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Garranon in Estian 1 страница

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Erst als Erwachsene verstehen wir unsere Kindheit. Der Himmel war noch dunkel, als Garranon in seinem Übergangsquartier aufstand, durch die Flure des Schlosses ging und die Gemächer betrat, die die seinen gewesen waren, seit er zum ersten Mal nach Estian gekommen war. Seine Sachen waren am Tag zuvor auf Befehl des Königs weggebracht worden - Jakoven glaubte, sie befänden sich in anderen Räumen, aber Garranon hatte sie nach Hause nach Oranstein schicken lassen.

Der Malachitboden schimmerte im Licht der Fackel, die er aus dem Flur mitgebracht hatte. Der Boden war älter als die Wände, eines der wenigen Dinge, die Jakoven nicht verändert hatte, als er das Schloss renovieren ließ. Grün, dachte Garranon, grün für den Favoriten des Königs, die Farbe, die in Oranstein Huren trugen, die ihrem Gewerbe nachgingen. Angemessen.

Der König hatte ihn aus diesen Räumen entlassen, den Räumen, die der Hure des Königs gehörten.

Allein in dem Zimmer, das einmal ihm gehört hatte, schloss Garranon die Augen. Er war so müde. Zwei Jahrzehnte war er nun Geisel für seinen Bruder und für seine Heimat gewesen, und nun war er unnütz geworden. Wenn der richtige Zeitpunkt kam,

würde er sich auf seinen Besitz zurückziehen, wie Haverness das getan hatte, und nicht wieder an den Hof zurückkehren. Der König würde ihm das nach all diesen Jahren doch sicher erlauben.

Er kam sich hohl und nutzlos vor. Alle Opfer, die er gebracht hatte, hatten zu nichts geführt. Er war für den König nicht mehr wichtig, und aus diesem Grund war er auch nicht mehr wichtig für Oranstein.

Die Zimmerflucht, in der er die letzten zwei Jahrzehnte verbracht hatte, fühlte sich ohne seine Sachen seltsam verlassen an. Garranon nahm an, er sollte die Schubladen und Schränke öffnen und sich davon überzeugen, dass die Schlossdiener auch alles herausgenommen hatten, aber stattdessen ging er von einem Zimmer ins andere und beobachtete, wie sich das Fackellicht im polierten Boden spiegelte.

Der König hatte einen neuen Favoriten gefunden. Jemanden, der ihm wichtiger war als Jadeauge - der ebenso sehr eine Waffe gewesen war, die er gegen Garranon nutzte, wie ein ernsthafter Rivale um die Position des Favoriten. Der König war sehr böse auf Garranon gewesen, weil dieser sich entschlossen hatte, für Oranstein zu kämpfen, obwohl Jakoven gewollt hätte, dass Oranstein an die Vorsag fiel, bevor er mit der Verteidigung begann. Dass Haverness’ Hundert die Eindringlinge tatsächlich zurückgeschlagen hatte, rieb Salz in die Wunden, die der Stolz des Königs erlitten hatte.

Jadeauge war eine Strafe für Garranon gewesen, und eine Warnung. Dieser neue Favorit unterschied sich von allen anderen zuvor - Jadeauge hatte nicht gerade triumphierend gewirkt, als er Garranon die Nachricht überbracht hatte, er solle seine Wohnung räumen.

Garranons Tage als Favorit des Königs waren zu Ende, und mit ihnen alle Hoffnung, die er gehabt hatte, seinem Volk zu helfen. Nicht, dass er das in diesen letzten Jahren oft hätte tun können. Es war Zeit, nach Hause zu gehen und Jakoven seinem neuen Spielzeug zu überlassen.

Warum tat es so weh?

Er berührte zerstreut ein besticktes Sofa, und eine Erinnerung kam ihm. Er war im Garten gewesen und hatte sich ruhig mit der Königin unterhalten; also musste es vor ein paar Jahren gewesen sein, noch vor dem Tod des jungen Hurog, der sie dazu getrieben hatte, sich einsam auf ihren Familienbesitz zurückzuziehen.

Ein Diener hatte ein Tablett mit Essen fallen lassen und ihn von dem Gespräch abgelenkt. Als er aufblickte, war sein Blick an dem Gesicht eines geringeren Adligen hängen geblieben, einem Mann, den er im Lauf der Jahre häufig gesehen hatte, und für einen Augenblick war Garranon wieder ein entsetzter kleiner Junge in den Überresten des Gartens seiner Mutter gewesen, der sich gefürchtet hatte, vergewaltigt zu werden, und der unbedeutende Adlige aus Avinhelle hatte seine Handgelenke festgehalten.

Er war unfähig gewesen, mit der unerwarteten Erinnerung fertig zu werden, hatte sich ohne ein Wort umgedreht und auf dieses bestickte Sofa zurückgezogen. Er hatte den König im Garten nicht bemerkt, aber Jakoven war ihm nur einen Augenblick später gefolgt.

Auf das beharrliche Drängen des Königs hatte Garranon zögernd gestanden, was an diesem Tag vor so langer Zeit geschehen war, während der König ihn im Arm gehalten hatte.

In dieser Nacht war er sehr liebevoll und sanft zu Garranon gewesen.

Nun riss Garranon den Kopf herum, um das Sofa nicht mehr sehen zu müssen.

Er hasste Jakoven. Er wusste, dass er es tat. Er hatte Jakoven insgeheim gehasst, seit man ihn als verängstigten Jungen in das Schlafzimmer des Königs gebracht hatte. Hatte ihn jedes Mal mehr gehasst, wenn er nach Oranstein ging und dann schon nach wenigen Wochen gezwungen war, seine Frau, sein Kind und den Besitz wieder zu verlassen, um im Schlafzimmer des Königs zu dienen.

Garranon legte sich aufs Bett, das mit neuen Laken und Decken versehen war, und starrte die bemalte Zimmerdecke zwei Stockwerke über dem Boden an.

Es war nur Stolz, sagte er sich. Oranstein würde auch überleben, ohne dass er die Befehle des Königs versüßte, aber es lag in seinem Wesen, sich Gedanken zu machen, dass es ohne ihn nicht bestehen könnte. Jakoven würde ihm nicht fehlen. Er ballte die Hände zu Fäusten.

Als das Bett unter dem Gewicht von etwas anderem einsank, streckte er die Hand aus, um das weiche Fell der Tamerlain zu streicheln, ohne den Blick von den Sternen und dem Mond an der Decke abzuwenden.

»Danke, dass du Ward geholfen hast«, sagte er.»Er war großartig - ich dachte, Jadeauge würde vor Zorn über die Vereitelung seiner Pläne auf der Stelle tot umfallen.«

Sie schnurrte und rieb ihr breites Gesicht an seiner Schulter, bevor sie sich gegen ihn lehnte.»Was beunruhigt dich?«

Er lachte freudlos.»Ich.«Er rieb mit der Hand über die neue Tagesdecke. Der Tamerlain konnte er sagen, was er nicht einmal sich selbst gegenüber zugeben konnte.»Ich hasse ihn. Warum tut es also so weh, ihn zu verlassen?«

Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie:»Du warst zwanzig Jahre lang Jakovens Geliebter.«

»Neunzehn.«

»Das ist mehr als die Hälfte deines Lebens. Kein Wunder, dass es sich seltsam anfühlt, das zurückzulassen.«

Er lächelte sie an.

»Vielleicht«, sagte sie träge,»solltest du herausfinden, wen er in diese Räume bringen wird. Es könnte dir helfen. Ja, ich denke, das wäre eine gute Idee.«

Sie rollte sich vom Bett.»Komm mit.«

Die Tamerlain führte ihn zu dem vertrauten

Durchgang zwischen seinen Räumen und den Gemächern des Königs und blieb vor den Holzpaneelen stehen, die sich zu Jakovens Zimmern öffneten.

»Du musst still sein. Sie werden uns nicht sehen, aber es ist schwieriger, Geräusche zu maskieren«, sagte sie und schnaubte das Paneel an, das schimmerte und sich dann vor ihr auflöste. Als sie hindurchging, folgte Garranon ihr.

Der Durchgang öffnete sich ins Empfangszimmer des Königs. Das einzige Möbelstück hier war sein Sessel, der auf einem Podest stand, sodass Jakoven, wenn er saß, die gleiche Höhe hatte wie ein stehender Mann.

Er saß auch jetzt auf seinem Sessel, während Jadeauge, nur in ein meerblaues Nachtgewand gehüllt, sich dagegenlehnte. Auf dem Läufer vor dem Podium hielt eine Wache einen um sich schlagenden Jungen fest. Keiner von ihnen ahnte, dass Garranon und die Tamerlain sie beobachteten.

Jemand hatte das Kind gewaschen, aber Wasser und Seife konnten gegen den Dreck von Jahren nur begrenzt etwas ausrichten. Seine Haut war grau und das Haar so ordentlich geschnitten, dass es gerade erst passiert sein musste. Es war extrem kurz - wahrscheinlich, um ihn von dem Ungeziefer zu befreien, das die geringeren Einwohner von Estian plagte. Hunger ließ ihn älter aussehen als seine Jahre, aber Garranon schätzte, dass er kaum mehr als zwölf sein konnte.

»Halte ihn still«, befahl Jakoven. Das erregte

Tremolo in seiner Stimme ließ Garranon aufschrecken, als der Soldat einen Arm um den Jungen schlang, sein Kinn packte und ihn damit zwang, den König anzusehen.

»Hurog-Blau«, sagte der König zufrieden.»Dein Herr wird belohnt werden, wie ich es versprochen habe. Jadeauge, nimm den Jungen.«

Der Magier des Königs packte den Jungen unsanft am Arm, und der Soldat ging. Der Junge zuckte einmal, dann schrie er auf und hörte auf sich zu bewegen, als Jadeauge seinen Griff veränderte.

»Ein bisschen mager, wie?«, stellte der Magier angewidert fest.

»Wir werden ihn füttern«, sagte Jakoven und stand auf.

»Junge«, sagte er mit samtiger Stimme, die Garranon so vertraut war wie seine eigene.»Sag mir deinen Namen.«

»Nein«, erwiderte der Junge und spuckte auf den Boden.

Jakoven lächelte und berührte die schmale Wange des Jungen. Garranon sah nicht mehr als das, aber Jadeauge ließ die Hände sinken und trat zurück.

Magie, dachte Garranon.

Der Junge stand still, gefangen von Jakovens Berührung. Sein Gesicht was ausdruckslos.

Vekkes Atem, dachte Garranon. Er erinnerte sich daran, wie der König ihn mit nichts als einer Bewegung gehalten hatte. Bis jetzt war ihm nicht klar gewesen, dass Jakoven Magie angewandt hatte. Er erkannte es erst, als er sah, wie der König das Gleiche mit einem anderen Jungen tat.

»Sag mir deinen Namen, Junge.«

»Tychis.«Die Art, wie er die Konsonanten aussprach, zeigte deutlich seine Herkunft aus den Elendsvierteln von Estian.

»Wer war deine Mutter?«

»Illeya aus Hurog.«

»Kennst du deinen Vater?«

Der Körper des Jungen begann vor Anspannung zu beben, als er gegen den Zwang zu antworten ankämpfte.»Fenwick, der alte Hurogmeten.«

»Auf welche Weise war er mit deiner Mutter verwandt?«

Tränen liefen über das Gesicht des Jungen.»Meine Mutter war ein Bastard seines Onkels.«

Jadeauge verzog angewidert den Mund. Jakoven sah das und lächelte.»Hier mag so etwas Inzest sein, aber in Shavig heiraten Vettern und Basen häufig, wenn es keine Schwäche in der Familie gibt. Der alte Mistkerl hielt es wahrscheinlich für vollkommen normal, mit seiner Base zu schlafen - und er hat dafür gesorgt, dass dieser Junge von zwei Seiten Drachenblut hat. Beim jungen Hurogmeten war es nicht stark genug - vielleicht hat sich der Fluch deshalb blau und nicht rot gefärbt. Ich denke, das Blut dieses Jungen ist der Schlüssel, um Farsons Fluch einzusetzen.«

Der König lächelte den Jungen erfreut an und schüttelte dann zu Jadeauge gewandt den Kopf.»Du wirst nicht zulassen, dass deine Ansichten über seine Herkunft den Jungen beunruhigen.«

Jadeauge deutete den Tonfall des Königs ebenso gut wie Garranon und nickte gehorsam. Jakoven wandte sich wieder dem Jungen zu.

»Tychis, mehr als alles andere wirst du mir loyal sein und mir dienen.«

»Ich werde loyal sein«, sagte der Junge ausdruckslos.

»Einige Dinge, die dir angetan werden, wirst du hassen.

Andere bereiten dir vielleicht Vergnügen. Aber du wirst mir dienen und tun, was ich dir befehle.«

»Ich diene Euch.«

Ihr Götter. Garranon fand auch die Erinnerung an diese Worte in seiner Seele. Wie lange habe ich diese Befehle befolgt? Tue ich es immer noch?

Der König zog die Hand weg.»Bring ihn in den grünen Raum, Jadeauge. Geh mit ihm, Junge. Du wirst dort ein Bett finden. Schlafe, bis ich dich aufwecke.«

Garranon warf einen Blick zu Tür des Durchgangs hinter ihnen und sah, dass sie so solide wirkte, als hätte die Tamerlain sie niemals durchlässig gemacht. Er trat beiseite, als Jadeauge und der Junge an ihm vorbeiliefen, die Tür öffneten und den Gang betraten, ohne Garranon oder die Tamerlain zu sehen, obwohl Garranon nur den Arm hätte ausstrecken müssen, um Jadeauges Gewand zu berühren.

»Mir ist es bisher nur gelungen, diese Art Magie bei einem Hund zu wirken«, stellte Jadeauge fest, als er ohne den Jungen ins Empfangszimmer zurückkehrte.»Danach habe ich es nicht mehr versucht, denn die Ergebenheit des Hundes wurde zu ärgerlich, und ich musste ihn töten.«

Jakoven lächelte.»Du wirst bemerkt haben, dass ich ihm nicht befohlen habe, mich zu lieben. Hass ist so viel unterhaltsamer.«

Garranon starrte Jakoven an und wusste, dass der König von ihm sprach. Und dieses Wissen verzerrte die Einschätzung seines gesamten Lebens. Er hörte nicht mehr, was Jakoven und Jadeauge sagten, bevor sie die Privatgemächer des Königs betraten und die Tür hinter sich schlossen.

»Garranon«, sagte die Tamerlain ungeduldig, wenn auch leise, sodass ihre Stimme nicht über den Raum hinaus zu hören war.

Er wandte sich ihr zu.

»Der Bann ist nicht so stark, wie er glaubt. Er wird einen Erwachsenen nicht halten wie ein Kind, das schwach und verängstigt ist - oder verletzt, wie du es warst. Aber die Überreste des Banns bewirken vielleicht, dass es dich traurig macht, seinen Dienst zu verlassen, selbst nach all dieser Zeit.«

Garranon musste an sein schrecklichstes Geheimnis denken und schauderte.»Habe ich ihm etwas verraten - ist Callis deshalb gefallen?«

»Er hat dich nicht um Informationen gebeten«, sagte sie.»Du hast es ihm erzählt, weil er nichts von dir wollte. Die Idee, Kinder als Boten zu verwenden, wäre den Tallvens nie gekommen. Oranstein hatte dem Heer nichts entgegenzusetzen, das Jakovens Vater gegen das Land ausschickte.«

Garranon nickte und durchquerte den Gang, der zu seinen ehemaligen Gemächern führte. Der Junge lag oben auf der Bettdecke und schlief friedlich.

»Was wirst du tun?«, fragte die Tamerlain.

»Wie lange stand ich auf diese Weise in Jakovens Bann?«, fragte Garranon.

»Vier Jahre«, sagte sie.»Beinahe fünf.«

Er wandte den Blick dem Jungen zu, denn die Antworten auf die nächste Frage waren ihm sehr wichtig, und er wollte nicht, dass sie das wusste.

»Du hast gehört, wofür der König ihn haben will?«, fragte sie.»Jakoven hat Farsons Fluch gefunden, und mit dem Hurog-Blut dieses Jungen verfügt er auch über den Schlüssel dazu.«

»Farsons Fluch?«Garranon starrte sie einen Augenblick an.»Ich nehme an, mein Anteil an deinem Spiel besteht darin, den Jungen zu retten und ihn zu seinen Brüdern zu bringen. Sag mir, was hat es mit diesem Bann auf sich, den Jakoven über ihn verhängt hat?«

Die Tamerlain schwieg kurz, bevor sie antwortete.»Ich kann ihn brechen.«

»Du hättest mich befreien können?«

Sie antwortete nicht.

Er fuhr herum und starte sie an.»Glaubst du, ich hätte so lange an diesem Hof überleben können, ohne genau zu wissen, wann ich manipuliert werde?«, fragte er verbittert. Ihr Verrat tat mehr weh als das

Wissen, dass er die Marionette des Königs gewesen war, genau, wie es alle immer gedacht hatten. Neunzehn Jahre lang war sie seine einzige Freundin, seine einzige Vertraute gewesen.»Wie freundlich von dir, mir nach all diesen Jahren zu zeigen, dass der König mich mit Magie belegt hatte. Ich nehme an, du wirst den Bann des Königs brechen, damit sich dieser Junge nicht auf dem ganzen Weg nach Hurog wehrt?«

Die Tamerlain trat zurück.»Es wäre besser zu warten, bis ihr unterwegs seid. Er wird in Estian nicht sicher sein, und wenn er Gelegenheit hat, wird er zweifellos versuchen zu fliehen. Er wird schlafen, bis ich den Bann breche, mit dem der König ihn belegt hat.«Sie zögerte.»Ich hätte es auch bei dir getan, aber Jakoven hätte es bemerkt. Es hätte dir nicht geholfen, und Aethervon sind Grenzen auferlegt, wie weit er sich dem König widersetzen kann.«

Das entsprach vielleicht sogar der Wahrheit. Garranon zuckte die Achseln.»Das ist jetzt gleich. Wir haben keine Zeit für solche Dinge, wenn ich den Jungen aus dem Schloss bringen soll, bevor alle aufwachen.«

Er hätte sie gern gefragt, ob sie verstand, was diese Aufgabe, die sie ihm übertragen hatte, für seinen Besitz, seine Frau und seinen Sohn bedeutete. Der König würde wissen, wer den Jungen genommen hatte, sobald er bemerkte, dass auch Garranon verschwunden war. Aber er wusste auch, dass seine Frau es ihm nicht danken würde, dieses Kind in Gefahr gelassen zu haben, weil er um sie und um Buril, sein Zuhause, fürchtete.

Der Junge wachte nicht auf, als Garranon ihn aufhob und durch die Gemächer trug, die einmal die seinen gewesen waren.

Er benutzte die Dienstbotenflure. Als er ein paar Zofen begegnete, knicksten sie vor ihm und wandten sich dann rasch wieder ab. Garranon hatte schon einige Kinder aus dem Palast weggebracht, die die Spielzeuge hoher Adliger gewesen waren, und die Diener würden ihn nicht freiwillig melden, bis sie erfuhren, aus wessen Bett er diesen Jungen genommen hatte.

Ein Stalljunge brachte ihm ohne Kommentar sein Pferd, dessen Satteltaschen schon für den Ritt nach Oranstein gefüllt waren, den er am nächsten Tag hatte antreten wollen. Als er darum bat, brachten sie ihm noch ein zweites Pferd, das der Junge reiten konnte, wenn er wieder wach war.

Der Stallmeister hielt den schlafenden Jungen, bis Garranon im Sattel war, dann übergab er ihn.

»Armer kleiner Kerl«, sagte der Mann.»Er kann froh sein, dass sie ihn mit ihren Drogen nicht umgebracht haben, so tief, wie er schläft.«

Garranon nickte; der Stallmeister brauchte nicht zu erfahren, dass Magie und keine Droge diesen unnatürlichen Schlaf bewirkt hatte. Seine eigene Stute war die Gesellschaft der Tamerlain gewöhnt, aber das zweite Pferd schnaubte und versuchte auszuweichen, als man es zu Garranon führte, damit er die Zügel nehmen konnte.

Der Stallmeister runzelte die Stirn.»Ich werde ein Stück mit Euch kommen, wenn Ihr eine zusätzliche

Hand braucht. Ich habe eine Tante im Süden, der es jeden Augenblick schlechter gehen könnte.«

Garranon rückte den Jungen vor sich zurecht und sortierte die Zügel, bis er beide Pferde unter Kontrolle hatte, dann schüttelte er den Kopf.»Es wäre besser, Euch nicht tiefer in diese Sache zu verwickeln. Ich bin nicht sicher, ob ich meine Beteiligung überleben werde.«

»Jadeauge«, sagte der Stallmeister finster.»Er ist wahrhaft böse. Ich verstehe nicht, was der König in ihm sieht.«

Garranon bedachte ihn mit einem dünnen Lächeln und lenkte die Pferde aus dem Stall. Die Wachen an den Eingangstürmen öffneten das Tor für ihn, ohne Fragen zu stellen, wie sie es schon öfter bei ähnlichen Gelegenheiten getan hatten. Garranon nickte ihnen zu und hoffte, dass keiner dafür bestraft würde, ihn so einfach aus dem Schloss gelassen zu haben. Die Tamerlain hielt Abstand und sprach erst wieder, als sie die Stadt hinter sich hatte.

»Es ist nicht notwendig, ihn den ganzen Weg nach Hurog zu bringen«, sagte sie.»Der Hurogmeten hat sein Lager in Menogue aufgeschlagen, um sich dort von seiner Gefangenschaft zu erholen. Aethervon hat ihm Träume geschickt; er weiß, dass er nach dem Jungen Ausschau halten soll.«

Ohne ein Wort wendete Garranon den Kopf seines Pferdes zu dem wenig benutzten Weg, der zu dem alten Tempel führte.

»Es ist gleich, wohin du gehst«, sagte sie.»Er verfügt über magische Fähigkeiten, Menschen und Dinge zu finden. Er wird auch dich finden.«

Nicht lange nach diesen Worten kam eine große Stute in Sicht, auf deren Rücken Ward von Hurog saß. Er sah erheblich besser aus als bei seinem kurzen Auftritt im Thronsaal.

Als Garranon ihn sah, zügelte er das Pferd und wartete, dass der Shavig-Mann näher kam.

»Hurogmeten«, grüßte er ihn.»Ich habe ein Geschenk für Euch. Ich glaube, er ist Euer Halbbruder. Er nennt sich Tychis.«

Die große rote Stute schnaubte sein Pferd an und ignorierte die Tamerlain. Ward kam näher und berührte das Gesicht des schlafenden Jungen. Er wirkte erleichtert.

»Das sind jetzt schon zwei Gefallen, die mein Haus Euch schuldet«, sagte er.

Garranon schüttelte den Kopf.»Ich glaube, ich bin immer noch derjenige, der Euch etwas schuldig ist. Was ich getan habe, hat Euch mehr geschadet, als ich Euch bisher helfen konnte. Nehmt ihn.«Er warf einen Blick zur Tamerlain, aber er wusste nicht, ob Ward sie sehen konnte, also sagte er:»Ich glaube, er wird bald aufwachen«, statt ihren Anteil an der Rettung des Jungen zu erklären. Selbst jetzt schützte er ihre Geheimnisse.»Er könnte ein wenig durcheinander und ziemlich feindselig sein, aber er muss aus Estian verschwinden.«

»Er ist mein Bruder«, antwortete Ward freundlich.»Mein Bruder Tychis. Er gehört nach Hurog.«Kurz sah er Garranon an, und es fiel dem Oransteiner schwer, hinter dieser freundlichen Maske zu erkennen, was im Kopf des Hurogmeten vorging.

»Wie steht Ihr in der Gunst des Königs?«

Garranon zuckte die Achseln.»Etwa so hoch wie jeder andere, der Jakoven bezichtigt, ein Kinderschänder zu sein. Nein. Niedriger als das, denn ich habe den Jungen gestohlen, der angeblich der Schlüssel ist - ich will lieber nicht wissen, weshalb -, dass Jakoven Farsons Fluch benutzen kann.«

Ward zeigte keine Reaktion, also wusste Garranon nun, dass der Hurogmeten über den Fluch informiert war.

»Also etwa so beliebt wie ich«, sagte Ward. Er sah Garranon eine Weile an, dann fragte er leise:»Und wie steht der König in Eurer Gunst?«

Garranon wandte den Blick ab.»Wie immer«, brachte er schließlich hervor.»Ihr solltet den Jungen lieber nehmen und aufbrechen - ich habe ein Pferd für ihn. Ich weiß nicht, wann Jakoven Leute schicken wird, um ihn zurückzuholen. Ihr habt vielleicht einen halben Tag, vielleicht auch nur eine halbe Stunde.«

Ward zuckte die Achseln und sagte:»Was würdet Ihr tun, wenn Ihr ein Messer hättet und dem König in einer dunklen Gasse begegnen würdet, wo es keine Zeugen gäbe?«

Garranon antwortete nicht, aber Ward lächelte und ritt um ihn herum, um die Zügel des reiterlosen Wallachs zu nehmen. Den Jungen ließ er in Garranons Armen.

»Dann kommt mit uns nach Hurog«, sagte er.»Das wird den König ein wenig durcheinanderbringen - ich nehme an, er erwartet, dass Ihr auf dem Rückweg nach Buril seid. Aber der König wird ihnen nichts tun, bis er Euch hat, wo er Euch haben will. Sie werden sicherer sein, wenn Ihr nicht dort seid. Also kommt mit uns«, wiederholte er.»Und auf dem Weg werde ich versuchen, Euch zu zeigen, wieso Euer Schicksal - und das meine - vielleicht nicht so hoffnungslos ist, wie Ihr denkt. Finster, ja. Aber nicht hoffnungslos.«

»Geh«, sagte die Tamerlain zu Garranon, und Ward schaute zu ihr hinab.

Garranon sah sie ebenfalls einen Augenblick an, dann lenkte er sein Pferd in die Richtung, aus der Ward gekommen war.

WARD

 

Heimat heilt das Herz. Ich beobachtete Garranon genau, als er sich in dem engen Lager umsah, Gesichter betrachtete und schließlich erschrocken nach Luft schnappte, als er Jakovens Bruder erkannte.»Kellen?«

Als ich abstieg, bemerkte ich, wie Kellens Mienespiel zu wechselhaft wurde, als dass ich es noch deuten konnte, aber der einzige Ausdruck, der schließlich blieb, war der reiner Freude.

Garranon zog die Brauen hoch, drehte sich zu mir um und sagte mit gekünstelter Ehrfurcht:»Und ich dachte, Jakoven würde mich mit Brandeisen und Häutemessern jagen. Aber ich habe nur sein neues Spielzeug gestohlen - Ihr hingegen habt seinen Bruder genommen.«

Kellen hatte ein paar Schritte vorwärtsgemacht, aber bei Garranons Worten war er vorsichtig wieder stehen geblieben.

Garranon schüttelte grinsend den Kopf.»Ich dachte, der König hätte vielleicht ein bisschen mehr abgebissen, als er schlucken könnte, während er sich mit den Hurogs anlegte - aber so weit gingen meine Träume nicht.«Er stieg ab, ohne seine Last zu stören, und reichte mir dann den Jungen.»Was habt Ihr vor, Kellen? Werdet Ihr vor Jakoven davonlaufen

und Euch in der Wildnis des Nordens verstecken?«In seiner Stimme lag nichts als Neugier.

Ich schaute ins schlafende Gesicht meines Halbbruders und wünschte mir, ich hätte ihn früher kennengelernt - und dass der einzige Grund dafür, ihn in Hurog zu behalten, darin bestünde, dass er mein Bruder war. Es hätte seine Aufnahme in den Haushalt für alle Beteiligten einfacher gemacht. Ich bemerkte auch, dass er einen Verband ums Handgelenk trug, und fragte mich, wie viel Blut Jakoven ihm bereits abgenommen hatte.

»Ich habe vor, Jakoven zu stürzen und an seiner Stelle König zu werden«, antwortete Kellen.

Garranon reckte den Hals, erst in die eine, dann in die andere Richtung. Ich stand nahe genug bei ihm, um das Knacken seiner Wirbelsäule zu hören. Dann machte er einen Schritt vor und fiel in einer anmutigen Bewegung vor Kellen auf die Knie.

»Ich bin Euer Mann«, sagte er.

Kellen wirkte verblüfft und warf Rosem einen Blick zu, dann sah er Tisala an, und schließlich bezog er von irgendwo so etwas wie königliche Haltung und umhüllte sich damit.

»Erhebt Euch. Ich werde niemanden bitten, vor mir zu knien, bis ich wirklich auf dem Thron sitze.«

Garranon stand auf und sah Kellen forschend an.»Ihr könntet ein paar hundert Mahlzeiten brauchen, mein Freund. Aber Ihr seht immer noch besser aus als bei meinem letzten Besuch.«

Kellen sah mich an.»Garranon kommt - kam trotz

Jakovens Missbilligung einmal in der Woche, um mich zu besuchen. Wir haben Schach gespielt.«

Ich erinnerte mich an das Schachbrett, dass Oreg zerstört hatte, und lächelte, als ich den Jungen auf den Boden legte. Oreg kam zu uns und sah sich das schlafende Kind an. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, was man Tychis gegeben hatte, damit er so tief schlief. Was immer sie ihm angetan hatten, ich hoffte, Oreg könnte es wieder richtig stellen.

»Gestattet mir«, sagte die Tamerlain und erschien auf der anderen Seite des Jungen.»Ich weiß, mit welchem Bann man ihn belegt hat, also wird es mir leichter fallen, ihn zu brechen.«

Ich spürte, wie ihre Macht anschwoll, bis sie den Jungen umgab, aber ich hätte nicht wirklich sagen können, was sie tat. Das Ergebnis war allerdings offensichtlich. Der Junge kam auf die Beine und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. Dann rief er etwas in der Gossensprache von Estian, das Kellens und Garranons Gespräch verstummen ließ und ihm die Aufmerksamkeit der meisten Leute in der Nähe einbrachte. Er griff nach unten, packte einen Stein und richtete sich wieder auf.

»Beeindruckend«, sagte ich trocken in der Sprache von Tallven - die wir ohnehin aus Höflichkeit gegenüber Kellen gebrauchten. Wenn ich mich recht an die Zeit vor seiner Gefangenschaft erinnerte, kam er auf Shavig zwar zurecht, konnte sich aber in seiner Muttersprache besser ausdrücken.»Was, glaubst du, wird passieren, nachdem du einen von uns mit dem Stein getroffen hast - immer vorausgesetzt, du kannst fest genug werfen, dass es etwas ausmacht?«

Er hörte auf zu fluchen und schaute ängstlich von mir zu Oreg und dem Rest der Männer (Tisala war ein Stück weiter weg damit beschäftigt, ein Pferd zu satteln), die ihn beobachteten. Ein paar kamen näher, die Hände am Schwert.

Ich scheuchte sie mit einer Geste weg.»Macht weiter mit dem Abschlagen des Lagers. Ich brauche ein wenig Zeit, um meinem Bruder hier zu erklären, worum es geht«, sagte ich erst auf Shavig für die Männer und dann noch einmal auf Tallvenisch.

Dann wandte ich mich wieder Tychis zu und nickte zum Gruß.»Ich bin Ward von Hurog, dein Halbbruder. Neben mir steht mein Magier Oreg, der ebenfalls eine Art Verwandter ist. Dein Onkel Duraugh und Tosten - ein weiterer Halbbruder von dir - sind dort drüben. Tosten ist der bei der Eiche, der die Hand am Schwert hat. Duraugh ist der Mann«, sagte ich und zeigte hinter Kellen,»der mich stirnrunzelnd ansieht.«

»Ich bin nicht Euer Bruder«, erklärte Tychis erbost in gebrochenem Shavig. Dann wiederholte er das noch einmal in der Gossensprache von Estian, zusammen mit ein paar weiteren schmutzigen Adjektiven.

Ich schüttelte traurig den Kopf und ließ mich auf dem Boden nieder, wo ich mehr auf einer Höhe mit ihm war und nicht so bedrohlich wirkte.»Es tut mir leid, wenn dich das quält, aber dein Vater war Fen-wick von Hurog, ebenso wie der meine. Du hast in Hurog noch ein halbes Dutzend weiterer Halbgeschwister. Ein paar von denen sind wahrscheinlich auch nicht gerade, was du dir wünschen würdest.«


Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 52 | Нарушение авторских прав


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