanischen Zeitungen – nur spekulieren.

Das Kriegsszenario: Eine halbe Million tote oder verwundete Soldaten

Nur möchte sich niemand vorstellen, in welchem Strudel der Gewalt das Land versinken könnte, sollte die Macht des Kim-Clans zerbrechen. Würde es implodieren, mit Heerscharen von Flüchtlingen, die den Weg nach Süden und nach China suchen? Würde es seine Waffen auf die reichen Nachbarn richten und die ganze Region mit sich ins Elend reißen?

Es war Bill Clinton, der Anfang der neunziger Jahre prüfen ließ, welche militärischen Optionen es im Nuklearstreit mit Nordkorea gebe. Der Bericht, den ihm sein Verteidigungsminister William Perry am 19. Mai 1994 vorlegte, bezifferte die Kosten einer Invasion so: 52000 amerikanische und 490000 südkoreanische Soldaten getötet oder verwundet, ungezählte zivile Opfer – in den ersten 90 Tagen.

Militärisch ist der Nuklearkonflikt mit Nordkorea nicht zu lösen. Aber auch die Diplomatie hat bisher nichts bewirken können. Und doch muss die Suche nach einer politischen Lösung fortgesetzt werden. Kein Land trägt dafür größere Verantwortung als China. Ohne chinesische Hilfe kann die Kim-Diktatur nicht überleben. Die japanische Regierung erwartet, dass Peking in diesen Tagen eine hochrangige Delegation nach Pjöngjang schickt. Sie sollte eine einzige Botschaft mitbringen: Noch ein Raketentest, noch ein Nuklearversuch, und wir schließen die Grenze!

Es wird wohl nicht so kommen. Und deshalb wird der Skandal Nordkorea, mit all seinen Opfern im eigenen Land und all seinen Gefahren für die Welt, weiter auf dem Gewissen der Regierenden lasten. Sie können nicht handeln und fürchten doch die Folgen ihres Nichtstuns. Denn irgendwann werden sich die Tore der Straflager öffnen. Es wird ein grauenhafter Anblick sein.

Quelle: Die Zeit 24/2009

 

 


Дата добавления: 2015-07-25; просмотров: 60 | Нарушение авторских прав


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