Студопедия
Случайная страница | ТОМ-1 | ТОМ-2 | ТОМ-3
АрхитектураБиологияГеографияДругоеИностранные языки
ИнформатикаИсторияКультураЛитератураМатематика
МедицинаМеханикаОбразованиеОхрана трудаПедагогика
ПолитикаПравоПрограммированиеПсихологияРелигия
СоциологияСпортСтроительствоФизикаФилософия
ФинансыХимияЭкологияЭкономикаЭлектроника

thrillerSchaetzingSchwarmFischer verschwindet vor Peru, spurlos. Цlbohrexperten stoЯen in der norwegischen See auf merkwьrdige Organismen, die hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz 48 страница



. Juni

»Warum arbeiten diese Würmer so eifrig am Fundament einer Ferieninsel, wo sie doch vor Japan oder vor unserer Haustür viel mehr anrichten könnten?«, sagte Frost.»Ich meine, die Ostsee war ein Ballungsraum. Die amerikanische Ostküste und Honshu sind es auch, aber da reichen die Wurmpopulationen bei weitem noch nicht aus, um es richtig rappeln zu lassen. Und jetzt entdecken wir sie hier. Vor einer Urlaubsinsel im afrikanischen Westen. Also was soll das alles? Machen die Viecher Urlaub?«stand, wie gewohnt mit Baseballkappe und Ölarbeiteroverall angetan, hoch oben an der Westseite des Zentralgebirges, das sich über die gesamte Insel zog. Während die Felsen im Norden den berühmten Erosionskrater Caldera de Taburiente umschlossen, setzte sich der Gebirgskamm mit unzähligen Vulkanen bis zur Südspitze fort.war in Begleitung von Bohrmann und zwei Repräsentanten der De-Beers-Unternehmensgruppe, einer Geschäftsführerin und einem Technischen Leiter mit Namen Jan van Maarten. Der Hubschrauber parkte ein Stück abseits der Sandpiste, auf der sie standen. Sie überblickten eine begrünte Kraterlandschaft von beeindruckender Schönheit. Ein Kegel reihte sich an den nächsten. Schwarze Lavafelder wälzten sich hinab zur Küste, gesprenkelt mit erstem zarten Grün. Die Vulkane La Palmas spuckten nicht regelmäßig Lava, allerdings konnte der nächste Ausbruch jederzeit bevorstehen. Erdgeschichtlich waren die Inseln junges Land. Erst 1971 war im äußersten Süden ein neuer Vulkan entstanden, der Teneguia, der die Insel um einige Hektar vergrößert hatte. Genau genommen bildete der komplette Kamm einen einzigen großen Vulkan mit vielen Auslässen, weshalb man bei Ausbrüchen meist einfach nur vom Cumbre Vieja sprach.

»Die Frage ist«, sagte Bohrmann,»wo man ansetzen muss, um den meisten Schaden anzurichten.«

»Sie glauben tatsächlich, da hat sich jemand solche Gedanken gemacht?«Die Geschäftsführerin runzelte die Stirn.

»Es ist alles hypothetisch«, sagte Frost.»Aber wenn wir voraussetzen, dass ein intelligenter Geist dahinter steckt, geht er strategisch sehr geschickt vor. Nach dem Desaster in der Nordsee hat natürlich jeder angenommen, das nächste Unheil drohe in unmittelbarer Nähe dicht besiedelter Küsten und Industrielandschaften. Und tatsächlich haben wir Würmer dort gefunden, aber in eher kleiner Anzahl. Daraus könnte man schließen, dass die Truppenstärke des Feindes, um es mal so zu nennen, nachgelassen hat. Oder dass er Zeit braucht, um mehr von diesen Würmern zu produzieren. Man lenkt unsere Aufmerksamkeit ständig auf die falschen Punkte. Gerhard und ich sind mittlerweile der Überzeugung, dass diese halbherzigen Invasionen vor Nordamerika und Japan Ablenkungsmanöver sind.«

»Aber was bringt es, die Hydrate vor La Palma zu zerstören?«, fragte die Frau.»Hier ist ja nun tatsächlich nicht viel los.«De-Beers-Leute waren ins Spiel gekommen, als Frost und Bohrmann auf die Suche nach einem schon existierenden System gegangen waren, mit dem man die Eis fressenden Würmer absaugen konnte. Vor Namibia und Südafrika wurde der Meeresboden seit Jahrzehnten nach Diamanten abgesucht. Mehrere Gesellschaften waren daran beteiligt, allen voran der internationale Diamantenriese De Beers, der von Schiffen und seegestützten Plattformen aus bis in Tiefen von 180 Metern baggerte. Vor einigen Jahren hatte De Beers begonnen, neue Konzepte zu entwickeln, die tiefer kamen, ferngesteuerte Unterwasser-Bulldozer mit Saugrüsseln, die Sand und Gestein durch Rohrleitungen in Begleitschiffe pumpten. Eine der jüngsten Entwicklungen sah ein flexibles System vor, das völlig ohne Grundgefährt auskam — ein ferngesteuerter Saugrüssel, der auch an Steilhängen operieren konnte. Theoretisch war das System in der Lage, bis in Tiefen von mehreren tausend Metern vorzustoßen, aber dafür musste man den Rüssel überhaupt erst mal in einer solchen Länge bauen.Stab hatte beschlossen, die mit dem Projekt befasste Gruppe auf Seiten des Diamantenkonzerns einzuweihen. Die beiden De-Beers-Vertreter wussten zu diesem Zeitpunkt nur, dass ihr System vor dem Hintergrund der weltweiten Naturkatastrophen eine wichtige Rolle spielen könnte und dass man sehr schnell einen Saugrüssel von mehreren Hundert Meter Länge benötigen würde. Frost hatte vorgeschlagen, auf den Cumbre zu fliegen, weil er den Leuten ein möglichst klares Bild dessen vermitteln wollte, was auf die Menschheit zukommen würde, wenn die Mission scheiterte.



»Täuschen Sie sich nicht«, sagte er.»Hier ist jede Menge los.«Haar, das unordentlich unter der Kappe hervorkringelte, zitterte im kühlen Passatwind. Der Himmel spiegelte sich in seiner getönten Brille. Er glich wie üblich einer Mischung aus Fred Feuerstein und Terminator, wie er da stand, und seine Stimme donnerte mitten hinein in die Stille des Hangs mit seinen friedlichen Kiefernhainen, als wolle er die nächsten zehn Gebote verteilen.

»Wir stehen hier, weil der Vulkanismus die Kanaren vor zwei Millionen Jahren ins Meer gespien hat. Alles hier macht einen sehr idyllischen Eindruck, aber das täuscht. Unten in Tijarafe — hübsches kleines Nest übrigens, köstliche quesos de almendras! — feiern sie am 8. September das Teufelsfest, und der Teufel rennt krachend und Feuer spuckend über den Dorfplatz. Warum tut er das? Weil die Inselbewohner ihren Cumbre kennen. Weil Krachen und Feuerspucken zum Alltag gehören. Die Intelligenz, der wir das Gewürm verdanken, weiß es ebenfalls. Sie weiß, wie die Insel entstanden ist. — Und wer solche Dinge weiß, kennt im Allgemeinen auch die Schwachstellen.«ging ein paar Schritte zur Kante des Hangs. Das bröckelige Lavagestein knirschte unter seinen Doc-Martens-Stiefeln. Tief unter ihnen brachen sich glitzernd die Atlantikwellen.

»1949 ist der Cumbre Vieja nochmal so richtig schön zum Leben erwacht, der alte, schlafende Hund, genauer gesagt einer seiner Krater, der Vulkan von San Juan. Mit bloßem Auge ist es kaum auszumachen, aber seitdem durchzieht ein mehrere Kilometer langer Riss den Westhang zu unseren Füßen. Möglicherweise reicht er bis in die untere Struktur La Palmas. Teile des Cumbre Vieja sind damals etwa vier Meter in Richtung Meer abgesackt. Ich habe das Gebiet in den letzten Jahren oft vermessen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Westflanke mit der nächsten Eruption vollends wegbricht, weil einige Gesteinsschichten enorm viel Wasser enthalten. Sobald neue, heiße Magma im Vulkanschlot hochsteigt, wird sich dieses Wasser stoßartig ausdehnen und verdampfen. Der entstehende Druck könnte die instabile Seite mühelos absprengen, außerdem drücken die Ost— und die Südflanke dagegen. Als Folge würden rund 500 Kubikkilometer Gestein abrutschen und ins Meer stürzen.«

»Davon habe ich gelesen«, sagte van Maarten.»Offizielle Vertreter der Kanaren halten die Theorie für fragwürdig.«

»Fragwürdig«, donnerte Frost wie die Posaunen von Jericho,»ist höchstens, dass sie sich in allen offiziellen Verlautbarungen um eine klare Stellungnahme drücken, um keine Touristen zu verschrecken. Der Menschheit wird dieses Kapitel nicht erspart bleiben. Ein paar kleinere Beispiele hat es schon gegeben. 1741 explodierte in Japan der Oshima-Oshima und erzeugte 30 Meter hohe Wellen. Ähnlich hoch waren sie, als 1888 auf Neu Guinea Ritter Island kollabierte, und der damals abgestürzte Fels betrug gerade mal ein Prozent dessen, was wir hier zu erwarten hätten! Der Kilauea auf Hawaii wird schon seit Jahren durch ein Netz von GPS-Stationen überwacht, die jede kleinste Bewegung registrieren, und er bewegt sich! Die Südostflanke rutscht zehn Zentimeter pro Jahr zu Tal, und wehe, wenn sie Fahrt aufnimmt. Das mag sich keiner von uns vorstellen. Nahezu jeder Inselvulkan neigt dazu, mit zunehmendem Alter immer steiler zu werden. Wenn er zu steil wird, bricht ein Teil von ihm ab. Die Regierung von La Palma stellt sich blind und taub. Die Frage ist nicht, dass es passiert, sondern wann es passiert. In hundert Jahren? In tausend? Einzig das wissen wir nicht. Die hiesigen Vulkanausbrüche pflegen sich nicht anzukündigen.«

»Was geschieht, wenn der halbe Berg ins Meer stürzt?«, fragte die Repräsentantin.

»Die Gesteinsmasse wird Unmengen von Wasser verdrängen«, sagte Bohrmann,»die sich immer höher auftürmen. Der Aufprall erfolgt mit schätzungsweise 350 Stundenkilometern. Das Geröll würde 60 Kilometer weit ins offene Meer hineinreichen, wodurch das Wasser nicht einfach über das Gestein zurückfluten kann. Es kommt zur Bildung einer riesigen Luftblase, die noch weit mehr Wasser verdrängt als der abstürzende Fels. Was nun geschieht, darüber gehen die Meinungen tatsächlich ein bisschen auseinander, allerdings gibt keine der Varianten Anlass zu guter Laune. In unmittelbarer Nähe von La Palma wird der Abbruch eine Riesenwelle erzeugen, deren Höhe zwischen 600 und 900 Metern liegen dürfte. Sie rast mit etwa 1000 Stundenkilometern los. Im Gegensatz zu Erdbeben sind Bergstürze und Erdrutsche Punktereignisse. Die Wellen werden sich radial über den Atlantik ausbreiten und ihre Energie verteilen. Je weiter sie sich vom Ausgangspunkt entfernen, desto flacher werden sie.«

»Klingt tröstlich«, murmelte der Technische Leiter.

»Nur bedingt. Die Kanarischen Inseln werden im selben Augenblick ausgelöscht. Eine Stunde nach dem Abbruch trifft ein 100 Meter hoher Tsunami auf die afrikanische West-Sahara-Küste. Zum Vergleich: Der in Nordeuropa hat in den Fjorden 40 Meter erreicht, und das Ergebnis ist bekannt. Sechs bis acht Stunden später überrollt eine 50 Meter hohe Welle die Karibik, verwüstet die Antillen und überschwemmt die Ostküste der USA zwischen New York und Miami. Unmittelbar darauf prallt sie mit gleicher Wucht gegen Brasilien. Kleinere Wellen erreichen Spanien, Portugal und die Britischen Inseln. Die Auswirkungen wären verheerend, auch für Zentraleuropa, wo die komplette Ökonomie zusammenbrechen würde.«De-Beers-Leute wurden blass. Frost grinste in die Runde.»Hat zufällig jemand Deep Impact gesehen?«

»Den Film? Diese Welle war aber doch viel höher«, sagte die Repräsentantin.»Mehrere hundert Meter.«

»Um New York auszulöschen, reichen 50 Meter. Beim Aufprall wird so viel Energie freigesetzt, wie die gesamten Vereinigten Staaten in einem Jahr verbrauchen. Die Höhe der Häuser müssen Sie in Ihrer Betrachtung vernachlässigen, ein Tsunami ist ein Problem für die Fundamente. Der Rest stürzt einfach ein, wie hoch er auch gebaut sein mag. Und keiner von uns ist Bruce Willis, wenn ich das hinzufügen darf.«Er machte eine Pause und zeigte den Hang hinab.»Um die hiesige Westflanke zu destabilisieren, brauchen Sie entweder einen Ausbruch des Cumbre Vieja oder eine unterseeische Rutschung. Daran arbeiten die Würmer. Sozusagen an einer Miniausgabe dessen, was sie in Nordeuropa angerichtet haben, aber es dürfte reichen, um einen Teil der untermeerischen Vulkansäule abrutschen und in die Tiefe stürzen zu lassen. Die Folge wäre ein kleines Erdbeben, genug, um die Statik des Cumbre durcheinander zu bringen. Möglicherweise führt dieses Erdbeben sogar zu einer Eruption, auf alle Fälle wird der Westhang seinen Halt verlieren. So oder so, es wird rappeln. Die Katastrophe wird eintreten. Vor Norwegen haben die Würmer ein paar Wochen gebraucht, hier könnte es schneller gehen.«

»Wie viel Zeit bleibt uns?«

»So gut wie keine. Die raffinierten kleinen Biester haben sich Stellen im Ozean gesucht, auf die man nicht gleich kommt. Sie nutzen die Fortpflanzungsfähigkeit von Impulswellen im offenen Meer. Die Nordsee war ein Treffer, aber so richtig dreckig geht’s der menschlichen Zivilisation erst, wenn am anderen Ende der Welt ein harmlos aussehendes kleines Inselchen kollabiert.«Maarten rieb sich das Kinn.

»Wir haben einen Prototyp des Rüssels gebaut, der auf 300 Meter runtergehen kann. Er funktioniert. Mit größeren Tiefen haben wir bis jetzt keine Erfahrungen gemacht, aber …«

»Wir könnten den Rüssel verlängern«, schlug die Repräsentantin vor.

»Das müssten wir praktisch aus dem Hut zaubern. Aber gut, wenn wir alles andere stoppen … Was mir eher Sorgen bereitet, ist das dazugehörige Schiff.«

»Ich glaube kaum, dass Sie mit einem Schiff auskommen werden«, sagte Bohrmann.»Ein paar Milliarden Würmer ergeben eine gewaltige Biomasse. Die müssen Sie irgendwohin pumpen.«

»Das ist nicht unser Problem. Wir können einen Pendelverkehr einrichten. Ich meine das Schiff, von dem aus wir den Rüssel steuern. Wenn wir ihn auf 400 oder 500 Meter verlängern, müssen wir ihn irgendwo lagern. Das ist ein halber Kilometer Schlauch! Bleischwer und um einiges dicker als ein Tiefseekabel, das Sie einfach in einem Schiffsbauch zusammenrollen können. Außerdem, wenn der Rüssel bewegt wird, muss das Schiff stabil genug sein, um diese Bewegungen auszugleichen. Angriffe sollten uns nicht weiter ängstigen, aber die Hydrostatik birgt ihre Tücken. Sie können den Schlauch nicht einfach backbord oder steuerbord raushängen lassen, ohne die Schwimmstabilität zu gefährden.«

»Also ein Baggerschiff?«

»Nicht in der Größe.«Der Mann überlegte.»Vielleicht ein Bohrschiff? Nein, zu schwerfällig. Besser eine schwimmende Plattform. Wir arbeiten ja schon mit so was. Ein Pontonsystem, am besten eine klassische Halbtaucher-Konstruktion wie in der Offshoretechnik, nur dass wir sie nicht mit Trossen verankern werden, sondern wie ein richtiges Schiff über die See bewegen. Das Ding muss manövrierfähig sein.«Er ging ein Stück abseits und begann etwas von Resonanzfrequenzen und Seegangserregung vor sich hin zu murmeln. Dann kam er zurück.»Ein Halbtaucher ist gut. Höchste Seegangsstabilität, flexibel, der ideale Träger für einen Kranausleger, der ordentlich was stemmen muss. Vor Namibia liegt so ein Ding, das wir schnell umbauen könnten. Es verfügt über 6000-V-Düsenpropeller, und ein paar Seitenstrahler bekommen wir notfalls auch noch angeschraubt.«

»Die Heerema?«, fragte die Geschäftsführerin.

»Richtig.«

»Wollten wir die nicht ausmustern?«

»Schrottreif ist sie nicht. Die Heerema verfügt über zwei Hauptverdrängungskörper, das Deck ruht auf sechs Säulen, also alles, wie es sein muss. Gut, sie stammt von 1978, aber für diesen Zweck dürfte es reichen. Es wäre der schnellste Weg. Wir haben keinen Bohrturm, sondern zwei Kranausleger. Über einen davon werden wir den Schlauch runterlassen. Das Hochpumpen ist ebenfalls kein Problem. Und wir können Schiffe anlanden, um die Würmer fortzuschaffen.«

»Klingt nett«, sagte Frost.»Wann können wir damit rechnen?«»Unter normalen Umständen in einem halben Jahr.«»Und unter diesen?«

»Ich kann nichts versprechen. Sechs bis acht Wochen, wenn wir sofort loslegen.«Der Techniker sah ihn an.»Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht. Wir sind gut in so was. Trotzdem, falls wir es in der Zeit schaffen, betrachten Sie es bitte als ein Wunder.«nickte. Er sah hinaus auf den Atlantik. Blau und schön lag er vor ihm. Er versuchte sich vorzustellen, wie das Wasser plötzlich sechshundert Meter in die Höhe wuchs.

»Das ist gut«, sagte er.»Wunder sind im Augenblick sehr gefragt.«TEILbin der Überzeugung, dass es — ebenso wie mathematische Grundregeln — universelle, vom Menschen unabhängige Rechte und Werte gibt, allen voran das Recht auf Leben. Das Dilemma ist, wo stehen sie geschrieben? Und wer anders könnte sie verleihen als der Mensch? Wir mögen akzeptieren, dass außerhalb unserer Wahrnehmung Rechte und Werte existieren, aber wir können uns nicht außerhalb unserer Wahrnehmung stellen. Es ist, als solle die Katze darüber befinden, ob Mäuse gefressen werden dürfen oder nicht.

. AugustCrowe legte ihre Notizen aus der Hand und schaute hinaus.CH-53 Super Stallion ging schnell tiefer. Eine steife Brise rüttelte den 30 Meter langen Transporthubschrauber durch. Er schien auf die helle Plattform im Meer zuzufallen, und Crowe fragte sich, wie ein derart riesiges Ding überhaupt die Meere befahren konnte — und zugleich: Wie kann man auf etwas so Kleinem landen?

Kilometer nordöstlich von Island lag die USS Independence LHD-8 über dem Grönländischen Tiefseebecken, eine schwimmende Stadt, fremd und schroff, mit der Ausstrahlung eines Raumgleiters aus Alien. Zwei Hektar Freiheit und 97000 Tonnen Diplomatie, wie es die Navy ausdrückte. Der größte taktische Helikopterträger der Welt würde für die nächsten Wochen ihr Zuhause sein, ihre neue Adresse würde lauten: USS Independence LHD8, 75° nördlicher Breite, 3500 Meter über dem Meeresboden.Auftrag: ein Gespräch zu führen. Die Maschine kurvte. Mit Schwung drehte der Super Stallion auf den Landepunkt ein und setzte federnd auf. Durchs Seitenfenster sah sie einen Mann in gelber Arbeitsjacke, der den Helikopter in seine Parkposition winkte. Jemand von der Crew half ihr, die Gurte zu lösen und ihre Ausrüstung abzulegen, den Helm mit Kopfhörern, Rettungsweste, Schutzbrille. Der Flug war rau gewesen, und Crowe fühlte sich wackelig auf den Beinen. Mit unsicheren Schritten verließ sie die Maschine über die Rampe im Heck, trat unter dem Schwanz des Super Stallion hervor und schaute sich um.wenige Maschinen waren auf dem Flugdeck zu sehen. Die Leere steigerte den surrealen Eindruck. Sie erblickte eine schier endlose asphaltierte Fläche, gesprenkelt mit Befestigungspunkten, 257,25 Meter lang und 32,6 Meter breit. Crowe wusste das sehr genau. Sie war Mathematikerin mit einem Faible für exakte Zahlen, also hatte sie im Vorfeld versucht, so viel wie möglich über die USS Independence herauszubekommen, aber soeben kapitulierte die Theorie vor der Wirklichkeit. Die echte Independence hatte nichts mit Schemazeichnungen und technischen Daten zu tun. Ein schwerer Geruch von Öl und Kerosin lag in der Luft, heißes Gummi und Salz mischten sich hinein, und alles wurde von einem scharfen Wind übers Deck gefegt, der an ihrem Overall zerrte.Ort, an den man gerne reiste.änner in farbigen Jacken und Ohrenschützern liefen umher. Einer kam auf sie zu, während Soldaten ihr Gepäck ins Freie schleppten. Er trug eine weiße Jacke. Crowe versuchte sich zu erinnern. Weiß, das waren die Sicherheitsverantwortlichen. Die Gelben dirigierten die Hubschrauber an Deck, rot Gekleidete sorgten für Treibstoff und Gefechtsmaterial. Gab es nicht auch Braune? Und welche in Lila? Wofür waren die Braunen noch gleich zuständig?Kälte fuhr ihr unter die Haut.

»Folgen Sie mir«, schrie der Mann gegen den Lärm der langsamer werdenden Rotorflügel an. Er zeigte hinüber zu dem einzigen Aufbau des Trägers. Wie ein mehrstöckiger, von überdimensionalen Antennen und Sensoren gekrönter Häuserblock entwuchs er der Steuerbordseite. Crowes Rechte tastete mechanisch zur Hüfte, während sie hinter ihm her ging. Dann fiel ihr ein, dass sie durch den Overall nicht an ihre Zigaretten kam. Auch im Hubschrauber hatte sie nicht rauchen dürfen. Es machte ihr nichts aus, bei windigem Wetter in die Arktis zu fliegen, aber der stundenlange Verzicht auf Nikotin war ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack.Begleiter öffnete ein Luk. Crowe betrat die Insel, wie der Aufbau im Navy-Jargon hieß. Nachdem sie eine Doppelschleuse passiert hatte, schlug ihr frische, saubere Luft entgegen. Wie eine Höhle wirkte die Insel auf Crowe, erstaunlich eng. Der Deckverantwortliche übergab sie einem hoch gewachsenen Schwarzen in Uniform, der sich als Major Salomon Peak vorstellte. Sie schüttelten einander die Hände. Peak wirkte steif, als sei er den Umgang mit Zivilisten nicht gewohnt. Crowe hatte während der letzten Wochen mehrfach mit ihm konferiert, allerdings nur telefonisch. Sie durchschritten einen winkligen Flur und kletterten über steile, leiterartige Niedergänge tiefer ins Innere des Schiffs, gefolgt von den Soldaten mit dem Gepäck. An einer Wand prangte in großen Lettern LEVEL 02.

»Sie werden sich frisch machen wollen«, sagte Peak und öffnete eine von vielen identisch aussehenden Türen zu beiden Seiten. Dahinter lag ein überraschend geräumiges, ansprechend eingerichtetes Zimmer, mehr eine kleine Suite. Crowe hatte gelesen, dass privater Raum an Bord eines Hubschrauberträgers auf das erträgliche Minimum reduziert war und die Soldaten in Schlafsälen nächtigten. Peak hob die Brauen, als sie eine entsprechende Bemerkung machte.

»Wir würden Sie wohl kaum zu den Marines stecken«, sagte er. Dann umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel.

»Auch die Navy weiß, was sie ihren Gästen schuldig ist. Das hier ist Flaggland.«

»Flaggland?«

»Unser Excelsior. Quartiere für Admiräle und ihre Stäbe, wenn welche an Bord kommen. Augenblicklich laufen wir nicht unter voller Besatzung, wir haben also allen Platz der Welt. Die weiblichen Teilnehmer der Expedition sind in Flaggland untergebracht, die männlichen im Offiziersland. Darf ich?«Er ging an ihr vorbei und stieß eine weitere Tür auf.»Eigenes Bad und WC.«

»Ich bin beeindruckt.«Soldaten trugen ihr Gepäck herein.

»Es gibt eine kleine Bar unter dem Fernseher«, sagte Peak.»Nichtalkoholisch. Reicht Ihnen eine halbe Stunde, bis ich Sie zu einem Rundgang abhole?«

»Vollauf.«wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Hastig ging sie auf die Suche nach einem Aschenbecher. Sie fand ihn in einem Sideboard, wurstelte sich aus dem Overall und kramte nach den Zigaretten in ihrer Sportjacke. Erst als sie dem zerdrückten Päckchen eine entnommen, sie angezündet und den ersten Zug inhaliert hatte, fühlte sie sich wieder wie ein vollständiger Mensch.saß sie auf der Bettkante.war es traurig. Zwei Päckchen am Tag waren verflucht traurig, und auch, dass sie nicht aufhören konnte.hatte sie es versucht. Zweimal nicht geschafft.wollte sie es auch einfach nicht schaffen.der zweiten Zigarette ging sie unter die Dusche. Anschließend schlüpfte sie in Jeans, Turnschuhe und Sweatshirt, rauchte noch eine und schaute in sämtliche Schubladen und Schränke. Als es klopfte, hatte sie das Innenleben ihrer Kabine so gründlich studiert, dass sie eine vollständige Inventarliste hätte anfertigen können. Sie wusste eben einfach gern Bescheid.der Tür stand nicht Peak. Es war Leon Anawak.

»Ich sagte doch, wir sehen uns wieder«, grinste er.lachte.

»Und ich sagte, Sie finden Ihre Wale wieder. Schön, Sie zu sehen, Leon. Der Mann, dem ich mein Hiersein verdanke, richtig?«

»Wer sagt das?«

»Li.«

»Ich glaube, Sie wären auch ohne mich hier. Aber ich hab ein bisschen nachgeholfen. Sie müssen wissen, ich habe von Ihnen geträumt.«

»Meine Güte!«

»Keine Bange, Sie erschienen mir als guter Geist. Wie war der Flug?«

»Rumpelig. Ich bin die Letzte, was?«

»Wir anderen sind schon in Norfolk an Bord gegangen.«

»Ja, ich weiß. Aber ich kam einfach nicht weg aus Arecibo. Man soll’s nicht glauben, aber es kann auch Arbeit machen, ein Projekt nicht zu betreiben. SETI ist erst mal eingemottet. Im Moment hat keiner Geld, um den Weltraum nach grünen Männchen abzusuchen.«

»Wir werden vielleicht mehr grüne Männchen finden, als uns lieb ist«, sagte Anawak.»Kommen Sie. Peak wird in einer Minute hier sein. Wir zeigen Ihnen, was die Independence alles drauf hat. Danach sind Sie dran. Alle sind sehr gespannt. Ihren Spitznamen haben Sie übrigens schon weg.«

»Meinen Spitznamen? Wie heiße ich denn?«

»Miss Alien.«

»Du lieber Himmel. Eine Zeit lang nannten mich alle Miss Foster, nachdem Jodie mich in diesem Film gespielt hat.«Crowe schüttelte den Kopf.»Na ja, warum nicht? Hab ich meine Autogrammkarten eingesteckt? Gehen wir, Leon.«führte sie durch die Welt von LEVEL 02. Sie hatten ihre Wanderung im Vorschiff begonnen und bewegten sich nun wieder in Richtung Mitte. Crowe hatte den riesigen Fitness-Raum im Bug bewundert, vollgestellt mit Laufbändern und Kraftmaschinen und so gut wie leer.

»Normalerweise herrscht hier enormes Gedränge«, sagte Peak.»Die Independence bietet Quartier für dreitausend Mann. Jetzt sind wir nicht mal 200 Leute an Bord.«spazierten durch den Wohntrakt der jüngeren Offiziere, Abteilungen für je vier bis sechs Mann, mit bequemen Kojen, reichlich Stauraum, Klapptischen und Stühlen.

»Gemütlich«, sagte Crowe.zuckte die Achseln.

»Ansichtssache. Wenn auf dem Dach richtig Betrieb ist, bekommen Sie so schnell kein Auge zu. Wenige Meter über Ihnen starten und landen Helikopter und Jets. Die größten Probleme haben wir natürlich mit den Neulingen. Zu Anfang sind alle vollkommen übermüdet.«

»Und wann gewöhnt man sich an den Krach?«»Nie. Aber man gewöhnt sich daran, nicht mehr durchzuschlafen. Ich war mehrere Male auf einem Träger, jedes Mal monatelang. Nach einer Weile ist es ganz normal, in einer Art ständiger Bereitschaft dazuliegen. Dafür verlernen Sie, in Ruhe zu schlafen. Die erste Nacht zu Hause ist die Hölle. Sie warten auf das Brüllen von Turbinen, das Aufknallen von Fahrwerk und Befestigungshaken, das Rumrennen in den Gängen, die ständigen Durchsagen, aber stattdessen tickt nur irgendwo ein Wecker.«an der riesigen Messe gelangten sie mittschiffs an ein Schott mit Zahlenschloss. Dahinter lag ein großer, abgedunkelter Raum. Es war der erste Bereich, den Crowe bevölkert sah. Vor Konsolen mit blinkenden Lämpchen saßen Männer und Frauen und starrten auf Großbildschirme, die sich entlang der Wände aneinander reihten.

»Auf LEVEL 02 finden sich die meisten Befehls— und Führungsräume«, erklärte Peak.»Früher war alles im Inselaufbau untergebracht, aber so was birgt Risiken. Die Sucher feindlicher Raketensysteme schalten sich meist auf die heißesten und größten Strukturen eines Schiffes. Dazu gehört natürlich auch die Insel. Ein paar Treffer, und es ist, als ob Ihnen einer den Kopf von den Schultern schießt, also haben wir einen Großteil der Kommandoräume unters Dach verlegt.«

»Dach?«

»Navy-Sprache. Das Flugdeck.«

»Und was genau tun Sie hier?«

»Nun, dieser Raum ist das CIC …«

»Ach ja. Das Combat Information Center.«Augen in dem schmalen Ebenholzgesicht blitzten kurz auf. Crowe lächelte und nahm sich vor, fortan den Mund zu halten.

»Das CIC ist das Nervenzentrum unserer Sensorik«, sagte Peak.»Sämtliche Daten laufen in diesem Raum zusammen, schiffseigene Systeme, Satelliten, alles in Echtzeit, versteht sich. Luft— und Schiffsabwehr, Schadenbehebung, Kommunikation … im Gefechtsfall ist hier der Teufel los. Die leeren Plätze dort drüben, ich schätze, da werden Sie viel Zeit verbringen, Dr. Crowe.«

»Samantha. Oder einfach Sam.«

»Von dort schauen und horchen wir unter Wasser«, fuhr Peak fort, ohne auf ihr Angebot einzugehen.»U-Boot-Überwachung, SOSUS Sonarnetz, Surtass LFA und Verschiedenes mehr. Was immer sich der Independence nähert, wir bekommen es mit.«Peak zeigte auf einen riesigen Monitor unter der Decke. Ein Patchwork von Diagrammen und Karten war darauf zu sehen.»Das Big Picture. Es fasst alle Daten zusammen, die im Schiff auflaufen, und erstellt ein Panorama. Das Gleiche sieht der Skipper auf den Monitoren der Brücke in verkleinerter Form.«führte sie weiter durch die angrenzenden Räume. Fast alle lagen im Dämmerlicht, nur erleuchtet durch Großschirmanzeigen, Monitore und Displays. An das CIC schloss sich das LFOC an, das Landing Force Operations Center.»Es fungiert als Einsatzzentrale für Landungstruppen. Jede Gefechtseinheit verfügt über ihre eigene Konsole. Satellitenaufnahmen und Aufklärungsflieger zeigen im Ernstfall die Position feindlicher Brigaden an.«Unüberhörbar schwang Stolz in Peaks Stimme mit.»Im LFOC lassen sich blitzschnell Truppen verschieben und Strategien entwickeln. Der Zentralcomputer verbindet den Kommandeur zu jeder Zeit mit seinen Einheiten vor Ort.«einigen Bildschirmen erkannte Crowe das Flugdeck. Eine Frage drängte sich auf, die Peak vielleicht sauer aufstoßen würde, aber sie stellte sie trotzdem:»Was nützt uns das alles, Major? Unser Feind sitzt in der Tiefsee.«


Дата добавления: 2015-09-29; просмотров: 31 | Нарушение авторских прав







mybiblioteka.su - 2015-2024 год. (0.021 сек.)







<== предыдущая лекция | следующая лекция ==>