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IV. Metaphysik. 3 страница

II. Zur Physik. | III. Zur Aesthetik. | IV. Zur Ethik. | V. Zur Politik. | VI. Zur Metaphysik. | Eine naturwissenschaftliche Satire. | Zwölfter Essay. Kritik der Hartmann’schen Philosophie des Unbewußten. | I. Einleitung. | II. Psychologie. | IV. Metaphysik. 1 страница |


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Hat man das Daseiende oder Existirende als objektive, d.h. vom auffassenden Bewußtseinssubjekt unabhängige (!) Erscheinung oder Manifestation des Ueberseienden oder Subsistirenden erkannt, dann sind Realität und (objektive) Phänomenalität als Wechselbegriffe erkannt, dann weiß man aber auch, daß die Vielheit, deren Recht so weit geht, wie die Realität der existirenden Welt, ebenso wie diese nur eine phänomenale, keine transscendent- metaphysische Geltung hat.

(598.)

Wie konnten Sie solchen schreienden, auf die»Niaiserie der deutschen Halbgebildeten«(Schopenhauer) berechneten Unsinn schreiben? Alles Objekt ist durch das Subjekt bedingt: dies ist ein Satz, der gar nicht angefochten werden kann. Sie aber machen eine objektive Welt vom Subjekt unabhängig.

ii621 Dem Objekt liegt, ohne blindes Zwischenglied, unmittelbar das Ding an sich, also von Ihrem Standpunkte aus der All-Eine unbewußte Geist zu Grunde. Sie dürfen sich drehen und wenden wie Sie wollen – immer wird das Individuum in Ihrer Philosophie eine todte Marionette, ja noch weniger als eine Luftspiegelung: es wird immer die reine Null sein.

Die Philosophie des Unbewußten ist also die wahre Versöhnung von Monismus (soll heißen: Pantheismus) und pluralistischem Individualismus.... indem sie beide (?) als aufgehobene Momente in sich vereinigt.

(599.)

Doch nicht, Herr von»Kurz und gut«! Es ist ganz gewiß keine Versöhnung zwischen Pantheismus und Pluralismus, wenn der erstere den letzteren einfach erwürgt, und das geschieht in Ihrer Philosophie des Unbewußten. Eine Versöhnung hat nur in meiner Philosophie durch eine gewesene, untergegangene, jetzt todte einfache Einheit stattgefunden; aber wie Vieles setzte dieses Resultat voraus, wovon Sie keine Ahnung hatten!

Die Individuen sind objektiv (!) gesetzte Erscheinungen, es sind gewollte Gedanken des Unbewußten oder bestimmte Willensacte desselben; die Einheit des Wesens bleibt unberührt durch die Vielheit der Individuen, welche nur Thätigkeiten (oder Combinationen von gewissen Thätigkeiten) des Einen Wesens sind.

(599.)

Das nennen Sie nun Versöhnung des Pantheismus mit dem pluralistischen Individualismus. Welche Dreistigkeit! Ich wiederhole es: Ihr Pantheismus erwürgt einfach die Individuen, – natürlich nur auf dem Papier.

Die Vielheit liegt nur in der Action und ist reale Vielheit nur insofern zugleich ein Aufeinandertreffen der Willensacte stattfindet. (Ein Atom wäre kein Atom). Hiermit ist aber zugleich gesagt, daß die Vielheit und Individuation (also auch die Realität, das Dasein und die Existenz) nur in der Aeußerung der metaphysischen Kraft, nur in der Action der Substanz, nur in der Manifestation des verborgenen Grundes, nur in der Objektivation des Willens, nur in der Erscheinung des Einen Wesens liegen.

(602. 603.)

Ich bedauere Sie von Herzen. Haben Sie jemals eine Kraft getrennt von ihrer Aeußerung, ihrer Action, wahrgenommen? |

ii622 In der Welt noch nie. Also können Sie ein solches Wunder nur in einer intellektualen mystischen Anschauung gesehen haben. Sie werden aber begreifen, daß in der redlichen Naturwissenschaft kein Platz für den Spiritismus ist. Noch einmal: ich bedauere Sie von Herzen.

Nur die objektive Erscheinung ist die wahre und unmittelbare Erscheinung des Wesens, die subjektive Erscheinung aber ist ein subjektiv gefärbtes und verzerrtes Abbild der objektiven Erscheinung.

(603.)

Sie lehren mithin:

1) Eine All-Einheit hinter der Welt

2) Eine phänomenale (objektive) Welt

3) Eine subjektive Welt;

was zu kritisiren ich unter meiner Würde halte. Ich wiederhole nur:»Kein Objekt ohne Subjekt«und constatire neuerdings Ihre Romantik. Sie wollen uns, trotz Kant’s siegreichem Kampf gegen Leibniz, auf eine»verworrene, unklare, mangelhafte«Vorstellungswelt, welche Letzterer (wie schon Plato) lehrte, zurückwerfen. O Sie Erzromantiker!

 

2. Der Individual-Charakter.

Wenn dieser Mensch nun aber Kinder zeugt, so wissen wir, daß nach dem Gesetze der Vererbung die von dem typischen Menschenhirne abweichenden eigenthümlichen Dispositionen seines Hirnes wahrscheinlich auf einige seiner Kinder mehr oder weniger vollständig übergehen.

(610.)

Der Charakter, d.h. der unbewußte Dämon, liegt also, Ihrer Philosophie gemäß, im Gehirn, was ich bereits beleuchtet habe. Ich habe Ihnen auch schon das Fehlerhafte dieser Cartesianischen Reminiscenz nachgewiesen, worauf ich Bezug nehme.

Ich füge nur noch hinzu, daß, während der Charakter im engeren Sinne (!) sich durch Kreuzung immer wieder ausgleicht, und im Wesentlichen für das Menschengeschlecht ziemlich auf derselben Stufe bleibt,... die geistigen Anlagen und Fähigkeiten im Menschengeschlechte in einer fortwährenden Steigerung begriffen sind.

(613.)

Mit einem Wort: es fehlt Ihnen alle und jede tiefere Auffassung der Weltgeschichte. In demselben Maße als der Geist des |

ii623 Menschen in der fortschreitenden Cultur wächst, wird sein Wille geschwächt. Es findet eine Umbildung der Bewegungsfactoren statt. Mit der steigenden Sensibilität steigert sich auch die Irritabilität (Leidenschaftlichkeit) und der ganze Wille verliert dadurch an Solidität, dämonischer Sicherheit, an Ruhe und Kraft. Der Docht des menschlichen Wesens wird immer höher geschraubt, und dadurch wird die Lebensflamme immer intensiver, aber auf Kosten des Lebensöls.

Sie hingegen sagen: der Wille bleibt immer derselbe, d.h. Sie übersehen total das Hauptresultat der Bewegung der Menschheit.

 

XI. Die Allweisheit des Unbewußten und die
Bestmöglichkeit der Welt.

Das Unbewußte kann niemals irren, ja nicht einmal zweifeln oder schwanken, sondern wo der Eintritt einer unbewußten Vorstellung gebraucht wird, erfolgt derselbe momentan, den im Bewußtsein sich zeitlich auseinanderzerrenden Reflexionsproceß implicite in den Einen Moment des Eintrittes zusammenschließend, und zweifellos richtig.

(618.)

Wer giebt Ihnen das Recht, von der Beschaffenheit eines Denkens zu sprechen, das nicht menschliches Denken ist? Wo haben Sie ein solches anderartiges Denken beobachtet? – Im Mond? In der Sonne? – Mogha purisa!

Die unausgesetzten Eingriffe der Vorsehung sind selbst natürlich, d.h. nicht willkürlich, sondern gesetzmäßig, nämlich durch den ein für alle Mal feststehenden Endzweck und die augenblicklich vorliegenden Verhältnisse, in welche eingegriffen wird, mit logischer Nothwendigkeit bestimmt.

(619.)

Wir müssen die Weisheit des Unbewußten weit mehr noch da bewundern, wo dasselbe sich einen Theil seiner Eingriffe durch eigens dazu hergestellte Mechanismen oder auch durch geschickt benutzte schon vorhandene äußere Verhältnisse erspart, als da, wo dasselbe die vorhandenen Aufgaben durch fortwährendes (!) direktes Eingreifen in vortrefflichster Weise löst.

(ib.)

Solcher Art sind z.B. die Eingriffe des Unbewußten in menschlichen Gehirnen, welche den Verlauf der Geschichte auf allen Gebieten der Culturentwicklung im Sinne des vom Unbewußten beabsichtigten Zieles bestimmen und leiten.

(620.)

ii624 Welcher fruchtlose Kampf mit der Wahrheit! Wie einfach ist doch die Lösung des wichtigen Problems der einheitlichen Culturentwicklung, welche ich in meiner Philosophie gegeben habe! Was Sie wunderbare Vorsehung einer in der Welt steckenden Einheit nennen, resultirt einfach aus der Bewegung aller Individuen, welche vor der Welt in einer einfachen Einheit lagen und im Zerfall dieser Einheit einen ganz bestimmten Impuls erhielten. Ich darf wohl sagen, daß allererst durch mich die Naturforscher einen soliden, rein immanenten, spukfreien Boden erhalten haben. Nun bauet ruhig weiter, ihr Tapferen!

Die Kette der Finalität kann ihrer Natur nach nicht unendlich gedacht werden wie die der Causalität.

(621.)

Warum denn nicht, Herr von Hartmann? Allerdings liegt im Begriff Finalität ein Ende, ein Abschluß; aber warum nennen Sie den zukünftigen Theil der Causalität Finalität? Eine Welt, die nie zu einem Ziele kommt, sondern immer wieder aus alten Wesen neue erzeugt, ist sehr wohl denkbar. Ein endloses Werden enthält gar keinen logischen Widerspruch.

Das Ende des Weltprocesses erfordert viel tiefere Untersuchungen, als Sie anzustellen die geistige Kraft hatten, weshalb auch, wie ich Ihnen zeigen werde, das von Ihnen gelehrte Ende der Welt auf einem dreisten Machtspruch, nicht auf einem Beweise beruht.

Wir dürfen uns wohl mit Recht dem Vertrauen hingeben, daß die Welt so weise und trefflich, als nur irgend möglich ist, eingerichtet und geleitet werde, daß, wenn in dem allwissenden Unbewußten unter allen möglichen Vorstellungen die einer besseren Welt gelegen hätte, gewiß diese bessere statt der jetzt bestehenden zur Ausführung gekommen wäre.

(621.)

Wohl aber war es uns möglich, im Unbewußten die Existenz derjenigen Eigenschaften nachzuweisen, denen zufolge es die möglichen Welten gleichsam mit einem Blicke überschauen, und von diesen möglichen Welten diejenige realisiren mußte, welche den vernünftigsten Endzweck auf die zweckmäßigste Weise erreicht.

(ib.)

Indem ich dem Weiteren vorgreife, fasse ich kurz Ihre Lehre, in Betreff der Entstehung und des Endes der Welt, in Folgendem zusammen:

ii625 Vor der Welt existirte das All-Eine Unbewußte als eine untrennbare Verbindung des All-Einen Willens mit der Allweisen Idee. Der Wille war ruhender, potentia -Wille (velle et nolle potens); die Idee indifferent, d.h. überseiend, aber gleichgültig gegen Sein oder Nichtsein. Der Wille wurde plötzlich wollend (velle volens sed velle non potens) d.h. weil er eine absolut leere Form ist, so konnte er nur wollen, was ihm die Idee als Inhalt darreichte. Der Wille wollte lediglich aus seinem Uebersein in das Sein schlechthin eintreten, und so entstand die Welt.

Der Proceß des Weltlaufs ist nun, wie Sie lehren, die allmälige Rückkehr des Willens in die vorweltliche bewußtlose Potenzialität.

Sie sagen ferner, daß die Welt ein Irrthum, daß der Wille in der Welt unglücklich sei, daß er aber allmälig durch die Allweise Idee von dieser unglücklichen Existenz befreit und in seinen früheren leidlosen Zustand zurückgeführt werde.

Sie selbst, Herr von Hartmann, werfen auf Seite 542 die Frage auf: Warum hat Gott nicht den blind begangenen Fehler im ersten Moment, wo er sehend wurde, wieder gut gemacht und seinen Willen gegen sich selbst gekehrt?

Sie beantworten diese Frage dahin, daß die Idee unfrei und abhängig vom Willen sei, weshalb sie wohl das»Was«, das Ziel und den Inhalt des Willens, aber nicht sein»Daß und Ob«bestimmen könne.

Das»Ob«ist ganz willkürlich, in heller Verzweiflung von Ihnen gesetzt worden, denn der Wille ist, Ihrer Lehre nach, doch nur eine absolut leere Form, die realisiren muß, was ihr die Idee giebt.

Um obige Frage handelt es sich übrigens im Grunde gar nicht. Man muß vielmehr diese Frage stellen: Warum hat die Allweise Idee, als sie dem leeren Wollen des Willens gegenüberstand, nicht diesem sofort denjenigen Inhalt gegeben, welcher den Willen gleich wieder in die bewußtlose Potenzialität zurückgeführt hätte?

Diese Frage beantworten Sie mit dem Hinweis auf das schwache, armselige menschliche Bewußtsein, ohne welches die Erlösung nicht möglich sei, d.h. Sie überspringen die von Ihnen gelehrte gewaltige hellsehende Weisheit der Idee und heben das trübe Lichtlein des menschlichen Bewußtseins auf den Thron.

ii626 Was gäben Sie wohl darum, Herr von Hartmann, wenn Sie diesen Hinweis des unreifen Jünglings nicht auf Ihrem Mannesgewissen hätten?

Aber schon hieraus werden Sie ersehen, daß der Wille mehr als bloße Form, mehr als eine absolut leere Form sein muß, wenn die Welt im Sinne Ihrer Philosophie erklärt werden soll.

Es ergiebt sich ferner auch schon hieraus, daß die Welt gar kein blind begangener Fehler sein kann, sondern daß Etwas von einer vorweltlichen Einheit gewollt wurde, was sie nicht sofort, sondern erst durch einen Proceß erlangen konnte.

Hier sind anscheinend zwei Lösungen möglich. Entweder wollte Gott (die einfache Einheit) durch den Proceß der Welt Das, was das christliche Paradies ist, d.h. Gott wollte eine Pluralität reiner Wesen sein, oder er wollte das Nichtsein, d.h. – verstehen Sie mich erschöpfend – vollständige absolute Vernichtung, totale Befreiung von seinem Wesen.

Im ersteren Falle hätte Gott nur ein anderes Dasein als vorher gewollt; im letzteren dagegen wollte er absolutes Nichtsein.

Es ist aber klar, daß ein allmächtiger Gott das Erstere ohne Proceß, d.h. sofort hätte haben können.

Es bleibt also nur das Letztere, und dieses Letztere habe ich gelehrt, jedoch – worauf ich Sie wiederholt aufmerksam mache – nicht constitutiv, d.h. Bestimmtes über das Wesen Gottes aussagend, sondern bloß regulativ, zur bloßen Beurtheilung der Entstehung der Welt, ihres Verlaufs und ihres Endes.

Zu dieser Lehre könnten alle meine Vorgänger nicht gelangen, weil sie an die Sempiternität der Substanz glaubten. Diese Sempiternität der Substanz habe ich aber siegreich vernichtet, indem ich zunächst nachwies, daß die Substanz eine ideale Form sei (was schon Kant lehrte) und daß das Ding an sich reine Kraft sei, über welche a priori gar Nichts ausgesagt werden könne. Die Erfahrung aber lehrt im ganzen Weltall Schwächung der Kraft, allmälige Aufreibung, mithin auch totale Annihilation derselben am Ende des Weltprocesses. Die Welt ist eine endliche Kraftsumme und jeder Verlust an Kraft ist durch Nichts zu ersetzen, denn woher sollte ein Ersatz genommen werden?

ii627 Ohne Egoismus keine Individuation; mit Egoismus nothwendig sofort Verletzung des Anderen behufs des eigenen Vortheils, d.h. Unrecht, Böses, Unsittlichkeit u.s.f. Dies Alles ist also ein nothwendiges, um der Individuation willen unvermeidliches Uebel.

(624.)

Da nun aber das All-Eine letzten Endes nur insoweit an der Welt interessirt sein kann, als es mit seinem Wesen an ihr betheiligt ist, in ihr drin steckt, und da die Form der Erscheinung wohl wichtiger Durchgangspunkt, aber, abgesehen von ihrer Rückwirkung auf das Wesen selbst, unmöglich letzter Zweck sein kann, so werden auch Sittlichkeit und Gerechtigkeit als formelle Ideen in Bezug auf ihren teleologischen Werth für das Unbewußte nur nach einem solchen Maßstabe gemessen werden können, der ausschließlich ihre Wirkung auf dessen Wesen berücksichtigt.

Diesen giebt aber allein die durch Sittlichkeit und Unsittlichkeit, durch Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in sämmtlichen Betheiligten, handelnden wie leidenden Individuen, erzeugte Summe von Lust und Schmerz, denn diese erst sind etwas ganz Reales, nicht wie Sittlichkeit und Gerechtigkeit bloße Bewußtseinsideen.

(625.)

Wie wirbelt hier das Reife Anderer mit dem Unreifen Ihres Gepräges, Wahres und Falsches, Helles und Dunkles durcheinander! Es ist der reine Hexensabbath: es ist Alles unverdaute Masse, unreife Frucht, oder, wie Fichte sagte:

»halbe Philosophie und ganze Verworrenheit«.

Ich will Ihnen sagen, was die Wahrheit ist. Die Welt hat einen Verlauf – nichts weiter. Er ist weder gut, noch böse, weder moralisch, noch unmoralisch; er ist einfach ein nothwendiger unabänderlicher Proceß.

Der Richtung dieses Verlaufs gegenüber, d.h. dem göttlichen Gesetze: Vaterlandsliebe, Gerechtigkeit, Menschenliebe und Keuschheit gegenüber ist aber jede menschliche Handlung entweder eine moralische oder eine unmoralische.

Ferner: der Egoismus ist gar kein Hinderniß der Moralität. In Betreff aller dieser schweren, nunmehr von mir gelösten philosophischen Probleme verweise ich Sie auf meine Ethik und Politik. –

ii628 Das Unbewußte ist das gemeinschaftliche Subjekt, welches sie (Lust und Schmerz) in allen (!) den verschiedenen Bewußtseinen fühlt (!!).

(625.)

Kein anderes Subjekt ist zum Fühlen (!!) des Schmerzes und der Lust da, als das All-Einige Unbewußte.

(626.)

Ach, Herr von Hartmann!»Der Menschheit ganzer Jammer«faßt mich bei dieser Stelle an. Wie war es möglich, frage ich mich händeringend, daß Sie so etwas schreiben konnten? Das Absolut- Unbewußte soll fühlen, soll Alles fühlen: die einzelnen Schmerzen und Freuden der Individuen also alle zugleich! – Welch ein Durcheinander von Lust und Schmerz! Sie müssen ferner, – wenn der Satz:»Kein anderes Subjekt ist zum Fühlen (!!) des Schmerzes und der Lust da, als das All-Einige Unbewußte«aus dem Wunderborn Ihrer eigenen Erfahrung geschöpft ist – ein Mensch von Eisen und Marmor sein und müssen noch nie einen hohlen Zahn, nie einen wunden Finger gehabt haben. Sie schmerzenloser Engel, Sie! – Sie gewaltiger Zauberer! –

Sollte sich ergeben, daß diese Welt ihrem Nichtsein vorzuziehen oder nachzustellen sei, so werden wir uns der Consequenz nicht verschließen, daß die Existenz der Welt einem unvernünftigen Act ihre Entstehung verdanke, werden aber nicht annehmen, daß die Vernunft selbst in diesem einen Punkte plötzlich unvernünftig geworden sei, sondern daß derselbe nur deshalb ohne Vernunft vollzogen sei, weil die Vernunft nicht bei ihm betheiligt war. Dies wird uns dadurch möglich, weil wir zwei Thätigkeiten im Unbewußten kennen, von denen die eine, der Wille, eben die an sich unlogische (nicht antilogische, sondern alogische) vernunftlose ist. Da wir nun rückwärts schon längst wissen, daß alle reale Existenz dem Willen ihre Entstehung verdankt, so wäre schon a priori nur Das zu bewundern, wenn diese Existenz als solche nicht unvernünftig wäre.

(628.)

Es ist immer so gewesen, seit Menschengedenken, Herr von Hartmann, daß der Mensch ein in sich gefundenes Princip so lange aufgeblasen hat, bis er es nicht mehr erkannte: dann nannte er es Gott. So auch Sie. Sie fanden einen bewußten Willen in sich (Willkür) und einen bestimmten Geist (ich überlasse Ihnen, letzterem ein genaueres Prädicat zu geben); Sie fanden ferner einen unbewußten Willen in sich und Gedanken, Vorstellungen, Gefühle, |

ii629 deren Entstehung Ihnen unbekannt war, die Sie als etwas Fertiges plötzlich im Lichte des Bewußtseins bemerkten – und flugs schwärmten Sie von einem All-Einen unbewußten Willen und einem Allweisen hellsehenden Geist, welche beide wie der Wille und der Geist in Ihnen, in Einer Person vereinigt sein sollen.

Das ist doch nur der alte Dreck;

Werdet doch gescheidter!

Tretet nicht immer denselben Fleck,

So geht doch weiter!

Dieses Goethe’sche Wort ist aber leicht zu sagen, schwer auszuführen. Wo soll denn ein Talent hingehen, wenn ihm kein Genialer eine Bahn gebrochen hat?

 

II. Die Unvernunft des Wollens und das Elend
des Daseins.

Mit den Capiteln dieses Abschnitts bin ich, wie ich Ihnen schon früher gesagt habe, im Ganzen sehr zufrieden. Ich spende Ihnen reichen Beifall und erkenne rückhaltlos Ihr großes Verdienst an, in Kreisen, welche dem schroffen unbeugsamen Schopenhauer verschlossen waren, einen energischen und tüchtigen Weckeruf aus der Posaune des Pessimismus gedonnert zu haben. Für diesen Weckeruf, mit dem Sie in die Reihe Derer getreten, deren Namen nicht vergessen werden darf, widme ich Ihnen einen Lorbeerkranz, und seien Sie versichert, daß derselbe Ihr Leben zieren und auf Ihrem Grabe noch lange frisch und grün bleiben wird. Auch werde ich da, wo Ihr Pessimismus allein berührt wird, immer Ihr wärmster Vertheidiger sein, getragen vom Geiste unseres gemeinsamen großen Meisters Schopenhauer.

Was ich aber im Allgemeinen nicht anerkennen kann, das ist, daß Sie in diesem Abschnitt von den Illusionen sprechen, als ob dieselben gar Nichts bewirkten, oder höchstens Unheil anrichteten, oder mit einem Wort: ich stehe wieder vor dem von Ihnen gelehrten»Fehltritt«Gottes (die alte immer offene Wunde alles Pantheismus’). Die Illusionen sind so nothwendig wie die Enttäuschungen. Dieselben gehen Hand in Hand und führen die Menschen zur Erlösung, d.h. sie schwächen, meiner Lehre gemäß, den Willen und erhöhen die Intelligenz und Irritabilität.

Und jetzt will ich einiges Specielle rügen.

ii630

Erstes Stadium der Illusion.

Das Glück wird als ein auf der jetzigen Entwicklungsstufe der Welt erreichtes, also dem heutigen Individuum im irdischen Leben erreichbares gedacht.

Sie führen die Genüsse der Kunst und Wissenschaft als Illusionen auf, was ich entschieden tadeln muß. Dieselben sind so rein und schön, daß, könnte der Mensch immer in ihnen verbleiben, das Leben das höchste Gut wäre.

 

Zweites Stadium der Illusion.

Das Glück wird als ein dem Individuum in einem transscendenten Leben nach dem Tode erreichbares gedacht.

Dieses ganze zweite Stadium der Illusion erkenne ich nicht an. Es ist überflüssig; denn was diese Illusion bewirkt, ist das denkbar Beste. Die Hoffnung des echten Christen auf ein jenseitiges Leben der Ruhe, Seligkeit und des Friedens ist doch nur das Symptom, daß diese Welt bereits überwunden, daß jede Illusion in dieser Welt zerstört ist. Mehr aber kann ein Pessimist der Schopenhauer’schen Schule nicht verlangen. Daß diese Welt überwunden werde: das allein ist Hauptsache.

Auch behaupten Sie in diesem Capitel, daß in allen großen Systemen der neuesten Philosophie von einer individuellen Fortdauer nicht die Rede sei, womit Sie die Oberflächlichkeit Ihrer Studien sehr prägnant zum Ausdruck brachten. Ich muß, allem Vorhergehenden nach, annehmen, daß Sie Fichte’s System zu den großen rechnen. Was sagte aber Fichte? Er sagte mit dem ihm eigenthümlichen, energischen litterarischen Despotismus:

Die Spaltung (des Einen freien Ich in Iche oder Individuen) ist ein Theil aus der zu mehreren Malen sattsam beschriebenen Spaltung der objektiven Welt in der Form der Unendlichkeit; gehört somit zur absoluten, durch die Gottheit selbst nicht aufzuhebenden Grundform des Daseins: wie in ihr ursprünglich das Sein sich brach, so bleibt es gebrochen in alle Ewigkeit; es kann daher kein durch diese Spaltung gesetztes, d.h. kein wirklich gewordenes Individuum jemals untergehen; welches nur im Vorbeigehen erinnert wird gegen Die|jenigen

ii631 unter unseren Zeitgenossen, welche, bei halber Philosophie und ganzer Verworrenheit, sich für aufgeklärt halten, wenn sie die Fortdauer der hier wirklichen Individuen in höheren Sphären leugnen.

(Werke V. 530.)

Sie sehen, Herr von Hartmann, daß Sie Ihre Vorgänger mit einer Leichtfertigkeit studirt haben, die ich nicht charakterisiren will, weil es nicht meine Absicht sein kann, so grausam wie Apollo (der Gott des Dreifußes, den Sie oft besteigen) zu sein, der bekanntlich am armen Marsyas nicht das kleinste Fetzchen Haut ließ.

Bald wird das Christenthum nur noch ein Schatten seiner mittelalterlichen Größe sein, wird wieder sein, was es im Entstehen ausschließlich war, der letzte Trost für die Armen und und Elenden.

(714.)

Sie haben, Herr von Hartmann, – das werden Sie inzwischen ganz bestimmt aus der Philosophie der Erlösung geschöpft haben, – die große und tiefe Lehre des genialen Heilands nicht zum tausendsten Theil begriffen. Sie war Ihnen, was der Katze der heiße Brei ist. Das Christenthum, d.h. sein Geist, sein Fundament, sein esoterischer Theil, geht erst mit der Menschheit unter. Glauben Sie es mir: ein Wissender giebt Ihnen die Versicherung.

 

Drittes Stadium der Illusion.

Das Glück wird als in der Zukunft des Weltprocesses liegend gedacht.

Wäre Stirner an die direkte philosophische Untersuchung der Idee des Ich herangetreten, so würde er gesehen haben, daß diese Idee ein ebenso wesenloser, im Gehirne entstehender Schein ist, wie etwa die Idee der Ehre oder des Rechts (!) und daß das einzige Wesen, welches der Idee der inneren Ursache (!) meiner Thätigkeit entspricht, etwas Nicht- Individuelles, das All-Einige Unbewußte ist, welches also ebenso gut der Idee des Peter von seinem Ich, als der Idee des Paul von seinem Ich entspricht. Auf diesem allertiefsten Grunde ruht nur die esoterische buddhistische Ethik, nicht die christliche.

(718.)

Sie sprechen hier die naseweiseste»unbewußte«Dummheit aus, welche je in einem menschlichen Gehirn ausgebrütet worden ist.

ii632 So weit Ihr wesentlich beschränkter Geist das Christenthum ergründen konnte, so weit ergründete er auch den exoterischen Theil des Budhaismus. Ich betone das Wort exoterisch, weil Ihnen, ohne Führer, der esoterische Theil immer gänzlich verschlossen sein wird.

Die exoterische Ethik Budha’s beruht auf der bestimmten Natur des Einzelwesens und ihrer Modification in einem realen Lebenslauf; eine esoterische budhaistische Ethik giebt es aber gar nicht; denn das vom esoterischen Budhaismus gelehrte einzige reale individuelle Ich hat nur einen nothwendigen Verlauf, wie ich Ihnen oben schon in Bezug auf die ganze Welt zeigte. Der esoterische Theil des Budhaismus ist nämlich Ding-an-sich- Idealismus oder Solipsismus.

Bei allem Quietismus liegt der epikuräische Grundzug auf der Hand: die Sucht, das Leben auf die der individuellen Constitution behaglichste Weise mit einem Minimum von Anstrengung und Unlust hinzubringen, unbekümmert um die dadurch verletzten Pflichten (!) gegen die Mitmenschen und gegen die Gesellschaft (!).

(719.)

In dem Selbstmörder und in dem Asketiker ist so wenig bewundernswürdige Selbstverleugnung wie in dem Kranken, der, um der Aussicht eines endlosen Zahnschmerzes zu entfliehen, sich vernünftiger Weise zu dem schmerzhaften Ausziehen des Zahnes entschließt.

(ib.)

Diesen Irrthum verzeihe ich Ihnen, denn nur ein Schelm kann mehr geben als er hat, wie das Sprüchwort sagt. Man darf nicht zu streng über Sie urtheilen.

Schon das allein würde den Quietismus zu einer Todsünde machen, daß ein allgemeineres Umsichgreifen desselben alle Errungenschaften der Cultur, welche die Menschheit sich so mühsam in Jahrtausenden erkämpft hat, wieder in Frage stellen und binnen Kurzem in stetig wachsenden Rückschritt verwandeln würde.

(720.)

Wie naiv! Wie paßt denn dies zu dem auch von Ihnen gelehrten, nothwendigen allweisen Entwicklungsgang der Welt? Et tu, Brute?

Wie der Egoismus im Ganzen, so werden auch diejenigen Triebe vom Bewußtsein restituirt, welche, wie Mitleid, Billigkeitsgefühl, |

ii633 einen Werth für das Ganze, oder, wie Liebe und Ehre, einen Werth für die Zukunft haben; sie werden nunmehr mit dem Bewußtsein des individuellen Opfers freiwillig um des Ganzen und des Processes willen übernommen.

(720.)

Der Wille, der Wille ist es, Herr von Hartmann, welcher, wie Schopenhauer unübertrefflich schön ausführte, das Urtheil fälscht. Sind Sie verheirathet? Ich weiß es nicht. Jedenfalls aber wollten Sie heirathen, als Sie obige Stelle kunstvoll drechselten. Da mußte das Humboldt’sche»Verbrechen der Kindererzeugung«beschönigt werden. Die Wahrheit verhüllte ihr Antlitz, als Sie die schmachvolle Stelle schrieben.

Ferner: Ist der Beischlaf ein Opfer, das das Individuum bringt? Sie müssen – ich wiederhole es – ein ganz sonderbar organisirtes Wesen sein.

Je weiter die Welt kommt, desto drohender wird das Gespenst der Massenarmuth, desto furchtbarer bemächtigt sich jener Elenden das ganze Bewußtsein ihres Elends.

(722.)

Ihre Kenntniß der National-Ökonomie, wie überhaupt Ihre Geschichts- Philosophie, liegt vollständig im Argen. Herr Schulze-Delitzsch ist Ihr Götze auf socialem Gebiete. Schlafen Sie auf dem Ruhebette der Schulze’schen Weisheit ruhig weiter. Ich will Ihre süßen Träume nicht stören. Das wird einst Donner und Blitz für mich besorgen. –


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