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III. Zur Aesthetik.

IV. Die allmälige Realisation der Ideale. | V. Höhere Ansicht. | Erste Rede. Das Charakterbild Ferdinand Lassalle’s. | Zweite Rede. Die sociale Aufgabe der Gegenwart. | Dritte Rede. Das göttliche und das menschliche Gesetz. | Zehnter Essay. Das regulative Princip des Socialismus. | Der Gralsorden. | Loherangrin-Kapitel. | Ausstoßung. | I. Zur Psychologie. |


ii470u

Die Aesthetik kann man erklären als die Lehre vom verklärten Sinnlichen. Warum aber werden die Wohlgerüche nicht in ihr abgehandelt?

Ich halte dies für einen Mangel. Es ist allerdings wahr, daß der Mensch nur dann in die ästhetische Relation zu den Dingen treten kann, wenn er in keiner interessirten Beziehung zu ihnen steht, sein Wille also ruhig ist; aber ich habe auch nachgewiesen, daß es der Wille ist und nicht der Geist, welcher die ästhetische Freude genießt.

Warum soll ein Ton schön sein und der Duft einer Blume nicht?

Das Subjektiv-Schöne des Wohlgeruchs wäre der Wohlgeruch selbst.

Immerhin mag man die Wohlgerüche aus der theoretischen Aesthetik verbannt halten. Um so mehr berücksichtigt sie der praktische Aesthetiker, d.h. Derjenige, welcher sich sein Leben nach den Gesetzen des Schönen einrichtet.

Im praktischen Aesthetiker ist das Subjektiv-Schöne in seiner Gesammtheit: Behaglichkeit, Comfort. Sein Auge will überall in seiner Wohnung auf schöne Gegenstände blicken: auf schöne Bilder, |

ii471 schöne Statuetten, schöne Farben, Farbenharmonie, schöne Möbel, schöne Nippsachen, Blumen, tropische Gewächse, schöne Kleidung; sein Ohr will immer nur angenehm erschüttert sein: Wohlklang der Sprachorgane, fließende Rede, angenehme Musik, angenehme Poesie; kein Geschrei, kein Lärm, kein Getöse, kein Gequieke, kein Geschnarre; seine Nase will immer nur angenehm afficirt sein: Reseda-, Heliotrop-, Veilchen- und Rosenduft, Orangeblüthen, Jasmin- und Rosenöl; seine Geschmacksnerven wollen nur Schmackhaftes berühren: einfaches, aber gut zubereitetes Essen; edle Früchte, Bordeaux, Champagner; seine Gefühlsnerven wollen eine angenehme Temperatur: im Sommer Kühlung, im Winter behagliche Ofenwärme.

Im idealen Staat sollen bekanntlich alle Menschen zu praktischen Aesthetikern ausgebildet werden: es wär’

»ein Ziel, auf’s Innigste zu wünschen!«

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Man sollte die Eitelkeit nicht pure verdammen; denn der Kern aller Eitelkeit ist ein edler: das Subjektiv-Schöne. Das Subjektiv-Schöne ist das Wirksame in der Eitelkeit: ein Weib will gefallen und sie kann nur gefallen, wenn sie ihre Kleidung, ihre Haare, ihre Manieren, ihre Sprache, kurz Alles, was zu ihrer Person gehört, im Element der Schönheit und Grazie untertaucht.

Ich kenne Männer, welche von einer geradezu asketischen Einfachheit in ihrer Kleidung und Lebensweise sind und doch keinen Hofball vorbeigehen lassen, ohne Theil daran zu nehmen. Es ist der Aesthetiker in ihnen, der befriedigt sein will. Giebt es für einen Aesthetiker auch etwas Entzückenderes als die ersten Stunden eines Balles?

Er wird sich wohl hüten, den Augenblick abzuwarten, wo die Schleppen abgetreten, die Blumen verwelkt und entblättert sind, von der Stirne heiß der Schweiß rinnt und das Thier im Menschen seine Höhle verläßt und sich im Auge breit macht.

Fort! Fort!

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»Bildschön«ist ein sehr guter Ausdruck und gleichbedeutend mit wunderschön, weil die Natur thatsächlich nicht so schöne Menschen bilden kann wie der bildende Künstler.

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ii472 Das Wesen des Komischen: die Discrepanz zwischen einem Maßstab und einem Gemessenen – belegt schon der Dialekt. Ein Süddeutscher sagte einmal in einem Berliner Salon: Drachödie, und alle Anwesenden brachen zu gleicher Zeit in Lachen aus, mit Ausnahme des Süddeutschen, der später lachte.

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Du sublime au ridicule il n’y a qu’un pas.

Von allen Dichtern des jungen Deutschland hat Keiner so sehr zwischen dem Erhabenen und Lächerlichen geschwankt wie Grabbe. Zieht man den Monolog Gothland’s (Herzog von Gothland, Act III, Sc. I.) zusammen, so ergiebt sich folgendes seltsame Gemische:

Nein, nein,

Es ist kein Gott! Zu seiner Ehre

Will ich das glauben.

(Donnerschläge.)

Ei, wie

Die Ohrwürmer rumoren! Still! Der Mensch

Trägt Adler in dem Haupte

Und steckt mit seinen Füßen tief im Koth.

(Donnerschläge.)

Horcht! horcht!

Das sind die Fußtritte des Schicksals! –

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Die Menschenherzen sind der Staub,

Worauf das Schicksal geht.

(Donnerschläge.)

Hu! wie

Die Nachtigallen zwitschern!...

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Warum wirken die allerliebsten plastischen Spielsachen: ein Kater, der einer Katze, beide in aufrechter Stellung, unter Guitarrenbegleitung ein Liebeslied vorträgt, oder ein Kater, der sich eben anschickt, einer Katze, – beide wieder in aufrechter Stellung, – den ersten feurigen Liebeskuß zu geben, so überaus komisch? Weil wir sie mit Menschen vergleichen und deshalb vor einer ganz gewaltigen Discrepanz stehen.

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ii473 Das Komische, das im Carneval an sich liegt, ist die im Princip anerkannte Gleichheit Aller und die auf diesen Stramin gestickte Copie der Ungleichheit des realen Lebens. Könige, hohe Würdenträger, stolze Edeldamen, Granden, Pairs etc. Arm in Arm mit Hirten und Bauern, polnischen Juden, Marketenderinnen, Schornsteinfegern, Lumpensammlern etc. Welche Discrepanz mit der Wirklichkeit!

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Warum würde es komisch wirken, wenn der Kaiser von Deutschland einen Hottentottenfürsten mit: Mein Bruder, anredete und warum nicht, wenn er den Kaiser von China seinen Bruder nennete? Weil in ersterem Falle an dem Maßstab europäischer mächtiger Fürsten ein wilder Fürst gemessen würde und eine Discrepanz von außerordentlicher Länge sich ergäbe, während dies im letzteren Falle nicht stattfände. In einer großen Discrepanz schwebt aber immer das lachende Komische.

Dagegen würden die Manieren des Kaisers von China, wenn er Deutschland besuchte, komisch wirken, weil wir sie am Maßstab europäischer Hofsitte messen würden und eine große Discrepanz alsdann unausbleiblich wäre. Man denke an den Schah von Persien, als er bei dem Galadiner im königlichen Schlosse Kirschen- und Erdbeerstiele sans gêne auf den Fußboden warf, und die Kaiserin mit naiver Vertraulichkeit auf die Schulter tippte, um ihre Aufmerksamkeit im Opernhaus auf Etwas hinzulenken, das ihm kindliches Vergnügen bereitete.

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Milton’s Paradise lost ist eine unvergleichliche Dichtung: sie ist das Produkt germanischer Geistes- und Gemüthstiefe. Hält man Dante’s Divina Commedia daneben, so erscheint diese schaal und oberflächlich. In der Commedia werden Verbrecher bestraft und Gute belohnt, im Verlorenen Paradies wird dagegen die Sünde und die Tugend ergründet.

Milton’s Satan ist ein Charakter, der mit dem Urbösen Sympathie in uns erweckt. Im tiefsten Grunde unserer Seele berührt er die für uns wohltönendste Saite: das trotzige Individuum, den Gott aller Germanen.

Dante war ein Italiener, d.h. ein Nachkomme der alten Römer: c’est tout dire. Im alten Rom ging das Individuum in der Masse unter; das größte Individuum stand auf den Schultern der Masse. Der große Germane dagegen ist am liebsten allein, mutterseelenallein.

ii474 Man vergleiche Milton’s Satan und Byron’s Lucifer mit Dante’s Satan, wie er ihn im letzten Gesang der Hölle schildert. Welcher himmelweite Unterschied! Dante’s Satan nimmt sich neben den beiden anderen Zeichnungen aus wie die Carricatur eines sechsjährigen Knaben neben Bildern von Raphael und Michel Angelo.

Ich irre gewiß nicht, wenn ich sage, daß Dante als Poet nicht den zehnten Theil des Ruhms verdient, den er bei uns hat. Neun Zehntel seines Ruhms beruhen auf dem culturgeschichtlichen Interesse, das seine Commedia hat.

Welche Litteratur kann überhaupt neben die germanische gestellt werden? Auf jedem Gebiete des Wissens stehen wir unerreicht da.

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Als es sich darum handelte, ob mein Werk:»Die Philosophie der Erlösung«mit lateinischen oder deutschen Lettern gedruckt werden sollte, schrieb ich an meinen Verleger:

Ich habe eine Vorliebe für deutsche Lettern. In ihnen ist, wie ja alles Aeußere die Erscheinung eines Inneren ist, der deutsche Charakter, seine Schwäche und zugleich seine Stärke, der Individualismus, ausgedrückt, wie in der griechischen Schrift. Aneinander gereihte lateinische Buchstaben sehen aus wie aufmarschirte Legionen: der Einzelne ist durch das Ganze gebunden. Verbundene deutsche Buchstaben dagegen geben das Bild zwangloser Gruppen: der Einzelne geht nicht im Allgemeinen unter. Ich bin mit einem Worte – und stimme hierin mit dem eigensinnigen Schopenhauer überein – entschieden für Erhaltung alles Dessen, was die Deutschen als eine reine unvermischte Nation charakterisirt, also vor Allem ihrer kunstvollen Sprache, ihrer Schrift und Lettern.

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Je intensiver eines Menschen Empfinden ist, desto deutlicher und fesselnder zeigt sich sein Uebergang in die ästhetische Contemplation. Es ist, wie wann auf ein Gewitter ein wolkenloser blauer Himmel folgt.

Ich sah einmal eine Dame, deren Gesichtszüge eben noch die Spuren der heftigsten inneren Bewegung trugen, durch eine einfache Tasse urplötzlich in die ästhetische Contemplation versetzt und war über die Veränderung ihres Antlitzes völlig betreten. Sie hatte ein ganz anderes Gesicht: es war ruhevoll, friedevoll, verklärt. Die Tasse war aber auch wunderschön: sie war von feinstem, nahezu durchsichtigem |

ii475 Porzellan mit einem schmalen Goldrand, dessen kunstvolle Ausführung sich vorzüglich von dem perlmuttergleichen Grunde abhob, und ihre überaus anmuthige, sehr niedrige, aber weit ausgeladene Form erinnerte an diejenige einer antiken Schale.

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Das Wesen des ästhetischen Mitgefühls ist sehr deutlich darin ausgeprägt, daß die meisten Menschen als Zuhörer bei einer lebhaften Erzählung ganz unbewußt die Lippen mitbewegen, ingleichen nicht selten mit dem Spiele ihrer Mienen, wenn nicht gar mit Gesten, die betreffende Rede begleiten: köstliche unfreiwillige Mimen!

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Goethe macht in der Farbenlehre (§. 781.) die feine Bemerkung:

Wie wir einen angenehmen Gegenstand, der vor uns flieht, gern verfolgen, so sehen wir das Blaue gern an, nicht weil es auf uns dringt, sondern weil es uns nach sich zieht.

Diese mächtige anziehende Kraft des Blauen empfindet jeder Mensch, der Eine mehr, der Andere weniger. Das blaue glatte Meer übte einmal in Sorrento eine solche Anziehung auf mich aus, daß ich willenlos dem Zauber gefolgt und verloren gewesen wäre, wenn mein Gefühl durch den zufälligen Auftritt eines Freundes keine Ablenkung erfahren hätte.

Auf der blauen Farbe allein beruht, daß sich das Himmelreich eben im Himmel befinden soll. Wäre der Himmel gelb, so würde man ganz gewiß nicht von einem Himmelreich sprechen und Himmelreich und Paradies wären nicht Wechselbegriffe.

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Die Musik wirkt auf den Menschen wie eine tönende Glocke auf eine neben ihr hängende ruhende: unsere Seele vibrirt leise mit.

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Die Stelle im Hamlet:

Dies über Alles: sei dir selber treu,

Und daraus folgt, so wie die Nacht dem Tage,

Du kannst nicht falsch sein gegen irgend wen,

kann kein philosophisch Gebildeter lesen, ohne daß sich seine Haare sträuben, weil das Bild ein durchaus verfehltes ist. Die Nacht folgt nämlich dem Tage, sie erfolgt nicht aus dem Tage. |

ii476 Shakespeare verwechselte hier den Satz vom Grunde des Seins (principium rationis sufficientis essendi) mit dem Satz vom Grunde des Werdens (principium rationis sufficientis fiendi). Er hätte ein ganz ander Bild wählen müssen, etwa:

Und daraus folgt, wie aus der Güte Wohlthun,

Du kannst nicht falsch sein gegen irgend wen.

Man muß aber Shakespeare das Bild verzeihen; denn die Philosophen seines Zeitalters waren sich ja noch nicht einmal klar über den großen Unterschied zwischen Erkenntniß (principium rationis sufficientis cognoscendi) und Causalität. Sogar Kant, der Gewaltige, machte noch die Folge zum einzigen Kriterium des Verhältnisses von Ursache und Wirkung. Für einen Dichter unserer Tage wäre aber eine Verwechslung wie die obige geradezu ein Schandfleck; denn, meine Herren Dichter, ein echter Dichter muß auf der Bildungshöhe seines Zeitalters stehen und Schopenhauer ist eine der Stützen unserer Bildungshöhe. Studiren Sie also, ehe Sie den Pegasus besteigen, Schopenhauer’s wichtige Schrift:»Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde«, damit Sie nicht mit den gepanzerten Philosophen in einen Streit gerathen, der nothwendigerweise mit einer Niederlage für Sie enden muß.

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Christus kann nie Held einer Tragödie sein, denn er handelt versöhnt mit seinem Schicksal avec parfaite connaissance des choses von Anbeginn.

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Das absolute Nichts ist das wahrhaft Erhabene, das absolut Erhabene, das Erhabene kat) Êxocð®n. Man versuche einmal zu denken, daß die ganze Welt untergegangen sei, Nichts, Nichts, kein Sandkorn mehr da sei und man wird sofort erhaben gestimmt werden, d.h. man wird sich furchtbar abgestoßen und gleich wieder von der süßen Heimath angelockt fühlen.

Nur den echten Denker stimmt das absolute Nichts nicht erhaben: es macht ihn nur contemplativ.

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Die Aesthetik sollte als Vignette einen See tragen, in dem sich schöne Bäume, der blaue Himmel und das Tagesgestirn spiegeln: verklärt, ruhevoll.

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Дата добавления: 2015-11-14; просмотров: 47 | Нарушение авторских прав


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