Студопедия
Случайная страница | ТОМ-1 | ТОМ-2 | ТОМ-3
АрхитектураБиологияГеографияДругоеИностранные языки
ИнформатикаИсторияКультураЛитератураМатематика
МедицинаМеханикаОбразованиеОхрана трудаПедагогика
ПолитикаПравоПрограммированиеПсихологияРелигия
СоциологияСпортСтроительствоФизикаФилософия
ФинансыХимияЭкологияЭкономикаЭлектроника

thrillerSchaetzingSchwarmFischer verschwindet vor Peru, spurlos. Цlbohrexperten stoЯen in der norwegischen See auf merkwьrdige Organismen, die hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz 21 страница



»Es bleibt keine Zeit, jemandem was zu überlassen«, unterbrach ihn Sahling.»Wenn die Simulation auch nur annähernd wiedergibt, was am Hang passiert, müssten wir streng genommen die norwegische Regierung verständigen.«

»Dann gleich auch sämtliche Nordseestaaten!«

»Gute Idee. Nimm Island dazu.«

»Augenblick mal!«Suess hob die Hände.»Wir führen hier doch keinen Kreuzzug.«»Darum geht’s nicht.«»Darum geht es wohl. Noch ist es nur eine Simulation.«»Schon, aber …«»Nein, er hat Recht«, unterbrach ihn Bohrmann.»Wir können nicht die Pferde scheu machen, einfach damit es jeder weiß. Wir wissen es ja selber nicht genau. Ich meine, wir wissen, wie es sich abspielt, aber die Resultate sind Hochrechnungen. Augenblicklich können wir lediglich sagen, dass große Mengen Methan in die Atmosphäre gelangen werden.«

»Träumst du?«, rief Sahling.»Wir wissen verdammt genau, was passieren wird.«Bohrmann betastete unwillkürlich die Stelle, an der sein Schnurrbart nachwuchs.»Na gut. Wir können es veröffentlichen. Es reicht für ein Dutzend Titelseiten. Aber was wären die Folgen?«

»Was sind die Folgen«, sinnierte Suess,»wenn in der Zeitung steht, dass die Erde von einem Meteoriten getroffen wird?«

»Hältst du den Vergleich für treffend?«

»Irgendwie schon.«

»Ich bin der Meinung, wir sollten das nicht alleine entscheiden«, sagte Mirbach.»Gehen wir schrittweise vor. Zuallererst reden wir mit Johanson. Er ist schließlich der Kontaktmann. Außerdem, wenn wir es aus rein wissenschaftlicher Warte betrachten, gebührt ihm die Ehre.«

»Welche Ehre?«

»Er hat die Würmer entdeckt.«

»Nein, Statoil hat sie entdeckt. Aber meinetwegen. Johanson die Ehre. Und dann?«

»Holen wir die Regierungen ins Boot.«»Und veröffentlichen die Sache?«»Warum denn nicht? Alles wird veröffentlicht. Wir wissen von koreanischen und iranischen Nuklearprogrammen und dass irgendwelche Idioten Milzbranderreger freisetzen. Wir wissen alles über BSE, über die Schweinepest und über genmanipuliertes Gemüse. In Frankreich erkranken und sterben die Leute gerade zu Dutzenden und Hunderten an irgendwelchen Bakterien aus verseuchten Schalentieren. Herrgott, die rennen ja nicht gleich in die Berge, um sich zu verstecken.«

»Nein«, sagte Bohrmann.»Natürlich nicht. Aber wenn wir öffentlich über einen Storegga-Effekt nachdenken …«»Dafür sind die Daten zu oberflächlich«, sagte Suess.»Die Simulation zeigt, wie schnell die Zersetzung voranschreitet. Damit zeigt sie auch alles Weitere.«

»Aber sie sagt nicht definitiv, was dann passiert.«setzte zu einer Antwort an, aber Suess hatte Recht. Sie konnten sich denken, was passierte, aber sie konnten es nicht beweisen. Wenn sie jetzt damit rauskamen, ohne dass ihre Theorie hieb— und stichfest war, würde die Öl-Lobby alles runterreden. Ihre Argumentation würde zusammenbrechen wie ein Kartenhaus. Es war zu früh.

»Also gut«, sagte er.»Wie lange brauchen wir, um ein verbindliches Ergebnis vorzulegen?«runzelte die Stirn.»Eine weitere Woche, denke ich.«

»Das ist verdammt lang«, sagte Sahling.

»Na, hör mal!«Mirbach schüttelte entgeistert den Kopf.»Das ist verdammt schnell. Wenn du heute ein taxonomisches Urteil über einen neuen Wurm einholen willst, kannst du dich auf monatelanges Däumchendrehen einrichten, und wir …«

»Das ist in der gegebenen Situation verdammt lang.«

»Trotzdem«, beschied Suess.»Falscher Alarm bringt nichts. Wir machen weiter.«nickte. Er konnte den Blick nicht vom Monitor lösen. Die Simulation war zu Ende. Dennoch ging sie weiter. Sie setzte sich fort vor seinem geistigen Auge, und was er sah, ließ ihn schaudern.

. AprilJohanson betrat Olsens Büro. Er machte die Türe hinter sich zu und setzte sich dem Biologen gegenüber.»Hast du Zeit?«grinste.»Ich habe mich für dich krumm gelegt«, sagte er.

»Was hast du rausgefunden?«senkte verschwörerisch die Stimme.»Womit sollen wir anfangen? Monstergeschichten? Naturkatastrophen?«machte es spannend. Auch gut.



»Womit willst du denn anfangen?«

»Na ja.«Olsen blinzelte ihn listig an.»Wie wäre es, wenn zur Abwechslung du mal anfängst? Warum sagst du mir nicht, wozu ich tagelang den Watson für dich spiele — Holmes!«fragte sich erneut, wie viel er Olsen erzählen konnte. Ihm war klar, dass sein Gegenüber vor Neugierde platzte. Ihm selber wäre es nicht anders gegangen. Aber dann würde es binnen weniger Stunden die komplette NTNU wissen.ötzlich kam ihm eine Idee. Sie klang abwegig genug, um glaubhaft zu sein. Olsen würde ihn für bescheuert halten, aber damit ließ sich leben. Er senkte die Stimme ebenfalls und sagte:»Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, als Erster mit einer Theorie rauszukommen.«

»Nämlich.«

»Alles ist gesteuert.«

»Was?«

»Ich meine, diese Anomalien. Die Quallen. Das Verschwinden der Boote. Die Todes— und Vermisstenfälle. Mir kam einfach die Idee, dass es zwischen alldem einen höheren Zusammenhang gibt.«sah ihn verständnislos an.»Nennen wir es eine höhere Planung.«Johanson lehnte sich zurück, um zu sehen, wie Olsen den Brocken schluckte.»Und was willst du damit erreichen? Bist du auf den Nobelpreis aus oder auf einen Platz in der Geschlossenen?«»Weder noch.«Olsen starrte ihn weiter an.»Du verarschst mich.«»Nein.«»Doch. Du redest von … was weiß ich? Vom Teufel?Mächten? Grünen Männchen? Akte X?«»Es ist nur ein Gedanke. Ich meine, es muss einen Zusammenhang geben, oder? Alle möglichen Phänomene ergeben sich zur gleichen Zeit, hältst du das für einen Zufall?«»Ich weiß nicht.«»Siehst du. Du weißt es eben nicht. Ich auch nicht.«»Welche Art Zusammenhang stellst du dir denn vor?«Johansons Hände zerteilten sachte die Luft.»Das kommt nun wieder darauf an, was du zu bieten hast.«»Ach so.«Olsen verzog die Mundwinkel.»Schön hingedrechselt. Du bist doch kein Idiot, Sigur. Da ist doch noch mehr.«

»Erzähl mir was, dann sehen wir weiter.«zuckte die Achseln, öffnete eine Schublade und zog einen Packen Papier hervor.»Die Internet-Ausbeute«, sagte er.»Wenn ich nicht so ein gottverdammter Pragmatiker wäre, könnte ich glatt auf die Idee kommen, den Quatsch zu glauben, den du da verzapfst.«

»Also, was gibt’s?«

»Alle Strände Mittel— und Südamerikas sind inzwischen gesperrt. Die Menschen gehen nicht mehr ins Wasser, und die Quallen verstopfen den Fischern die Netze. Costa Rica, Chile und Peru sprechen von einem apokalyptischen Gequabbel. Nach der Portugiesischen Galeere ist eine weitere Art aufgekreuzt, sehr klein, mit extrem langen und giftigen Tentakeln. Anfangs hielt man sie für Seewespen, aber es sieht eher nach ganz was anderem aus. Eine neue Art vielleicht.«wieder eine neue Art, dachte Johanson. Nie gesehene Würmer, nie gesehene Quallen …

»Und die Seewespen vor Australien?«

»Das gleiche Theater.«Olsen wühlte in seinem Papier.»Werden immer mehr. Katastrophe für die Fischer, und der Tourismus liegt sowieso auf der Schnauze.«

»Was ist mit den Fischen in der Gegend? Gehen ihnen die Quallen nicht zu Leibe?«

»Verschwindibus.«

»Wie bitte?«

»Es sind keine mehr da. Vor den betroffenen Küsten sind die großen Schwärme einfach verschwunden. Die Mannschaften von Trawlern behaupten, sie hätten ihre angestammten Gebiete verlassen und seien aufs offene Meer hinausgeschwommen.«

»Aber da finden sie keine Nahrung.«

»Vielleicht gehen sie auf Diät. Was weiß denn ich?«

»Und niemand hat eine Erklärung?«

»Überall sind Krisenstäbe eingerichtet worden«, sagte Olsen.»Aber du erfährst nichts. Ich hab’s versucht.«

»Soll heißen, es ist alles noch viel schlimmer.«

»Vielleicht.«Olsen zog ein Blatt aus dem Stapel.»Wenn du dir diese Liste ansiehst, findest du fett aufgemachte Pressemeldungen, die wenig später einfach nicht mehr thematisiert werden. Quallen vor der westafrikanischen Küste. Möglicherweise auch vor Japan, ganz sicher auf den Philippinen. Verdacht auf Todesfälle, dann Dementi, dann Schweigen im Walde. Aber pass auf. Jetzt wird’s erst richtig spannend. Es gibt da eine Alge, sie geistert schon seit einigen Jahren durch die Medien. Eine Killeralge, Pfiesteria piscicida. Kaum einzudämmen, wenn du sie am Hals hast. Macht Menschen und Tiere krank. Bis heute wütete sie vorzugsweise jenseits des Atlantiks, aber neuerdings scheint Frankreich betroffen. Und zwar nicht zu knapp.«

»Tote?«

»Durchaus. Die Franzosen sprudeln nicht gerade über, was Stellungnahmen angeht, aber offenbar ist die Alge mit Hummern ins Land gelangt. Da steht alles drin, ich hab’s dir rausgesucht.«schob Johanson einen Teil des Packens hinüber.

»Dann das Verschwinden von Booten. Inzwischen gibt es eine Reihe aufgezeichneter Notrufe, aber die meisten ergeben keinen Sinn. Sie brechen zu früh ab. Was immer passiert ist, muss sehr schnell gegangen sein.«Olsen wedelte mit einem weiteren Blatt.»Aber wer wäre ich, wenn ich nicht mehr wüsste als der Rest der Menschheit?dieser Notrufe gelangten ins Netz.«

»Und?«

»Irgendwas hat die Boote angegriffen.«

»Angegriffen?«

»In der Tat.«Olsen rieb sich die Nase.»Wasser auf die Mühle deiner Verschwörungstheorie. Das Meer erhebt sich gegen den Menschen, wie unanständig von dem lausigen Gewässer. Wo wir doch bloß ein bisschen Müll versenken und die Fische und die Wale ausrotten. Ach, apropos Wale — das Letzte, was ich hörte, war, dass sie im Ostpazifik massiv auf Schiffe losgehen. Angeblich traut sich niemand mehr raus.«

»Weiß man …«

»Frag nicht so blöde. Nein, man weiß nicht. Man weiß gar nichts. Gott, war ich fleißig! Ebenfalls kein Aufschluss über die Ursache der Kollisionen und Tankerkatastrophen. Totale Nachrichtensperre. Deine Theorie hat insofern was für sich, als fast jedes Mal offen über die Dinge berichtet wird, und mittendrin breitet jemand den Mantel des Schweigens darüber. Vielleicht doch Akte X?«Olsen runzelte die Stirn.»Jedenfalls zu viele Quallen, zu viele Fische, alles tritt irgendwie überdimensioniert auf.«

»Und niemand hat eine Idee, woher es kommt?«

»Niemand versteigt sich offiziell zu der Annahme, es könne miteinander in Zusammenhang stehen, so wie du. Am Ende werden die Krisenstäbe El Niño verantwortlich machen oder die Erderwärmung, und die Invasionsbiologie bekommt Aufwind, und sie veröffentlichen spekulative Artikel.«

»Die üblichen Verdächtigen.«

»Ja, aber es ergibt alles keinen Sinn. Quallen, Algen und ähnliches Viehzeug sind schon vor Jahren im Ballastwasser von Schiffen um die Welt gereist. Wir kennen die Phänomene.«

»Schon klar«, sagte Johanson.»Siehst du, darauf will ich hinaus. Wenn irgendwo Horden von Seewespen einfallen, ist das eine Sache. Wenn rund um den Globus die unwahrscheinlichsten Dinge gleichzeitig passieren, ist das ganz was anderes.«legte die Fingerspitzen aufeinander und sah nachdenklich drein.»Also, wenn du unbedingt Zusammenhänge herstellen willst, würde ich nicht von biologischen Invasionen sprechen. Sondern eher von Verhaltensanomalien. Das sind Angriffsmuster. Und zwar solche, wie man sie bislang nicht kannte.«

»Sonst hast du nichts rausgefunden über irgendwelche neuen Spezies?«

»Du lieber Gott. Reicht das nicht?«

»Ich frage ja nur.«

»Was schwebt dir denn vor?«, fragte Olsen gedehnt.ich jetzt nach Würmern frage, dachte Johanson, weiß er Bescheid. Er weiß zwar nicht, was er mit der Information anfangen soll, aber ihm wird augenblicklich klar sein, dass irgendwo auf der Welt Wurminvasionen stattfinden.

»Nichts Konkretes«, sagte er.sah ihn scheel an. Dann reichte er ihm den restlichen Packen Papier hinüber.»Erzählst du mir bei Gelegenheit, was du mir ganz offensichtlich nicht erzählen willst?«nahm die Ausdrucke und erhob sich.»Wir trinken einen drauf.«

»Klar doch. Wenn ich mal Zeit habe. Du weißt, mit der Familie …«

»Danke, Knut.«zuckte die Achseln.»Keine Ursache.«trat hinaus auf den Flur. Aus einem Hörsaal strömten Studenten an ihm vorbei, einige lachend und schwatzend, andere mit angestrengten Gesichtern.blieb stehen und sah ihnen nach.ötzlich kam ihm die Idee, alles sei gesteuert, gar nicht mehr so abwegig vor.dem Wasser lag das Mondlicht.war ein Anblick, der die Mannschaft an Deck trieb, so atemberaubend schön präsentierte sich das Eismeer in dieser Nacht. Selten sah man es so, aber Lukas Bauer bekam nichts davon mit. Er saß in seiner Kammer über seinen Unterlagen und kam sich vor wie jemand, der die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen sucht, nur dass der Heuhaufen die Größe zweier Meere besaß.Weaver hatte ihre Sache gut gemacht und ihn wirklich entlastet, aber vor zwei Tagen war sie im spitsbergischen Longyearby von Bord gegangen, um dort Recherchen anzustellen. Sie führte ein unruhiges Leben, wie Bauer fand, obschon sein eigenes nicht eben ruhiger verlief. Als Wissenschaftsjournalistin hatte sie sich vor allem auf marine Themen verlegt. Bauer vermutete, dass Weavers Berufswahl einzig dem Umstand zu verdanken war, dass sie auf diese Weise kostenlos in die unwirtlichsten Regionen der Welt reisen konnte. Sie liebte das Extreme. Darin unterschied sie sich von ihm, der das Extreme von Herzen verabscheute, jedoch von solchem Forscherdrang besessen war, dass ihm Erkenntnis über Bequemlichkeit ging. Viele Forscher waren so. Missverstanden als Abenteurer, nahmen sie das Abenteuer in Kauf, um in den Besitz von Wissen zu gelangen.vermisste einen bequemen Sessel, Bäume und Vögel und ein frisch gezapftes deutsches Bier. Vor allem aber vermisste er Weavers Gesellschaft. Er hatte das störrische Mädchen ins Herz geschlossen, und außerdem begann er, den Sinn und Zweck von Pressearbeit zu begreifen — dass man sich, wenn man eine breite Öffentlichkeit für die eigene Tätigkeit interessieren wollte, auf ein vielleicht nicht hoch präzises, dafür jedoch verständliches Vokabular verlegen musste. Weaver hatte ihm klargemacht, dass viele Menschen seine Arbeit schon darum nicht verstehen würden, weil sie gar nicht wussten, wie und wo der Golfstrom entsprang, um den sich alles drehte, was er in diesen Tagen unternahm. Er hatte das nicht glauben können. Er hatte auch nicht glauben können, dass keiner wusste, was ein Autarker Drifter war, bis Weaver ihn davon überzeugte, dass es kaum jemand wissen konnte, weil Drifter viel zu neu und zu speziell waren. Das hatte er schließlich akzeptiert. Aber der Golfstrom! Was lernten die Kinder bloß in der Schule?Weaver hatte Recht. Schließlich wollte er die Öffentlichkeit gewinnen, um sie teilhaben zu lassen an seiner Sorge, und um den Verantwortlichen Druck zu machen.Bauer sorgte sich sehr.Sorge entsprang im Golf von Mexiko. Dorthin strömte entlang der südamerikanischen Küste und vom Süden Afrikas her warmes Oberflächenwasser. In der Karibik wurde es aufgeheizt und floss weiter nach Norden. Einladend warmes Wasser, zwar ziemlich salzig, aber weil es so warm war, blieb es an der Oberfläche.Wasser bildete Europas Fernheizung, den Golfstrom. Bis Neufundland wälzte er sich und transportierte dabei eine Milliarde Megawatt Wärme, was der thermischen Leistung von 250000 Kernkraftwerken entsprach, wo ihm der kalte Labradorstrom in die Seite fiel und ihn auflöste. Dabei wurden sogenannte Eddies abgeschnürt, kreisende, warme Wassermassen, die weiter nach Norden trieben, nun Nordatlantische Drift genannt. Westwinde sorgten dafür, dass reichlich Wasser verdunstete, was Europa ergiebige Regenfälle bescherte und zugleich den Salzgehalt in die Höhe trieb. Die Drift zog weiter die norwegische Küste hoch, firmierte dort als Norwegenstrom und brachte immer noch genug Wärme in den äußersten Nordatlantik, dass Schiffe selbst im Winter Südwestspitsbergen anlaufen konnten. Erst zwischen Grönland und Nordnorwegen endete der Wärmezufluss. Hier stieß der Norwegenstrom alias Nordatlantische Drift alias Golfstrom auf eiskaltes Arktiswasser, das ihn, unterstützt von kalten Winden, rapide abkühlte. Das ohnehin sehr salzige, nun auch sehr kalte Wasser wurde schwer und sackte ab. So schwer wurde es, dass seine Massen steil in die Tiefe stürzten. Das geschah nicht auf ganzer Front, sondern in Kanälen, sogenannten Schloten, die je nach Wellengang ihre Position wechselten und darum nicht auf Anhieb zu finden waren. Sinkschlote hatten einen Durchmesser zwischen 20 und 50 Metern. Etwa zehn von ihnen kamen auf einen Quadratkilometer, aber wo genau sie lagen, hing von der Tagesform des Meeres und der Winde ab. Entscheidend war der ungeheure Sog, den die absinkenden Wassermassen erzeugten. Hierin lag das ganze Geheimnis des Golfstroms und seiner Ausläufer. Er floss nicht wirklich nach Norden, sondern wurde dorthin gezogen, angesaugt von der gewaltigen Pumpe unterhalb der Arktis. In 2000 bis 3000 Metern Tiefe trat das eisige Wasser dann seinen Rückweg an, eine Reise, die es einmal um den Erdball führte.hatte eine Reihe von Driftern ausgesetzt in der Hoffnung, dass sie dem Verlauf der Schlote folgen würden. Aber inzwischen drohte ihn der Mut zu verlassen, überhaupt auf Schlote zu stoßen. Überall hätten sie sein müssen. Stattdessen schien die große Pumpe ihren Betrieb eingestellt oder in unbekannte Regionen verlegt zu haben.war hier, weil er um diese Probleme wusste und um ihre Auswirkungen. Er hatte nicht erwartet, alles in bester Ordnung vorzufinden. Aber gar nichts vorzufinden hatte er noch viel weniger erwartet.es bereitete ihm wirklich sehr, sehr große Sorgen.hatte Weaver seine Sorgen mitgeteilt, bevor sie von Bord gegangen war. Seither mailte er ihr folgsam in regelmäßigen Abständen Statusberichte und ließ sie an seinen geheimsten Befürchtungen teilhaben. Schon vor Tagen hatte sein Team festgestellt, dass die Gaskonzentrationen im Nordmeer sprunghaft angestiegen waren, und er brütete über der Frage, ob es womöglich einen Zusammenhang mit dem Verschwinden der Sinkschlote gab., allein in seiner Kammer, war er dessen fast sicher.arbeitete ohne Pause, während die Polarnacht hart gesottene Seeleute dazu brachte, einfach an der Reling zu lehnen und hinauszusehen. Mit rundem Rücken saß er über Stapeln von Berechnungen, Ausdrucken mit Diagrammen und Karten. Zwischendurch schickte er eine E-Mail an Karen Weaver, einfach um Hallo zu sagen und sie mit seinen letzten Erkenntnissen vertraut zu machen.versunken war er in seine Arbeit, dass er es eine ganze Weile schaffte, das Zittern zu ignorieren — so lange, bis der Becher Tee auf seinem Schreibtisch zur Kante gewandert war und sich im Kippen auf seine Hose ergoss.

»Teufel auch!«, zeterte er. Der Tee lief heiß in seinen Schritt und an den Schenkeln herab. Er schob den Stuhl zurück und stand auf, um das Malheur näher in Augenschein zu nehmen.verharrte er, die Hände um die Stuhllehnen gekrallt, und horchte hinaus.äuschte er sich?, er hörte Schreie. Schwere Stiefel rannten über das Deck. Irgendetwas ging da draußen vor sich. Das Zittern wurde heftiger. Das Schiff verfiel in Vibrationen, und plötzlich hebelte ihn etwas aus dem Gleichgewicht. Ächzend stolperte er gegen seinen Schreibtisch. Im nächsten Moment sackte der Boden unter ihm weg, als ob das komplette Schiff in ein Loch fiele. Bauer wurde rücklings zu Boden geschleudert. Angst nahm Besitz von ihm, tiefe, schreckliche Angst. Er rappelte sich auf und taumelte aus seiner Kammer hinaus auf den Gang. Lautere Schreie drangen an sein Ohr. Die Maschine wurde angeworfen. Jemand brüllte etwas auf Isländisch, das Bauer nicht verstand, weil er nur Englisch sprach, aber er hörte das Entsetzen in der Stimme, und noch größeres Entsetzen in der Stimme, die antwortete.Seebeben?lief er den Gang entlang und die Treppe hinauf zum Deck. Das Schiff schwankte wie wild hin und her. Er hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Als er nach draußen wankte, schlug ihm ein entsetzlicher Gestank entgegen, und mit einem Mal wusste Lukas Bauer, was los war.schaffte es zur Reling und sah hinaus. Ringsum brodelte weiß die See. Als säßen sie in einem Kochtopf.waren keine Wellen. Kein Sturm. Es waren Blasen. Riesige, aufsteigende Blasen.sackte der Schiffsboden weg. Bauer fiel nach vorn und schlug mit dem Gesicht hart auf die Planken. In seinem Kopf explodierte der Schmerz. Als er wieder aufsah, war seine Brille zu Bruch gegangen. Ohne Brille war er so gut wie blind, aber er sah auch so, dass die See über dem Schiff zusammenschlug.Gott!, dachte er. Oh Gott, hilf uns.

. AprilNacht erstrahlte in düsterem Grün.war es kalt noch warm, vielmehr herrschte eine Art wohliger Temperaturlosigkeit. Das Atmen schien zu den Akten verfehlter Entwicklungen gelegt und durch eine übergreifende Funktion ersetzt worden zu sein, die es gestattete, sich frei in den Elementen zu bewegen. Nachdem Anawak nun schon eine ganze Weile durch das tiefdunkelgrüne Universum gefallen war, befiel ihn eine regelrechte Euphorie, und er reckte die Arme wie ein Ikarus, der sich den Abgrund zum Himmel erkoren hat, berauschte sich am Gefühl der Schwerelosigkeit und sank tiefer und tiefer. Am Grund schimmerte ihm etwas entgegen, eine weite, eisige Landschaft, und der dunkle, grüne Ozean verwandelte sich in einen nächtlichen Himmel.stand am Rande eines Eisfeldes und blickte hinaus auf schwarzes, still daliegendes Wasser, über sich eine Fülle von Sternen.erfasste ihn.wunderbar war es, einfach hier zu stehen. Der Eisrand würde sich vom Festland ablösen und als Scholle durch die nördlichen Meere treiben, immer höher hinauf, mit ihm als Passagier, dorthin, wo keine erdrückende Fragenlast mehr auf ihn wartete, sondern ein Zuhause. Sein Zuhause. Er würde zu Hause sein. Sehnsucht legte sich auf Anawaks Brust und trieb ihm Tränen in die Augen, funkelnde, grelle Tränen, die ihn blendeten, sodass er versuchte, sie abzuschütteln — und tatsächlich spritzten sie in die schwarze See und begannen sie zu erleuchten. Etwas stieg aus der Tiefe zu ihm empor. Das Wasser formte sich zu einer Gestalt, die in einiger Entfernung auf ihn zu warten schien, dort, wo er nicht hingehen konnte. Starr und kristallen stand sie da, das Licht der Sterne gefangen in ihrer Oberfläche.hab sie gefunden, sagte die Gestalt.hatte kein Gesicht und keinen Mund, doch ihre Stimme kam Anawak bekannt vor. Er trat näher heran, aber da war der Eisrand, und im schwarzen Wasser schwamm etwas Großes, Furcht Einflößendes.hast was gefunden?, fragte er.eigene Stimme versetzte ihm einen Schrecken. Die Worte kamen zäh über seine Lippen. Sie quälten sich hervor wie grobschlächtige Tiere. Im Gegensatz zu dem, was die Gestalt gesagt oder vielleicht nur gedacht hatte, verwundeten sie die perfekte Stille über der Landschaft aus Eis, und plötzlich griff schneidende Kälte nach Anawak. Sein Blick suchte das Ding im Wasser, aber es war verschwunden., was schon, sagte jemand neben ihm.wandte den Kopf und erblickte die zierliche Gestalt Samantha Crowes, der SETI-Forscherin.bist ziemlich ungeübt im Reden, sagte sie. Alles andere kannst du besser. Offen gestanden, es klingt schrecklich!mir Leid, stammelte Anawak.? Na ja. Vielleicht solltest du anfangen zu üben. Ich habe meine Außerirdischen gefunden. Weißt du noch? Wir haben endlich Kontakt aufnehmen können. Ist das nicht großartig?erzitterte. Er fand es keineswegs großartig, vielmehr verspürte er klamme Angst vor Crowes Außerirdischen, ohne zu wissen, warum.… wer sind sie? Was sind sie?SETI-Forscherin deutete hinaus auf das schwarze Wasser jenseits des Eisrandes.sind dort draußen, sagte sie. Ich denke, sie würden sich freuen, dich kennen zu lernen, sie lieben es nämlich, Kontakt aufzunehmen, aber dafür müsstest du dich zu ihnen hinbemühen.kann nicht, sagte Anawak.kannst nicht? Crowe schüttelte verständnislos den Kopf. Warum kannst du nicht?starrte auf die dunklen, gewaltigen Rücken, die das Wasser durchpflügten. Es waren Dutzende, Hunderte. Ihm war klar, dass sie nur seinetwegen dort waren, und er wusste plötzlich, dass sie sich von seiner Angst nährten.fraßen Angst.… kann einfach nicht.musst doch nur losgehen, Feigling!, spottete Crowe. Das ist doch nun wirklich das Einfachste von der Welt, Du hast es viel einfacher als wir, wir mussten den ganzen verdammten Weltraum abhorchen.zitterte noch stärker. Er trat bis dicht an den Rand und schaute hinaus. Am Horizont, wo die schwarze See den sternübersäten Himmel in sich aufnahm, erstrahlte ein fernes Leuchten.einfach, sagte Crowe.bin geflogen, dachte Anawak. Durch einen dunkelgrünen Ozean, der voller Leben war, und ich hatte nicht die geringste Angst. Was soll passieren? Das Wasser wird wie fester Boden sein, ich werde in dieses Licht gelangen, getragen von meinem Willen. Sam hat Recht. Es ist ganz einfach. Es gibt nichts, wovor man sich fürchten müsste.seinen Augen tauchte eines der Riesentiere ab, und eine kolossale, zweizipfelige Fluke reckte sich den Sternen entgegen., wovor ich mich fürchten müsste.er hatte zu lange gezögert, und der Anblick der Fluke hatte ihn verunsichert. Weder trug ihn sein Wille noch die Macht des Traumes, Naturgesetze außer Kraft zu setzen. Als er endlich einen Schritt nach vorn machte, versank er augenblicklich in der Eiseskälte der See. Sie schlug über seinem Kopf zusammen, und alles war nur noch schwarz. Er wollte schreien und schluckte Wasser. Es drang schmerzhaft in seine Lungen. Unerbittlich zog es ihn nach unten, wie sehr er auch um sich schlug. Sein Herz pochte wie wild, in seinen Schläfen pochte es, ein Dröhnen wie von Hammerschlägen …fuhr hoch und knallte mit dem Kopf gegen die Bohlen.»Verdammt«, stöhnte er.das Pochen. Keine Spur von Dröhnen. Eher ein gemäßigtes Pochen, Fingerknöchel auf Holz. Er rollte sich auf die Seite und sah Alicia Delaware, die leicht gebückt in seine Koje spähte.

»‘tschuldige«, sagte sie.»Ich wusste nicht, dass du gleich hochgehst wie eine Rakete.«starrte sie an. Delaware?ja. Langsam setzte sich die Erinnerung daran zusammen, wo er war. Er hielt sich den Schädel, gab ein gepeinigtes Grunzen von sich und ließ sich zurückfallen.

»Wie viel Uhr ist es?«

»Halb zehn.«

»Mist.«

»Du siehst furchtbar aus. Hast du schlecht geträumt?«

»Irgendeinen Käse.«

»Ich kann Kaffee machen.«

»Kaffee? Ja, gute Idee.«Seine Finger betasteten die Stelle, an der er sich den Schädel gerammt hatte, und zuckten zurück. Das würde eine ansehnliche Beule geben.»Wo ist der blöde Wecker? Ich weiß genau, dass ich ihn gestellt habe. Auf sieben.«

»Du hast ihn überhört. Kein Wunder, nach allem, was passiert ist.«Delaware ging hinüber zu der kleinen Küchenzeile und sah sich prüfend um.»Wo ist …«

»Hängeschrank, linke Seite. Kaffee, Filter, Milch und Zucker.«

»Hast du Hunger? Ich kann prima Frühstück …«

»Nein.«zuckte die Achseln und füllte Wasser in die Kanne der Kaffeemaschine. Anawak sah ihr einige Sekunden zu, dann stemmte er sich aus der Koje.

»Dreh dich um. Ich muss mir was anziehen.«

»Mach nicht so ein Theater. Ich guck dir schon nichts weg.«verzog das Gesicht, während er Ausschau nach seinen Jeans hielt. Sie lagen zusammengeknüllt auf der Sitzbank, die sich um den Kajüttisch bog. Das Anziehen erwies sich als schwierig. Ihm war schwindelig, und sein verletztes Bein schmerzte, als er versuchte, es anzuwinkeln.

»Hat John angerufen?«, fragte er.

»Ja. Vorhin.«

»So eine Scheiße.«

»Was?«

»Jeder Tattergreis kommt schneller in die Hose. — Zum Teufel, warum habe ich den Wecker überhört? Ich wollte unbedingt …«

»Weißt du was? Du bist bescheuert, Leon. Echt bescheuert! Vor zwei Tagen hast du einen Flugzeugabsturz überlebt. Du hast ein dickes Knie, und bei mir ist das Gehirn ein bisschen verrutscht, na und? Wir hatten irrsinniges Glück. Wir könnten tot sein wie Danny und der Pilot, stattdessen leben wir. Und du maulst rum wegen deinem beschissenen Wecker und weil du gerade mal nicht das Rad schlagen kannst. — Fertig?«ließ sich auf die Sitzbank sinken.»Ist ja gut. Was sagt John?«

»Er hat alle Daten beisammen. Und er hat sich das Video angesehen.«

»Na toll. Und?«

»Nichts und. Du sollst dir deine eigene Meinung bilden.«

»Das ist alles?«füllte den Filter mit Kaffeepulver, setzte ihn auf die Kanne und stellte die Maschine an. Nach wenigen Sekunden erfüllte leises Schmatzen und Röcheln den Raum.


Дата добавления: 2015-09-29; просмотров: 23 | Нарушение авторских прав







mybiblioteka.su - 2015-2024 год. (0.021 сек.)







<== предыдущая лекция | следующая лекция ==>