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thrillerSchaetzingSchwarmFischer verschwindet vor Peru, spurlos. Цlbohrexperten stoЯen in der norwegischen See auf merkwьrdige Organismen, die hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz 46 страница



»Hast du Lust, mit mir zu frühstücken?«, fragte er.Onkel schien überrascht.

»Mary-Ann und ich sitzen selber gerade beim Frühstück. Ich hatte nicht mit dir gerechnet.«

»Okay. Kein Problem.«

»Nein, warte mal … Wir haben eben erst angefangen. Warum kommst du nicht vorbei und lässt dir eine ordentliche Portion Rührei mit Schinken schmecken?«

»Gut. Bis gleich.«Portion, die Mary-Ann für ihn auftischte, war wirklich ordentlich zu nennen. Sie war so ordentlich, dass Anawak vom Hinschauen satt wurde, aber er langte tapfer zu. Mary-Ann strahlte übers ganze Gesicht. Er fragte sich, was Akesuk ihr erzählt hatte. Irgendeinen triftigen Grund musste er wohl erfunden haben, warum Anawak ihr Abendessen ausgeschlagen hatte. Verstimmt schien sie nicht zu sein.war seltsam, diese Hand zu ergreifen, die Akesuk und seine Frau ihm reichten. Sie zog ihn zurück in die Familie. Anawak wusste noch nicht, ob ihm das gefiel. Der Zauber der Mondnacht war verflogen, und seinen inneren Frieden hatte er bei weitem nicht mit Nunavut gemacht. Er beschloss, sich vorsichtig auf alles Weitere einzulassen.dem Frühstück räumte Mary-Ann das Geschirr ab und empfahl sich zu Einkäufen in den Ort. Akesuk drehte an den Knöpfen eines Transistorradios, lauschte eine Minute und sagte:»Das ist gut.«

»Was ist gut?«, fragte Anawak.

»IBC meldet gutes Wetter für die nächsten Tage. Man darf sie nicht zu sehr beim Wort nehmen, aber wenn nur die Hälfte davon stimmt, können wir aufs Land fahren.«

»Ihr wollt aufs Land?«

»Ja, für eine Weile. Morgen. Wenn dir danach ist, können wir heute was zusammen unternehmen. — Bei der Gelegenheit, was sind überhaupt deine Pläne? Oder willst du vorzeitig zurück nach Kanada?«alte Fuchs hatte es geahnt.verrührte umständlich Milch in seinem Kaffee.

»Ehrlich gesagt, gestern Abend stand ich kurz davor.«

»Das ist keine Überraschung«, konstatierte Akesuk trocken.»Und jetzt?«zuckte die Achseln.

»Ich weiß nicht so recht. Ich dachte, vielleicht besuche ich Mallikjuaq oder fahre raus zum Inuksuk Point. — Ich fühle mich in Cape Dorset einfach nicht wohl, Iji. Nimm’s mir nicht krumm. Es ist nun mal kein Ort, an den man sich gerne erinnert mit einem … so einem …«

»Mit einem Vater wie deinem«, ergänzte sein Onkel. Er strich sich über den Schnurrbart und nickte.»Was mich wundert, ist, dass du überhaupt gekommen bist. Du hast 19 Jahre lang keinen Kontakt gehabt, zu niemandem von uns. Und jetzt bin ich der Letzte aus deiner Sippe. Ich habe angerufen, weil ich es für richtig hielt, dich zu informieren, aber ich hatte mich insgeheim damit abgefunden, dass wir dich hier nicht zu Gesicht bekommen werden. Warum also bist du hier?«

»Keine Ahnung, Iji. Nichts hat mich hergezogen. Eher glaube ich, dass Vancouver mich für eine Weile loswerden wollte.«

»Dummes Zeug.«

»An meinem Vater hat es jedenfalls nicht gelegen! Du weißt verdammt genau, dass ich ihm keine Träne nachweine.«Es klang unnötig schroff, aber er konnte es nicht ändern.»Und es wird auch nicht passieren.«

»Du bist zu hart.«

»Er hat falsch gelebt, Iji!«sah ihn lange an.

»Ja, dein Vater hat falsch gelebt, Leon. Aber ein richtiges Leben war damals nicht im Angebot. Das hast du vergessen zu erwähnen.«schwieg.Onkel schlürfte geräuschvoll den letzten Rest aus seiner Kaffeetasse. Dann lächelte er unvermittelt.»Weißt du was? Ich mache dir einen Vorschlag. Mary-Ann und ich werden schon heute abreisen. Wir wollen diesmal ganz woandershin, in den Nordwesten nach Pond Inlet. — Und du kommst mit uns.«starrte ihn an.

»Das geht nicht«, sagte er.»Ihr werdet wochenlang unterwegs sein. Ich kann unmöglich so lange fortbleiben.

— Abgesehen davon, dass ich es auch nicht will.«»Du verstehst mich falsch. Du kommst mit, und nach ein paar Tagen fliegst du alleine wieder zurück. Ich muss dir ja nicht überall die Hand halten, du bist erwachsen. In ein Flugzeug wirst du hoffentlich von alleine finden.«

»Viel zu viele Umstände, Iji, ich …«



»Du bereitest mir erhebliche Langeweile mit deinen Umständen. Was soll umständlich daran sein, dich mit ins Eis zu nehmen? Wir schließen uns da oben einer Gruppe an. Alles ist vorbereitet, und für deinen zivilisierten Hintern finden wir schon noch ein Plätzchen.«Er zwinkerte ihm zu.»Aber bilde dir bloß nicht ein, es wäre eine reine Vergnügungsfahrt. Du wirst ebenso zur Bärenwache eingeteilt wie alle anderen.«lehnte sich zurück und grübelte darüber nach. Die Einladung erwischte ihn unvorbereitet. Auf diesen weiteren Tag hatte er sich eingestellt. Auf diesen einen. Nicht auf drei oder vier.sollte er das Li klar machen?hatte Li ihm zu verstehen gegeben, dass er so lange fortbleiben könne, wie er wolle.Inlet. Drei Tage.viel war das eigentlich nicht. Der Flug von Cape Dorset würde maximal zwei Stunden in Anspruch nehmen. Drei Tage auf dem Land, zwei Stunden zurück, direkt nach Iqaluit.

»Und was versprichst du dir davon?«, fragte er.lachte.

»Na, was schon? Dich heimzubringen, Junge.«dem Land.diesen drei Worten drückte sich die ganze Lebensphilosophie der Inuit aus. Auf dem Land zu sein bedeutete, der Siedlung zu entfliehen und die Sommertage in Zeltcamps zu verbringen, an Stranden oder nahe der Meereiskante, um Narwale zu erlegen, Robben und Walrosse zu jagen und um zu fischen. Der Walfang für den Eigenbedarf war den Inuit gestattet. Man nahm mit, was man für ein Überleben jenseits der Zivilisation brauchte, lud Kleidung, Ausrüstung und Jagdutensilien auf ATVs, Schlitten oder Boote. Wild war das Land, auf das man sich begab, ein riesiges Areal, das Menschen seit Jahrtausenden durchstreift hatten, bevor eine unerwünschte Entwicklung sie zwang, sesshaft zu werden.dem Land gab es keine Zeit, und die fest gefügte Weltordnung der Städte und Siedlungen hörte auf zu existieren. Entfernungen wurden nicht in Kilometern oder Meilen ausgedrückt, sondern in Zeiteinheiten. Zwei Tage war es bis hierhin, ein halber Tag bis dorthin, vielleicht auch einer. Welchen Sinn hatte es, von fünfzig Kilometern zu sprechen, wenn es mittendrin unvorhergesehene Barrieren zu überwinden gab, Packeis und Gräben? Die Natur unterwarf sich keiner Planung. Auf dem Land lebte man ausschließlich in der Gegenwart, weil schon der nächste Moment voller Unwägbarkeiten steckte. Das Land folgte seinem eigenen Rhythmus, dem man sich willig unterwarf. In Jahrtausenden des Nomadentums hatten die Inuit gelernt, dass in dieser Unterwerfung die Beherrschung lag. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hatten sie ungebunden das Land durchstreift, und immer noch entsprach dieses Leben weit mehr ihrer Natur als ein Dasein in festen Häusern und an festen Plätzen., das wurde Anawak mit jeder Minute klarer, hatte sich einiges geändert. Dass die Welt auch von den Inuit erwartete, geregelten Tätigkeiten nachzugehen, um ihren Platz in einer industrialisierten Gesellschaft zu behaupten, schien Akzeptanz gefunden zu haben. Aber im Gegensatz zu damals, als Anawak ein Kind gewesen war, hatte die Welt begonnen, die Inuit zu akzeptieren. Sie gab ihnen etwas von dem zurück, was sie ihnen genommen hatte, und vor allem gab sie ihnen eine Perspektive. Westliche Standards fanden darin ebenso ihren Platz wie uralte Traditionen.hatte sein Land verlassen, als es kein Land mehr war, sondern eine Region ohne Wertgefühl und eigene Identität. Er war geflohen mit dem Bild eines zutiefst deprimierten, aller Kraft beraubten Volkes, dem so lange der Respekt verweigert worden war, bis es selber keinen mehr vor sich hatte. Wenn damals überhaupt jemand dieses Bild hätte korrigieren können, dann sein Vater. Aber ausgerechnet der war maßgeblich dafür verantwortlich. Der Mann, der nun auf dem kleinen Friedhof von Cape Dorset lag, war zum Symbol der Resignation geworden — ein zerstörter, ständig alkoholisierter, greinender Choleriker, dem alles misslungen war, zuletzt sogar, seine Familie zu schützen. Anawak hatte an Bord des Schiffes gestanden, das ihn fortbrachte, und als Cape Dorset entrückte, hatte er diesen einen Satz in den Nebel hinausgeschrien, den niemand außer ihm hören konnte und der ihm jetzt noch in den Ohren dröhnte, gedacht für seinen Vater, bezogen auf sein ganzes Volk:

»Warum bringt ihr euch nicht alle um, damit sich niemand mehr für euch schämen muss?«Sekunde lang hatte er mit dem Gedanken gespielt, seiner Empfehlung als Erster zu folgen und über Bord zu springen.war er Westkanadier geworden. Seine Pflegefamilie hatte sich in Vancouver niedergelassen, freundliche Leute, die seine Ausbildung nach Kräften unterstützten, ohne dass man sich je wirklich aneinander gewöhnte. Es blieb eine Zweckgemeinschaft. Als Leon 24 wurde, siedelten sie um nach Anchorage, Alaska. Einmal im Jahr schrieben sie eine Karte, die er mit wenigen, unverbindlichen Zeilen beantwortete. Besucht hatte er sie nie, und sie schienen es auch nicht zu erwarten. Wahrscheinlich, wäre er nach Anchorage gefahren, hätten sie sich eher gewundert. Man konnte nicht sagen, dass sie sich fremd geworden waren — sie waren sich einfach nie nahe gewesen.waren nicht seine Familie.Vorschlag, gemeinsam aufs Land zu fahren, hatte neue Erinnerungen in Anawak wachgerufen. Die langen Abende am Feuer, wenn jemand eine Geschichte erzählte und die ganze Welt belebt schien. Als er klein gewesen war, hatte es wie selbstverständlich die Schneekönigin gegeben und den Bärengott. Er hatte den Männern und Frauen gelauscht, die noch in Iglus zur Welt gekommen waren, und sich vorgestellt, wie er als erwachsener Mann über das Eis ziehen würde, jagend und im Einklang mit sich und dem Mythos Arktis. Schlafen, wenn man müde wird. Arbeiten und jagen, wenn es die Witterung gestattet oder schlicht, wenn einem danach ist. Essen, wenn der Magen es verlangt und nicht irgendwelche Mittagspausen. Manchmal dauerte die Jagd einen Tag und eine Nacht, wenn man eigentlich nur kurz aus dem Zelt hatte gehen wollen. Manchmal rüstete man sich, und die Jagd fand nicht statt. Den Quallunaat war diese augenscheinliche Unorganisiertheit der Inuit immer suspekt gewesen. Quallunaat verstanden einfach nicht, wie man außerhalb geregelter Zeitpläne und Leistungsschemata existieren konnte und überhaupt durfte. Quallunaat bauten sich Welten außerhalb der Welt. Sie schlossen die natürlichen Abläufe zugunsten künstlicher aus, und alles, was nicht in ihr Konzept passte, wurde ignoriert oder ausgemerzt.dachte an das Chateau und an die Aufgaben, die sie dort zu lösen versuchten. Er dachte an Jack Vanderbilt. Wie zwanghaft der Stellvertretende CIA-Direktor an der Vorstellung festhielt, die Geschehnisse der letzten Monate ließen sich auf menschliches Planen und Handeln zurückführen. Wer die Inuit verstehen wollte, musste lernen, sich von der Kontrollpsychose zu lösen, die den zivilisierten Gesellschaften eigen war.wenigstens hatte man es noch mit Menschen zu tun. Die unbekannte Macht hingegen hatte nichts Menschliches. Mittlerweile war Anawak der festen Überzeugung, dass Johanson Recht hatte. Dieser Krieg drohte an menschliche Ordnungs— und Wertvorstellungen verloren zu gehen. Leute wie Vanderbilt würden ihn schon darum verlieren, weil sie außerstande waren, Mentalitäten zu begreifen. Möglicherweise war dem CIA-Mann dieses Manko sogar bewusst, aber er würde nicht über den Schatten springen können, den ein aufrechter amerikanischer Bürger warf, geschweige denn den Weg der Verständigung mit einer nichtmenschlichen Spezies beschreiten.Delphin war schon nicht zu begreifen. Wie dann eine Rasse, die Johanson in dadaistischer Einsicht die Yrr genannt hatte?ötzlich wurde Anawak bewusst, dass sie die Aufgabe nicht würden lösen können, solange sie nicht das richtige Team beisammen hatten.fehlte. Und er wusste auch, wer.ährend Akesuk Vorbereitungen für den Aufbruch traf, bemühte sich Anawak in der Polar Lodge um eine Verbindung ins Chateau. Nach einigen Minuten schaltete man ihn auf einen abhörsicheren Kanal und leitete ihn mehrfach um. Li war nicht im Hotel, sondern befand sich an Bord eines Navy-Kreuzers vor Seattle. Er musste geschlagene fünfzehn Minuten warten, bis er sie endlich in der Leitung hatte.fragte, ob sie weitere drei bis vier Tage auf ihn verzichten könne. Sie räumte ihm die Frist ein, nachdem er vorgeschoben hatte, sich um seine Angehörigen kümmern zu müssen. Dabei nagte das schlechte Gewissen an ihm, aber er sagte sich, dass die Rettung der Welt unmöglich davon abhängen konnte, ob er die nächsten drei Tage zur Verfügung stand oder nicht. Im Übrigen stand er ja zur Verfügung. Sein Kopf arbeitete auch im hohen Norden.erklärte ihm, sie gingen mit Sonarattacken gegen die Wale vor.»Ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören«, sagte sie.

»Und, funktioniert es?«, fragte er.

»Wir stehen kurz vor der Einstellung der Experimente. Sie zeigen nicht die gewünschte Wirkung. Aber wir müssen alles versuchen. Solange wir uns die Tiere vom Leibe halten, haben wir bessere Chancen, Taucher und Equipment nach unten zu schicken.«

»Sie wollen die Chancen vergrößern? Dann erweitern Sie das Team.«

»Um wen?«

»Um drei Leute.«Er machte eine Pause, dann entschloss er sich, offensiv zu werden.»Ich will, dass sie rekrutiert werden. Wir brauchen mehr Mitarbeiter, die sich mit Verhaltensforschung und Intelligenz beschäftigen. Und ich brauche jemanden, der mir assistiert und dem ich vertrauen kann. Ich will, dass Alicia Delaware mit ins Boot geholt wird. Sie wohnt den Sommer über in Tofino. Eine Studentin, die sich mit Intelligenzforschung beschäftigt.«

»In Ordnung«, sagte Li überraschend schnell.»Zweitens?«

»Ein Mann aus Ucluelet. Wenn Sie Einsicht in die Akten der MK-Programme nehmen, werden Sie ihn unter Jack O’Bannon finden. Er kann mit Meeressäugern umgehen. Und er weiß einiges, was uns von Nutzen sein könnte.«

»Ist er Akademiker?«

»Nein. Ex-Ausbilder der US-Army. Marine Mammal System.«

»Verstehe«, sagte Li.»Das werden wir besprechen müssen. Wir haben selber eine Reihe Experten auf diesem Gebiet. Warum wollen Sie ausgerechnet ihn?«

»Ich will ihn einfach.«

»Und die dritte Person?«

»Sie ist die wichtigste von allen. Wir haben es hier gewissermaßen mit Aliens zu tun. Sie werden jemanden brauchen, der sich ausschließlich Gedanken darüber macht, wie man mit Wesen kommunizieren kann, die keine Menschen sind. Nehmen Sie Kontakt zu Dr. Samantha Crowe auf. Sie leitet das SETI-Projekt in Arecibo.«lachte leise.

»Sie sind ein kluger Bursche, Leon. Wir hatten ohnehin vor, jemanden von SETI mit hinzuzuziehen. Kennen Sie Dr. Crowe?«

»Ja. Sie ist in Ordnung.«

»Gut.«

»Werden Sie meine Wünsche berücksichtigen?«

»Ich sehe, was sich tun lässt.«Jemand rief im Hintergrund Lis Namen.»Machen Sie’s gut, Leon. Kommen Sie heil zu uns zurück. Ich muss wieder an die Front.«Turbo-Prop Hawker Siddeley flog nicht auf direktem Wege in den Norden, sondern erst ein Stück ostwärts. Akesuk hatte den Piloten zu dem kleinen Umweg überredet, damit Anawak die Great Plain of Koukdjuak bewundern konnte, ein Wildschutzgebiet voller kreisrunder Wassertümpel, in dem die größte Gänsekolonie der Welt zu Hause war. Weitere Passagiere aus Cape Dorset und Iqaluit saßen in der Maschine, die alle nach Pond Inlet aufs Land wollten. Die meisten kannten die Aussicht und dösten vor sich hin.hingegen konnte sich nicht satt sehen.war, als erwache er aus einem jahrelangen Schlaf.flogen ein Stück die Küste entlang und kreuzten den nördlichen Polarkreis. Geographisch begann hier die Arktis. Unter ihnen lag die eisige Mondlandschaft des Foxe-Beckens mit ihren großen und kleinen Eisaufbrüchen, unterbrochen von Flächen freien Wassers. Nach kurzer Strecke hatten sie wieder Land unter sich, zerklüftet und mit schroffen Berghängen und senkrechten Steinpalisaden. Schnee glitzerte am Grund tiefer, schattiger Schluchten. In gefrorene Seen ergossen sich Rinnsale von Schmelzwasser. Die Landschaft im Licht der tiefer sinkenden Sonne gewann zunehmend an Großartigkeit. Schartige, braune Berge wechselten mit verschneiten Tälern, Gebirgszüge reckten sich ihnen entgegen, fast zur Gänze bedeckt mit Schneeverwehungen. Plötzlich, beinahe übergangslos, zog der Flieger über eine bläulich weiß abgesetzte Uferlinie hinweg, und sie blickten auf eine geschlossene Decke aus Meereis, den Eclipse Sound.vergaß alles um sich herum.schaute die bizarre Schönheit der hohen Arktis. Riesige, schneeweiße Kristallgebilde ragten aus der weißen Ebene des Sound hervor. Eisberge, die festgefroren waren. Unter ihnen liefen winzig zwei Polarbären dahin, wie gejagt vom Schatten der Turbo-Prop auf der Eisoberfläche. Schimmernde Punkte stoben auf, Möwen. Ein ganzes Stück weiter erhoben sich die gewaltigen Steilhänge und Gletscher der Insel Bylot. Dann hielten sie tiefer gehend auf ein neues Ufer zu, braun marmorierte Landschaft kam näher, Häuser einer Siedlung, eine Landepiste — Pond Inlet, Mittimatalik in der Sprache der Inuit, Wo Mittimata sich befindet.stand die Sonne über dem nordwestlichen Horizont. Sie würde nicht untergehen um diese Jahreszeit, nur gegen zwei Uhr morgens für wenige Minuten den Horizont berühren. Es war neun Uhr abends, als sie ihr Ziel erreichten, aber Anawak hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er sah auf die Plätze seiner Kindheit, und etwas Schweres schien von seiner Brust genommen.hatte Recht gehabt. Sein Onkel hatte geschafft, was Anawak noch vor vierundzwanzig Stunden für unmöglich gehalten hätte.hatte ihn heimgebracht.Inlet war von ähnlicher Größe und Einwohnerzahl wie Cape Dorset und dennoch ganz anders als der Süden. Seit über 4000 Jahren war die Region ununterbrochen besiedelt gewesen. Niemand hier hatte sich zu architektonischen Wagnissen verstiegen wie in Iqaluit. Akesuk erklärte, dass die Inuit in diesem Teil Nunavuts wesentlich mehr Wert auf Traditionen legten als irgendwo sonst. Vorsichtig fügte er hinzu, dass hier oben auch der Schamanismus noch eine gewisse Rolle spiele, obwohl natürlich alle gläubige Christen seien! Als Anawak nicht darauf einging, ließ er das Thema fallen und begann, eine Reihe von Dingen aufzuzählen, die sie tags drauf in den Supermärkten des Ortes zu erstehen hätten.blieben die Nacht über im Hotel. Früh morgens weckte ihn Akesuk, und sie gingen zum Ufer hinunter. Der Onkel sah witternd hinaus und meinte, sie würden das gute Wetter behalten und einer ordentlichen Jagd entgegensehen.

»Der Frühling hat nicht lange auf sich warten lassen«, stellte er befriedigt fest.»Im Hotel sagen sie, bis zur Packeisgrenze ist es ein halber Tag— Vielleicht einer, je nachdem.«

»Je nach was?«zuckte die Achseln.

»Alles Mögliche kann passieren. Je nachdem halt. Du wirst eine Menge Tiere zu sehen bekommen, Wale, Robben, Polarbären. Der Eisaufbruch ist in diesem Jahr früher gekommen als sonst.«wundert mich nicht, dachte Anawak, bei dem, was augenblicklich geschieht.Gruppe umfasste zwölf Leute. Einige kannte Anawak aus dem Flugzeug, andere lernte er in Pond Inlet kennen. Akesuk besprach sich mit den beiden Führern. Sie stellten das Gepäck für die Tour zusammen und deponierten im Lagerraum des Hotels, was sie nicht unmittelbar brauchten. Inzwischen standen vier Qamutiks bereit, die für die Reise vorbereitet worden waren. In Anawaks Erinnerung waren die traditionellen Schlitten von Hunden gezogen worden, jetzt hatte man Schneemobile, Skidoos, mit Doppelseilen vorgespannt. Die Qamutiks selber sahen aus wie früher: Vier Meter lang, mit zwei hölzernen, hoch gebogenen Kufen und einer Vielzahl stramm verknüpfter Querlatten, wiesen sie nirgendwo eine einzige Schraube oder einen Nagel auf. Der komplette Schlitten wurde von Seilen und Riemen zusammengehalten, was Reparaturen erheblich vereinfachte. Auf drei Qamutiks waren hölzerne, nach oben offene Kabinen als Wetterschutz montiert, der Vierte diente als Packschlitten.

»Du bist nicht warm genug angezogen«, gab Akesuk mit Blick auf Anawaks Anorak zu verstehen.

»Wieso? Ich hab aufs Thermometer gesehen. Es sind sechs Grad über null.«

»Du vergisst den Fahrtwind. Hast du zwei Paar Socken in deinen Stiefeln? Wir sind hier nicht in Vancouver.«hatte tatsächlich so vieles vergessen. Das Gefühl dafür, wie es war, in die Kälte hinauszufahren, stellte sich erst allmählich wieder ein. Es war beinahe beschämend. Natürlich waren kalte Füße das Hauptproblem, sie waren es immer gewesen. Er streifte ein zweites Paar Socken über und einen weiteren Pullover, bis er sich vorkam wie eine wandelnde Tonne. Alle Teilnehmer der Reise hatten etwas von Astronauten mit ihrer Schutzkleidung und den Schneebrillen.ging mit den Führern ein letztes Mal die Ausrüstung durch.

»Schlafsäcke, Karibufelle …«Augen glänzten. Der dünne, graue Schnurrbart schien sich zu sträuben vor Vergnügen. Anawak sah ihm zu, wie er geschäftig von Schlitten zu Schlitten lief. Ijitsiaq Akesuk war ganz anders als sein Vater. In seiner Gesellschaft kam den Inuit und ihrer Lebensweise plötzlich wieder Bedeutung zu.Gedanken wanderten zu der Macht tief unten im Meer.dem Beginn ihrer Reise übers Eis würden sie einzig den Regeln der Natur folgen. Um hier draußen zu bestehen, brauchte man eine gewisse pantheistische Grundhaltung. Man durfte sich nicht wichtig nehmen. Man war nicht wichtig, sondern Bestandteil der beseelten Welt, die sich in Tieren, Pflanzen und im Eis manifestierte und gelegentlich auch in Menschen.in den Yrr, dachte er. Wer immer sie sind, wie immer sie aussehen, wie und wo immer sie leben.gab einen leichten Ruck, als das Schneemobil anfuhr, in dessen Schlitten Anawak, Akesuk und seine Frau Platz gefunden hatten, und sie glitten über das vereiste und verschneite Meer. Vereinzelt waren breite Wasserlachen zu sehen. Der Schmelzprozess hatte schon hier und da eingesetzt, aber er beschränkte sich auf die oberen Schichten. Sie umrundeten den Uferhügel von Pond Inlet und hielten weiter auf Nordosten zu, bis sie einige Kilometer Abstand zwischen sich und die Küste Baffin Islands gebracht hatten, die südlich aus der Eisfläche wuchs. Auf der gegenüberliegenden Seite reckten sich die Felsen von Bylot Island in den Himmel, umgeben von Eisbergen. Eine gewaltige Gletscherzunge erstreckte sich aus den Gipfeln hinunter zum Ufer. Anawak machte sich klar, dass sie nicht Land, sondern die gefrorene Kruste des Meeres überquerten. Unter ihnen schwammen Fische. Hin und wieder hoben die Kufen des Qamutik ab, wenn sie über Unebenheiten rumpelten und knallten hart wieder auf, aber der Schlitten federte den Aufprall ab.einer Weile änderten die beiden Inuit in dem zuvorderst fahrenden Qamutik die Fahrtrichtung, und der Tross folgte. Einen Moment war Anawak verwirrt, dann sah er, dass sie eine klaffende Eisspalte umfuhren, die zu groß war, als dass man sie mit den Schlitten hätte überqueren können. Jenseits der bläulichen Kante war schwarzes, unergründliches Meerwasser zu erkennen.

»Das kann ein bisschen dauern«, meinte Akesuk.

»Ja, es kostet Zeit«, nickte Anawak, der sich erinnerte, wie oft sie an solchen Spalten entlanggefahren waren.krauste die Nase.

»Nein. Warum sollte es welche kosten? Wir opfern keine Zeit. Wir behalten sie, ob wir nun direkt nach Osten fahren oder erst ein Stück weiter nördlich. Hast du alles vergessen? Hier oben ist nicht wichtig, wie schnell du ankommst. Wenn du einen Umweg fährst, findet dein Leben trotzdem statt. Keine Zeit ist verloren.«schwieg.

»Vielleicht«, fügte sein Onkel lächelnd hinzu,»war das unser größtes Problem im vergangenen Jahrhundert, dass uns die Quallunaaq die Zeit gebracht haben. Wir mussten lernen, dass es auch vergeudete Zeit gibt. Die Quallunaaq denken, Warten sei verlorene Zeit und damit verlorene Lebenszeit. Ich schätze, als du klein warst, haben wir das alle geglaubt. Auch dein Vater hat es geglaubt, und weil er keine Möglichkeit sah, etwas Sinnvolles und Wertvolles zu tun, kam er zu der Überzeugung, sein Leben sei wertlos, weil es aus ungenutzter, vergeudeter Zeit bestand. Wertlose Lebenszeit. Ein wertloses Leben.«sah ihn an.»Du solltest nicht ihn bedauern, sondern meine Mutter«, sagte er.

»Sie hat ihn auch bedauert«, gab Akesuk zurück und begann eine Unterhaltung mit Mary-Ann.ächlich mussten sie mehrere Kilometer fahren, bis sich die Spalte so weit verengte, dass sie auf die andere Seite wechseln konnten. Einer der Inuit-Führer koppelte sein Schneemobil ab und jagte es mit hoher Geschwindigkeit hinüber. Von dort warf er den Qamutiks nacheinander Seile zu, zog sie über die Spalte, und es ging weiter. Anawaks Onkel schob gleichmütig einen dünnen, speckigen Streifen in den Mund und hielt Anawak die Dose mit den übrigen Streifen hin.ögernd griff Anawak zu. Es war Narwalhaut. Wenn sie früher auf dem Eis unterwegs gewesen waren, hatten sie immer Vorräte an Narwalhaut mitgenommen. Er wusste, dass sie große Mengen Vitamin C enthielt, mehr als jede Zitrone oder Orange. Er kaute darauf herum und schmeckte das Aroma frischer Nüsse.Geschmack löste eine Kettenreaktion von Bildern und Empfindungen aus. Er hörte Stimmen, aber es waren nicht die Stimmen der Expeditionsteilnehmer, sondern die anderer Menschen, mit denen er vor über zwanzig Jahren unterwegs gewesen war. Er spürte die Hand seiner Mutter, die ihm übers Haar strich.

»Meereisspalten, Presseisbarrieren …«Der Onkel lachte.»Das ist kein Highway hier, Junge. Mal ehrlich, hast du nichts von alledem jemals vermisst?«Akesuk die sentimentale Stimmung bemerkt hatte, in die er unvermittelt geraten war, und versuchte, sie mit seiner Frage zu verstärken, bewirkte er das Gegenteil. Anawak schüttelte den Kopf. Vielleicht war es bloßer Trotz, aber er sagte nur knapp:»Nein.«selben Moment schämte er sich seiner Antwort.zuckte die Achseln.den größten Teil seines Lebens auf Vancouver Island verbracht hatte, noch dazu als Erforscher marinen Lebens, stand der Natur näher als jeder menschlichen Errungenschaft. Dennoch war es etwas anderes, im Clayoquot Sound Wale zu beobachten, als über die konturlose Weiße dieses Meerarms dahinzugleiten, immer weiter hinaus, braune Tundra zur Rechten und die gletscherbedeckten Gipfel von Bylot Island zur Linken. Während das Klima im Westen Kanadas für Menschen wie geschaffen schien, präsentierte sich die Arktis als spektakuläre Hölle. Wunderschön zwar, aber sich selber genug und tödlich für jeden, der sich der Illusion menschlicher Vorherrschaft ergab. Die Siedlungen wirkten wie trotzige Versuche, etwas in Besitz zu nehmen, was sich nicht besitzen ließ. Die Reise auf den Qamutiks zur Meereiskante geriet zum Trip ins Unbewusste. Anawaks letzter Rest Zeitgefühl hatte sich nach einer weiteren sonnenbeschienenen Nacht davongemacht. Sie reisten zum Urgrund der Welt. Selbst einem Rationalisten, der keinen Gott anbetete und jeder wissenschaftlichen Erklärung den Vorzug gab, kam es plötzlich einleuchtend vor, warum der Polarbär, wie die Inuit einander an langen Abenden erzählten, so melancholisch dahertrottete. Weil er in Liebe zu einer verheirateten Menschenfrau blind geworden war für die Realität. Die Frau hatte ihrem Mann, der wochenlang glücklos auf der Jagd gewesen war, aus Mitleid das Versteck ihres Liebhabers verraten, obgleich der Bär sie eindringlich gewarnt hatte, ihm von ihren geheimen Zusammenkünften zu erzählen. Doch der Bär hörte mit, während sie ihn verriet, und als der Jäger nach ihm Ausschau hielt, schlich er sich zum Iglu seiner Geliebten, um sie zu töten. Er hob die Pranke, doch dann überkam ihn Trauer. Welchen Sinn sollte es haben, ihr Leben zu zerstören? Der Verrat war begangen. Er wanderte einsam und mit schweren Schritten davon.Luft prickelte kalt auf Anawaks Haut.die Natur sich dem Menschen genähert hatte, war sie verraten worden. Seither, sagten die Legenden, fielen Bären Menschen an. Hier draußen war ihr Reich. Sie waren die Stärkeren. Dennoch hatte der Mensch sie besiegt und sich selber gleich mit. Auch wenn Anawak seiner Heimat zwei Jahrzehnte lang den Rücken gekehrt hatte, wusste er sehr genau, dass Industriechemikalien wie DDT oder hochgiftiges PCB aus Asien, Nordamerika und Europa mit Winden und Meeresströmungen bis ins Nordpolarmeer gelangten. Die toxische Fracht reicherte sich im Gewebe von Walen, Robben und Walrosse an, von denen sich Eisbären und Menschen ernährten, und alle wurden krank. In der Muttermilch von Inuitfrauen waren PCB-Werte gemessen worden, die bis um das 20fache über dem lagen, was die Weltgesundheitsorganisation als Grenzwert angab. Kinder litten unter neurologischen Störungen und schnitten bei Intelligenztests immer schlechter ab. Die Wildnis wurde vergiftet, weil die Quallunaat das Prinzip nicht verstanden oder verstehen wollten, nach dem der Planet Erde funktionierte — eine gewaltige Umwälzpumpe aus Luft-und Meeresströmungen, in der früher oder später alles überallhin verteilt wurde.es ein Wunder, dass jemand da unten beschlossen hatte, alldem ein Ende zu setzen?zwei Stunden Fahrt steuerten sie erneut die Küste von Baffin Island an. Verspannt vom langen Sitzen und Abfedern der Kufenstöße, stapften sie über das flache Presseis an Land und die schneefreie Tundra hinauf, vorbei an flechtenbewachsenen Felsbrocken. Zwischen moosigen und wasserdurchzogenen Morastflächen leuchteten vereinzelt Blüten auf, purpurroter Steinbrech und Fingerkraut. Sie hatten Glück mit der Jahreszeit. Später im Sommer würden hier Milliarden Mücken unterwegs sein.Gelände stieg sanft an. Einer der Skidoo-Fahrer führte sie auf ein Plateau mit Blick auf das Meer und die weißen Berge, zeigte ihnen die Relikte alter Behausungen aus der Thule-Zeit und zwei schlichte Kreuze. Deutsche Walfänger lagen hier begraben. Mehrere Siksiks, arktische Erdhörnchen, jagten einander über die Hochebene und verschwanden in Erdlöchern. Mary-Ann fand ein paar Steine und begann damit auf geschickte Weise zu jonglieren. Anawak sah ihr zu, und plötzlich erinnerte er sich auch daran. Eine Inuit-Sportart, so alt wie die Welt. Er versuchte es ihr nachzutun, das Ergebnis war jämmerlich und rief kollektives Gelächter hervor. So waren die Inuit. Ein albernes Volk, das sich ausschüttete vor Lachen, bloß wenn jemand ausrutschte.einem kurzen Lunch mit Sandwiches und Kaffee fuhren sie weiter, bezwangen eine noch größere Wasserspalte und hielten auf Bylot Island zu. Unter den Antriebsraupen der Skidoos spritzte Schmelzwasser nach allen Seiten. Packeis türmte sich zu bizarren Barrieren und zwang sie zu neuerlichen Umwegen. Nach kurzer Fahrt glitten sie unterhalb der Klippen von Bylot Island dahin. Die Luft war erfüllt vom Kreischen der Vögel. Dreizehenmöwen nisteten zu tausenden in den Felsspalten, ganze Schwärme flogen an und ab. Schließlich wurde der Konvoi langsamer und hielt erneut.


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