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Arme Schlucker
Klingt verlockend: Ein paar Pillen schlucken für die Pharmaindustrie. Doch viele Studenten riskieren in medizinischen Versuchen ihre Gesundheit.
Von Lena Brochhagen
Die roten Pillen wirkten wie ein paar Schnäpse zu viel. Eine halbe Stunde, nachdem Lili Reichert (Name geändert) den Wirkstoff eingenommen hatte, fühlte sie sich, als hätte sie eine durchzechte Nacht hinter sich: Tunnelblick, langsame Reaktionen, wackelig auf den Beinen. "Das hat mich richtig ausgeknipst", erinnert sich die 26-Jährige an die Medikamentenstudie, an der sie während ihres Studiums als Testperson teilgenommen hat. Die Nebenwirkungen waren in der Versuchswoche hart, aber das akzeptierte die Freiburgerin: Schließlich bekam sie für den fünfmonatigen Test 1800 Euro. Das sei für sie "abartig viel Geld“ gewesen, sagt Lili Reichert.
Etliche Studenten kalkulieren ähnlich. Sie stellen ihren gesunden Körper für medizinische Studien und Medikamententests zur Verfügung. So wollen sie schnell und ohne Anstrengung mehr Geld verdienen, als sie es mit einem Kellnerjob könnten. Kopfschmerzen und andere Beschwerden nehmen sie dafür ebenso in Kauf wie das Risiko von Langzeitfolgen.
Bislang wird nicht genau erfasst, wie viele Studenten gegen Geld Pillen schlucken. Pharmahersteller und Forschungsinstitute kennen die Geldnöte der Studenten und suchen gezielt an den Hochschulen nach Probanden. "Das hat einen einfachen praktischen Grund‘‘, sagt Siegfried Throm vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller: Werbeanzeigen zu schalten, ist aufwendig und teuer, ein Aushang am schwarzen Brett ist einfach und kostet nichts.
Kopfweh und Organversagen
Immer wieder wird grundsätzlich in Frage gestellt, ob gesunde Menschen für die Forschung ihre Gesundheit aufs Spiel setzen dürfen. Offiziell ist es aber zulässig. Denn ohne diese Tests könnten häufig keine neuen Medikamente und Behandlungsverfahren entwickelt werden. Es gelten allerdings strenge Regeln für Versuche. Seit 1947 beschreibt der "Nürnberger Kodex" die Grundlagen der modernen medizinischen Ethik. Unter dem Eindruck von den Medizinverbrechen der Nationalsozialisten verabschiedet, wurde darin festgelegt, wie zulässige Tests am Menschen auszusehen haben. Wichtigste Regel: Alle Probanden müssen über Risiken des geplanten Tests informiert sein, und sie müssen absolut freiwillig teilnehmen.
Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 44 | Нарушение авторских прав
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