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thrillerSchaetzingSchwarmFischer verschwindet vor Peru, spurlos. Цlbohrexperten stoЯen in der norwegischen See auf merkwьrdige Organismen, die hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz 7 страница



. MärzJohanson wurde aus dem Schlaf gerissen. Es schellte. Er tastete irrtümlich nach dem Wecker, bis ihm klar wurde, dass es das Telefon war. Fluchend und augenreibend richtete er sich auf. Sein Orientierungssinn wollte sich nicht recht einstellen, und er kippte wieder nach hinten. In seinem Schädel drehte sich alles.war los gewesen gestern Abend? Sie waren versackt, er und ein paar Kollegen. Studenten waren auch dabei gewesen. Dabei hatten sie nur zu Abend essen wollen im Havfruen, einem umgebauten Speicher nahe der Garnie Bybru, der alten Stadtbrücke. Im Havfruen gab es köstliche Fischgerichte und einige gute Weine. Einige sehr gute Weine, wie er sich plötzlich erinnerte. Sie hatten am Fenster gesessen und auf den Fluss hinausgesehen mit seinen stromaufwärts gelegenen Piers und kleinen Privatbooten, hatten den Lauf der Nidelva verfolgt, wie sie gemächlich in den nahen Trondheimfjord floss, und auch in ihre Kehlen war einiges geflossen. Jemand hatte angefangen, Witze zu erzählen. Danach war Johanson mit dem Patron in einen feuchten Keller hinabgestiegen und hatte sich gut gelagerte Schätze zeigen lassen, die der Chef gemeinhin nicht rausrückte.Problem dieses frühen Morgens schien unter anderem darin zu bestehen, dass er sie am Ende doch rausgerückt hatte.seufzte.bin sechsundfünfzig, dachte er, während er sich hochstemmte und diesmal aufrecht sitzen blieb. Ich sollte so was nicht mehr tun. Nein, falsch, ich sollte es tun, aber niemand sollte mich so früh anrufen, nachdem ich es getan habe.schellte weiter. Hartnäckig. Unter übertriebenem Ächzen, wie er zugeben musste — zumal niemand anwesend war, es zu hören —, stellte er sich auf die Beine und gelangte taumelig ins Wohnzimmer. Hatte er heute Vorlesung? Der Gedanke traf ihn wie eine Faust. Schrecklich! Grauenhafte Vorstellung, da vorne zu stehen und exakt so alt auszusehen, wie er war, kaum fähig, das Kinn von der Brust zu heben. Er würde sich mit seinem Hemdkragen und seiner Krawatte unterhalten, sofern seine Zunge es überhaupt gestattete. Augenblicklich lag sie pelzig in seinem Mund und schien allem abgeneigt, was mit Bewegung und Artikulation einherging.er endlich den Hörer abnahm, fiel ihm plötzlich ein, dass Samstag war. Seine Laune besserte sich schlagartig.

»Johanson«, meldete er sich überraschend klar.

»Mein Gott, brauchst du lange«, sagte Tina Lund.verdrehte die Augen und sank in den Fernsehsessel.»Wie viel Uhr ist es?«

»Halb sieben. Warum?«

»Es ist Samstag.«

»Ich weiß, dass Samstag ist. Hast du irgendwas? Du klingst nicht besonders gut.«

»Ich bin auch nicht besonders gut drauf. Was willst du um diese nebenbei gesagt völlig indiskutable Uhrzeit?«kicherte.

»Ich wollte dich überreden, raus nach Tyholt zu kommen.«

»Ins Institut? Wozu, um alles in der Welt?«

»Ich dachte, es wäre nett, zusammen frühstücken zu gehen. Kare ist für ein paar Tage in Trondheim, er würde sich bestimmt freuen, dich zu sehen.«Sie machte eine kleine Pause.»Außerdem wollte ich dich was fragen.«

»War mir schon klar. Es sieht dir nicht ähnlich, einfach mit mir frühstücken zu gehen.«

»Nein, du verstehst mich falsch. Ich wollte deine Meinung zu etwas hören.«

»Zu was?«

»Nicht am Telefon. Kommst du?«

»Gib mir eine Stunde«, sagte Johanson und gähnte, bis er fürchtete, seine Kiefer überdehnt zu haben.»Nein, gib mir zwei. Ich will nochmal zur Uni. Möglicherweise sind weitere Befunde über deine Würmer eingetroffen.«

»Das wäre gut. Ist das nicht irre? Erst war ich es, die alle verrückt gemacht hat, jetzt ist es umgekehrt. Okay, lass dir Zeit, aber mach schnell.«

»Zu Befehl«, murmelte Johanson.schlich, immer noch von Schwindelanfällen gepackt, unter die Dusche. Nach einer halben Stunde ausgiebigen Plantschens und Prustens fühlte er sich allmählich frischer. Einen wirklichen Kater hatten die Weine nicht hinterlassen. Es war mehr, als hätten sie seiner Sensorik zugesetzt. Vor dem Spiegel schien er sich kurzfristig zu verdoppeln. Es war fraglich, ob er in diesem Zustand Auto fahren konnte.würde es eben ausprobieren.ßen war es sonnig und warm. Die Kirkegata präsentierte sich nahezu menschenleer. Im frühen Licht erstrahlten die Farben der Häuser und das erste Grün der Bäume ungewöhnlich intensiv. Trondheim schien sich einer Generalprobe für den Frühling zu unterziehen. Im ungewöhnlich schönen Wetter war der restliche Schnee geschmolzen. Johanson stellte fest, dass ihm dieser Tag ausnehmend gut gefiel. Plötzlich gefiel ihm sogar der Umstand, dass Lund ihn geweckt hatte. Er begann Vivaldi zu pfeifen, weil das die unvermittelt hereingebrochene gute Laune noch verbesserte und keine großen Ansprüche an Geist und Physis stellte, während er den Jeep den Gloshaugen hinaufsteuerte. An Wochenenden war die NTNU offiziell geschlossen, aber daran hielt sich so gut wie niemand. Genau genommen war es die beste Zeit, seine Post und E-Mails zu sichten und ungestört zu arbeiten.betrat die Poststelle, durchstöberte sein Fach und zog ein dickes Kuvert hervor. Der Brief kam vom Frankfurter Senckenberg-Museum. Mit einiger Sicherheit enthielt er den labortechnischen Befund, auf den Lund so sehnsüchtig wartete. Er steckte ihn ein, ohne ihn zu öffnen, verließ die Uni wieder und fuhr nach Tyholt., das Marinetechnische Institut, war eng verwoben mit der NTNU, Sintef und dem Statoil-Forschungszentrum. Neben diversen Simulationstanks und Wellentunneln lag hier das größte zu Forschungszwecken genutzte Meerwasserbecken der Welt. Wind und Wellen wurden in Modellskalen simuliert. So ziemlich jede größere schwimmende Produktionseinrichtung auf dem norwegischen Sockel war in dem achtzig Meter langen und zehn Meter tiefen Becken erprobt worden. Zwei Wellenerzeugungssysteme schufen Strömungen und Stürme im Miniaturformat mit bis zu ein Meter hohen Wogen, die aus dem Sichtwinkel einer Modellplattform verheerende Ausmaße annahmen. Johanson schätzte, dass Lund hier auch die Unterwasserfabrik testete, die am Kontinentalhang entstehen sollte.ächlich fand er sie in der Bassinhalle, wo sie mit einer Gruppe Wissenschaftler zusammenstand und debattierte. Die Szenerie mutete skurril an. Im grünen Wasser schwammen Taucher zwischen Bohrplattformen im Spielzeugformat hindurch. Minitanker kreuzten zwischen Fachpersonal in Ruderbooten. Das Ganze war augenscheinlich eine Mischung aus Labor, Spielzeuggeschäft und sommerlicher Kahnpartie, aber der Eindruck täuschte. Ohne den Segen Marinteks fand im Offshore-Bereich so gut wie gar nichts statt.sah ihn und brach ihre Unterhaltung ab. Sie kam zu ihm herüber, wobei sie das Becken umrunden musste. Wie üblich erledigte sie den Gang im Laufschritt.



»Warum hast du nicht einen der Kähne genommen?«, fragte Johanson.

»Wir sind hier nicht auf dem Weiher«, erwiderte sie.»Das muss alles koordiniert sein. Wenn ich da durchrausche, verlieren hunderte Ölarbeiter ihr Leben durch Flutwellen, und ich bin schuld.«gab ihm einen Kuss auf die Wange.»Du kratzt.«

»Alle Männer, die Bärte haben, kratzen«, sagte Johanson.»Sei froh, dass Kare sich rasiert, sonst hättest du keinen Grund, ihn mir vorzuziehen. Woran arbeitet ihr? An eurer Unterwasserlösung?«

»So gut es eben geht. Eintausend Meter Meerestiefe können wir im Bassin realistisch darstellen, danach wird’s ungenau.«

»Das reicht doch für euer Projekt.«

»Trotzdem lassen wir den Rechner unabhängige Szenarien erstellen. Manchmal weichen sie von den Bassinergebnissen ab, dann verändern wir die Parameter so lange, bis wir eine zufrieden stellende Angleichung erhalten.«

»Shell peilt eine Fabrik in zweitausend Metern Tiefe an.gestern in der Zeitung. Ihr bekommt Konkurrenz.«

»Ich weiß. Shell hat Marintek beauftragt. Die Nuss ist noch schwerer zu knacken. Komm mit, wir gehen frühstücken.«ßen im Gang sagte Johanson:»Ich verstehe immer noch nicht, warum ihr keine SWOPs einsetzen wollt. Ist es nicht leichter, von einer schwimmenden Konstruktion aus zu arbeiten, solange ihr flexible Leitungen nach unten legt?«schüttelte den Kopf.»Zu riskant. Schwimmende Konstruktionen musst du verankern …«

»Das weiß ich alles …«

»… und sie können sich losreißen.«

»Aber jede Menge Stationen sind auf dem Schelf verankert!«

»Ja, bei geringer Wassertiefe. Weiter unten herrschen ganz andere Wellen— und Strömungszustände. Übrigens ist es nicht nur wegen der Verankerung. Je höher du eine Steigleitung legst, desto instabiler wird sie, und wir wollen ja kein ökologisches Desaster. Außerdem kann kein Mensch ein Interesse daran haben, so weit draußen auf einem schwimmenden Deck zu arbeiten. Selbst die Hartgesottensten würden sich die Seele aus dem Leib kotzen. Hier rauf.«erstiegen eine Treppe.

»Ich dachte, wir gehen frühstücken«, sagte Johanson verwundert.

»Tun wir auch, aber vorher wollte ich dir etwas zeigen.«stieß eine Tür auf. Sie befanden sich in einem Büro oberhalb der Bassinhalle. Die breite Fensterfront bot Ausblick auf Reihen sonnenbeschienener Giebelhäuschen und Grünanlagen, die sich zum Fjord hm erstreckten.

»Was für ein gesegneter Morgen«, summte Johanson.trat zu einem Arbeitstisch. Sie zog zwei Resopalstühle heran und öffnete einen Laptop mit großem Bildschirm. Ihre Finger trommelten auf die Tischplatte, während der Computer das Programm hochlud. Eine Seite mit Fotos erschien, die Johanson irgendwie bekannt vorkamen. Sie zeigten eine helle, milchige Fläche, die sich an den Rändern in Schwärze verlor. Plötzlich erkannte er die Szene.

»Die Aufnahmen, die Victor gemacht hat«, sagte er.»Das Ding am Hang.«

»Das Ding, das mir keine Ruhe gelassen hat«, nickte Lund.»Wisst ihr inzwischen, was es ist?«»Nein. Dafür wissen wir, was es nicht ist. Keine Qualle, kein Fischschwarm. Wir haben die Sequenz durch tausend Filter gejagt. Das ist das Beste, was wir rausholen konnten.«Sie vergrößerte das erste Foto.»Als wir das Wesen vor die Linse bekamen, war es starker Scheinwerferbestrahlung ausgesetzt. Wir sahen einen Teil von ihm, aber natürlich völlig anders, als wir es ohne Kunstlicht wahrgenommen hätten.«

»Ohne Licht hättet ihr in dieser Tiefe überhaupt nichts wahrgenommen.«»Ach was!«»Es sei denn, wir hätten hier einen Fall von Biolumineszenz und …«stockte. Lund wirkte hochbefriedigt. Ihre Finger tanzten über die Tastatur, und das Bild veränderte sich erneut. Diesmal sah man einen Ausschnitt vom rechten oberen Rand. Wo die beleuchtete Fläche ins Dunkle überging, zeichnete sich schwach etwas ab. Ein Leuchten anderer Art, von tiefem Blau und durchzogen von helleren Linien.

»Wenn du ein lumineszierendes Objekt bestrahlst, siehst du von seinem Eigenleuchten nichts mehr. Und die Scheinwerfer des Victor überstrahlen alles. Bis auf den Randbereich, wo sie an Kraft verlieren. Da ist was zu erkennen. Meines Erachtens der Beweis, dass wir es mit einem Leuchtwesen zu tun haben. Und zwar mit einem ziemlich großen.«Fähigkeit zu leuchten war einer ganzen Reihe von Tiefseebewohnern zu Eigen. Sie benutzten dafür Bakterien, mit denen sie in Symbiose lebten. Es gab auch Organismen an der Meeresoberfläche, die leuchteten, etwa Algen oder kleine Tintenfische. Aber das eigentliche Lichtermeer begann dort, wo das Sonnenlicht verschwand. In der stockfinsteren Tiefsee.starrte auf den Bildschirm. Das Blau war mehr zu ahnen als zu sehen. Dem ungeübten Auge entging es. Aber die Kamera des Roboters lieferte bekanntlich Bilder von extrem hoher Auflösung. Möglicherweise hatte Lund Recht.rieb sich den Bart.»Was schätzt du, wie groß das Ding ist?«

»Schwer zu sagen. So schnell, wie es verschwunden ist, wird es wohl am Rande des Lichthorizonts geschwommen sein. Einige Meter entfernt. Trotzdem nimmt seine Oberfläche beinahe das ganze Bild ein. Was folgt daraus?«

»Der Teil, den wir sehen, wird um die zehn bis zwölf Quadratmeter groß sein.«

»Den wir sehen!«Sie machte eine Pause.»Das Licht in den Randbereichen deutet darauf hin, dass wir das meiste wahrscheinlich nicht gesehen haben.«kam eine Idee.»Es könnte planktonischer Natur sein«, sagte er.»Mikroorganismen. Da gibt es einiges, was leuchtet.«

»Und wie erklärst du dir das Muster?«

»Die hellen Linien? Zufall. Wir glauben, dass es ein Muster ist. Wir haben auch gedacht, die Marskanäle bilden ein Muster.«

»Ich glaube nicht, dass es Plankton ist.«

»So genau kann man das nicht sehen.«

»Doch, kann man. Schau dir das mal an.«rief die folgenden Bilder auf. Das Objekt zog sich darauf mehr und mehr ins Dunkle zurück. Tatsächlich war es weniger als eine Sekunde lang zu sehen gewesen. Die zweite und dritte Vergrößerung zeigten immer noch die schwach lumineszierende Fläche mit den Linien, die ihre Position im Verlauf der Sequenz zu verändern schienen. Auf der vierten war alles verschwunden.

»Es hat das Licht ausgemacht«, sagte Johanson verblüfft.überlegte. Bestimmte Krakenarten kommunizierten über den Weg der Biolumineszenz. Es war gar nicht so ungewöhnlich, wenn ein Tier angesichts einer plötzlichen Bedrohung sozusagen den Schalter umlegte und sich in die Finsternis verabschiedete. Aber dieses Tier war überaus groß. Größer als jede bekannte Krakenart.Schlussfolgerung drängte sich auf, die ihm nicht gefiel. Sie gehörte nicht an den norwegischen Kontinentalrand.

»Architheutis«, sagte er.

»Riesenkalmare.«Lund nickte.»Der Gedanke kommt einem zwangsläufig. Aber es wäre das erste Mal, dass so was in diesen Gewässern auftaucht.«

»Es wäre das erste Mal, dass so was überhaupt lebend auftaucht.«das stimmte nicht ganz. Lange Zeit waren Geschichten um Architheutis als Seemannsgarn verschrien gewesen. Dann hatten angespülte Kadaver den Beweis für seine Existenz erbracht — beinahe erbracht, weil Kalmarfleisch wie Gummi war. Je mehr man daran zog, desto länger wurde es, zumal im Zustand der Zersetzung. Vor wenigen Jahren endlich waren Forschern östlich von Neuseeland winzige Jungtiere ins Netz gegangen, deren genetisches Profil keinen Zweifel daran ließ, dass sie sich binnen achtzehn Monaten in bis zu zwanzig Meter lange, zwanzig Zentner schwere Riesenkalmare verwandeln würden. Der einzige Schönheitsfehler blieb, dass nie ein Mensch ein solches Tier lebend gesehen hatte. Architheutis hauste in der Tiefsee, und ob er leuchtete, war mehr als fraglich.furchte die Stirn. Dann schüttelte er den Kopf.

»Nein.«

»Was nein?«

»Es spricht zu vieles dagegen. Das ist einfach nicht die Gegend für Riesenkalmare.«

»Schon, aber …«Lunds Hände zerteilten die Luft.»Wir wissen nicht wirklich, wo sie sich rumtreiben. Wir wissen nichts.«

»Sie gehören hier nicht hin.«

»Diese Würmer gehören hier auch nicht hin.«breitete sich aus.

»Und wenn schon«, sagte Johanson schließlich.»Architheuten sind scheu. Was kümmert es euch? Bis heute ist kein Mensch je von einem Riesenkraken angegriffen worden.«

»Augenzeugen sagen was anderes.«

»Mein Gott, Tina! Sie mögen ein bisschen an dem einen oder anderen Boot gezogen haben. Aber wir unterhalten uns doch hier nicht ernsthaft über die Bedrohung der Erdölförderung durch Riesenkraken. Du musst zugeben, das ist lächerlich.«betrachtete skeptisch die Vergrößerungen der Bilder. Dann schloss sie die Datei.

»Okay. Hast du was für mich? Irgendwelche Resultate?«zog den Umschlag hervor und öffnete ihn. Ein dicker Packen eng bedruckten Papiers steckte darin.

»Du lieber Himmel!«, entfuhr es Lund.

»Warte. Es muss eine Zusammenfassung geben. — Ah, hier!«

»Lass sehen.«

»Gleich.«Er überflog den Kurzbericht. Lund stand auf und ging zum Fenster. Dann begann sie im Raum herumzuwandern.

»Sag schon.«zog die Brauen zusammen und blätterte in dem Packen.»Hm. Interessant.«

»Spuck’s aus.«

»Sie bestätigen, dass es sich um Polychäten handelt. Sie schreiben außerdem, sie seien zwar keine Taxonomen, gelangen aber zu dem Resultat, dass der Wurm verblüffende Ähnlichkeit mit Hesiocaeca methanicola aufweist. In diesem Zusammenhang wundern sie sich über die extrem ausgeprägten Kiefer und schreiben weiter … das ist jetzt Detailkram … ah, hier steht’s. Sie haben die Kiefer untersucht. Sehr kräftig und eindeutig zum Bohren und Graben gedacht.«

»So weit waren wir doch schon«, rief Lund ungeduldig.

»Warte. Sie haben noch mehr mit ihm angestellt.der stabilen Isotopenzusammensetzung, und da ist auch die Analyse aus dem Massenspektrometer. — Oha! Unser Wurm ist minus 90 Promille leicht.«

»Kannst du dich verständlich ausdrücken?«

»Er ist tatsächlich methanotroph. Er lebt in Symbiose mit Bakterien, die Methan abbauen. Augenblick, wie soll ich’s dir erklären? Also, Isotope … du weißt, was Isotope sind?«

»Atome eines chemischen Elements mit gleicher Kernladung, aber unterschiedlichem Gewicht.«

»Sehr gut, setzen. Kohlenstoff zum Beispiel gibt es in unterschiedlicher Schwere. Es gibt Kohlenstoff 12 und Kohlenstoff 13. Wenn du was frisst, worin vorwiegend leichter Kohlenstoff ist, also ein leichteres Isotop, wirst du auch leichter. Klar?«

»Wenn ich was fresse. Ja. Logisch.«

»Und in Methan ist sehr leichter Kohlenstoff. Wenn der Wurm in Symbiose mit Bakterien lebt, die dieses Methan fressen, dann werden dadurch erst mal die Bakterien leicht, und wenn der Wurm dann die Bakterien frisst, wird er auch leicht. Und unserer ist sehr leicht.«

»Ihr Biologen seid komische Leute. Wie kriegt ihr so was raus?«

»Wir tun schreckliche Dinge. Wir trocknen den Wurm und zermahlen ihn zu Wurmpulver, und das kommt dann in die Messmaschine. So, schauen wir weiter. Rasterelektronenmikroskopie … sie haben die DNA angefärbt … sehr gründliche Vorgehensweise …«

»Reiß dich los!«Lund kam zu ihm herüber und zupfte an dem Papier.»Ich will keine akademische Abhandlung, ich will begreifen, ob wir da unten bohren können.«

»Ihr könnt …«Johanson zog das Blatt aus ihren Fingern und las die letzten Zeilen.»Na, wunderbar!«

»Was?«hob den Kopf.»Die Biester stecken randvoll mit Bakterien. Innen und außen. Endosymbionten und Exosymbionten. Deine Würmer scheinen die reinsten Omnibusse für Bakterien zu sein.«sah unsicher zurück.»Und was heißt das?«

»Es ist widersinnig. Dein Wurm lebt ganz eindeutig im Methanhydrat. Er platzt fast vor Bakterien. Er geht nicht auf Beute und bohrt keine Löcher. Stattdessen liegt er faul und fett im Eis. Trotzdem hat er Riesenkiefer zum Bohren, und die Horden am Hang kamen mir alles andere als fett und faul vor. Ich fand sie ausgesprochen agil.«schwiegen sie eine Weile. Schließlich sagte Lund:»Was tun sie da unten, Sigur? Was sind das für Tiere?«zuckte die Achseln.

»Ich weiß es nicht. Vielleicht sind sie tatsächlich geradewegs aus dem Kambrium zu uns heraufgekrochen. Keine Ahnung, was sie da machen.«Er zögerte.»Ich habe ebenso wenig eine Ahnung, ob es eine Rolle spielt. Was sollen sie schon groß tun? Sie wälzen sich durch die Gegend, aber sie werden kaum Pipelines anknabbern.«

»Was knabbern sie dann an?«starrte auf die Zusammenfassung des Berichts.

»Es gibt noch eine Adresse, die uns darüber Auskunft geben könnte«, sagte er.»Wenn die es nicht rausfinden, werden wir wohl warten müssen, bis wir von selber drauf kommen.«

»Darauf würde ich ungerne warten.«

»Gut. Ich schicke ein paar Exemplare hin.«Johanson reckte die Glieder und gähnte.»Vielleicht haben wir ja Glück, und sie kommen mit dem Forschungsschiff, um selber einen Blick darauf zu werfen. So oder so wirst du dich gedulden müssen. Einstweilen können wir nichts tun. Darum, wenn du gestattest, würde ich jetzt gerne frühstücken und Kare Sverdrup gute Ratschläge zuteil werden lassen.«lächelte. Besonders zufrieden sah sie nicht aus.

. AprilGeschäft kam wieder in Schwung.anderen Umständen hätte Anawak Shoemakers Freude vorbehaltlos geteilt. Die Wale kehrten zurück. Der Geschäftsführer sprach von nichts anderem mehr. Und tatsächlich fanden sie sich der Reihe nach wieder ein, Grauwale und Buckelwale, Orcas und sogar einige Minkwale. Natürlich war auch Anawak glücklich über den Umstand ihrer Wiederkehr. Nichts hatte er mehr herbeigesehnt. Nur hätte er es vorgezogen, ihre Rückkehr mit ein paar Antworten verbunden zu wissen, etwa auf die Frage, wo sie sich die ganze Zeit über rumgetrieben hatten, dass kein Satellit und keine Messsonde sie hatten aufspüren können. Zudem ging ihm seine denkwürdige Begegnung nicht mehr aus dem Kopf. Er war sich vorgekommen wie eine Laborratte. Die beiden Wale hatten ihn mit einer Ruhe und Gründlichkeit unter die Lupe genommen, als liege er auf dem Seziertisch.es Kundschafter?was auszukundschaften?!schloss die Kasse und trat nach draußen. Die Touristen hatten sich am Ende des Piers versammelt. Sie sahen aus wie ein Spezialkommando in ihren orangefarbenen Ganzkörperanzügen. Anawak sog die frische Morgenluft in sich hinein und folgte ihnen.sich hörte er jemanden im Laufschritt näher kommen.

»Dr. Anawak!«blieb stehen und wandte den Kopf. Alicia Delaware tauchte neben ihm auf. Sie hatte die roten Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug eine modische blaue Sonnenbrille.

»Nehmen Sie mich mit?«betrachtete sie. Dann sah er hinüber zum blauen Rumpf der Blue Shark.»Wir sind voll besetzt.«

»Ich bin den ganzen Weg gerannt.«

»Tut mir Leid. In einer halben Stunde fährt die Lady Wexham. Die ist viel komfortabler. Groß, beheizte Innenkabinen, Snackbar …«

»Will ich nicht. Sie haben doch sicher noch irgendwo einen Platz. Hinten vielleicht!«

»Wir sind schon zu zweit in der Kabine, Susan und ich.«

»Ich brauche keinen Sitzplatz.«Sie lächelte. Mit ihren großen Zähnen sah sie aus wie ein sommersprossiges Kaninchen.»Bitte! Sie haben doch keinen Grund, sauer zu sein, oder? Ich möchte wirklich gerne mit Ihnen rausfahren. — Eigentlich nur mit Ihnen, um ehrlich zu sein.«runzelte die Stirn.

»Gucken Sie nicht so!«Delaware verdrehte die Augen.»Ich habe Ihre Bücher gelesen und bewundere Ihre Arbeit, das ist alles.«

»Den Eindruck hatte ich nicht.«

»Kürzlich im Aquarium?«Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.»Schwamm drüber. Bitte, Dr. Anawak, ich bin nur noch einen Tag hier. Sie würden mir eine Riesenfreude machen.«

»Wir haben unsere Bestimmungen.«Es klang lahm und kleinkariert.

»Hören Sie mal, Sie sturer Hund«, sagte sie.»Ich bin nah am Wasser gebaut. Ich warne Sie. Wenn Sie mich nicht mitnehmen, werde ich den ganzen Flug zurück nach Chicago in Tränen aufgelöst sein. Wollen Sie das verantworten?«strahlte ihn an. Anawak konnte nicht anders. Er musste lachen.

»Schon gut. Kommen Sie meinethalben mit.«

»Wirklich?«

»Ja. Aber gehen Sie mir nicht auf die Nerven. Behalten Sie vor allem Ihre abstrusen Theorien für sich.«

»Es war nicht meine Theorie. Es war die Theorie von…«

»Am besten halten Sie einfach möglichst lange den Mund.«setzte zu einer Antwort an, überlegte es sich anders und nickte.

»Warten Sie hier«, sagte Anawak.»Ich hole Ihnen einen Overall.«Delaware hielt ihr Versprechen ganze zehn Minuten. Die Häuser von Tofino waren kaum hinter dem ersten bewaldeten Berghang verschwunden, als sie neben Leon trat und ihm die Hand hinhielt.

»Nennen Sie mich Licia«, sagte sie.

»Licia?«

»Von Alicia, aber Alicia ist ein dämlicher Name. Finde ich. Meine Eltern fanden das natürlich nicht, aber man wird ja nicht gefragt, wenn sie einem Namen geben, es ist immer so peinlich hinterher, zum Kotzen. Sie heißen Leon, stimmt’s?«ergriff die ausgestreckte Rechte.»Freut mich, Licia.«»Gut. Und jetzt sollten wir kurz noch was klären.«Anawak blickte Hilfe suchend zu Stringer, die das Zodiac steuerte. Sie sah zurück, zuckte die Achseln und widmete sich wieder dem Kurs.

»Was denn?«, fragte er vorsichtig.

»Wegen neulich. Ich war doof und besserwisserisch am Aquarium. Es tut mir Leid.«

»Schon vergessen.«

»Aber du musst dich auch entschuldigen.«

»Was? Wieso denn ich?«senkte den Blick.»Es war okay, mir vor anderen Leuten die Meinung zu geigen, aber nicht, etwas über mein Aussehen zu sagen.«

»Ich habe nicht …«Zum Teufel.

»Du hast gesagt, ein Beluga, der mir beim Schminken zusieht, müsse an meinem Verstand zweifeln.«

»Das war nicht meine Absicht. Es war ein abstrakter Vergleich.«

»Es war ein blöder Vergleich.«kratzte seinen schwarzen Schopf. Er hatte sich über Delaware geärgert, weil sie seiner Meinung nach mit vorgefassten Argumenten ins Aquarium gekommen und sich durch Ignoranz ausgewiesen hatte. Aber vermutlich war er nicht weniger ignorant gewesen. Und ganz sicher hatte er sie in seiner Wut beleidigt.

»Gut. Ich entschuldige mich.«

»Angenommen.«

»Du berufst dich auf Povinelli«, stellte er fest.lächelte. Mit diesen Worten hatte er ihr signalisiert, dass er sie ernst nahm. Daniel Povinelli war Gordon Gallups prominentester Widersacher in der Frage, wie intelligent und selbstbewusst Primaten und andere Tiere tatsächlich waren. Er pflichtete Gallup bei, dass Schimpansen, die sich im Spiegel erkannten, eine Vorstellung ihrer selbst hatten. Umso entschiedener leugnete er, dieser Umstand befähige sie, ihre eigenen mentalen Zustände zu begreifen und damit die anderer Lebewesen. Für Povinelli war längst noch nicht erwiesen, dass überhaupt irgendein Tier das psychologische Verständnis aufbrachte, wie es Menschen eigentümlich war.

»Povinelli geht einen mutigen Weg«, sagte Delaware.»Seine Ansichten erscheinen ewig gestrig, aber das nimmt er in Kauf. Gallup hat es viel leichter, weil es schick ist, Schimpansen und Delphine und wer weiß wen als gleichberechtigte Partner des Menschen hinzustellen.«

»Sie sind gleichberechtigte Partner«, sagte Anawak.

»Im ethischen Sinne.«

»Unabhängig davon. Ethik ist eine Erfindung der Menschen.«

»Das bezweifelt niemand. Auch nicht Povinelli.«ließ den Blick über die Bucht wandern.Inseln kamen ins Blickfeld.

»Ich weiß, worauf du hinauswillst«, sagte er nach kurzer Pause.»Du findest, es kann nicht der Weg sein, möglichst viel Menschliches in Tieren nachzuweisen, um sie menschlicher zu behandeln.«

»Es ist arrogant«, rief Delaware heftig.

»Ich gebe dir Recht. Es löst kein einziges Problem. Aber die meisten Menschen brauchen die Vorstellung, dass Leben umso schützenswerter ist, je mehr es nach dem Menschen schlägt. Es ist und bleibt leichter, ein Tier zu töten als einen Menschen. Es wird erst dann schwieriger, wenn wir das Tier als nahen Verwandten betrachten. Die meisten Menschen sind mittlerweile dazu bereit, aber die wenigsten wollen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass wir vielleicht nicht die Krone der Schöpfung sind und dass wir auf der Werteskala des Lebens nicht vor allen anderen, sondern neben ihnen stehen. Das führt zu einem Dilemma: Wie soll ich einem Tier oder einer Pflanze die gleiche Achtung entgegenbringen wie einem Menschen, wenn ich zugleich den Wert menschlichen Lebens höher einschätze als den Lebenswert einer Ameise oder eines Affen oder Delphins?«

»He!«Sie klatschte in die Hände.»Wir sind ja doch einer Meinung.«

»Fast. Ich glaube, du bist ein wenig … messianisch in deiner Auffassung. Ich persönlich vertrete die Meinung, dass die Psyche eines Schimpansen oder Belugas gewisse Schnittmengen mit der menschlichen aufweist.«Delaware setzte zu einer Antwort an. Anawak hob die Hand.»Gut, formulieren wir es andersrum: Auf der Werteskala eines Belugas — falls sich Wale je solche Gedanken machen — rücken wir vielleicht umso höher, je mehr Vertrautes er in uns entdeckt.«Er grinste.»Vielleicht halten uns einige Belugas sogar für intelligent. Gefällt es dir so rum besser?«krauste die Nase.»Ich weiß nicht, Leon. Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du mich in die Falle lockst?«

»Seelöwen«, rief Stringer.»Da vorne.«legte die Hand über die Augen. Sie näherten sich einer Insel mit spärlichem Baumbewuchs. Auf den Klippen döste eine Gruppe Stellar-Seelöwen in der Sonne. Einige reckten träge die Köpfe und sahen zu dem Boot herüber.


Дата добавления: 2015-09-29; просмотров: 25 | Нарушение авторских прав







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