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thrillerSchaetzingSchwarmFischer verschwindet vor Peru, spurlos. Цlbohrexperten stoЯen in der norwegischen See auf merkwьrdige Organismen, die hunderte Quadratkilometer Meeresboden in Besitz 11 страница



»Dem äußeren Anschein nach ist er an einer bakteriologischen Infektion gestorben«, sagte Fenwick auf Anawaks Fragen.»Aber ich will mich nicht zu vorwitzigen Prognosen versteigen.«

»Sie versteigen sich nicht«, sagte Anawak düster.»Erinnert ihr euch, 1999? Sieben tote Orcas, und alle infiziert.«

»The torture never stops«, summte Oliviera die Textzeile eines alten Frank-Zappa-Songs. Sie sah ihn an und machte eine konspirative Kopfbewegung.»Komm mal mit.«folgte ihr zu dem Kadaver. Zwei große metallene Koffer und ein Container standen bereit, voller Werkzeug für die Autopsie. Einen Orca zu zerlegen war etwas anderes, als einen Menschen aufzuschneiden. Es bedeutete Schwerstarbeit, Unmengen von Blut und gewaltigen Gestank.

»Die Presse wird gleich hier sein mit einem Haufen Doktoranden und Studenten im Schlepptau«, sagte Oliviera mit einem Blick auf die Uhr.»Da es uns schon mal zusammen an diesen traurigen Ort verschlagen hat, sollten wir schnell über die Auswertung deiner Proben sprechen.«

»Seid ihr weitergekommen?«

»Hier und da.«

»Und Ihr habt Inglewood ins Bild gesetzt.«

»Nein. Ich dachte, das besprechen wir erst mal unter uns.«

»Klingt, als hättet ihr nichts Rechtes in der Hand.«

»Sagen wir mal so — zum einen sind wir verwundert und zum anderen ratlos«, erwiderte Oliviera.»Was die Muscheln angeht, existiert jedenfalls keinerlei Literatur, die sie beschreibt.«

»Ich hätte schwören können, dass es Zebramuscheln sind.«

»Einerseits ja. Und auch wieder nicht.«

»Klär mich auf.«

»Es gibt zwei Betrachtungsweisen. Entweder haben wir es mit einem Verwandten der Zebramuschel zu tun oder mit einer Mutation. Die Dinger sehen aus wie Zebramuscheln, sie bilden die gleichen Schichtungen, aber etwas an ihrem Byssus ist komisch. Die Fäden, die den Fuß bilden, sind ziemlich dick und lang. — Wir haben uns spaßeshalber angewöhnt, sie Düsenmuscheln zu nennen.«

»Düsenmuscheln?«verzog das Gesicht.»Uns fiel nichts Besseres ein. Wir konnten eine Menge von ihnen lebend beobachten, und sie verfügen … nun ja sie lassen sich nicht einfach treiben wie gewöhnliche Zebramuscheln, sondern sind bis zu einem gewissen Grad navigationsfähig. Sie saugen Wasser an und stoßen es aus. Der Rückstoß treibt sie voran. Zugleich benutzen sie die Fäden, um die Richtung zu bestimmen. Wie kleine, drehbare Propeller. Erinnert dich das an irgendwas?«überlegte.

»Tintenfische schwimmen mit Raketenantrieb.«

»Einige. Es gibt aber noch eine Parallele. Man kommt nur drauf, wenn man ein echter Eierkopf ist, aber davon haben wir ja genug im Labor. Ich rede von Dinoflagellaten. Manche dieser Einzeller besitzen zwei Geißeln am Körperende. Mit der einen bestimmen sie die Richtung, die andere dreht sich und treibt sie an.«

»Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?«

»Sagen wir, es ist Konvergenz in großzügiger Auslegung. Man klammert sich an alles. Ich kenne jedenfalls keine Muschel, die sich auf ähnliche Weise fortbewegt. Diese hier sind mobil wie ein Schwarm Fische, und irgendwie erhalten sie trotz der Schalen sogar Auftrieb.«

»Es würde jedenfalls erklären, wie sie auf hoher See an den Rumpf der Barrier Queen gelangen konnten«, sinnierte Anawak.»Und darüber seid ihr verwundert?«

»Ja.«

»Worüber seid ihr denn ratlos?«trat zur Flanke des toten Wals und strich mit der Hand über die schwarze Haut.

»Über diese Gewebefetzen, die du von unten mitgebracht hast. Wir wissen nicht, was wir damit anfangen sollen, und offen gesagt konnten wir auch nicht mehr viel damit anfangen. Die Substanz war weitgehend zerfallen. Das bisschen, was wir analysiert haben, lässt zumindest den Schluss zu, dass es sich bei dem Zeug an der Schiffsschraube und dem, was an deiner Messerspitze hängen geblieben ist, um ein und dasselbe handelt.über hinaus erinnert es an nichts, was wir kennen.«

»Du meinst, ich habe E.T. vom Rumpf gesäbelt?«

»Die Kontraktionsfähigkeit des Gewebes erscheint über proportional ausgebildet. Von hoher Festigkeit und zugleich enorm flexibel. Wir wissen nicht, was es ist.«runzelte die Stirn,»Anzeichen von Biolumineszenz?«



»Möglich. Wieso?«

»Weil ich den Eindruck hatte, dass dieses Ding kurz aufblitzte.«

»Das, was dich über den Haufen geschwommen hat?«

»Es schoss heraus, als ich im Belag rumstocherte.«

»Möglicherweise hast du ein Stück davon abgeschnitten, und das fand es nicht witzig. Obwohl ich bezweifle, dass dieses Gewebe überhaupt so etwas wie Nervenbahnen aufweist. Ich meine, um Schmerz zu empfinden. Eigentlich ist es nur … Zellmasse.«näherten sich. Über den Strand kam eine Gruppe Menschen auf sie zu. Einige trugen Kameras, andere Schreibunterlagen.

»Es geht los«, sagte Anawak.

»Ja.«Oliviera sah ratlos drein.»Was sollen wir jetzt machen? Soll ich die Daten an Inglewood schicken? Ich fürchte nur, sie werden nichts damit anfangen können. Offen gestanden wäre es mir lieber, wenn ich noch weitere Proben bekäme. Vor allem von dieser Substanz.«

»Ich setze mich mit Roberts in Verbindung.«

»Gut. Stürzen wir uns ins Gemetzel.«betrachtete den reglosen Orcas und empfand Wut und Hilflosigkeit. Es war deprimierend. Erst waren die Tiere wochenlang ausgeblieben, und jetzt lag wieder eines tot am Strand.

»So ein verdammter Mist!«zuckte die Achseln. Mittlerweile hatten sich auch Fenwick und Ford in Bewegung gesetzt.

»Spar dir deinen Blues für die Presse«, sagte sie.Autopsie dauerte über eine Stunde, während derer Fenwick, assistiert von Ford, den Orca aufschnitt, seine Eingeweide, das Herz, die Leber und die Lungen zutage förderte und den anatomischen Aufbau erläuterte. Der Mageninhalt wurde ausgebreitet und enthielt eine halb verdaute Robbe. Im Gegensatz zu Residents fraßen Transients und Offshore Orcas Seelöwen, Tümmler und Delphine und rückten im Rudel auch schon mal einem großen Bartenwal zu Leibe.den Zuschauern waren die Wissenschaftsjournalisten in der Minderheit. Dafür hatten sich Vertreter von Tageszeitungen, Magazinen und Fernsehsendern eingefunden. Im Wesentlichen die Truppe, auf die sie spekuliert hatten, allerdings konnten sie kaum Fachwissen voraussetzen. Fenwick erklärte darum als Erstes die spezifischen Merkmale des Körperbaus.

»Die Form ist die eines Fisches, aber nur, weil die Natur diesen Bauplan für ein Wesen übernommen hat, das vom Land ins Wasser übersiedelte. So etwas geschieht oft. Wir nennen das Konvergenz. Völlig unterschiedliche Spezies bilden konvergente, also in der Wirkung gleichartige Strukturen aus, um bestimmten Umgebungsansprüchen zu begegnen.«entfernte Teile der dicken Außenhaut und legte den darunter liegenden Speck frei.

»Noch ein Unterschied: Fische, Amphibien und Reptilien sind Wechselwarme, also Kaltblüter, was bedeutet, dass ihre Körpertemperatur der jeweiligen Umgebungstemperatur entspricht. Makrelen gibt es zum Beispiel am Nordkap ebenso wie im Mittelmeer, aber am Nordkap würden wir eine Körpertemperatur von 4° Celsius messen, bei einer Mittelmeermakrele hingegen 24° Celsius. Für Wale trifft das nicht zu. Sie sind Warmblüter — Warmblüter wie wir.«Anawak beobachtete die Umstehenden. Soeben hatte Fenwick eine Kleinigkeit gesagt, die immer wieder funktionierte:»… wie wir«ließ die Leute aufhorchen. Wale sind wie wir. Da war sie wieder, die eng gezogene Grenze, innerhalb derer Menschen begannen, Leben mit Wert zu versehen. Fenwick fuhr fort:»Ob sie nun gerade in der Arktis weilen oder in der Bucht von Kalifornien, Wale halten immer eine konstante Körpertemperatur von 37° Celsius. Dafür fressen sie sich eine Fettschicht an, die wir Blubber nennen. Sehen Sie diese fette, weiße Masse? Wasser wirkt Wärme entziehend, aber diese Schicht verhindert, dass die Körperwärme verloren geht.«Er sah in die Runde. Seine behandschuhten Hände waren rot und schleimig vom Blut und Fett des Orca.

»Zugleich kann der Blubber das Todesurteil für einen Wal bedeuten. Das Problem aller strandenden Wale ist ihr Körpergewicht und eben diese an sich wunderbare Speckschicht. Ein 33 Meter langer und 130 Tonnen schwerer Blauwal wiegt das Vierfache des größten Sauriers, der je gelebt hat, aber auch ein Orca bringt es auf neun Tonnen. Nur im Wasser sind solche Wesen möglich, getreu dem Lehrsatz des Archimedes, dass jeder in eine Flüssigkeit getauchte Körper so viel von seinem Gewicht verliert, wie die von ihm verdrängte Flüssigkeitsmenge wiegt. An Land werden Wale darum von ihrem eigenen Gewicht erdrückt, und die isolierende Wirkung der Speckschicht gibt ihnen den Rest, weil die aufgenommene Umgebungswärme nicht wieder abgegeben wird. Viele Wale, die stranden, krepieren an einem Überhitzungs schock.«

»Dieser auch?«, fragte eine Journalistin.

»Nein. In den letzten Jahren hatten wir hier zunehmend Tiere, deren Immunsystem zusammengebrochen war. Sie starben an Infektionen. J-19 ist 22 Jahre alt geworden. Kein junges Tier mehr, aber im Durchschnitt bringen es gesunde Orcas auf 30 Jahre. Also ein Tod vor der Zeit, und nirgendwo sind Verletzungen eines Kampfes zu sehen. Ich tippe auf eine bakteriologische Infektion.«trat einen Schritt vor.

»Wenn Sie wissen wollen, woher so was kommt, können wir Ihnen auch das erklären«, sagte er, bemüht um einen sachlichen Tonfall.»Es gibt eine ganze Reihe toxikologischer Untersuchungen, und sie zeigen, dass die Orcas vor British Columbia durchweg verseucht sind mit PCB und anderen Umweltgiften. Dieses Jahr haben wir in Orca-Fettgewebe über 150 Milligramm PCB nachgewiesen. Kein menschliches Immunsystem hätte dagegen den Hauch einer Chance.«Gesichter der Leute wandten sich ihm zu. Er sah die Mischung aus Betroffenheit und Erregtheit in ihren Augen. Soeben hatte er ihnen eine Story geliefert. Er wusste, dass sie die Truppe jetzt im Griff hatten.

»Das Schlimme an diesen Giften ist, dass sie fettlöslich sind«, sagte er.»Das heißt, sie werden mit der Muttermilch an die Kälber weitergegeben. Menschliche Babys kommen auf die Welt und haben AIDS, und wir berichten darüber und sind entsetzt. Weiten Sie Ihr Entsetzen bitte aus und berichten Sie auch über das, was Sie hier vorgefunden haben. Kaum eine Spezies auf der Welt ist so vergiftet wie die Orcas.«

»Dr. Anawak.«Ein Journalist räusperte sich.»Was geschieht, wenn Menschen das Fleisch dieser Wale essen?«

»Sie nehmen einen Teil der Giftstoffe in sich auf.«

»Mit tödlichen Folgen?«

»Auf lange Sicht — möglicherweise.«

»Ist es dann nicht so, dass Unternehmen, die hier bedenkenlos Giftstoffe ins Meer leiten, etwa die Holzindustrie, indirekt auch dafür verantwortlich sind, wenn Menschen erkranken und sterben?«warf ihm einen schnellen Blick zu. Anawak zögerte. Das war ein heikler Punkt. Natürlich hatte der Mann Recht, aber das Vancouver Aquarium versuchte, jede direkte Konfrontation mit der ansässigen Industrie zu vermeiden und stattdessen den Weg der Diplomatie zu gehen. Die wirtschaftliche und politische Elite von British Columbia als potenzielle Mörderbande hinzustellen würde die Fronten verhärten, und er wollte Ford nicht in die Parade fahren.

»Auf jeden Fall belastet es die menschliche Gesundheit, kontaminiertes Fleisch zu essen«, antwortete er ausweichend.

»Das bewusst kontaminiert wurde von der Industrie.«

»Wir suchen diesbezüglich nach Lösungen. Gemeinsam mit den Verantwortlichen.«

»Verstehe.«Der Journalist notierte etwas.»Ich denke speziell an die Menschen in Ihrer Heimat, Dr ….«

»Meine Heimat ist hier«, sagte Anawak schroff.Journalist sah ihn verständnislos an. Wie hätte er auch verstehen sollen? Er hatte wahrscheinlich einfach nur gut recherchiert.

»Das meine ich nicht«, sagte er.»Da, wo Sie herkommen …«

»In British Columbia wird nicht mehr sonderlich viel Walfleisch oder Robbenfleisch gegessen«, fiel ihm Anawak ins Wort.»Hingegen gibt es starke Vergiftungserscheinungen bei den Bewohnern am Polarkreis. In Grönland und Island, in Alaska und weiter im Norden, in Nunavut, aber natürlich auch in Sibirien, Kamchatka und auf den Aleuten, überall dort also, wo Meeressäuger zur täglichen Nahrung beitragen. Das Problem ist weniger, wo die Tiere vergiftet werden. Das Problem ist, dass sie wandern.«

»Glauben Sie, die Wale sind sich der Vergiftungen bewusst?«, fragte ein Student.

»Nein.«

»Aber Sie sprechen in Ihren Publikationen von einer gewissen Intelligenz. Wenn die Tiere begreifen würden, dass mit ihrer Nahrung etwas nicht stimmt …«

»Menschen rauchen, bis man ihnen die Beine amputiert oder sie an Lungenkrebs sterben. Sie sind sich der Vergiftung durchaus bewusst und tun es trotzdem, und Menschen sind eindeutig intelligenter als Wale.«

»Wie können Sie da so sicher sein? Vielleicht ist es genau umgekehrt.«seufzte. So freundlich wie möglich sagte er:»Wir müssen Wale als Wale sehen. Sie sind hoch spezialisiert, aber es ist genau diese Spezialisierung, die sie auch einengt. Ein Orca ist ein lebender Torpedo mit idealer Stromlinienform, aber dafür fehlen ihm Beine, Greifhände, er verfügt über keine Mimik und nicht über bipolares Sehen. Das Gleiche gilt für Delphine, Tümmler, für jede Art von Zahnwal oder Bartenwal. Es sind keine Beinahe-Menschen. Orcas sind vielleicht klüger als Hunde, Belugas so intelligent, dass sie sich ihrer Individualität bewusst sind, und Delphine besitzen ohne Zweifel ein einzigartiges Gehirn. Aber fragen Sie sich bitte, was die Tiere letzten Endes damit vollbringen. Fische bewohnen den gleichen Lebensraum wie Wale und Delphine, ihre Lebensweise ist vielfach ähnlich, und dennoch kommen sie mit einem viertel Fingerhut Neuronen aus.«war Anawak froh, als er den leisen Summton seines Handys hörte. Er gab Fenwick ein Zeichen, mit der Autopsie fortzufahren, ging ein Stück abseits und meldete sich.

»Ah, Leon«, sagte Shoemaker.»Kannst du dich loseisen da, wo du gerade bist?«

»Vielleicht. Was gibt’s denn?«

»Er ist wieder da.«Wut stieg ins Maßlose. Als er wenige Tage zuvor überstürzt nach Vancouver Island zurückgekehrt war, hatten sich Jack Greywolf und seine Seaguards schon wieder verzogen und zwei Bootsladungen verärgerter Touristen hinterlassen, die sich lautstark darüber beschwerten, wie Vieh fotografiert und angestarrt worden zu sein. Es war Shoemaker mit Ach und Krach gelungen, die Leute zu beruhigen. Einige hatte er zu einer kostenlosen zweiten Fahrt einladen müssen. Danach schienen die Wogen geglättet. Dennoch hatte Greywolf fürs Erste erreicht, was er wollte. Er hatte für Unruhe gesorgt.Davies waren sie die Möglichkeiten durchgegangen. Sollten sie gegen die Umweltschützer vorgehen oder sie ignorieren? Offizielle Wege zu beschreiten hätte geheißen, ihnen ein Forum zu bereiten. Seriösen Organisationen waren Leute wie Greywolf ebenso ein Dorn im Auge wie den Whale Watchers, aber am Ende stand immer ein Prozess, der einer ohnehin uninformierten Öffentlichkeit verzerrte Bilder liefern würde. Im Zweifel waren viele geneigt, mit Greywolfs Parolen zu sympathisieren.hätten sie sich auf eine handfeste Auseinandersetzung einlassen können. Wohin Auseinandersetzungen mit Greywolf führten, zeigten seine diversen Vorstrafen, aber es lag an ihnen, sich davon einschüchtern zu lassen oder nicht. Es war nur wenig hilfreich. Sie hatten genug anderes zu tun, und vielleicht beließ es Greywolf ja bei dem einen Zwischenfall.hatten sie beschlossen, ihn zu ignorieren., dachte Anawak, während er das kleine Motorboot entlang der Küste über den Clayoquot Sound steuerte, war das der Fehler gewesen. Möglicherweise hätte es Greywolfs Geltungssucht Genüge getan, wenn sie ihm wenigstens einen Brief geschrieben hätten, um ihr Missfallen auszudrücken. Etwas, das ihm signalisierte, dass man ihn zur Kenntnis genommen hatte.Blick suchte die Meeresoberfläche ab. Das Boot raste dahin, und er wollte nicht riskieren, Wale zu erschrecken oder gar zu verletzen Mehrmals sah er in der Ferne gewaltige Fluken, und einmal schnitten nicht weit von ihm schwarz glänzende Schwerter durch die Wellen. Während der Fahrt sprach er über Funk mit Susan Stringer auf der Blue Shark.

»Was machen die Typen?«, fragte er.»Werden sie handgreiflich?«knackte im Funkgerät.

»Nein«, sagte Stringers Stimme.»Sie machen Fotos, so wie letztes Mal, und sie beschimpfen uns.«

»Wie viele sind es?«

»Zwei Boote. Greywolf und noch jemand in dem einen, drei weitere im anderen. — Himmel! Jetzt fangen sie auch noch an zu singen.«rhythmisches Geräusch drang schwach durch das Rauschen des Funkgeräts.

»Sie trommeln«, rief Stringer.»Greywolf haut auf die Pauke, und die anderen singen. Indianergesänge! Nicht zu fassen.«

»Verhaltet euch ruhig, hörst du? Lasst euch nicht provozieren. Ich bin in wenigen Minuten bei euch.«vor ihm tauchten die hellen Flecken der Boote auf.

»Leon? Was ist dieser Arsch eigentlich für ein Indianer? Ich weiß ja nicht, was er da macht, aber wenn er die Geister seiner Ahnen herbeiruft, will ich wenigstens wissen, wer gleich erscheint.«

»Jack ist ein Hochstapler«, sagte Anawak.»Er ist überhaupt kein Indianer.«

»Nicht? Ich dachte …«

»Seine Mutter ist Halbindianerin. Das war’s. Willst du wissen, wie er wirklich heißt? O’Bannon. Jack O’Bannon. Von wegen Greywolf.«Pause entstand, während Anawak sich den Booten mit hoher Geschwindigkeit näherte. Mittlerweile drang der Lärm der Trommel auch übers Wasser zu ihm herüber.

»Jack O’Bannon«, sagte Stringer gedehnt.»Das ist ja geil. Ich glaube, das werd ich ihm gleich mal …«

»Du wirst gar nichts. Siehst du mich kommen?«

»Ja.«

»Tu gar nichts. Warte einfach.«legte das Funkgerät weg und fuhr in einer weiten Kurve vom Ufer weg hinaus aufs Meer. Er konnte die Szenerie jetzt deutlich überblicken. Die Blue Shark und die Lady Wexham lagen inmitten einer weit auseinander gezogenen Gruppe von Buckelwalen. Hier und da waren abtauchende Fluken zu sehen und Wolken von Blas. Der weiße Rumpf der 22 Meter langen Lady Wexham schimmerte im Sonnenlicht. Zwei kleine, heruntergekommen aussehende Sportfischerboote, beide knallrot gestrichen, umkreisten die Blue Shark so dicht, dass es aussah, als wollten sie das Zodiac entern. Der Trommelschlag wurde lauter, monotoner Gesang mischte sich hinein.Greywolf Anawaks Herannahen bemerkte, ließ er es nicht erkennen. Er stand aufrecht in seinem Boot, schlug auf eine Indianertrommel ein und sang. Seine Leute auf der anderen Seite, zwei Männer und eine Frau, sangen mit und stießen zwischendurch Verwünschungen und Flüche aus. Dabei fotografierten sie die Insassen der Blue Shark und bewarfen sie mit etwas Glitzerndem. Anawak kniff die Augen zusammen. Es waren Fische. Nein, Fischabfall. Die Leute duckten sich, einige warfen das Zeug zurück. Anawak verspürte große Lust, Greywolfs Boot zu rammen und zuzusehen, wie der Hüne über Bord ging, aber er beherrschte sich. Es war keine gute Idee, den Touristen einen Schaukampf zu liefern.fuhr bis dicht heran und schrie:»Hör auf damit, Jack! Lass uns reden.«trommelte unermüdlich weiter. Er drehte sich nicht einmal um. Anawak sah in die nervösen und gestressten Gesichter der Touristen. Im Funkgerät erklang die Stimme eines Mannes:

»Hallo, Leon. Nett, dich zu sehen.«war der Skipper der Lady Wexham, die in etwa hundert Metern Entfernung dalag. Die Menschen auf dem Oberdeck lehnten am Geländer und sahen zu den belagerten Zodiacs herüber. Einige von ihnen schossen Fotos.

»Alles klar bei euch?«, erkundigte sich Anawak.

»Alles bestens. Was machen wir mit den Scheißkerlen?«

»Weiß noch nicht«, antwortete Anawak.»Ich versuch’s mal mit friedlichen Mitteln.«»Sag mir Bescheid, wenn ich sie über den Haufen fahren soll.«

»Ich komme drauf zurück.«roten Motorboote der Seaguards hatten begonnen, die Blue Shark anzurempeln. Greywolf schwankte, als sein Boot gegen den Gummirumpf stieß, und schlug weiter auf seine Trommel ein. Die Federn an seinem Hut zitterten im Wind. Hinter den Booten stieg eine Fluke auf und wieder eine, aber augenblicklich hatte niemand einen Blick für die Wale. Stringer starrte feindselig zu Greywolf hinüber.

»He, Leon. Leon!«Anawak sah jemanden zwischen den Passagieren der Blue Shark winken und erkannte, dass es Alicia Delaware war. Sie trug ihre blaue Brille und hüpfte auf und nieder.»Was sind das für Typen? Warum sind sie hier?«stutzte. Hatte sie ihm nicht vor wenigen Tagen damit in den Ohren gelegen, es sei ihr letzter Tag auf der Insel?für den Augenblick.lenkte sein Boot um das von Greywolf, stellte es quer und klatschte in die Hände.»Okay, Jack. Danke. Ihr habt schön Musik gemacht. Sag jetzt endlich, was du willst.«sang noch lauter. Ein monotones An— und Abschwellen, archaisch klingende Silben, jammervoll und zugleich aggressiv.

»Jack, verdammt nochmal!«ötzlich herrschte Stille. Der Hüne ließ die Trommel sinken und wandte Anawak den Kopf zu.

»Ja, bitte?«

»Sag deinen Leuten, sie sollen damit aufhören. Dann können wir reden. Wir reden über alles, aber sag ihnen, sie sollen sich zurückziehen.«Züge verzerrten sich.»Niemand wird sich zurückziehen«, schrie er.

»Was soll das Theater? Was bezweckst du?«

»Ich wollte es dir neulich im Aquarium erklären, aber du warst dir ja zu fein, um zuzuhören.«

»Ich hatte keine Zeit.«

»Und jetzt hab ich keine.«Leute lachten und johlten. Anawak versuchte seine Wut im Zaum zu halten.

»Ich mache dir einen Vorschlag, Jack«, sagte er mühsam beherrscht.»Du bläst das hier ab, wir treffen uns heute Abend bei Davies, und du erzählst uns allen, was wir deiner Ansicht nach tun sollen.«

»Ihr sollt verschwinden. Das sollt ihr tun.«

»Wozu? Was machen wir denn?«unmittelbarer Nähe des Bootes erhoben sich zwei dunkle Inseln, furchig und gesprenkelt wie verwittertes Gestein. Grauwale. Ziemlich nahe. Sie hätten phantastische Fotos abgegeben, aber Greywolf ruinierte den ganzen Trip.

»Zieht euch zurück«, rief Greywolf. Er sah direkt zu den Insassen der Blue Shark hinüber und hob beschwörend die Arme.»Zieht euch zurück und stört nicht länger die Natur. Lebt in Einklang mit ihr, anstatt sie zu begaffen. Eure Schiffsmotoren verpesten die Luft und das Wasser. Ihr verletzt die Tiere mit euren Schiffsschrauben. Ihr hetzt sie für ein Foto. Ihr tötet sie mit Lärm. Dies ist die Welt der Wale. Zieht euch zurück. Menschen haben hier keinen Platz.«für eine Sülze, dachte Anawak. Er fragte sich, ob Greywolf selber glaubte, was er da von sich gab, aber seine Leute klatschten begeistert Beifall.

»Jack! Darf ich dich daran erinnern, dass wir das alles zum Schutz der Wale unternehmen? Wir betreiben Forschung! Whale Watching hat den Menschen einen neuen Blickwinkel eröffnet. Wenn du unsere Arbeit störst, sabotierst du die Interessen der Tiere.«

»Du willst uns erzählen, welche Interessen ein Wal hat?«, höhnte Greywolf.»Kannst du denn in Köpfe gucken, Forscher?«

»Jack, lass diesen Indianermist. Was — willst — du?«schwieg eine Weile. Seine Leute hatten aufgehört, die Insassen der Blue Shark zu fotografieren und zu bewerfen. Alle sahen zu ihm herüber.

»Wir wollen an die Öffentlichkeit«, sagte er.

»Wo, um Himmels willen, hast du hier Öffentlichkeit?«Anawak machte eine weit ausholende Handbewegung.»Ein paar Leute in Booten. Bitte, Jack, wir können ja gerne diskutieren, aber dann lass uns wirklich die Öffentlichkeit suchen. Lass uns Argumente austauschen, und wer den Kürzeren zieht, gibt sich geschlagen.«

»Lächerlich«, sagte Greywolf.»So spricht der Weiße Mann.«

»Ach, Scheiße!«Anawak riss die Geduld.»Ich bin weniger ein Weißer als du, O’Bannon, komm endlich auf den Teppich.«starrte ihn an, als habe ihn der Schlag getroffen. Dann spaltete ein breites Grinsen sein Gesicht. Er wies auf die Lady Wexham.

»Was glaubst du wohl, warum die Leute drüben auf eurem Schiff so fleißig filmen und fotografieren?«

»Sie filmen dich und deinen albernen Hokuspokus.«

»Gut«, lachte Greywolf.»Sehr gut.«einem Mal dämmerte es Anawak. Unter den Beobachtern auf der Lady Wexham waren Presseleute. Greywolf hatte sie eingeladen, dem Spektakel beizuwohnen.verdammte Schwein!legte sich eine treffende Bemerkung zurecht, als ihm auffiel, dass Greywolf immer noch mit ausgestreckter Hand zur Lady Wexham hinüberstarrte. Anawak folgte seinem Blick und hielt den Atem an.vor dem Schiff hatte sich ein Buckelwal aus dem Wasser katapultiert. Ein ungeheurer Schub war notwendig für das Emporwuchten des massigen Körpers. Einen Moment lang sah es aus, als stütze sich das Tier einzig auf seine Schwanzflosse. Nur die Flukenzipfel lagen noch unter Wasser, der übrige Körper stand steil in der Luft und überragte die Brücke der Lady Wexham. Deutlich waren die Längsfurchen an Kiefer und Bauchunterseite zu sehen. Die überproportional langen Seitenflipper standen ab wie Flügel, leuchtend weiß mit schwarzen Maserungen und knotigen Kanten. Es schien, als wolle sich der Wal zur Gänze aus dem Wasser erheben, und ein vielstimmiges Ooh erscholl von der Lady Wexham. Dann kippte der gewaltige Körper langsam zur Seite und traf in einer Explosion von Gischt die Wasseroberfläche.Leute auf dem Oberdeck wichen zurück. Ein Teil der Lady Wexham verschwand hinter einer Wand aus Schaum. Darin erschien etwas Dunkles, Massiges. Ein zweiter Wal kam aus der Tiefe geschossen. Viel näher am Schiff schnellte er empor, umgeben von glitzerndem Sprühnebel, und Anawak wusste, noch bevor der Entsetzensschrei von den Booten aufbrandete, dass dieser Sprung danebengehen würde.solcher Wucht krachte der Wal gegen die Lady Wexham, dass der Dampfer heftig ins Schwanken geriet. Es krachte und splitterte. Das Tier tauchte ab. Auf dem Oberdeck gingen Menschen zu Boden. Rings um das Schiff schäumte und wirbelte es, dann näherten sich mehrere Buckel von der Seite, und erneut schossen zwei dunkle Körper in die Luft und warfen sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den Rumpf.

»Das ist die Rache«, schrie Greywolf mit überschnappender Stimme.»Die Rache der Natur!«Lady Wexham maß 22 Meter und war damit länger als jeder Buckelwal. Sie war vom Transportministerium zugelassen und entsprach den Sicherheitsvorschriften der kanadischen Küstenwache für Passagierboote, was stürmische See, meterhohe Brecher und auch den zufälligen Zusammenstoß mit einem träge dahindümpelnden Wal einschloss. Selbst dafür war die Lady Wexham sicherheitshalber konzipiert worden.aber für einen Angriff.hörte, wie sie drüben die Maschine starteten. Unter der Wucht der aufprallenden Körper hatte sich das Schiff bedrohlich zur Seite geneigt. Unbeschreibliche Panik herrschte auf den beiden Beobachtungsdecks. Deutlich war zu sehen, dass im Unterdeck sämtliche Fenster zu Bruch gegangen waren. Geschrei drang herüber, Menschen stolperten kopflos durcheinander. Die Lady Wexham nahm Fahrt auf, aber sie kam nicht weit. Wieder katapultierte sich ein Tier aus der See und krachte gegen die Seitenwand mit der Brücke. Auch diese Attacke reichte nicht aus, das Schiff umzuwerfen, aber es schwankte nun weit heftiger, und Trümmerteile regneten von oben herab.Gedanken rasten. Wahrscheinlich war der Rumpf bereits an einigen Stellen gerissen. Er musste etwas tun. Vielleicht konnte er die Tiere irgendwie ablenken.Hand fuhr zum Gashebel.selben Moment zerriss ein vielstimmiger Schrei die Luft. Aber er kam nicht von dem weißen Dampfer, sondern erscholl gleich hinter ihm, und Anawak wirbelte herum.Anblick hatte etwas Surreales. Direkt über dem Boot der Tierschützer stand senkrecht der Körper eines riesigen Buckelwals. Beinahe schwerelos wirkte er, ein Wesen von monumentaler Schönheit, das krustige Maul den Wolken zugereckt, und immer noch stieg er weiter empor, zehn, zwölf Meter über ihre Köpfe hinweg. Den Herzschlag einer Ewigkeit lang hing er einfach nur so am Himmel, sich langsam drehend, und die meterlangen Flipper schienen ihnen zuzuwinken.Blick wanderte an dem springenden Koloss entlang. Nie hatte er etwas zugleich so Schreckliches und Großartiges gesehen, nie aus solcher Nähe. Alle, Jack Greywolf, die Menschen in den Zodiacs, er selber, legten den Kopf in den Nacken und starrten auf das, was nun auf sie zukommen würde.


Дата добавления: 2015-09-29; просмотров: 29 | Нарушение авторских прав







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