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Die Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »PS I love you« 18 страница



Holly rollte auf ihrem Bett herum, aufgeregt, gespannt und begeistert, und drückte gleich noch einmal auf»Play«. Sie hatte nach den Sternen gegriffen - und einen erwischt!

 

 

Achtundzwanzig

 

Holly starrte zu dem großen georgianischen Gebäude empor, und ihr ganzer Körper kribbelte vor Aufregung. Heute war ihr erster Arbeitstag, und sie spürte, dass es ihr in diesem Gebäude gut gehen würde. Es lag mitten im Stadtzentrum, und die Büros der Zeitschrift befanden sich auf dem Stockwerk über einem kleinen Cafe. In der letzten Nacht hatte Holly vor Nervosität nur wenig geschlafen, aber anders als bei ihren bisherigen Jobs graute ihr kein bisschen vor dem Neuanfang. Sie hatte Mr. Feeney gleich zurückgerufen (nachdem sie seine Nachricht noch ungefähr tausendmal angehört hatte), ihr zweites Vorstellungsgespräch abgesagt und dann ihrer Familie und ihren Freunden die frohe Nachricht überbracht. Natürlich waren sie alle genauso begeistert gewesen, und als sie heute früh das Haus verlassen hatte, war ein wunderschöner Blumenstrauß angeliefert worden - von ihren Eltern, mit den besten Wünschen.

Sie fühlte sich wie am ersten Schultag und hatte sich extra neue Stifte und eine Mappe zugelegt, mit der sie ganz besonders businesslike aussah. Trotzdem war sie traurig geworden, als sie sich zum Frühstück an den Tisch setzte. Traurig, weil Gerry diesen spannenden Tag nicht miterlebte. Sonst hatte es immer ein bestimmtes Ritual gegeben, wenn Holly in einem neuen Job anfing, was ja recht häufig vorgekommen war: Gerry brachte ihr das Frühstück ans Bett und packte ihr dann ein großes Lunchpaket mit Schinken-KäseSandwiches, einem Apfel, einer Tüte Chips und einem Schokoriegel. Dann fuhr er sie zur Arbeit und rief in der Mittagspause an, um sich zu vergewissern, dass ihre Kollegen nett zu ihr waren. Nach Feierabend holte er sie ab und brachte sie nach Hause. Dann aßen sie zusammen, und Gerry hörte zu und lachte, während Holly die verschiedenen Leute im Büro beschrieb und meistens auch schon darüber jammerte, wie sehr sie ihre Arbeit hasste. Natürlich machten sie das alles nur am ersten Tag. In normalen Zeiten quälten sie sich wie die meisten anderen Menschen in letzter Minute aus den Federn, machten einen Wettlauf zur Dusche und schlurften dann mehr oder weniger brummig in der Küche herum, wo sie schnell eine Tasse Kaffee hinunterschütteten, um besser in den Tag zu kommen. Zum Abschied küssten sie sich, dann ging jeder seiner Wege. Am nächsten Tag wiederholte sich alles. Wenn Holly gewusst hätte, dass ihre gemeinsame Zeit so kurz bemessen war, hätte sie sich nicht so von der ganzen öden Routine auffressen lassen, tagein, tagaus…

Doch heute Morgen war es ganz anders. Sie erwachte in einem leeren Haus, allein im Bett, und niemand brachte ihr das Frühstück. Sie musste nicht darum kämpfen, als Erste unter die Dusche zu kommen, und in der Küche war es ohne Gerrys morgendliche Niesanfälle ganz still. Irgendwie hatte sie sich eingebildet, Gerry würde wie durch ein Wunder heute früh bei ihr sein und sie begrüßen, weil das der Tradition entsprach und weil sich so ein besonderer Tag sonst nicht richtig anfühlte. Aber der Tod machte keine Ausnahmen. Es gab kein Zurück.

Jetzt, vor der Tür des Bürogebäudes, kontrollierte Holly noch einmal, ob sie den Reißverschluss an ihrer Hose ordentlich zugezogen, das Jackett nicht aus Versehen in die Unterhose gesteckt und auch keine Knöpfe an ihrer Blusen vergessen hatte. Zufrieden, dass sie präsentabel aussah, ging sie die Treppe hinauf. Am Empfang kam die Sekretärin, die sie vom Vorstellungsgespräch kannte, gleich hinter ihrem Schreibtisch hervor, um sie zu begrüßen. Holly hatte sie auf Anhieb gemocht.

»Hi, Holly«, sagte sie und schüttelte ihr herzlich die Hand.»Willkommen in unseren heiligen Hallen!«, meinte sie lachend, mit einer ausladenden Handbewegung. Sie war ungefähr im gleichen Alter wie Holly, hatte lange blonde Haare, ein freundliches Gesicht und fast immer ein Lächeln auf den Lippen.



»Ich bin übrigens Alice und arbeite hier am Empfang, wie Sie ja wissen. Jetzt bringe ich Sie erst mal zum Boss, der wartet nämlich schon auf Sie.«

»Gott, bin ich etwa zu spät dran?«, fragte Holly besorgt und schaute auf ihre Armbanduhr. Sie war extra früh von zu Hause aufgebro-


chen und hatte reichlich Zeit eingeplant, um trotz des Verkehrs an ihrem ersten Tag besonders pünktlich zu sein.

»Nein, überhaupt nicht«, erwiderte Alice, während sie Holly zu Mr. Feeneys Büro führte.»Kümmern Sie sich nicht um Chris und die anderen, das sind alles Workaholics, die sich dringend ein Privatleben zulegen sollten. Mich sehen Sie hier nach sechs bestimmt nicht mehr, darauf können Sie sich verlassen.«Holly lachte. So wie Alice war sie früher auch gewesen.

»Jedenfalls dürfen Sie nicht anfangen, zu früh zu kommen und spät aufzuhören, nur weil die es tun. Ich glaube, Chris wohnt praktisch in seinem Büro, das kann man sowieso nicht toppen. Der Mann ist nicht normal«, sagte sie laut, klopfte an die Tür und führte Holly hinein.

»Wer ist nicht normal?«, erkundigte sich Mr. Feeney barsch, stand von seinem Stuhl auf und streckte sich.

»Na, du natürlich«, antwortete Alice und machte die Tür hinter sich zu.

»Sehen Sie, wie meine Leute mich behandeln?«, lachte er, trat auf Holly zu und streckte die Hand zur Begrüßung aus. Sein Händedruck war genauso warm und herzlich wie beim ersten Mal, und Holly fühlte sich sofort wohl in der entspannten Atmosphäre des Teams.

»Danke, dass Sie mich eingestellt haben, Mr. Feeney«, sagte Holly ehrlich.

»Sie dürfen mich gerne Chris nennen, und es besteht kein Grund, mir zu danken. Ende des Monats werde ich mich bei Ihnen bedanken.«

Holly runzelte die Stirn, weil sie nicht recht wusste, was sie von dieser Bemerkung halten sollte.

»Unsere Zeitschrift erscheint monatlich, das ist alles, was ich gemeint habe, Holly«, beruhigte er sie.

»Oh… gut.«Holly lachte.»Ich dachte schon, Sie entlassen mich gleich wieder.«

»Aber nein! Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Büros.«Zusammen gingen sie den Korridor hinunter. An den Wänden hingen in einzelnen Rahmen die Titelseiten aller in den letzten zwanzig Jähren veröffentlichten Nummern.

»Kein sonderlich schickes Ambiente, aber hier drin arbeiten unsere fleißigen Ameisen«, sagte er, öffnete die Tür, und Holly blickte in ein riesiges Büro. Dort standen ungefähr zehn Schreibtische, und es wimmelte von Leuten vor ihren Computern und am Telefon. Alle blickten auf und winkten Holly zu. Holly lächelte und rief sich ins Gedächtnis, wie wichtig der erste Eindruck ist.»Das sind die wunderbaren Journalisten, die mir helfen, meine Rechnungen zu bezahlen«, erklärte Chris.»Das hier ist Ciaran, der Moderedakteur, Mary, die Frau für Food, und hier Brian, Steven, Gordon, Aishling und Tracey. Sie müssen nicht so genau wissen, was die tun, denn sie trödeln eigentlich sowieso nur rum.«Er lachte, und einer der Männer drohte ihm mit dem Finger, ohne sein Telefongespräch zu beenden.

»Hört mal alle her, das hier ist Holly!«, rief Chris, alle winkten noch einmal und arbeiteten weiter.

»Der Rest der Journalisten arbeitet frei, deshalb werden Sie sie nicht allzu oft in der Redaktion antreffen«, erklärte Chris, während er Holly in den nächsten Raum führte.»Hier verstecken sich die Computerfreaks, zum Beispiel Dermot und Wayne, die für Layout und Design zuständig sind. Mit den beiden werden Sie eng zusammenarbeiten, denn sie müssen natürlich wissen, welche Anzeigen wohin kommen. Jungs, das hier ist Holly.«

»Hi, Holly!«Die beiden Männer standen auf und schüttelten Holly die Hand, dann verkrochen sie sich wieder hinter ihren Computern.

»Ich hab sie gut erzogen, was?«, lachte Chris, und sie gingen wieder hinaus auf den Korridor.»Da unten ist der Konferenzraum. Jeden Morgen um Viertel vor neun haben wir ein Meeting, aber Sie brauchen nur montags daran teilzunehmen, damit Sie auf dem Laufenden bleiben.«

Holly nickte zu allem, was er sagte, und versuchte, sich die ganzen Namen zu merken.

»Die Treppe runter sind die Toiletten, und jetzt zeige ich Ihnen noch Ihr Büro.«

Sie gingen den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren, und Holly sah sich noch einmal ganz gespannt die Bilder an den Wänden an. Sie war beeindruckt.

»So, das hier ist Ihr Büro«, sagte Chris, öffnete die Tür und ließ Holly vorgehen.

Holly konnte nicht anders, sie musste die ganze Zeit lächeln, während sie sich in dem kleinen Raum umschaute. Noch nie zuvor hatte sie ein eigenes Büro gehabt. In dieses hier passte alles Notwendige: ein Aktenschrank, ein Schreibtisch mit einem Computer, neben dem sich Akten stapelten, und gegenüber ein Regal mit noch mehr Akten, Büchern und alten Zeitschriften. Fast die gesamte Wand hinter dem Schreibtisch wurde von einem großen Fenster eingenommen, und obwohl es draußen kalt und windig war, herrschte im Zimmer eine gemütliche, helle Atmosphäre. Holly konnte sich sehr gut vorstellen, hier zu arbeiten.

»Perfekt!«, rief sie und stellte ihre Mappe auf dem Schreibtisch ab.

»Gut«, sagte Chris.»Ihr Vorgänger war ausgesprochen gut organisiert, und in den Ordnern sind detaillierte Unterlagen über alles, was getan werden muss. Falls Sie irgendwelche Probleme oder Fragen haben, kommen Sie einfach zu mir. Ich sitze gleich nebenan.«Zur Verdeutlichung klopfte er an die Wand.

»Also, ich erwarte keine Wunder von Ihnen, ich weiß ja, dass das alles neu für Sie ist, und Sie werden sicher auch eine Menge Fragen haben. Unsere nächste Ausgabe ist nächste Woche fällig, denn die Zeitschrift erscheint immer am Ersten des jeweiligen Monats.«

Holly machte große Augen. Also hatte sie genau eine Woche Zeit, um mit ihrem ersten Heft fertig zu werden!

»Keine Sorge«, lächelte Chris.»Für die Oktobernummer sind Sie noch nicht verantwortlich, ich möchte, dass Sie sich auf die Novembernummer konzentrieren. Machen Sie sich mit dem Layout vertraut. Wir gestalten die Seiten jeden Monat im gleichen Stil, also werden

Sie bald wissen, was auf welche Seiten kommt. Es ist eine Menge Arbeit für einen allein, aber wenn Sie einigermaßen strukturiert rangehen, ist es kein Hexenwerk. Am besten sprechen Sie mit Dermot und Wayne vom Layout, die erklären Ihnen die Standards, und wenn Sie sonst was brauchen, fragen Sie Alice. Sie ist für alle da.«Er hielt inne und schaute sich um.»Das war’s dann so in etwa. Noch irgendwelche Fragen im Moment?«

Holly schüttelte den Kopf.»Ich glaube, Sie haben alles angesprochen.«

»Schön, dann überlasse ich Sie jetzt erst einmal Ihrer Arbeit.«Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, setzte Holly sich an ihren Schreibtisch. Ihr neues Leben machte ihr schon ein wenig Angst. So einen tollen Job hatte sie noch nie gehabt, und es klang, als würde sie ganz ordentlich zu tun haben. Aber sie war froh. Da sie sich unmöglich alle Namen ihrer Kollegen merken konnte, holte sie ihren Notizblock heraus und schrieb sich schon mal alle auf, die ihr noch auf Anhieb einfielen. Dann holte sie sich den ersten Ordner und fing an, ihrer neuen Aufgabe auf den Grund zu gehen.

So vertieft war sie in ihre Lektüre, dass sie gar nicht merkte, wie die Zeit für die Mittagspause verstrich. Aber den Geräuschen auf dem Flur nach zu schließen, machte auch sonst keiner im Büro davon Gebrauch. In ihren anderen Jobs hatte Holly normalerweise mindestens eine halbe Stunde vor der Mittagspause aufgehört zu arbeiten, um darüber nachzudenken, was sie essen könnte. Dann hatte sie ihren Arbeitsplatz fünfzehn Minuten vor Pausenbeginn verlassen und war fünfzehn Minuten nach Pausenende wiedergekommen, vorgeblich wegen des Verkehrs - dabei ging sie immer zu Fuß. Den größten Teil des Tages hatte sie mit Tagträumen und privaten Telefongesprächen verbracht. Am Monatsende stand sie als Erste in der Schlange, um ihren Scheck zu kassieren, von dem nach zwei Wochen nichts mehr übrig war.

Ja, das hier war anders als ihre bisherigen Erfahrungen in der Arbeitswelt, und sie freute sich darauf.

 

»Hast du deinen Pass, Ciara?«, fragte Holly Mutter zum dritten Mal, seit sie das Haus verlassen hatten.

»Ja, Mum«, ächzte Ciara.»Ich sag’s dir gern auch noch zum hundertsten Mal: Er ist hier drin.«

»Zeig ihn mir«, verlangte Elizabeth und drehte sich auf dem Beifahrersitz um.

»Nein, ich denke gar nicht daran! Ich bin kein Baby mehr, weißt du.«


Declan schnaubte verächtlich, und Ciara versetzte ihm mit dem Ellbogen einen Rippenstoß.»Halt die Klappe.«

»Ciara, zeig Mum deinen Pass, damit sie beruhigt ist«, sagte Holly müde.

»Na gut«, lenkte Ciara ein und nahm ihre Tasche auf den Schoß.»Er ist da drin, siehst du, Mum… nein, warte mal, er muss hier sein… nein, vielleicht hab ich ihn dort reingestopft… o verdammt!«

»Herr des Himmels, Ciara«, knurrte ihr Vater, trat auf die Bremse und wendete ohne ein weiteres Wort.

»Was denn?«, fragte sie wütend.»Ich hab ihn da reingesteckt, irgendjemand muss ihn wieder rausgeholt haben«, brummte sie, während sie den Inhalt der Tasche im Auto verteilte.

»O Mann, Ciara«, stöhnte Holly, als ihr ein Slip um die Ohren flog.

»Ach, halt die Klappe«, schimpfte ihre Schwester weiter.»Ich bin ja bald weg, dann braucht ihr euch nicht mehr über mich zu ärgern.«

Alle schwiegen, denn es stimmte ja. Ciara würde für wer weiß wie lange in Australien bleiben, und natürlich würden sie sie schrecklich vermissen, so laut und irritierend sie gelegentlich auch sein mochte.

Holly saß gegen das Seitenfenster gequetscht mit Declan und Ciara auf dem Rücksitz, und ihr Vater fuhr sie zum Flughafen. Wieder ein Abschied. Richard hatte Mathew und Jack mitgenommen (Letzteren unter Protest), und inzwischen waren sie wahrscheinlich schon dort, denn Ciara hatte schon zum zweiten Mal zum Umkehren gezwungen - das erste Mal hatte sie ihren Nasenring vergessen, den sie unbedingt brauchte, weil er ihr Glück brachte.

Eine Stunde, nachdem sie aufgebrochen waren, erreichten sie den Flughafen; normalerweise dauerte die Fahrt zwanzig Minuten.

»Warum habt ihr denn so lange gebraucht?«, fragte Jack, als sie endlich mit langen Gesichtern eintrudelten.»Du kannst mich doch nicht die ganze Zeit hier mit Richard alleine lassen, Holly.«

»Ach hör auf, Jack«, wehrte Holly ab,»so schlimm ist er doch gar nicht.«

»Du hast dich aber verändert«, neckte er sie mit gespielter Überraschung.

»Nein, das nicht, aber ich glaube, du irrst dich«, fauchte sie und ging hinüber zu Richard, der wie immer allein dastand und ins Leere blickte. Sie lächelte ihn an.

Währenddessen wurde Ciara von ihrer Mutter fest umarmt.»Und melde dich ein bisschen öfter als das letzte Mal, ja, Schätzchen?«, bat sie.

»Natürlich Mum, ganz bestimmt. O bitte, wein doch nicht, sonst fang ich auch noch an.«

Auch Holly hatte einen Kloß im Hals und kämpfte mit den Tränen. Sie waren in den letzten Monaten oft zusammen gewesen, und Ciara hatte es immer geschafft, sie aufzuheitern, wenn sie am Boden war. Sie würde ihre Schwester vermissen, obwohl ihr natürlich klar war, dass sie mit Mathew gehen musste. Er war ein netter Kerl, und Holly freute sich, dass die beiden sich gefunden hatten.

»Pass gut auf meine Schwester auf«, mahnte sie Mathew. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn in den Arm zu nehmen.

»Keine Sorge, bei mir ist sie in guten Händen«, lächelte er.

»Dass mir keine Klagen kommen, ja?«, schloss auch Frank sich an und klopfte Mathew lächelnd auf den Rücken. Natürlich entging Mathew der warnende Unterton nicht, und er beteuerte eifrig, er werde sein Bestes tun.

»Ciao, Richard«, sagte Ciara und umarmte ihren Bruder.»Bleib weg von Meredith, ja? Du bist viel zu gut für dieses Miststück.«

»Ich werde mein Bestes tun«, antwortete er traurig, freute sich aber trotzdem über Ciaras Ermutigung.

»Du kannst uns jederzeit besuchen, Declan, vielleicht einen Film über mich drehen oder so«, verabschiedete sich Ciara von ihrem jüngsten Bruder und umarmte auch ihn.

»Pass auf meine große Schwester auf«, ermahnte sie Jack und wandte sich dann lächelnd zu Holly:»Ich werde dich schrecklich vermissen.«

»Und mach nicht wieder dieses komische Bunch-Springen, Ciara.

Das ist viel zu gefährlich«, warnte ihr Vater.

»Das heißt Bungeejumping, Dad!«, korrigierte ihn Ciara und küsste ihn und ihre Mutter noch einmal auf beide Wangen.»Keine Sorge, ich werde schon was Neues finden.«

Schweigend stand Holly inmitten ihrer Familie und sah zu, wie Ciara und Mathew Hand in Hand zur Tür hinausgingen. Selbst Declan hatte Tränen in den Augen, obwohl er es zu verbergen versuchte und so tat, als musste er niesen.

Frank hielt seine Frau eng an sich gedrückt, während Elizabeth mit tränenüberströmtem Gesicht ihrer Tochter nachwinkte.

Alle lachten, als Ciara durch die Sicherheitskontrolle ging und der Alarm losschrillte; sie musste die Taschen ausleeren und wurde einer Leibesvisitation unterzogen.

»Jedes verdammte Mal«, lachte Jack.»Ein Wunder, dass man sie überhaupt noch ausreisen lässt.«

Alle winkten noch einmal, als Ciara und Mathew weitergingen und die pinkfarbenen Haare schließlich endgültig in der Menge verschwanden.

»Na schön«, sagte Elizabeth und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.»Dann könnte doch jetzt der Rest der Bagage mit uns nach Hause kommen, und wir essen alle zusammen zu Mittag.«

Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden, denn es war allen klar, dass ihre Mutter das jetzt brauchte.

»Diesmal kannst du ja mit Richard fahren«, bot Jack Holly an und wanderte auch schon mit dem Rest der Familie davon.

»Wie war denn deine erste Arbeitswoche, Liebes?«, fragte Hollys Mutter, als sie alle um den großen Tisch herumsaßen.

»Oh, es war toll, Mum«, antwortete Holly mit leuchtenden Augen.»Es ist viel interessanter und anspruchsvoller als die anderen Jobs, die ich bisher hatte, und meine Kollegen sind total nett. Eine sehr angenehme Atmosphäre.«

»Na, das ist doch das Wichtigste, oder nicht?«, meinte Frank zufrieden.»Und wie ist dein Chef?«

»Ach, der ist ein echter Schatz. Er erinnert mich an dich, Dad, ich möchte ihn am liebsten in den Arm nehmen und küssen.«

»Das klingt mir nach sexueller Belästigung am Arbeitsplatz«, witzelte Declan, und Jack kicherte.

Holly verdrehte die Augen.

»Machst du denn dieses Semester noch irgendwelche neuen Filme, Declan?«, erkundigte sich Jack.

»Ja, über Obdachlose«, antwortete Declan kauend.

»Declan«, ermahnte ihn Elizabeth.»Sprich bitte nicht mit vollem Mund.«

»Entschuldigung«, antwortete Declan und spuckte sein Essen auf den Tisch.

Jack fing laut an zu lachen und erstickte fast an seinem Bissen, aber der Rest der Familie wandte sich angewidert ab.

»Worum geht es in dem Film noch mal?«, fragte Frank nach, der um jeden Preis eine familiäre Auseinandersetzung verhindern wollte.

»Ich drehe dieses Semester fürs College eine Dokumentation über

Obdachlose.«

»Oh, sehr gut«, antwortete sein Vater.

»Und mit welchem Familienmitglied besetzt du diesmal die Hauptrolle? Mit Richard?«, fragte Jack, wohl wissend, wie fies er war.

Entrüstet knallte Holly Messer und Gabel auf den Tisch.

»Das ist wirklich nicht komisch, Mann«, antwortete Declan zu Hollys Überraschung.

»Gott, warum sind denn zurzeit alle so empfindlich?«, fragte Jack und blickte in die Runde.»Es war doch bloß ein Witz.«

»Aber er war nicht komisch, Jack«, meinte auch Elizabeth streng.

»Was hat er gesagt?«, fragte Frank, der plötzlich aus einer Art Trance erwacht war. Aber seine Frau schüttelte nur den Kopf, und er begriff, dass er besser nicht noch einmal nachfragte.

Holly sah Richard an, der am anderen Ende des Tischs saß und ruhig sein Essen verspeiste. Sie empfand großes Mitgefühl mit ihm. Eine solche Behandlung hatte er nicht verdient. Entweder war Jack gemeiner als sonst, oder Holly war dumm genug gewesen, solche Scherze lustig zu finden.

»Tut mir Leid, Richard, ich hab nur Spaß gemacht«, sagte Jack.

»Ist schon okay, Jack.«

»Hast du denn inzwischen einen Job gefunden?«

»Nein, noch nicht.«

»Schade«, meinte Jack trocken, und Holly warf ihm einen wütenden Blick zu. Was zum Teufel war denn mit ihm los?

Wortlos nahm Elizabeth ihr Besteck und ihren Teller, ging ins Wohnzimmer, stellte den Fernseher an und ließ sich davor nieder.

Ihre beiden»kleinen Elfen«brachten sie einfach nicht mehr zum Lachen.


 

 

Neunundzwanzig

 

Holly trommelte mit den Fingern auf ihren Schreibtisch und starrte aus dem Fenster. Diese Woche flutschte die Arbeit nur so. Sie hatte gar nicht gewusst, dass ein Job dermaßen viel Spaß machen konnte. Sie hatte fast alle Mittagspausen durchgearbeitet, hatte Überstunden gemacht, und trotzdem war das Bedürfnis, die Welt zu ohrfeigen, bislang ausgeblieben. Na ja, sie war erst drei Wochen hier… Aber das Tollste war, dass sie sich unter ihren Kollegen ausgesprochen wohl fühlte. Alle arbeiteten mehr oder weniger vor sich hin; die Einzigen, mit denen sie näher Kontakt hatte, waren Dermot und Wayne vom Layout. Im Allgemeinen herrschte im Büro ein leicht ironischer Ton, alle duzten sich, und manchmal entspannen sich zwischen den einzelnen Räumen laute Wortgefechte, die aber immer freundlich und witzig blieben. Es gefiel Holly ausnehmend gut.

Sie liebte das Gefühl, zu einem Team zu gehören, das Gefühl, dass sie etwas tat, was für das fertige Produkt eine Rolle spielte. Alle Medien hingen von der Werbung ab, das hatte Chris mehr als einmal deutlich gemacht, und sie war für die Anzeigen zuständig.

Der Gedanke an Gerry war immer präsent. Jedes Mal, wenn sie erfolgreich eine Anzeigenstrecke ausgehandelt hatte, dankte sie ihm im Stillen, weil er sie dazu gebracht hatte, sich für diesen Job zu bewerben. Noch immer hatte sie schlechte Tage, an denen sie sich zu unwichtig vorkam, um überhaupt aufzustehen, aber der Spaß an ihrem Job scheuchte sie aus dem Bett und spornte sie an.

Jetzt hörte sie, wie in Chris’ Büro neben ihr das Radio anging, und sie lächelte. Zu jeder vollen Stunde hörte er Nachrichten, die sich unbewusst in Hollys Gedächtnis einprägten. So informiert hatte sie sich in ihrem ganzen Leben noch nie gefühlt.

»Hey!«, schrie sie und hämmerte gegen die Wand.»Stell das Ding leiser! Andere Leute müssen arbeiten!«

Sie hörte ihn kichern und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Ein freier Mitarbeiter hatte einen Artikel darüber eingereicht, wie er auf der Suche nach dem billigsten Pint Bier in Irland herumgereist war. Sehr amüsant. Unten auf der Seite war noch Platz, den es zu füllen galt. Als sie in ihrem Adressbuch blätterte, kam ihr eine Idee. Rasch griff sie zum Telefon und wählte.

»Hier Hogan’s.«

»Hallo, ich möchte bitte Daniel Connelly sprechen.«

»Einen Moment bitte.«

Wieder das elende»Greensleeves«, aber sie tanzte beim Warten trotzdem im Zimmer herum. Zufällig streckte in diesem Moment Chris den Kopf zur Tür herein, zog ihn aber schnell wieder zurück. Holly grinste.»Hallo?«

»Daniel?«

»Ja?«

»Hi, hier ist Holly.«

»Oh, wie geht’s dir, Holly?«

»Mir geht’s großartig, danke. Und dir?«

»Könnte nicht besser sein.«

»Solche Klagen hört man gern.«

Er lachte.»Und was macht dein Superjob?«

»Na ja, eigentlich rufe ich dich deshalb an«, gestand Holly und hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen.

»O nein!«, lachte er wieder.»Ich habe mir geschworen, dass ich nie wieder jemanden namens Kennedy einstelle.«

»Verdammt«, erwiderte Holly und kicherte,»jetzt hab ich mich schon so darauf gefreut, deinen Kunden ein paar Drinks über den

Kopf zu schütten.«

»Was gibt’s denn?«, erkundigte er sich, wieder ernst werdend.

»Erinnere ich mich richtig, dass du mal gesagt hast, du müsstest mehr Werbung für den Club Diva machen?«

»Ja, daran erinnere ich mich auch.«

»Gut. Wie wäre es mit einer Anzeige im X-Magazin?«

»Ist das die Zeitschrift, bei der du jetzt arbeitest?«

»Nein, ich dachte bloß, es wäre eine interessante Frage, weiter nichts«, scherzte sie.»Natürlich arbeite ich hier!«

»Dann bist du ja direkt um die Ecke!«

»Stimmt genau.«

»Warum seh ich dich dann nie zum Lunch?«, neckte er sie.»Ist mein Pub etwa nicht mehr gut genug für dich?«

»Oh, hier essen mittags alle einfach was am Schreibtisch«, erklärte sie.»Was hältst du davon?«

»Ich finde das ziemlich blöd von euch allen.«

»Nein, ich meine, was hältst du von der Anzeige?«

»Ja, sicher, das ist eine gute Idee.«

»Okay, dann setze ich sie in die Novembernummer. Möchtest du sie monatlich drin haben?«

»Möchtest du mir vielleicht mitteilen, wie viel mich das kosten würde?«

Holly rechnete den Betrag rasch aus und nannte ihn ihm.

»Hmmm…«, meinte er nachdenklich.»Das muss ich mir erst mal durch den Kopf gehen lassen, aber im November möchte ich die Anzeige auf jeden Fall drin haben.«

»Wunderbar! Wenn das in Druck geht, bist du im Handumdrehen Millionär.«

»Hoffen wir das Beste«, lachte er.»Übrigens haben wir nächste Woche eine Releaseparty für ein neues Getränk. Soll ich deinen Namen auch auf die Gästeliste setzen?«

»Ja, das wäre toll. Was ist das für ein Getränk?«

»Es heißt Blue Rock. Irgend so ein neuer Alkohol-Limo-Mix, der angeblich ganz groß rauskommen wird. Schmeckt beschissen, aber man kriegt es den ganzen Abend umsonst, deshalb mach ich mit.«

»Gute Werbung«, kicherte Holly.»Wann steigt die Party denn?«Sie kramte ihren Kalender hervor und notierte sich den Termin.»Das ist prima, ich kann gleich nach der Arbeit rüberkommen.«

»In dem Fall solltest du nicht vergessen, deinen Bikini mit zur Arbeit zu nehmen.«

»Was soll ich nicht vergessen?«

»Deinen Bikini«, lachte Daniel.»Das Motto des Abends heißt

›Strandparty‹.«

»Aber es ist schon fast Winter!«

»Das war nicht meine Idee. Der Slogan lautet: ›Blue Rock, der neue heiße Drink für den Winter‹.«»Wie kreativ«, meinte sie.

»Ja, nicht? Wir lassen überall auf den Fußboden Sand streuen, was beim Aufräumen wahrscheinlich der totale Albtraum wird, und unsere Barleute kommen in Bikinis und Strandsachen. Du, ich muss zurück an die Arbeit, es ist heute schwer was los hier.«

»Danke, Daniel. Denk drüber nach, wie deine Anzeige aussehen soll, und melde dich dann bei mir.«

»Mach ich.«

Holly legte auf und blieb eine Weile gedankenverloren sitzen.

Schließlich stand sie auf und ging nach nebenan zu Chris.

»Fertig mit der Tanzerei?«, erkundigte er sich mit einem Schmunzeln.

»Ja, ich hab mir eine kleine Schrittfolge ausgedacht, die wollte ich dir jetzt zeigen«, scherzte sie.

Er lachte.»Hast du eine Frage?«Schnell schrieb er seinen Satz fertig und nahm die Brille ab.

»Keine Frage, nur eine Idee.«

»Setz dich doch.«Er nickte zu dem Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs. Gerade vier Wochen war es her, dass sie hier zum Vorstellungsgespräch gesessen hatte.

»Und wie lautet deine Idee?«

»Na ja, du kennst doch sicher Hogan’s, den Pub hier um die Ecke?«

Chris nickte.

»Der Besitzer ist ein Freund von mir, und er will eine Anzeige in die Zeitschrift setzen.«

»Das ist prima, aber ich hoffe, du erzählst mir nicht von jeder neuen Anzeige, sonst sitzen wir das ganze Jahr hier rum.«

»Nein, darum geht’s nicht, Chris. Er hat mir gesagt, dass er eine Releaseparty gibt, für ein neues Mixgetränk namens Blue Rock. Alles unter dem Motto ›Strandparty‹, mit Bikinis und so.«


Дата добавления: 2015-11-05; просмотров: 27 | Нарушение авторских прав







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