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Estian: Beckram, Erdrick, Garranon 3 страница

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»Du gehst mir also nicht mehr aus dem Weg?«

Sie grinste mich an und berührte mein Gesicht mit dem Finger.

»Ich? Schlecht gelaunt?«Als sie die Brauen hochzog, sagte ich:»Es regnet die ganze Zeit, und wir reiten hier umher und haben den größten Teil des Sommers nicht viel erreichen können.«

Sie schüttelte den Kopf und deutete zum Himmel, dann wieder auf mein Gesicht.

»Ich weiß, dass es immer noch regnet«, sagte ich.»Aber ich weiß auch endlich, was wir tun müssen.«Das stimmte. Kariarn verfügte über einen Drachen und vielleicht über mehr Magie, als die Welt in einem ganzen Zeitalter gesehen hatte. Ein ganzes Dorf war niedergemetzelt worden. Hurog war für mich verloren, aber ich fühlte mich besser, weil ich wusste, was ich tun sollte.»Du drehst das Kaninchen zu schnell.«

Sie lehnte sich gegen meine Schulter, verlangsamte das Drehen aber nicht. Ihr Kaninchen war durchgebraten, meins war in der Mitte zu rosa. Nicht, dass das bei dem Hunger, den wir hatten, etwas ausgemacht hätte.

Nach dem Abendessen gingen wir alle Holz suchen, außer Ciarra, die bei den Pferden blieb, bewaffnet mit einem Horn, um uns im Notfall zurückrufen zu können. Für gewöhnlich ging beim Holzsuchen jeder seinen eigenen Weg, aber diesmal blieb Oreg an meiner Seite. Er schwieg eine Weile, aber ich sah an seiner ganzen Haltung, dass er nur abwartete.

»Du hast also beschlossen, wieder ein Held zu sein«, sagte er schließlich. Ich wusste nicht genau, ob er das sarkastisch meinte oder nicht.

»Oranstein braucht einen Helden«, erwiderte ich und trat einen Stein ein wenig heftiger als notwendig aus dem Weg.

»Wirst du den Drachen befreien?«

»Oreg, ihr Götter, wir sind zu siebt! Was glaubst du denn, was wir ausrichten können?«Und das, dachte ich, war das Problem mit meinem Plan, den Oransteinern zu helfen. Ich war kein legendärer Krieger wie mein Vater, ich war nicht Seleg, ich hatte kein Heer. Es war wie in der Geschichte mit der Fliege, die einem Pferd den Krieg erklärte - das Pferd bemerkte sie nicht einmal.

»Er darf ihn nicht behalten«, sagte er plötzlich hitzig.»Es gab keine Flammenspuren, der Drache hat nicht gekämpft. Sie müssen ihn mit einem Bann belegt haben.«

Ein Bann? Ich konnte mir kaum vorstellen, welche Macht es brauchen würde, um einen Drachen zu beherrschen.»Könntest du einen Bann brechen, der stark genug ist, um einen Drachen zu halten?«

Sein Schweigen war genug Antwort. Schließlich sagte er:»Was wirst du tun?«

»Ich gehe nach Callis. Von dort aus schicke ich eine Botschaft an den König, an meinen Onkel und an Haverness, damit etwas unternommen wird, um Kariarn aufzuhalten - falls er jetzt noch aufgehalten werden kann.«

»Sie werden versuchen ihn umzubringen, Ward«, sagte Oreg leise. Er meinte den Drachen.»Sie können nicht zulassen, dass Kariarn einen Drachen einsetzt.«

»Dann sag mir, was sie sonst tun sollen«, erwiderte ich, aber ich wusste, dass er recht hatte.

Wir gingen ein paar Schritte weiter, und Oreg sah mich nicht an.

»Seleg brauchte kein Heer, um einen Drachen zu töten.«

Ich blieb abrupt stehen.»Wie meinst du das?«

»Wenn ein anderer Hurogmeten einen Drachen töten konnte, warum dann nicht auch du?«

Ich bemerkte den Sarkasmus kaum, als ein kalter Knoten sich in meinem Magen bildete.»Es war Seleg, der den Drachen angekettet hat?«Mein Held hatte den Drachen in der Höhle getötet?

Schütze die, die schwächer sind als du, hatte er geschrieben. Sei gütig, wenn du die Gelegenheit dazu hast. Ideen, die niemand im Haus meines Vaters laut ausgesprochen hätte, aus Angst, ausgelacht zu werden. Seleg hatte die Ideale aufgestellt, denen ich zu folgen versuchte. Aber es war unmöglich, Oreg nicht zu glauben.

»Und er hat sie getötet, um dadurch genügend Macht zu erlangen und die Erobererflotte zu besiegen. Er hatte Angst. Er wollte Hurog nicht verlieren.«Etwas stimmte nicht mit Oregs Stimme, aber ich achtete nicht darauf.

Sogar das Atmen tat weh. Wenn Seleg den Drachen getötet hatte, dann war er es auch gewesen, der Oreg geschlagen hatte, weil er sich widersetzt hatte. Ich hatte es selbst in der großen Halle gesehen, an dem Tag, als Garranon nach Hurog gekommen war.

Wie konnte ich mich von einem Mann verraten fühlen, der seit Jahrhunderten tot war?

»Oreg.«Ich hielt inne, als ich seine Augen sah, die in einem unheimlichen lavendelfarbenen Licht glühten. Trotz des Rings an meinem Finger und des Größenunterschieds wich ich zurück.

»Hat es dein Leben einfacher gemacht, den Drachen zu töten?«, flüsterte er mir zu.»Hast du ebenso wie ich jede Nacht ihre Schreie gehört?«

»Oreg, ich habe keinen Drachen getötet.«Mir wurde kalt, und ich trat einen weiteren Schritt zurück.

Sein Lachen klang wie der Herbstwind in einem Getreidefeld.»Ich habe dich gewarnt, was geschehen würde. Noch die Kindeskinder deiner Kinder werden für das zahlen, was du getan hast.«

Oregs Anfälle waren kein Wahnsinn. Stala be-zeichnete das, was mit ihm geschah, als Kriegerträume. Plötzliche Visionen von weit zurückliegenden Kämpfen, die so intensiv waren, dass sie sich über die Gegenwart hinwegsetzten. Sie waren erschreckend genug bei einem Bewaffneten, aber noch schlimmer, wenn der Mann auch ein Zauberer war. Ein Zauberer von Oregs Macht ließ einen solchen Traum echt genug wirken, dass er bluten konnte.

»Oreg«, sagte ich noch einmal.»Ich war es nicht.«

Ein Soldat konnte in seinem Leben viel Entsetzen und Scham ansammeln; wie viel schwerer zu ertragen waren dann erst Oregs Erinnerungen? Er hatte mir einmal gesagt, dass er versuchte, sich nicht zu erinnern.

Oreg starrte mich an und kämpfte schwer atmend gegen die Überreste der Vision.

»Es ist vorbei, Oreg«, sagte ich.»Der Drache starb schon vor langer Zeit.«

»Ward?«

»Ja.«Sein verängstigter Blick tat mir weh. Hatte er Angst vor seinen Erinnerungen oder vor mir? Ich wandte mich ab und ging weiter.»Wir müssen Holz suchen.«

Einen Augenblick später hörte ich seine Schritte hinter mir.

»Es tut mir leid«, sagte er.»Du siehst ihm ähnlich. Er war ebenfalls ein großer, kräftiger Mann. Und voller Magie - wie du seit Menogue.«

Ich zuckte die Achseln.

Wir sammelten eine Weile Holz. Es gab nicht viel, das nicht schon von der Feuchtigkeit verrottet war. Der Wald sah aus, als wäre er bereits leer gesammelt. Wir befanden uns noch zu nahe an Silbermoor.

»Nachdem ich diesen Jungen an der Grenze nach Oranstein getötet hatte, tat ich so, als wäre ich mein Vater«, sagte ich abrupt.»Er kannte sich sehr gut damit aus, andere umzubringen.«Ich musste mit jemandem reden. Bastilla war eine bessere Zuhörerin, aber Oreg hatte meinen Vater gekannt.

»Nicht wie dein Vater«, sagte er, als müsse er sich selbst davon überzeugen.»Du warst nie wie er.«

Ich dachte daran, wie rasch ich das Messer in den Hals des Jungen gestoßen hatte und dass ich nicht imstande gewesen war, meinen Bruder zu trösten, als er den Verlust seiner Unschuld beweint hatte, und ich wusste, dass Oreg sich irrte.

»Weißt du, wieso ich beim Tod meines Vaters meine Rolle als Idiot nicht aufgeben wollte?«, fragte ich.

»Nein.«Das war zu schnell herausgekommen. Er vergrößerte den Abstand zwischen uns beiläufig, ich nahm an, in Reaktion auf meine Körpersprache, und ich versuchte, mich zu entspannen.

»Damals dachte ich, es ginge darum, mir die Peinlichkeit zu ersparen, aber das war nicht alles. Ich hatte so lange einen Idioten gespielt, dass es keine andere Rolle gab. Als ich Hurog verließ, versuchte ich, dieser Söldner zu sein, aber das passte nicht. Also war ich Seleg.«

Er schwieg lange Zeit. Ich drehte mich nicht nach ihm um, ging einfach nur weiter, weg vom Lager. Wir hatten zu viel geredet, als dass es möglich gewesen wäre, Wild zu finden, aber vielleicht hatten Tosten oder Axiel Glück gehabt.

»Du spielst Seleg sehr gut für einen Mann, der ihn nicht kannte.«Er klang zögernd.»Er war nicht nur böse - nicht, bevor er alt und von seiner Angst überwältigt wurde.«Oreg kam näher.»Er war auch nicht so klug wie du, und nicht so freundlich. Sei einfach nur du selbst, Ward.«Nun stapften wir Seite an Seite durch den Schlamm.

Es gibt mich nicht, Oreg, dachte ich. Nur Stücke von meinem Vater, einem dummen Söldner, der alle bis auf meine Tante einwickeln konnte, und einen Ahnen, der zu viele Tagebücher zurückgelassen hatte.

Oreg grinste plötzlich und schüttelte die finstere Stimmung ab.»Ich weiß genau, wer du bist. Du redest langsam und kämpfst hart. Die bist klug und freundlich zu kleinen Kindern, geschlagenen Pferden und Sklaven. Du bist der Hurogmeten. Das ist mehr, als die meisten Leute über sich selbst wissen.«

Ich lächelte ihn an, ein dankbares Lächeln, wie es Seleg sicher gehabt hatte. Der Idiot redete langsam, mein Vater kämpfte hart. Seleg war klug, arrogant und freundlich - und Hurog gehörte mir nicht. Offenbar spielte ich meine Rollen so gut, dass ich sogar Oreg täuschen konnte. Ich würde nur aufpassen müssen, damit ich nicht auch noch mich selbst täuschte.

Ich hatte vorgehabt, die Wache mit Oreg zu teilen, aber nach unserem Gespräch im Wald überlegte ich es mir anders. Ich hatte zu viel gesagt und war wund davon. Also teilte ich ihn für die erste Wache mit Penrod ein, was mir Penrods übliche Partnerin Bastilla zur zweiten Wache ließ.

Eine kleine Erhebung nicht weit vom Lager gestattete einen Blick auf den Weg nach Osten und Westen. Nachdem Oreg und Penrod sich neben Ciarra und Tosten niedergelegt hatten, setzten Bastilla und ich uns auf einen Stein auf dieser Erhebung, der groß genug für uns beide war.

»Ihr seid aus dem Dorf zurückgekommen, als hätte es Euch ein neues Ziel gegeben.«Sie verlagerte unbehaglich das Gewicht auf der harten Oberfläche.

»Den Feind zu kennen und die Verbündeten zu verstehen, ist laut meiner Tante der beste Weg, einen Krieg zu gewinnen.«Ich grinste schief.»Nicht, dass wir eine Aussicht hätten, einen Krieg gegen die Vorsag zu gewinnen, aber ich habe eine Ahnung, was sie vielleicht wollen.«

Sie lachte, nahm ein wenig Brot und Käse aus einem kleinen Päckchen, das sie mitgebracht hatte, und reichte es mir.»Esst. Axiel hat es mir für Euch gegeben. Er sagte, wenn es heute Nacht nicht gegessen wird, verdirbt es, und Ihr habt immer weniger zu Euch genommen, seit unsere Vorräte schwinden. Ihr habt wieder angefangen abzunehmen.«

Ich knabberte mit aller Begeisterung an dem alten Brot, die es verdiente. Wie konnte etwas gleichzeitig trocken und schimmlig sein?

»Ihr glaubt also, die Vorsag suchen nach Artefakten?«Sie lachte über meine Miene.»Ihr habt mich gefragt, ob ein Magier Magie aus Artefakten ernten könne.«

Ich legte das Essen ohne großes Bedauern beiseite.»Ich hoffe, dass Haverness’ Leute es mir sicher sagen können.«

»Es wird gut tun, nicht länger durch Sümpfe zu stapfen«, sagte sie.»Ich kämpfe lieber.«

Ich lachte leise.»Ich ebenfalls.«Das war mein Vater in mir.

Sie berührte meinen Mundwinkel mit der Fingerspitze. Sie hatte nicht mit mir getändelt, also war ich auf diese Berührung nicht vorbereitet.

»Ich erwarte immer wieder, dass Ihr dumm seid.«

Sie folgte einer Linie von meinem Mund bis zum Augenwinkel.

Mein Atem wurde schwerer, obwohl ich mich anstrengte, gleichmäßig zu atmen.

»Das liegt an den Augen. Es ist schwer, mit solchen Kuhaugen intelligent auszusehen. Und ich rede zu langsam«, sagte ich.

Die federleichte Berührung ihrer Finger an meinem Gesicht bewirkte, dass mein Bauch sich zusammenzog. Es war nicht das erste Mal, dass sie mir ihre Bereitschaft zeigte, mit mir zu schlafen. Das war einer der Gründe, wieso ich normalerweise immer mit Ciarra oder einem der Männer Wache hielt. Penrod und Axiel konnten sich vielleicht mit einer Frau vereinigen, von der sie nichts weiter wollten, aber das hatte ich nie gelernt.

»Ich hätte gedacht, es würde mich ungeduldig machen, Euch zuzuhören«, flüsterte sie,»aber Eure Stimme ist wie eine Samttrommel. Ich fühle mich immer so sicher bei Euch.«Sie hielt meinen Kopf mit beiden Händen, während sie sich auf den Knien niederließ, um mich zu küssen.

Sie begehrte mich um meines Körpers willen. Das hatten sogar Frauen getan, die davon ausgingen, dass dieser Körper einem Idioten gehörte - vielleicht gerade, weil sie glaubten, dass er einem Idioten gehörte. Aber sie mochte mich auch. Das würde es zu mehr als Sex machen: ein Geschenk unter Freunden.

Oder zumindest mochte sie den Mann, für den sie mich hielt: stark, fähig, ehrenhaft, klug.

Die Echos des Gesprächs, das ich zuvor mit Oreg geführt hatte, bewahrten mich davor, Opfer ihres Banns zu werden. Während ich den süßen Weingeschmack ihres Mundes genoss, rang ich um die Kraft, noch ein paar Stunden länger so tun zu können als ob. Gegen meinen Vater zu überleben hatte mich unter anderem gelehrt, dass die Hälfte einer erfolgreichen Täuschung im Kopf von anderen stattfand. Mein Vater war davon überzeugt gewesen, dass ich dumm war, also hatte er alle Anzeichen dafür ignoriert, dass ich etwas anderes sein könnte. Bastilla hielt mich für einen Helden; diese Rolle hätte einfach sein sollen, aber sie war es nicht. Widerstrebend löste ich mich von ihr.

»Ward?«

Schwer atmend drückte ich meine Stirn an ihre und versuchte, einen Grund für meine Zurückhaltung zu finden, der weder sie noch mich kränkte. Dass ich eher Entspannung für sie darstellte als echte Beute, machte es ein wenig einfacher. Die Leute aus Avinhelle waren freier mit solchen Dingen als wir in Shavig.

»Das können wir nicht tun, Bastilla. Wir sind auf Wache. Wenn wir jetzt weitermachen, werde ich bald nicht einmal mehr bemerken, ob hundert vorsagische Banditen diesen Weg entlanggaloppieren.«Es half, dass die Ausrede der Wahrheit entsprach.

Sie lachte leise und gestattete mir, die Stimmung zu brechen.»Hundert, wie?«

Bedauernd knabberte ich an ihrem Hals. Dann stand ich auf und machte mehrere Schritte rückwärts.»Vielleicht auch tausend. Ich werde ums Lager herumgehen.«Ich zeigte auf sie.»Bleibt Ihr hier.«

Sie lächelte immer noch, als ich ging, aber ich wusste, dass ich ein Problem, um das ich mich kümmern musste, gerade nur verschoben hatte.

Callis unterschied sich äußerlich so sehr von Hurog, wie es nur möglich war, vor allem wenn man bedachte, dass es sich bei beiden um befestigte Burgen handelte. Hurog war eckig, Callis war rund. Haverness’ Stammsitz war vielleicht dreimal so groß wie Hurog und aus dem Stein der Umgebung gebaut. Die graugrünen Flechten auf den Mauern ließen die orangefarbenen Steine schlammig braun aussehen.

Die Tore waren geschlossen und mit Querriegeln versehen. Den jungen Torwächter dazu zu überreden, mich einzulassen, erwies sich als erheblich schwieriger, als der Ritt nach Callis gewesen war.

Ich fürchtete, dass sein Lord nicht hier war.

Wir sahen aus wie verschimmelte Banditen, was mir ebenfalls klar war. Schlimmer als das schien zu sein, dass wir aussahen wie Banditen aus Shavig. Wir würden alt werden und verfaulen, bevor er uns hereinließe, informierte er uns mit ein paar kernigen Adjektiven. Dem Grinsen seiner Kameraden nach zu urteilen (die sich versammelt hatten, sobald sie bemerkten, dass am Tor etwas Interessantes passierte), hatten sie nichts dagegen, diesen Prozess ein wenig zu beschleunigen.

Nun, er konnte nicht länger als einen halben Tag auf Wache bleiben. Ich würde warten und sehen, wie der Mann war, der ihn ablöste, bevor ich zu verzweifelteren Mitteln griff.

Wir hatten in einem Obstgarten nahe der Straße ein paar Äpfel gepflückt, und Axiel reichte mir einen. Er war grün und sauer, aber besser als altes Brot und schimmeliger Käse.

»Wo kommt dieser Apfel her?«, rief der Torwächter misstrauisch.

»Ich habe ihn von einem Mann an der Straße gekauft.«Ich biss ein Stück ab und lächelte um die Säuerlichkeit herum.

»Kein Oransteiner würde einem Nordländer unsere guten Äpfel verkaufen.«

»Nun.«Ich starrte den Apfel einen Moment an.»Ich würde ihn auch nicht gut nennen, aber er sagte, es sei das Beste, was Oranstein zu bieten habe.«

Diese boshafte Antwort verlor ein wenig wegen der Entfernung, die die Mauer zwischen uns legte, aber ich sah an seinem Grinsen, dass er bereit war, den Austausch fortzusetzen. Der Mann langweilte sich, und mir ging es nicht anders. Weder ihm noch mir war an einer echten Auseinandersetzung gelegen, wir würden einfach ein paar Minuten lang eine >Dummer Nordländer/Südländer<-Konversation führen, alles ohne echte Böswilligkeit. Leider verstand einer seiner Kumpane, der neu auf der Mauer eingetroffen war, das Spiel nicht.

»Der Apfel ist zu gut für Abschaum aus Shavig!«

Der Hitzkopf hatte eine Armbrust, und jetzt spannte er sie.

Meine Tante riet mir immer, die Jungen im Auge zu behalten, weil sie im Allgemeinen zu dumm seien zu verstehen, was wirklich los war. Es hatte mich stets amüsiert, wenn sie ausgerechnet mir das sagte.

Ich bemerkte das entsetzte Gesicht der Torwache und wusste, dass er beinahe so unglücklich sein würde wie ich, sollte der junge Mann schießen. Die Mauern von Callis waren nicht so hoch wie die von Hurog, vielleicht nur fünfundzwanzig Fuß. Zum Glück war ich schneller mit meinem Apfel als der junge Mann mit der Armbrust. Er hatte offenbar keinen guten Griff, denn sonst hätte mein Treffer mit dem Apfel ihn nur danebenschießen lassen, statt ihm die Armbrust aus der Hand zu reißen. So jedoch fiel seine Waffe ein paar Fuß von mir entfernt auf den Boden.

Der Torwächter, ein Veteran auf der Mauer, wandte sich dem hitzigen und nun armbrustlosen Mann zu. Ich konnte nicht hören, was er sagte, aber der Junge wurde merklich kleiner.

»Was ist hier los?«Die Stimme klang so klar wie eine Glocke, obwohl ich den Mann, der da gesprochen hatte, nicht sehen konnte. Aus der plötzlichen Aufmerksamkeit von allen auf der Mauer zu schließen, handelte es sich um jemanden, der beträchtlich höher in der Hierarchie stand.

Ich hob die Armbrust auf, löste die Spannung und warf sie hoch über die Mauerkrone. Ich hatte gehofft, sie werde genau in dem Augenblick vor den Füßen der Wache landen, wenn der Vorgesetzte näher kam. Maximale Verlegenheit für sie, möglichen Eintritt für mich, da ich den Jungen aufgehalten hatte, ohne jemandem wehzutun, und sogar die Waffe zurückgab.

Einen Augenblick später erschien ein neues Gesicht auf der Mauer. Der Kopf war von den Ohren bis zum Nacken im traditionellen oransteinischen Stil rasiert, aber der Mann hatte sich den Bart voll und weiß wachsen lassen wie einer aus Shavig. Es war ein auffälliger Stil und daher leicht wiederzuerkennen.

Haverness’ rechte Hand, stellte ich überrascht fest. Ich kannte seinen Namen nicht und hatte den Mann zuvor nie mehr als vier Worte sprechen hören. Er war stets an Haverness’ Seite und hätte demnach in Estian sein sollen. Haverness durfte sich nur vierzehn Tage zum Pflanzen und weitere vierzehn Tage zur Ernte in Callis aufhalten, und bis zur Ernte würde es so weit im Süden immer noch einen Monat oder länger dauern.

Er sah mich verärgert an.»Wer seid Ihr, Sohn, und was wollt Ihr?«Er hatte Tallvenisch gesprochen, also antwortete ich in der gleichen Sprache.

»Ward von Hurog. Ich habe Neuigkeiten über die Vorsag.«

»Wartet hier.«Er schickte die Wachen wieder auf ihre Posten und verschwand.

Oreg reichte mir einen weiteren Apfel.»Und, kommen wir rein? «

Ich biss in die Frucht.»Ich denke schon.«

Wenn der Schatten des alten Fuchses allein hier war, würde er die Autorität haben, das Tor sofort zu öffnen oder uns wegzuschicken. Dass er die Mauer verlassen hatte, ließ jedoch darauf schließen, dass er mit seinem Vorgesetzten sprechen würde, mit Haverness selbst.

Haverness war stets freundlich zu mir gewesen. Vermutlich würde er nicht mehr so empfinden, wenn er herausfand, dass ich kein Idiot war. Ich fragte mich, was er hier tat - war König Jakoven endlich zu dem Schluss gekommen, dass die Überfälle eine Gefahr darstellten?

Das Tor rasselte und hob sich langsam.

»Steigt auf«, rief ich und schwang mich selbst wieder in den Sattel.

Wir ritten durch einen engen Gang in den eigentlichen Burghof. Der größte Teil der Fläche zwischen den Mauern und dem Hauptgebäude war mit Kopfstein gepflastert; ich nahm an, der andauernde Regen machte das nötig. Der Frühling in Hurog verwandelte unseren Burghof immer in einen Sumpf. Hier würde es das ganze Jahr so sein.

Am Rand des Hofs war Stroh verstreut, und überall an den Mauern standen Zelte. Ein rascher Blick ließ mich schließen, dass es in Callis mindestens zweihundert Männer mehr gab, als die Burg eigentlich fassen sollte. Hatte der König Haverness gestattet, nach Hause zu kommen und sein Land zu verteidigen? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der alte Fuchs sein Wort brechen und ohne Jakovens Erlaubnis zurückkehren würde. Auf halbem Weg zum Hauptgebäude kam uns der Herr der Burg zusammen mit ein paar Dienern entgegen.

»Ward«, sagte er.»Was macht Ihr hier, Junge?«

Ich setzte aus reiner Gewohnheit zu einem dummen Kuhblick an, aber dann hielt ich mich zurück. Es wäre ein tödlicher Fehler, Haverness immer noch glauben zu lassen, dass ich dumm war. Seine Abneigung gegen Lügen und gebrochene Versprechen war legendär.

»Das Gleiche wie Ihr, nehme ich an«, sagte ich.»Ich kämpfe gegen die Vorsag.«

Sein freundliches Lächeln verschwand bei dieser Antwort. Ich stieg ab, lockerte Blümchens Sattelgurt und sprach weiter, um ihm Zeit zum Nachdenken zu geben.»Obwohl ich annehme, die Vorsag stehlen im Augenblick mehr, als dass sie erobern. Kariarn hat immer schon nach Magie gegiert. Ich komme gerade aus Silbermoor; die Vorsag haben das Dorf nur einen halben Tag vor uns verlassen. Sie haben alle dort umgebracht. Meine Männer sagen, als sie das letzte Mal dort waren - vor fünfzehn Jahren -, gab es im Tempel der Meron in Silbermoor einen großen Steindrachen, der jetzt nicht mehr da ist.«

»Oranstein scheint sich positiv auf Euren Intellekt ausgewirkt zu haben«, stellte er fest.

Ich grinste träge.»Wir sollten den Aufenthalt hier weiterempfehlen.«Ich sah ihm an, dass das nicht genügte, also fuhr ich ernster fort:»Mein Vater tötete seinen Vater, um Hurog zu bekommen, und mich hat er ebenfalls halb umgebracht. Ich hatte Angst, dass er einen ganzen Mord daraus machen würde.«

Einen Augenblick wirkte er schockiert. Dann nickte er bedächtig; er kannte meinen Vater.»Man muss überleben, so gut man kann«, sagte er.»Würdet Ihr mich vorstellen? Ich sehe mehrere Hurog-Gesichter, aber ich kann ihnen keine Namen zuordnen.«

»Haverness«, sagte ich förmlich. Oransteiner mögen keine Titel, also gab ich ihm keine.»Das hier sind meine Männer, Axiel und Penrod, die unter dem Banner meines Vaters gekämpft haben und jetzt mir folgen.«Gewöhnlich würde man einem Mann in Haverness ’ Position nicht seine Soldaten vorstellen, aber er hatte mir so gut wie befohlen, es zu tun.»Und meine Schwester Ciarra.«Sie lächelte jungenhaft zur Erwiderung seiner höfischen Verbeugung.»Du solltest knicksen; du hast wirklich keine Manieren.«Sie verdrehte die Augen, dann knickste sie rasch wie eine Zofe, und Haverness lachte leise.

»Mein Bruder Tosten.«

Haverness’ Blick fiel auf meinen Bruder.»Ich dachte, er sei tot.«

»Wer hat das gesagt?«, fragte ich. Diesen Klatsch kannte ich noch nicht.

»Ich glaube, Euer Vater.«

»Ich freue mich, Euch kennenzulernen«, sagte Tosten und verbeugte sich.»Mein Vater muss sich geirrt haben.«

»Bastilla aus Avinhelle«, fuhr ich mit der Vorstellung fort.»Magierin und Kriegerin.«

Bastilla lächelte und sank in einen anmutigen Knicks, der sie trotz ihrer schimmligen Lederkleidung damenhaft aussehen ließ.

»Und unser zweiter Magier, Oreg, ein Verwandter, der mir sagte, es sei möglich, dass Kariarn die Magie aus den gestohlenen Artefakten ziehen wolle, um seine Macht zu vergrößern. Außerdem haben Kariarns Magier es geschafft, was immer sich in dem Steindrachen befand, in etwas Echtes zu verwandeln. Oreg glaubt, es handele sich um einen Drachen.«

»Ward?«Die Stimme war vertraut, aber sie gehörte so wenig hierher, dass ich sie nicht zuordnen konnte, bis ich einen meiner Vettern auf uns zueilen sah. Normalerweise konnte ich sie voneinander unterscheiden, aber seltsamerweise sah dieser Mann wie keiner von beiden aus. Er hatte abgenommen und schien seit Wochen nicht geschlafen zu haben -und auch nicht gelächelt.»Tatsächlich«, sagte er und klang so erstaunt, wie ich mich fühlte. Was tat mein Vetter, welcher es auch sein mochte, hier?»Du bist es tatsächlich. Wo kommst du her?«

Er trug keine bunten Tücher an den seltsamsten Stellen, aber es war sein gepflegtes Aussehen, das mir schließlich einen Hinweis gab.»Beckram? Was machst du hier?«

Er schlug mir auf die Schulter und ignorierte meine Frage.»Vater wird froh sein zu wissen...«Er riss den Mund auf.»Tosten?«

»Schön, dich wiederzusehen, Beckram«, antwortete er.

»Ich überlasse Euch Eurer Begrüßung.«Haverness nickte uns zu.»Beckram, sorgt dafür, dass Eure Vettern und ihre Leute eine Unterkunft finden.«

WARDWICK

 

Ich war nicht vollkommen sicher, ob ich mich für einen Krieg verpflichtet hatte, um Oranstein vor den Vorsag zu schützen, oder für einen Krieg gegen den Hochkönig. Mir war beides recht. Die Blaue Garde lagerte auf einer Wiese an einer der Mauern. Ich stieß einen leisen Pfiff aus, als ich die Zelte zählte, unter denen sich auch Stalas unverwechselbare Unterkunft befand. Drei Männer von der Blauen Garde patrouillierten träge im Umkreis des Lagers. Die anderen waren, wie ich meine Tante kannte, wahrscheinlich mit Übungskämpfen beschäftigt.

»Was machst du hier mit Stala und der Hälfte der Blauen Garde, Beckram?«Es war Tosten, der meine Frage stellte, was klug schien, wenn man bedachte, wie Beckram mir gegenüber empfand.»Hat der König nun doch beschlossen, Oranstein zu verteidigen?«

Beckram schnaubte.»Der König hat einen Fehler gemacht und ist in die Falle seines Halbbruders gegangen.«

»Alizon?«, fragte ich.

»Genau. Das Ergebnis war, dass Haverness die Erlaubnis erhielt, hundert Männer zu bringen, um die Probleme hier in Oranstein zu beseitigen.«

»Und er hat die Blaue Garde gewählt?«, fragte ich zweifelnd.

Beckram blieb auf seinem Weg zu den Zelten stehen.»Nein, das ist eine andere Geschichte. Ward, was ist dir zugestoßen?«

Er klang besorgt. Ich kämpfte gegen den Impuls an, meine Kratzer und blauen Flecken aufzuzählen; eine alte Gewohnheit.

»Mein Vater ist gestorben«, sagte ich.»Das hat meine Aussichten zu überleben gewaltig verbessert, ebenso wie meine Intelligenz.«

Er lächelte träge - nicht sein übliches strahlendes Lächeln -, und ich fragte mich einen Augenblick, ob ich nicht doch Erdrick vor mir hatte. Sie tauschten manchmal die Plätze, und dann war es trotz ihrer so unterschiedlichen Persönlichkeiten schwierig, sie auseinanderzuhalten.

»Erdrick hatte recht«, sagte er.»Er sagte mir einmal, er glaube, dass du nicht so dumm wärest, wie alle denken.«

»Dumm genug, um Hurog zu verlieren«, erwiderte ich.

Er zuckte die Achseln und ging weiter auf das auffällige blaue Zelt zu.»Habt ihr eine Lagerausrüstung?«

»Für den Wald. Aber hier gibt es keine Bäume.«

Auf Beckrams Zeichen nahmen ein paar Männer die Pferde und brachten sie in den Stall, nachdem wir das Gepäck abgeladen hatten. Nach ein wenig Hin und Her brachten wir unsere Sachen in ein Zelt, das für uns frei gemacht worden war.


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